© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 157/19 Einzelfragen zur Verteilungswirkung des Ehegattensplitting Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 157/19 Seite 2 Einzelfragen zur Verteilungswirkung des Ehegattensplitting Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 157/19 Abschluss der Arbeit: 13. Dezember 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 157/19 Seite 3 1. Fragestellungen – Wie ist die Verteilungswirkung differenziert nach verschiedenen Alterskohorten (wenn möglich: 20-29, 30-39, 40-49, 50-59, 60-69, 70-79, 80-89, 90-100)? – Wie ist die Verteilungswirkung entlang verschiedener Einkommensgruppen (Unterscheidung nach Einverdienerehen und Doppelverdienern)? Wie hat sich das in den letzten 10 Jahren verändert? – Wie ist die Verteilungswirkung entlang der Anzahl der Haushaltsmitglieder? Wie hat sich das in den letzten 10 Jahren verändert? – Wie verteilen sich die Steuervorteile regional zwischen den 16 Bundesländern? Wie hat sich das in den letzten 10 Jahren verändert? – Wie viele der Neuehen haben sie in den letzten fünf Jahren für den Splitting-Tarif und wieviel für die Einzelveranlagung entschieden? – Wie viele Neuehen wurden in den letzten 5 Jahren geschlossen und wie hoch war der durchschnittliche Steuervorteil gegenüber einer Einzelveranlagung bei denjenigen die sich für den Splitting-Tarif entschieden haben? 2. Vorbemerkung Die Antworten auf die oben genannten Fragen erfolgen weitestgehend ohne direkte Nutzung von Daten des Statistischen Bundesamtes. Vielmehr werden vor allem Darstellungen des Bundesministerium der Finanzen und von Forschungsinstituten herangezogen. Diese Darstellungen beruhen zum Großteil auch auf Daten des Statistischen Bundesamtes, sie wurden jedoch mit Hilfe von Simulationsmodellen des Bundesministeriums der Finanzen und der Forschungsinstitute weiterentwickelt. In der vorliegenden Arbeit wurde zudem auf eine möglichst große Aktualität der Darstellungen Wert gelegt. Eine (aktuelle) Auswertung zur Verteilungswirkung des Ehegattensplitting nach Alterskohorten liegt von keinem der Forschungsinstitute vor. 3. Auswertungen zur Verteilungswirkung des Ehegattensplitting Die Darstellung 1 nimmt eine Differenzierung der Gesamtwirkung des Ehegattensplitting für die Jahre 2010 bis 2018 (ohne 2017) vor. Dabei wird der Splittingeffekt unterteilt in die Wirkung durch die Übertragung des nicht durch eigene Einkünfte des Ehepartners ausgeschöpften Teils des Grundfreibetrages und in die Wirkung durch den progressiven Einkommensteuertarif. Weiterhin erfolgt eine Unterscheidung nach den Splittingeffekten bei Ehepaaren mit Kindern und ohne Kinder sowie bei Ein- und Doppelverdienern. Die Verteilungswirkung entlang der Einkommensgruppen lassen sich auch durch steuerliche Grenzbelastung (Darstellung 3) und die steuerliche Durchschnittsbelastung (Darstellung 4) zeigen . Die Grenzbelastung gibt den Steuersatz wieder, mit dem die letzte Einheit des zu versteuernden Einkommens besteuert wird. Die Durchschnittsbelastung ergibt sich, indem der Steuerbetrag durch das zu versteuernde Einkommen dividiert wird. Die Werte unterscheiden sich in der Höhe und beim zu versteuernden Einkommen, bei dem der Maximalwert erreicht wird. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 157/19 Seite 4 Das Institut der deutschen Wirtschaft hat den Splittingeffekt nach der Höhe des Bruttoeinkommens des Zweitverdieners bei einem Bruttoeinkommen des Erstverdieners von 48.000 Euro für den Tarif 2019 grafisch dargestellt (Darstellung 5). Eine differenzierte aktuelle Auswertung der regionalen Steuervorteile des Ehegattensplitting steht nicht zur Verfügung. 2011 hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) errechnet , wie sich das Haushaltsnettoeinkommen verändert, wenn eine reine Individualbesteuerung anstelle des Splittingverfahrens angewendet würde. In dieser Berechnung wird zwischen Ostund Westdeutschland unterschieden (Darstellung 6). Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben die Anteile der der Splittingfälle an allen Steuerfällen für den Veranlagungszeitraum 2007 (Darstellung 7) und den Veranlagungszeitraum 2013 (Darstellung 8) deutschlandweit grafisch dargestellt. Im Veranlagungszeitraum 2007 lag das Maximum des Anteils der Splittingfälle an allen Steuerfällen in Rheinland-Pfalz mit fast 60 Prozent, das Minimum in Berlin mit 44 Prozent.1 Für 2013 wurde eine solche Auswertung nicht veröffentlicht. Die Anzahl der Neuehen in den Jahren 2012 bis 2018 lässt sich aus Darstellung 9 ablesen. Wie viele Paare sich steuerlich für das Splittingverfahren entschieden haben, ist aus den vorhandenen Daten nicht ablesbar. Die Zahl der Zusammenveranlagungen von steuerbelasteten Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern in den letzten Jahren ist, soweit verfügbar, in Darstellung 1 eingetragen . Darstellung 2 enthält zudem insbesondere die Unterscheidung ohne Veranlagung, Einzelveranlagung von Ehegatten und Zusammenveranlagung aller unbeschränkt Steuerpflichtigen. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat für den Tarif 2019 errechnet, welche zusätzliche Einkommensteuerlast auf verschiedene Haushaltstypen mit verschiedenen Haushaltsbruttoeinkommen zukämen, wenn sie die Individualbesteuerung statt der Zusammenveranlagung unterlägen (Darstellung 10). 1 Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Steuern regional, Ausgabe 2014, Seite 66, unter: https://www.statistikportal.de/sites/default/files/2017-07/steuern_regional.pdf, abgerufen am 12. Dezember 2019. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 157/19 Seite 5 Darstellung 1: Effekte des Splittingverfahrens bei der Einkommensteuerung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern2 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2018 Gesamtwirkung (Die Angaben beziehen sich auf Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag ) Splittingeffekt1) 19.350 19.640 20.510 20.280 20.600 20.810 21.740 22.640 davon: Grundfreibetragswirkung 1)2) 8.790 9.400 9.840 10.050 10.510 10.420 10.910 11.070 in % 45 48 48 50 51 50 50 49 Progressionswirkung 1) 10.560 10.240 10.670 10.230 10.090 10.390 10.830 11.570 in % 55 52 52 50 49 50 50 51 Splittingeffekt bei Ehepaaren mit Kindern und ohne Kinder Splittingeffekt bei Eltern mit steuerlich zu berücksichtigenden Kindern1) 11.920 12.080 12.390 12.270 12.380 12.460 12.900 13.350 in % 62 62 60 61 60 60 59 59 Splittingeffekt bei Eltern ohne steuerlich zu berücksichtigenden Kindern1)3) 5.570 5.670 6.090 6.010 6.170 6.260 6.630 6.970 in % 29 29 30 30 30 30 30 31 Splittingeffekt bei Steuerpflichtigen ohne Kinder1)3) 1.860 1.890 2.030 2.000 2.060 2.090 2.210 2.320 in % 10 10 10 10 10 10 10 10 Anmerkungen in der Tabelle: vgl. folgende Seite 2 Daten zusammengestellt aus Bundesministerium der Finanzen: Datensammlung zur Steuerpolitik 2018, Stand 10. September 2019 unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/2019-02-05-datensammlung-zur-steuerpolitik- 2018.html; Datensammlung zur Steuerpolitik 2016/2017, Stand Februar 2017, unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads /Broschueren_Bestellservice/2017-03-08-datensammlung-zur-steuerpolitik-2016-2017.pdf;jsessionid =50C7726CCC086B6F7BB90B677AED8E98.delivery2-master?__blob=publicationFile&v=4; Datensammlung zur Steuerpolitik 2015, Stand 12. Juli 2016, unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/2016-04-04-datensammlung-zursteuerpolitik -2015.html, jeweils Tabelle 2.7.5, alles abgerufen am 11. Dezember 2019. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 157/19 Seite 6 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2018 Splittingeffekt bei Ein- und Doppelverdienerehen Splittingeffekt bei Einverdienerehen1) 10.080 9.790 10.230 9.640 9.600 9.460 9.900 9.840 in % 52 50 50 48 47 45 46 43 Splittingeffekt bei Doppelverdienerehen1) 9.270 9.850 10.220 10.640 11.000 11.350 11.840 12.800 in % 48 50 50 52 53 55 54 57 Nachrichtlich: Anzahl der steuerpflichtigen Einverdienerehen 4) 3.710 3.360 3.510 3.150 3.150 2.950 3.080 2.870 in % 29 27 27 25 25 23 24 22 Anzahl der steuerpflichtigen Doppelverdienerehen 4) 8.940 9.170 9.330 9.590 9.460 9.850 9.780 10.190 in % 71 73 73 75 75 77 76 78 Anzahl der steuerpflichtigen Ehepaare4) (Zusammenveranlagung) 12.650 12.530 12.840 12.740 12.610 12.800 12.860 13.060 Nachrichtlich: Steuerpflichtige4) 27.870 28.540 28.570 Zusammenveranlagungen4) 12.800 12.980 13.060 Einzelveranlagungen4) 15.070 15.560 15.510 Anmerkungen in der Tabelle: 1) Angaben in Mio. Euro. 2) Übertragung des nicht durch eigene Einkünfte des Ehepartners ausgeschöpften Teils des Grundfreibetrages. 3) Nach Auswertung des Sozio-Ökonomischen Panels ist davon auszugehen, dass es sich bei etwa 75 % der Ehepaare ohne steuerlich zu berücksichtigende Kinder um Eltern handelt. 4) Angaben in Tausend. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 157/19 Seite 7 Darstellung 2: Zahl der einkommensteuerbelasteten bzw. –unbelasteten Steuerpflichtigen nach Grund-/Splittingtabelle und Veranlagungsart (unbeschränkt Steuerpflichtige)3 2012 Steuerpflichtige insgesamt 39.084.229 Grundtabelle 23.453.485 davon: Getrennte Veranlagung 608.554 Splittingtabelle 15.630.744 davon: Zusammenveranlagung 12.525.234 2013 Steuerpflichtige insgesamt 39.780.671 Grundtabelle 24.154.450 davon: Einzelveranlagung von Ehegatten 664.741 Splittingtabelle 15.626.221 davon: Zusammenveranlagung 12.475.670 2014 Steuerpflichtige insgesamt 40.175.995 Grundtabelle 24.543.050 davon: Einzelveranlagung von Ehegatten 869.925 Splittingtabelle 15.632.945 davon: Zusammenveranlagung 12.503.571 3 Daten aus Bundesministerium der Finanzen: Datensammlung zur Steuerpolitik 2018, Stand 10. September 2019, Tabelle 2.7.3, unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice /2019-02-05-datensammlung-zur-steuerpolitik-2018.html, abgerufen am 12. Dezember 2019 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 157/19 Seite 8 Darstellung 3: Grenzbelastung (= Steuersatz, mit dem die letzte Einheit des zu versteuernden Einkommens besteuert wird) Einkommensteuer 2000 bis 20184 4 Bundesministerium der Finanzen: Datensammlung zur Steuerpolitik 2018, Tabelle 2.6. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 157/19 Seite 9 Darstellung 4: Durchschnittsbelastung (= Steuerbetrag dividiert durch zu versteuerndes Einkommen) Einkommensteuer 2000 bis 2018 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 157/19 Seite 10 Darstellung 5: Splittingeffekt nach Höhe des Bruttoeinkommens des Zweitverdieners in Euro pro Jahr bei einem Bruttoeinkommen des Erstverdieners von 48.000 Euro, 20195 Darstellung 6: Auswirkungen einer reinen Individualbesteuerung auf das Haushaltsnettoeinkommen6 5 Beznoska, Martin; Hentze, Tobias; Kochskämper, Susanna; Stockhausen, Maximilian (Institut der deutschen Wirtschaft): Die Besteuerung von Ehepaaren in Deutschland, IW-Analysen133, 2019, Seite 43, unter: https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/IW-Analysen/PDF/IW-Analyse_133_Besteuerung-von- Ehepaaren.pdf, abgerufen am 12. Dezember 2019. 6 Bach, Stefan; Geyer, Johannes; Haan, Peter; Wrohlich, Katharina: Reform des Ehegattensplittings: Nur eine reine Individualbesteuerung erhöht die Erwerbsanreize deutlich, DIW Wochenbericht Nr. 41.2011, Seite 16, unter: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.386920.de/11-41-3.pdf, abgerufen am 13. Dezember 2019. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 157/19 Seite 11 Darstellung 7: Anteil der Splittingfälle an allen Steuerfällen 2007 in %7 7 Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Steuern regional, Ausgabe 2014, Seite 67, unter: https://www.statistikportal.de/sites/default/files/2017-07/steuern_regional.pdf, abgerufen am 12. Dezember 2019. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 157/19 Seite 12 Darstellung 8: Anteil der Splittingfälle an allen Steuerfällen 2013 in %8 8 Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Steuern regional, Ausgabe 2017, Seite 27, unter https://www.statistikportal.de/sites/default/files/2018-03/steuern_regional.pdf, abgerufen am 12. Dezember 2019. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 157/19 Seite 13 Darstellung 9: Anzahl der Eheschließungen in Deutschland von 2012 bis 20189 Darstellung 10: Zusätzliche Einkommensteuerlast bei Individualbesteuerung statt Zusammenveranlagung – Verteilung des Splittingeffekts nach Dezilen des Bruttoäquivalenzeinkommens im Jahr 201910 * * * 9 Aufbereitung von statista unter Verwendung von Daten des Statistischen Bundesamtes, unter: https://de.statista .com/statistik/daten/studie/227/umfrage/anzahl-der-eheschliessungen-in-deutschland/, abgerufen am 12. Dezember 2019. 10 Beznoska, Martin; Hentze, Tobias; Kochskämper, Susanna; Stockhausen, Maximilian (Institut der deutschen Wirtschaft): Die Besteuerung von Ehepaaren in Deutschland, IW-Analysen133, 2019, Seite 42, unter: https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/IW-Analysen/PDF/IW-Analyse_133_Besteuerung-von- Ehepaaren.pdf, abgerufen am 12. Dezember 2019.