© 2015 Deutscher Bundestag WD 4 – 3000 – 155/15 Anwendbarkeit des § 52 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) auf Freifunk Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 155/15 Seite 2 Anwendbarkeit des § 52 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) auf Freifunk Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 155/15 Abschluss der Arbeit: 26. Oktober 2015 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 155/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Erläuterung des Gemeinnützigkeitsbegriffs nach der AO 4 3. Definition Freifunk 5 4. Anwendbarkeit des § 52 Abs. 2 AO auf Freifunk 6 4.1. § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO - Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich Studentenhilfe 6 4.2. § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO – u. a. Förderung des Amateurfunks 7 4.3. § 52 Abs. 2 Nr. 25 AO - Förderung des bürgerschaftlichen Engagements 8 4.4. § 52 Abs. 2 Satz 2 - Öffnungsklausel 9 5. Zusammenfassung 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 155/15 Seite 4 1. Fragestellung Inhalt der Fragestellung ist, ob Freifunkinitiativen als gemeinnütziger Verein gemäß § 52 Abs. 2 AO anerkannt und damit steuerlich begünstigt werden können. Zur Beantwortung der Frage wird zunächst kursorisch der abgabenrechtliche Begriff der Gemeinnützigkeit umrissen. Nach einigen Hinweisen zur aktuellen Situation und zur Funktionsweise des Freifunks wird nach Ansätzen gesucht, die dessen Gemeinnützigkeit begründen könnten. 2. Erläuterung des Gemeinnützigkeitsbegriffs nach der AO Nach § 52 Abs.1 AO verfolgt eine Körperschaft dann gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, „die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.“ Der Gesetzgeber versteht darunter die Förderung auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet und die Förderung der Allgemeinheit. Nach Hüttemann soll damit etwas „vorangebracht , vervollkommnet oder verbessert“1 werden. Förderung des Allgemeinwohls wird als Förderung des Gemeinwohls charakterisiert.2 Nur partielle Interessen sollen ausgeschlossen werden . Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nicht vor, wenn der zu fördernde Personenkreis fest abgeschlossen ist. Entscheidend für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist, „ob das Wirken der Körperschaft dem Interesse der Allgemeinheit und des gemeinen Wohls“3 und nicht nur den Belangen bestimmter Personen dient. Wenn die Förderung nur auf eine bestimmte, fest abgeschlossene Personengruppe gerichtet ist, beruht die Förderung nach Auffassung des BFH in erster Linie auf dem Gedanken der Selbsthilfe, nicht aber auf dem Gedanken der Gemeinnützigkeit. Eine Beschränkung auf einen Personenkreis, der nicht mehr als Ausschnitt der Allgemeinheit angesehen werden kann, ist nicht gemeinnützig. Mit Förderung der Allgemeinheit wird Förderung im Interesse der Allgemeinheit, nicht aber Förderung der Gesamtheit der Bürger verstanden.4 Neben den im § 52 AO festgelegten Voraussetzungen müssen die steuerbegünstigten Zwecke selbstlos, ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden. Ferner müssen die steuerbegünstigten Zwecke in einer Satzung detailliert bestimmt sein, die auch die Festlegungen der (amtlichen) Mustersatzung enthalten muss. Die Satzung hat zudem Regeln zur Vermögensbindung zu enthalten . Die tatsächliche Geschäftsführung muss mit der Satzung in Übereinstimmung stehen. § 55 Abs. 1 AO hebt hervor, dass eine Förderung oder Unterstützung selbstlos geschieht, „wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke … verfolgt werden.“5 Die Selbstlosig- 1 Hüttemann: Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht: Köln 2015, S. 150, Rn 3.19 2 Tipke/Lang: Steuerrecht, Köln 2015, S. 1136, Rn 2 3 Hüttemann: Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht: Köln 2015, S. 151, Rn 3.21 4 Hüttemann: Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht: Köln 2015, S. 157, Rn 3.34 5 Hübschmann, Hepp, Spitaler: Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 55 Abs. 1 AO Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 155/15 Seite 5 keit ist eine wichtige Voraussetzung bei der Beurteilung der Gemeinnützigkeit. Die Selbstlosigkeit knüpft an die Voraussetzung, dass Mittel der Körperschaft nur für die satzungsmäßig festgelegten Zwecke verwendet werden dürfen und die Mitglieder keine Zuwendungen aus den Mitteln der Körperschaft erhalten dürfen. „Dies ist die Grundregel der Selbstlosigkeit und damit der Gemeinnützigkeit“6 „Das Gebot der satzungsmäßigen Verwendung verweist auf die Zwecksetzungen der §§ 52, 53, 54 und auf deren notwendige Verankerung in der Satzung.“7 3. Definition Freifunk Der Freifunk versteht sich als ein Zusammenschluss von Interessierten mit dem Ziel, ein freies Datennetz zu betreiben. In Vereinen organisiert soll ein sogenanntes „Mesh-Netzwerk“ aufgebaut werden, in dem zahlreiche WLAN-Router eine Funkwolke bilden, über die der Datenverkehr zum nächsten mit dem Internet verbundenen Router geführt wird. Für die Bildung der Funkwolke sind spezielle Router und hierauf laufende Firmware erforderlich.8 In einem Mesh- oder vermaschten Netzwerk sind „die Zugangspunkte und Basisstationen funktechnisch miteinander verbunden“.9 Auf der Internetseite freifunk.net wird die Funktionsweise wie folgt beschrieben: „Freie Netze werden von immer mehr Menschen in Eigenregie aufgebaut und gewartet. Jeder Nutzer im freifunk-Netz stellt seinen WLAN-Router für den Datentransfer der anderen Teilnehmer zur Verfügung. Im Gegenzug kann er oder sie ebenfalls Daten, wie z. B. Text, Musik und Filme, über das interne freifunk-Netz übertragen oder über von Teilnehmern eingerichtete Dienste im Netz chatten, telefonieren und gemeinsam Online Games spielen. (…) Viele stellen zudem ihren Internetzugang zur Verfügung und ermöglichen anderen den Zugang zum weltweiten Netz.“10 „Freifunk beruht auf der Errichtung freier, vermaschter Ad-hoc Funknetze auf WLAN-Basis, an denen jeder Interessierte mit minimalen Kosten aktiv teilnehmen kann. Durch das Einbringen von Internetanschlüssen in das Netzwerk lassen sich diese mit allen anderen Netzteilnehmern teilen."11 6 Hübschmann, Hepp, Spitaler: Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 55 Abs. 1 AO, Rn 136 7 Hübschmann, Hepp, Spitaler: Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 55 Abs. 1 AO, Rn 137 8 Vgl. http://wiki.freifunk-potsdam.de/Hauptseite, abgerufen am 22.10.2015 9 Vgl. www.itwissen.info/definition/Lexikon/Mesh-Netz-WMN-wireless-mesh-network.html, abgerufen am 22.10.2015 10 Vgl. http://freifunk.net/worum-geht-es/, abgerufen am 22.10.2015 11 Meier: Freifunk – Freifunknetze als Chance für den ländlichen Raum, München 2010, S. 7 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 155/15 Seite 6 Freifunk ist eine nicht-kommerzielle Initiative für freie Funknetzwerke, die von immer mehr Bürgern in Eigeninitiative aufgebaut und gewartet werden. Als Beweggründe für Freifunkinitiativen werden unter anderem genannt:12 mangelnde Verfügbarkeit von Breitband-Internetanschlüssen in ländlichen Gebieten Bereitstellung eines kostengünstigen Internetanschlusses Demokratisierung der Kommunikationsmedien und Förderung sozialer Strukturen Zugang zu Informationen und Wissen 4. Anwendbarkeit des § 52 Abs. 2 AO auf Freifunk In § 52 Abs. 2 AO werden die gemeinnützigen Zwecke numerisch aufgelistet. Nach Auffassung des BMF handelt es sich bei § 52 Abs. 2 AO grundsätzlich um eine abschließende Aufzählung gemeinnütziger Zwecke. Es können jedoch auch Zwecke, die hinsichtlich der Merkmale mit den in § 52 Abs. 2 AO genannten Zwecken identisch sind, als gemeinnützig anerkannt werden.13 Die unter § 52 Abs. 2 AO genannten gemeinnützigen Zwecke sind stets unter Berücksichtigung des § 52 Abs. 1 AO zu betrachten.14 Für die vorliegende Fragestellung wurde geprüft, ob der Freifunk unmittelbar unter einen der in § 52 Abs. 2 Nr. 1 bis 25 AO genannten Zwecke fällt. Da das nicht der Fall ist, wurden in einem zweiten Schritt die Katalogzwecke dahingehend überprüft, ob sie sich im Wege der Auslegung auf den Freifunk anwenden ließen und den Anforderungen aus dem Zweckkatalog entsprächen. Im Ergebnis könnte dies bei drei einzelnen Katalognummern der Fall sein, bei denen sich ein Bezug zum Freifunk ggf. herstellen ließe. Das betrifft § 52 Abs. 2 Nr. 7, 23 und 25 AO. 4.1. § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO - Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich Studentenhilfe Bei § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO stehen Bildung und Erziehung im Mittelpunkt. „Bildung ist die Vermehrung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Einzelnen. Als Erziehung ist die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und sittlichen Formung junger Menschen anzusehen“.15 Auch die Wissensvermittlung oder die Willens- und Charakterbildung ist Erziehung. Der Erziehungsgedanke lässt sich unter Umständen auch bei der Freizeitgestaltung Jugendlicher erkennen, eine Abgrenzung zur nichtbegünstigten Freizeitgestaltung ist schwierig. Im Unterschied zur Erzie- 12 Meier: Freifunk – Freifunknetze als Chance für den ländlichen Raum, München 2010, S. 51, 54 13 BMF: Amtliches AO-Handbuch 2015, Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO), AEAO zu § 52 Abs. 2, S. 96 14 Wallenhorst/Halaczinsky: Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, München 2009, S. 217, Rn 48 15 Hüttemann: Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht: Köln 2015, S. 191, Rn 3.99 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 155/15 Seite 7 hung ist Bildung nicht nur auf Jugendliche beschränkt. Förderbereiche für Bildung und Erziehung können neben der Schulausbildung auch Studium, Berufsausbildung, berufliche Weiterbildung , Volks- und Berufsbildung, Studentenhilfe/-förderung und Schülerbetreuung sein.16 Auch Trägervereine des nichtkommerziellen Rundfunks, Hilfe für Arbeitslose, Freiwilligenagenturen, politische Bildungsvereine oder sogenannte Bürgernetzwerke können dazugehören.17 Ausschlaggebend für die Entscheidung im Einzelfall ist, dass die Erwachsenenbildung im Vordergrund steht. Für Initiativen von Freifunknetzen steht jedoch nicht unmittelbar das etwaige Bildungsinteresse in dem oben beschriebenen Sinne im Vordergrund, sondern die gemeinschaftliche Einrichtung eines Datennetzes zur freien Nutzung. Freifunkvereinigungen sind insoweit mit Internetvereinen vergleichbar. Vor diesem Hintergrund scheinen Zweifel angebracht, ob die Voraussetzungen für eine Gemeinnützigkeit vorliegen. Insbesondere ist auf die Ausführung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) im Amtlichen AO-Handbuch zu verweisen. Zu Internetvereinen vertritt das BMF folgende Auffassung: „Internetvereine können wegen der Förderung der Volksbildung als gemeinnützig anerkannt werden, sofern ihr Zweck nicht der Förderung der (privat betriebenen) Datenkommunikation durch Zurverfügungstellung von Zugängen zu Kommunikationsnetzwerken sowie durch den Aufbau, die Förderung und den Unterhalt entsprechender Netze zur privaten und geschäftlichen Nutzung durch die Mitglieder oder andere Personen dient. Freiwilligenagenturen können regelmäßig wegen der Förderung der Bildung (§ 52 Abs. 2 Nr. 7 AO) als gemeinnützig behandelt werden, weil das Schwergewicht ihrer Tätigkeit in der Aus- und Weiterbildung der Freiwilligen liegt (BMF-Schreiben vom 15.9.2003, BStBl. I S.446).18 An anderer Stelle heißt es: „Internetvereine sind nur gemeinnützig, wenn sie der Förderung der Volksbildung dienen (bspw. durch Schulungen, Bereitstellung von Informationsmaterial, Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten); nicht hingegen wenn eigenwirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen.“19 4.2. § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO – u. a. Förderung des Amateurfunks Unter Nummer 23 werden verschiedene, sehr unterschiedliche Betätigungsfelder - u. a. auch der Amateurfunk - aufgeführt. Obwohl es sich hier um privilegierte Freizeitzwecke handelt, hat der Gesetzgeber sie als gemeinnützig anerkannt. Amateurfunk kann dann als gemeinnützig anerkannt 16 Hübschmann, Hepp, Spitaler: Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 52 AO, Rn 148- 153 17 Wallenhorst/Halaczinsky: Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, München 2009, S. 236, Rn 88 18 BMF: Amtliches AO-Handbuch 2015, Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO), AEAO zu § 52 Abs. 2, S. 97 19 Hübschmann, Hepp, Spitaler: Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 52 AO, Rn 260 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 155/15 Seite 8 werden, wenn er nicht in erster Linie eigenwirtschaftlichen Zwecken dient oder parteipolitisch motiviert ist. Er kann auch dem Zeitvertreib und der gegenseitigen Unterhaltung dienen.20 „Das Hobby des Amateurfunkens … wird durch Gesetz als allgemeine geistige Förderung definiert .“21 Diese Tätigkeit ist nicht beschränkt auf Hilfsmaßnahmen, sie erfasst auch den Funkverkehr zum Zeitvertreib und zur Unterhaltung. „Unter Amateurfunken ist nach § 2 Nr. 2 des Amateurfunkgesetzes ein Funkdienst zu verstehen, der von Funkamateuren untereinander, zu experimentellen und technisch-wissenschaftlichen Studien, zur eigenen Weiterbildung, zur Völkerverständigung und zur Unterstützung von Hilfsaktionen in Not- und Katastrophenfällen wahrgenommen wird.“22 Nach den Definitionsinhalten lassen sich Amateurfunk und Freifunk nicht miteinander vergleichen . 4.3. § 52 Abs. 2 Nr. 25 AO - Förderung des bürgerschaftlichen Engagements Es geht hier um Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke. Dazu zählen „Freiwilligenagenturen, Organisationen der Nachbarschaftshilfe oder Körperschaften zur Förderung bestimmter Segmente des Ehrenamts wie etwa des Stiftungswesens.“23 Der ehrenamtliche Einsatz für unsere Gesellschaft soll damit besonders hervorgehoben werden. Nach dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) handelt es sich um eine freiwillige, nicht auf das Erzielen eines persönlichen materiellen Gewinns, sondern auf die Förderung der Allgemeinheit gerichtete Tätigkeit.24 Abgesehen von den genannten Beispielen ist die seit 2007 geltende Regelung jedoch dahingehend zu verstehen, dass eine Erweiterung der gemeinnützigen Zwecke damit nicht verbunden ist.25 Im Schrifttum wird der Bestimmung sogar ein eigenständiger Regelungsinhalt wegen der inhaltslosen Formulierung abgesprochen.26 20 Hübschmann, Hepp, Spitaler: Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 52, Rn 237 21 Wallenhorst/Halaczinsky: Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, München 2009, S. 258, Rn 147 22 Hüttemann: Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht: Köln 2015, S. 210, Rn 3.140 23 Wallenhorst/Halaczinsky: Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, München 2009, S. 259, Rn 150 24 BMF: Amtliches AO-Handbuch 2015, Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO), AEAO zu § 52 Abs. 2, S. 97 25 Klein/Gersch: Abgabenordnung (AO), § 52 Rn. 49; Begründung des Gesetzentwurfs auf Bt-Drs. 16/5200, S. 21 26 Seer in Tipke/Kruse: Abgabenordnung, § 52, Tz. 69 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 155/15 Seite 9 4.4. § 52 Abs. 2 Satz 2 - Öffnungsklausel Mit der Öffnungsklausel in § 52 Abs. 2 Satz 2 AO hat der Gesetzgeber einen Weg eröffnet, weitere Zwecke als gemeinnützig anzuerkennen, wenn es sich um selbstlose Förderung der Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet handelt. Damit soll auf veränderte gesellschaftliche Verhältnisse reagiert werden. Ein abschließender Katalog der gemeinnützigen Zwecke würde der gesellschaftlichen Entwicklung nicht gerecht werden. Gleichwohl erfordert die Anerkennung eines weiteren gemeinnützigen Zweckes die Orientierung an den gesetzgeberischen Wertungen des § 52 Abs. 2 Nr. 1 bis 25 AO. Mit der Öffnungsklausel wird die Möglichkeit geschaffen, weitere Zwecke ebenfalls als gemeinnützig nach Prüfung durch die zuständige oberste Finanzbehörde der Länder anzuerkennen. Die Entscheidung ist eine Einzelfallentscheidung durch die Landesfinanzbehörde, die aber bundeseinheitlich abgestimmt werden muss.27 Es besteht jedoch für die zuständige Stelle kein Ermessen hinsichtlich der Zuerkennung der Gemeinnützigkeit. Somit besteht hier eine gespaltene Zuständigkeit hinsichtlich der Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft. Das Finanzamt ist für die Anerkennung auf der Grundlage des § 52 Abs. 2 Nr. 1 bis 25 AO zuständig, eine durch die oberste Finanzbehörde der Länder bestimmte Stelle für die Zuständigkeit nach § 52 Abs. 2 Satz 2 AO. Materiell-rechtliche Voraussetzung für die Öffnungsklausel ist, dass die Allgemeinheit gefördert wird (§ 52 Abs. 2 Satz 2 AO). Der Gedanke der Förderung der Allgemeinheit scheint im Falle des Freifunks nicht gegeben, da es sich um einen fest abgeschlossenen Personenkreis handelt und nur die Interessen dieses Personenkreises gefördert werden. Es ergeben sich Zweifel, ob dieser Personenkreis einen Ausschnitt der Allgemeinheit, wie es die AEAO fordert, verkörpert. Mit dem Freifunk wird in erster Linie der Gedanke der Selbsthilfe verwirklicht. „Selbsthilfegruppen, Nachbarschafts- und Seniorenhilfevereine, Tauschringe und Zeitbörsen o. Ä. können i. d. R. nicht als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt werden. Hier werden regelmäßig durch die gegenseitige Unterstützung in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen gefördert, wodurch gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit verstoßen wird (…). Die Selbsthilfegruppen können nur dann gemeinnützig sein, wenn ihre Betätigung in erster Linie einem besonderen schutzwürdigen Personenkreis (z. B. Behinderten, Kranken oder der Jugend) zugutekommt.“28 5. Zusammenfassung Die unter Punkt 4.1 bis 4.3 geprüften Zwecke aus dem Katalog des § 52 Abs. 2 AO lassen sich nach unserer Auffassung nicht auf den Freifunk anwenden. Die Freifunknetzwerke (Freifunk) dienen nicht in erster Linie der Förderung der Bildung. Es handelt sich hier vorrangig um das zur Verfügung stellen von Internetzugängen für einen abgeschlossenen Personenkreis. Im Mittelpunkt stehen der Austausch von Daten und Informationen zu privaten Zwecken. Aus diesen Be- 27 BMF: Amtliches AO-Handbuch 2015, Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO), AEAO zu § 52, Tz. 3 28 Haufe: Steuer Office Kanzlei-Edition Online, Fenker, HI6695946, Stand: 14.04.2014 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 155/15 Seite 10 weggründen für den Aufbau solcher Netze lässt sich ableiten, dass bildungspolitische Schwerpunkte hier nicht im Vordergrund stehen. Der Amateurfunk verfolgt andere Ziele, die nur ansatzweise mit den Zielen des Freifunks übereinstimmen. Die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements lässt sich auf Freifunk ebenfalls nicht anwenden, da es sich hier um private Initiativen handelt. Als einzige Möglichkeit käme die Öffnungsklausel nach § 52 Abs. 2 Satz 2 AO zur Anwendung. Wie die Katalogzwecke des § 52 Abs. 2 AO müssten auch die nach der Öffnungsklausel anzuerkennenden Zwecke die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem und sittlichem Gebiet fördern. Die Beurteilung kann jedoch nur durch die zuständige Finanzbehörde des Landes erfolgen, bei der der Antrag für eine Steuerbegünstigung vorzulegen wäre. - Ende der Bearbeitung -