© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 156/18 Rückstellung für Beitragsrückerstattung: Praktische Auswirkungen der Änderungen der steuerlichen Höchstbeträge Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 156/18 Seite 2 Rückstellung für Beitragsrückerstattung: Praktische Auswirkungen der Änderungen der steuerlichen Höchstbeträge Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 156/18 Abschluss der Arbeit: 12. Oktober 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 156/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellungen 4 2. Entwicklung der maßgeblichen Vorschriften 4 2.1. Geltende Regelung für den steuerlichen Höchstbetrag der Rückstellung für Beitragsrückerstattung 4 2.2. Bis 2013 befristete Änderung des steuerlichen Höchstbetrages 5 2.3. Verlängerung der Ausnahme bis 2015 7 2.4. Verlängerung der Ausnahme bis 2017 7 2.5. Verlängerung der Ausnahme bis 2018 8 2.6. Neufassung der steuerlichen Regelung durch das Jahressteuergesetz 2018 9 3. Entwicklung der freien Rückstellung für Beitragsrückerstattung 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 156/18 Seite 4 1. Fragestellungen – Was haben die verschiedenen Änderungen der letzten Jahre bezüglich des steuerlichen Höchstbetrags der Rückstellung für Beitragsrückerstattung in der Praxis bewirkt? – Entsprach das jeweils der Intention des Gesetzgebers? – Was haben die Änderungen kumulativ bewirkt? – Welche Änderungen sind durch die im Gesetzentwurf zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (vorher Jahressteuergesetz 2018) diesbezüglich vorgeschlagene Regelung zu erwarten ? (Möglichst jeweils dargestellt anhand eines typischen Lebensversicherungsunternehmens). 2. Entwicklung der maßgeblichen Vorschriften 2.1. Geltende Regelung für den steuerlichen Höchstbetrag der Rückstellung für Beitragsrückerstattung Versicherungsunternehmen sind nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) zum Schutz des Versicherungsnehmers zu vorsichtiger Tarifkalkulation verpflichtet. Insofern enthalten die vom Kunden zu zahlenden Versicherungsbeiträge Sicherheitszuschläge zur Abdeckung von Risiken, die sich während der Vertragslaufzeit aus nicht vorhersehbaren negativen Entwicklungen in der Risiko-, Zins- und Kostenstruktur ergeben. Verläuft das Geschehen günstiger als kalkuliert, sind die Versicherungsnehmer an den Überschüssen aus diesen so genannten „überhobenen Beiträgen “ zu beteiligen. Der Steuergesetzgeber sieht von einer Erfassung dieser überhobenen Versicherungsbeiträge beim zu versteuernden Einkommen des Versicherungsunternehmens grundsätzlich ab. Voraussetzung ist jedoch, dass sie an den Versicherungsnehmer ausgekehrt werden. Es soll also der Status erreicht werden, als ob die Versicherungsprämie von Anfang an nur in der tatsächlich notwendigen Höhe erhoben worden wäre. Die relevante steuerliche Regelung dazu findet sich in § 21 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der Fassung vom 19. Dezember 2008: – Absatz 1 regelt die steuerliche Behandlung der Aufwendungen für erfolgsabhängige Beitragsrückgewähr , die im Wege der Direktgutschrift oder in Form der Zuführung zur Rückstellung erfolgen kann. – Absatz 2 regelt die Zuführungen zur Rückstellung für Beitragsrückerstattungen und die maximale Rückstellungshöhe. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 156/18 Seite 5 – Absatz 3 schließt eine Abzinsung der erfolgsabhängigen Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen aus.1 Die Vorschrift zum steuerlichen Höchstbetrag der Rückstellung für Beitragsrückerstattung gemäß § 21 Absatz 2 Satz 2 KStG, der im Folgenden betrachtet wird, lautet bezüglich der Lebensversicherungsunternehmen wie folgt: „Die Rückstellung ist vorbehaltlich des Satzes 3 aufzulösen, soweit sie höher ist als die Summe der in den folgenden Nummern 1 bis 4 bezeichneten Beträge: 1. die Zuführungen innerhalb des am Bilanzstichtag endenden Wirtschaftsjahrs und der zwei vorangegangenen Wirtschaftsjahre, 2. der Betrag, dessen Ausschüttung als Beitragsrückerstattung vom Versicherungsunternehmen vor dem Bilanzstichtag verbindlich festgelegt worden ist, 3. … 4. in der Lebensversicherung der Betrag, der für die Finanzierung der auf die abgelaufenen Versicherungsjahre entfallenden Schlussgewinnanteile erforderlich ist; für Pensionsfonds gilt Entsprechendes.“ 2.2. Bis 2013 befristete Änderung des steuerlichen Höchstbetrages Mit dem Jahressteuergesetz 20102 erfolgte durch § 34 Absatz 10b Satz 3 KStG eine befristete Ausweitung des zu betrachtenden dreijährigen Zuführungszeitraums auf die Betrachtung eines fünfjährigen Zuführungszeitraums („innerhalb des am Bilanzstichtag endenden Wirtschaftsjahrs und der vier vorangegangenen Wirtschaftsjahre“). Allerdings durfte die Rückstellung des 1,2fache des Betrags nicht überschreiten, der am Schluss des Veranlagungszeitraums 2009 endenden Wirtschaftsjahrs in der Steuerbilanz ausgewiesen war. Wörtlich hieß es: „§ 21 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 ist für die Veranlagungszeiträume 2010 bis 2013 in der folgenden Fassung anzuwenden: 1. die Zuführungen innerhalb des am Bilanzstichtag endenden Wirtschaftsjahrs und der vier vorangegangenen Wirtschaftsjahre, soweit die Summe dieser Beträge nicht höher ist als das 1,2-Fache der Summe der drei Zuführungen, die zum Schluss des im Veranlagungszeitraum 2009 endenden letzten Wirtschaftsjahrs zulässigerweise ermittelt wurden. Der Betrag nach 1 Hoffmann, Thomas, Kunz, Markus: Wie weiter mit der Abziehbarkeit von Beitragsrückerstattungen?, in: Versicherungswirtschaft 2009, Seite 1838. 2 Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010, Bundesgesetzblatt (BGBl.) I, Seite 1768. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 156/18 Seite 6 Satz 1 darf nicht niedriger sein als der Betrag, der sich ergeben würde, wenn das vor Inkrafttreten des Artikels 2 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1768) geltende Recht weiter anzuwenden wäre,“ … Der Gesetzgeber hatte dabei folgende Intentionen:3 – Die Rückstellung für Beitragsrückerstattung habe in der Lebensversicherung in den letzten Jahrzehnten ca. 30 bis 40 Prozent der gesamten Ausstattung der Versicherungsunternehmen mit Solvabilitätsmitteln dargestellt, mit deren Hilfe die aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen gedeckt worden seien. Etwa 60 bis 90 Prozent der erforderlichen Solvabilitätsausstattung hätten so durch die Rückstellung für Beitragsrückerstattung gedeckt werden können. Bei einzelnen Unternehmen habe dieser Wert auch noch deutlich höher gelegen. Im Jahr 2008 sei die Rückstellung für Beitragsrückerstattung marktweit um ca. 4 Mrd. Euro gesunken. Die durchschnittliche Solvabilitätsquote der Lebensversicherer sei deswegen von 206 Prozent auf 191 Prozent gesunken. – Da die Kapitalerträge bei dem derzeit sinkendem Zinsniveau zunehmend zur Finanzierung der Garantien benötigt würden, nehme der Teil, der der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zugeführt werden könne, ab. Gleichzeitig seien die Unternehmen verpflichtet, Teile der Rückstellung für Beitragsrückerstattung aufzulösen und an die Versicherten auszuschütten . – Durch § 21 KStG in seiner jetzigen Fassung drohe die Auflösung weiterer Solvabilitätsmittel bei einer größeren Anzahl an Versicherungsunternehmen. Sollten die Zuführungen zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung im Jahr 2010 dieselbe Höhe haben wie in 2009, müssten bei Gleichbleiben der aktuellen Entwicklung marktweit von der derzeit vorhandenen Rückstellung für Beitragsrückerstattung in Höhe von ca. 21 Mrd. Euro weitere ca. 4 Mrd. Euro abgebaut werden. Bei Unternehmen mit besonders niedrigen Rohüberschüssen könnte so bis 2011 fast die gesamte freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung abgebaut werden. – Die Summe der an die Versicherten ausgeschütteten Überschüsse werde durch die Änderung nicht verringert. Sie könne allerdings den zeitlichen Abstand zwischen Überschussentstehung und endgültiger Überschussverteilung an die Versicherten vergrößern. – Die Befristung gewährleiste, dass ein Zwang zur Beobachtung der Entwicklung der Ertragslage an den Kapitalmärkten bestehe. – Durch den Ansatz des 1,2fachen werde berücksichtigt, dass sich auf den am Ende des Wirtschaftsjahrs 2009 ausgewiesenen Betrag bereits die rückläufige Entwicklung der Kapitalerträge ausgewirkt habe. 3 Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010), Bundestags-Drucksache 17/2249, Seite 71f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 156/18 Seite 7 2.3. Verlängerung der Ausnahme bis 2015 Die Verlängerung der Ausnahme bis 2015 erfolgte durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz .4 Dort hieß es: „In Absatz 10c Satz 3 [des § 34 KStG] wird die Angabe ‚2013‘ durch die Angabe ‚2015‘ ersetzt .“ Eine Begründung in einer Bundestags-Drucksache liegt für diese Änderung nicht vor, weil sie durch den Vermittlungsausschuss erfolgte.5 Auch der Bundesrat macht keine weiteren Ausführungen .6 2.4. Verlängerung der Ausnahme bis 2017 Die Verlängerung der Ausnahme bis 2017 erfolgte im (späteren) Steueränderungsgesetz 20157 durch die Neufassung von § 34 Absatz 8 KStG: „§ 21 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 ist für die Veranlagungszeiträume 2016 bis 2017 in der folgenden Fassung anzuwenden: ‚1. die Zuführungen innerhalb des am Bilanzstichtag endenden Wirtschaftsjahrs und der vier vorangegangenen Wirtschaftsjahre. Der Betrag nach Satz 1 darf nicht niedriger sein als der Betrag , der sich ergeben würde, wenn das am 13. Dezember 2010 geltende Recht weiter anzuwenden wäre, …‘“ Die Verlängerung der Ausnahme war im Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht vorgesehen. Der Bundesrat hatte sich in seiner Stellungnahme mit der nachstehenden Begründung für eine Verlängerung ausgesprochen: „Dieses Argument [dass die Unternehmen ausgerechnet in Zeiten niedriger Erträge und hoher Unsicherheiten ihre als Sicherheitspuffer dienende ungebundene Rückstellung für Beitrags- 4 Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie -Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013, BGBl. I, Seite 1809. 5 Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG), Bundestags -Drucksache 17/13722, Seite 18. 6 Podschull-Wellmann, Silke: Die Tätigkeit des Vermittlungsausschusses in der siebzehnten Wahlperiode des Deutschen Bundestages, Seite 70, unter: https://www.vermittlungsausschuss.de/SharedDocs/auschuesse-termine /va/ergebnis/taetigkeit-17wp-titel-lang.pdf?__blob=publicationFile&v=4, abgerufen am 27. September 2018. 7 Steueränderungsgesetz 2015 vom 5. November 2015, BGBl. I, Seite 1834. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 156/18 Seite 8 rückerstattung abbauen müssen] hat auch in der gegenwärtigen Situation nach wie vor Gültigkeit , so dass eine schlichte Verlängerung der Übergangsregelung als Option in Betracht gezogen werden könnte.“8 Die Verlängerung der Ausnahmen erfolgte durch die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses . Zur Begründung wurde ausgeführt:9 „Bereits durch Artikel 3 des Gesetzes vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) - Amtshilferichtlinie -Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) – ist die im seinerzeitigen § 34 Absatz 10c Satz 3 KStG enthaltene – ursprünglich bis 2013 befristete – Übergangsregelung zur Auflösung von Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (RfB) auf Grund der insofern unverändert fortbestehenden Entwicklungen an den Kapitalmärkten bis zum Veranlagungszeitraum 2015 verlängert worden. Diese Situation besteht unverändert fort, sodass eine weitere, modifizierte Verlängerung der Übergangsregelung bis zum Veranlagungszeitraum 2017 geboten ist.“ Auf die Begründung der Modifizierung wurde nicht weiter eingegangen. 2.5. Verlängerung der Ausnahme bis 2018 Die erneute Verlängerung der Ausnahme erfolgte durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen .10 Die Formulierung lautete: „In Absatz 8 [des § 34 KStG] werden die Wörter ‚für die Veranlagungszeiträume 2016 bis 2017‘ durch die Wörter ‚für die Veranlagungszeiträume 2016 bis 2018‘ ersetzt.“ Auch diese Verlängerung der Ausnahme war zunächst nicht im Gesetzentwurf vorgesehen, sondern wurde mit der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses mit folgender Begründung eingefügt :11 „Im Steueränderungsgesetz 2015 vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834) wurde die Übergangsregelung zur Auflösung von Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen auf Grund der 8 Stellungnahme des Bundesrates: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (später Steueränderungsgesetz 2015), Bundesrats-Drucksache 121/15 (Beschluss), Seite 20f. 9 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (später Steueränderungsgesetz 2015), Bundestags -Drucksache 18/6094, Seite 84. 10 Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und –verlagerungen vom 20. Dezember 2016, BGBl. I, Seite 3000. 11 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und –verlagerungen, Bundestags-Drucksache 18/10506, Seite 81. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 156/18 Seite 9 insofern unverändert fortbestehenden Entwicklungen an den Kapitalmärkten bis zum Veranlagungszeitraum 2017 festgeschrieben. Die Situation besteht unverändert fort, sodass eine Verlängerung der Übergangsregelung bis Veranlagungszeitraum 2018 geboten ist.“ 2.6. Neufassung der steuerlichen Regelung durch das Jahressteuergesetz 2018 Der Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften schlägt eine Neufassung des § 21 KStG mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum 2019 vor. Die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen hätten sich geändert, die seit Jahren anhaltende Niedrigzinsphase wirke sich weiter auf die Besteuerung von Versicherungsunternehmen auf. Deshalb solle die bisherige Regelung zum steuerlichen Höchstbetrag der Rückstellung für Beitragsrückerstattung entfallen. Künftig entspreche die im handelsrechtlichen Jahresabschluss enthaltene Rückstellung für Beitragsrückerstattung derjenigen der Steuerbilanz. Der steuerliche Höchstbetrag sei vor dem Hintergrund zu sehen gewesen, dass die Rückstellung für Beitragsrückerstattung aus steuerlicher Sicht keinen alleinigen Fremdmittelcharakter habe. Nach geltendem Steuerrecht werde unterstellt, sie habe ihren Fremdmittelcharakter verloren, soweit sie die Grenzen von drei bzw. aktuell fünf (§ 34 Absatz 8 KStG) Jahreszuführungen überschreite . Sie sei insoweit rein steuerlich gewinnerhöhend aufzulösen gewesen. Im neugefassten § 21 KStG werde ein Eigenkapitalzuschlag im Rahmen der Höchstbetragsberechnung für die Aufwendungen für Beitragsrückerstattungen eingeführt, der eine vergleichbare Ziel- und Zweckrichtung habe, aber die liquiditätsbelastende Wirkung einer rein steuerlich bedingten Rückstellungsauflösung vermeide.12 Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat bereits 2015 argumentiert, dass die Schaffung der aufsichtsrechtlichen Höchstgrenze durch das Lebensversicherungsreformgesetz 201413 und dort § 9 Mindestzuführungsverordnung eine eigenständige steuerliche Grenze überflüssig mache. Durch die Übernahme der aufsichtsrechtlichen Regelung in das Steuerrecht würde eine auf Dauer tragfähige Lösung erreicht und das auch verwaltungstechnisch schwierige Nebeneinander zweier Grenzen vermieden.14 In einer späteren Stellungnahme hat er sich der Prüfbitte des Bundesrates angeschlossen. Danach sollte § 21 Absatz 2 KStG so angepasst werden, 12 Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, Bundestag Drucksache 19/4455, Seite 52ff. 13 Gesetz zur Absicherung stabiler und fairere Leistungen für Lebensversicherte (Lebensversicherungsreformgesetz – LVRG) vom 1. August 2014, BGBl. I, Seite 1330. 14 Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften. Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 19. Februar 2015, unter: https://www.bundesfinanzministerium .de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/18_Legislaturperiode /Gesetze_Verordnungen/2015-11-05-Steueraenderungsgesetz-2015/Stellungnahme-01-8-Spitzenverbaende -der-Deutschen-Wirtschaft.pdf?__blob=publicationFile&v=1, abgerufen am 11. Oktober 2018. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 156/18 Seite 10 damit die vom Aufsichtsrecht ermöglichte zusätzliche Risikovorsorge auch in der steuerbilanziellen Rückstellung abgebildet werden könne.15 3. Entwicklung der freien Rückstellung für Beitragsrückerstattung Nach der ersten Einführung der Übergangsregelung durch das Jahressteuergesetz 2010 (vgl. Kapitel 2.2) machten Hoffmann und Kunz anhand einer Modellrechnung mit geltendem Recht und künftigem Recht die Wirkungen der Verlängerung der Zuführungsfrist auf 5 Jahre deutlich. Bei den von den Autoren unterstellten Parametern führte die Änderung durch den Gesetzgeber zu einer Vermeidung der Auflösung der freien Rückstellung für Beitragsrückerstattung.16 Die folgende Grafik (eigene Darstellung) zeigt die Entwicklung der freien Rückstellung für Beitragsrückerstattung aller Versicherungsunternehmen in Deutschland für die Jahre 2009 bis 2015:17 15 Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, Stellungnahme anlässlich der öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss am 29. Juni 2015, unter: https://www.bundestag.de/blob/380490/ba920b2e089e66ab2f2573e2460b39aa/04---acht-spitzenorg-- data.pdf, abgerufen am 12. Oktober 2018. Stellungnahme des Bundesrates: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (später Steueränderungsgesetz 2015), Bundesrats-Drucksache 121/15 (Beschluss), Seite 20f. 16 Hoffmann, Thomas; Kunz, Markus: Gesetzliche Neuerungen – Wie der RfB-Höchstbetrag durch das Jahressteuergesetz 2010 erhöht wird, in: Versicherungswirtschaft 2010, Seite 1732, abrufbar in juris. 17 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE.: Ertragslage der Lebensversicherer und geplante Reform der Betriebsrente, Bundestags-Drucksache 18/11076, Antwort zu Frage 8. Die Werte für 2016 und 2017 sind bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht angefragt. 21 .0 00 .0 00 20 .8 00 .0 00 20 .3 00 .0 00 19 .0 00 .0 00 19 .9 00 .0 00 22 .1 00 .0 00 22 .9 00 .0 00 0 5.000.000 10.000.000 15.000.000 20.000.000 25.000.000 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Freie RfB aller Versicherungsunternehmen in Deutschland 2009-2017 in Tsd. Euro Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 156/18 Seite 11 Den drei nächsten Grafiken (eigene Darstellung) sind die Entwicklungen der freien Rückstellung für Beitragsrückerstattung des größten (Allianz Leben), eines mittelgroßen (Volkswohl Bund LV) und eines kleineren (ARAG LV) Lebensversicherungunternehmens von 2009 bis 2017 zu entnehmen. Als Auswahlkriterium für die Größenrangfolgediente die Höhe der verdienten Bruttobeiträge im Jahr 2016.18 Die Werte sind den Erläuterungen in den Geschäftberichten entnommen. 18 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht: Erstversicherungsunternehmen 2016 (Lebensversicherung), unter: https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Statistik/Erstversicherer /dl_st_16_erstvu_lv_va_xls.html, abgerufen am 11. Oktober 2018. 5. 50 2. 58 5 4. 66 1. 45 9 4. 79 9. 26 6 4. 41 1. 29 7 5. 11 9. 66 0 6. 46 6. 76 4 6. 84 0. 56 9 7. 22 9. 66 0 7. 49 4. 37 8 0 1.000.000 2.000.000 3.000.000 4.000.000 5.000.000 6.000.000 7.000.000 8.000.000 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Freie RfB Allianz Lebensversicherungs AG 2009-2017 in Tsd.Euro 21 9. 40 6 27 2. 61 6 28 5. 54 3 27 4. 78 8 29 5. 42 3 28 4. 05 0 33 1. 09 9 31 2. 30 9 14 9. 60 4 0 100.000 200.000 300.000 400.000 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Freie RfB Volkswohl Bund Lebensversicherung 2009-2017 in Tsd.Euro Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 156/18 Seite 12 * * * 57 .9 36 58 .5 13 55 .4 69 61 .7 67 60 .2 53 62 .3 85 57 .3 03 51 .9 24 0 10.000 20.000 30.000 40.000 50.000 60.000 70.000 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Freie RfB ARAG Lebensversicherung 2009-2016 in Tsd.Euro