© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 139/20 Lohnsteuerliche Behandlung des Arbeitslohns bei grenzüberschreitenden Fällen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/20 Seite 2 Lohnsteuerliche Behandlung des Arbeitslohns bei grenzüberschreitenden Fällen Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 139/20 Abschluss der Arbeit: 10. Dezember 2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/20 Seite 3 1. Doppelbesteuerungsabkommen Fallen Wohnsitzstaat und Tätigkeitsstaat(en) eines Arbeitnehmers auseinander, sind das Besteuerungsrecht der beteiligten Staaten am erzielten Arbeitslohn und die Bestimmungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Arbeitslohns Teile der zwischen den Staaten bilateral geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Die von Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen orientieren sich nach Inhalt und Aufbau am OECD-Musterabkommen (OECD-MA), im konkreten Einzelfall sind jedoch die jeweiligen Vorschriften des anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens maßgeblich. Die folgenden grundsätzlichen Darstellungen sind entnommen aus: Bundesministerium der Finanzen: Schreiben betr. steuerliche Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen vom 3. Mai 2018 (IV B 2 – S 1300/08/10027), geändert durch BMF vom 22. April 2020. 2. Lohnsteuerliche Behandlung des Arbeitslohns bei einem im Ausland wohnenden Arbeitnehmer Für den Fall, dass ein mobil arbeitender Arbeitnehmer, der in Deutschland angestellt ist, aber im Ausland wohnt und dort permanent oder zeitweise seine Arbeit verrichtet, gilt zunächst :1 Der Ort der Arbeitsausübung eines Arbeitnehmers ist grundsätzlich der Ort, an dem er sich zur Ausführung seiner Tätigkeit tatsächlich persönlich aufhält.2 Unerheblich ist, woher oder wohin die Zahlung des Arbeitslohns geleistet wird oder wo der Arbeitgeber ansässig ist. Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 OECD-MA können die Vergütungen aus unselbständiger Arbeit ausschließlich im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers besteuert werden. Ein permanent in seinem Wohnsitzstaat arbeitender Arbeitnehmer, der in Deutschland angestellt ist, würde deshalb in seinem Wohnsitzstaat besteuert. Ausnahme: Wird die unselbständige Arbeit von dem im Ausland lebenden Arbeitnehmer nicht in seinem Wohnsitzstaat, sondern zum Beispiel in Deutschland ausgeübt, steht grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat, also Deutschland, das Besteuerungsrecht für die bezogenen Vergütungen zu (Art 15 Abs. 1 Satz 2 OECD-MA). 1 Bei einer gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung gelten spezielle Regelungen, vgl. Textziffer 4.3.4 des oben genannten BMF-Schreibens. 2 Bundesfinanzhof-Urteil vom 25. November 2014, Aktenzeichen I R 27/13. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/20 Seite 4 Allerdings gilt davon wiederum eine Ausnahme: Abweichend von Art. 15 Abs. 1 Satz 2 OECD-MA steht nämlich nach Art. 15 Abs. 2 OECD- MA doch dem Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers das ausschließliche Besteuerungsrecht für eine nicht in diesem Staat, also zum Beispiel in Deutschland, ausgeübte unselbständige Arbeit zu, wenn – der Arbeitnehmer sich insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines im jeweiligen Abkommen näher beschriebenen Zeitraums im Tätigkeitsstaat aufgehalten oder die Tätigkeit dort ausgeübt hat (die Bestimmung richtet sich nach dem jeweiligen DBA3) und – der Arbeitgeber, der die Vergütungen wirtschaftlich trägt oder hätte tragen müssen, nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist und – der Arbeitslohn nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat, wirtschaftlich getragen wurde oder zu tragen gewesen wäre. Nur wenn alle drei Voraussetzungen zusammen vorliegen, steht dem Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers das Besteuerungsrecht für Vergütungen, die für eine im Ausland ausgeübte Tätigkeit gezahlt werden, zu. Liegen dagegen nicht sämtliche Voraussetzungen des Art 15 Abs. 2 OECD-MA zusammen vor, steht nach Art. 15 Abs. 1 OECD-MA dem Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus der vom Arbeitnehmer dort ausgeübten unselbständigen Arbeit zu. Im obigen Beispiel eines im Ausland lebenden Arbeitnehmers, der in Deutschland angestellt ist und zumindest zeitweise seine Tätigkeit hier ausübt, steht Deutschland das Besteuerungsrecht für die Einkünfte der vom Arbeitnehmer in Deutschland ausgeübten unselbständigen Arbeit zu. Entsprechendes gilt für die anderen Staaten, in denen er tätig wird. 3. Grenzgängerregelung Obwohl im Fall des mobilen Arbeitens die Grenzgängerregelung wohl eher nicht zur Anwendung kommt, soll sie der Vollständigkeit halber erwähnt werden. Grenzgänger sind Arbeitnehmer, die in der Regel im Grenzbereich des einen Staates arbeiten und täglich zu ihrem Wohnsitz im Grenzbereich des anderen Staates zurückkehren. Das OECD-MA sieht für Grenzgänger keine spezielle Regelung vor. Für diese Arbeitnehmer gelten Besonderheiten nach den Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich (in der Regel 3 Vgl. Textziffer 4.2. des oben genannten BMF-Scheibens. Es muss sich nicht um einen zusammenhängenden Aufenthalt im Tätigkeitsstaat handeln; mehrere Aufenthalte im selben Tätigkeitsstaat sind zusammenzurechnen . Wird in einem DBA zur Ermittlung der Aufenthalts-/Ausübungstage auf die Dauer der Ausübung der unselbständigen Arbeit im Tätigkeitsstaat abgestellt (zum Beispiel Art. 15 Abs. 2 Buchstabe a DBA-Dänemark), so ist hierbei jeder Tag zu berücksichtigen, an dem sich der Arbeitnehmer, sei es auch nur für kurze Zeit, in dem anderen Vertragsstaat zur Arbeitsausübung tatsächlich aufgehalten hat. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/20 Seite 5 Besteuerung im Wohnsitzstaat), Österreich (in der Regel Besteuerung im Wohnsitzstaat) und der Schweiz (begrenzte Besteuerung im Tätigkeitsstaat und Wohnsitzbesteuerung mit Anrechnungssystem). Besonderheiten bei Grenzpendlern nach Luxemburg sind in der Verständigungsvereinbarung vom 26. Mai 2011 (KonsVerLUXV vom 9. Juli 2012, BStBl I Seite 852) geregelt.4 * * * 4 Vgl. Textziffer 1.2.2.2 des oben genannten BMF-Schreibens.