© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 139/19 Auswirkungen einer bundesgesetzlichen Regulierung des Glücksspiels auf die Steuerkompetenzen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/19 Seite 2 Auswirkungen einer bundesgesetzlichen Regulierung des Glücksspiels auf die Steuerkompetenzen Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 139/19 Abschluss der Arbeit: 15.11.2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Bestehende und mögliche künftige Steuerkompetenzen im Bereich des Glücksspielwesens 4 2.1. Verkehrsteuern 4 2.1.1. Rennwett- und Lotteriesteuer 4 2.1.1.1. Steuergesetzgebungskompetenz 5 2.1.1.2. Ertragskompetenz 6 2.1.2. Spielbankenabgabe 7 2.1.2.1. Steuergesetzgebungskompetenz 7 2.1.2.2. Ertragskompetenz 8 2.1.3. Umsatzsteuer 8 2.1.3.1. Steuergesetzgebungskompetenz 8 2.1.3.2. Ertragskompetenz 9 2.2. Besitzsteuern 9 2.2.1. Steuergesetzgebungskompetenz 9 2.2.2. Ertragskompetenz 10 2.3. Örtliche Steuern 10 2.3.1. Steuergesetzgebungskompetenz 11 2.3.2. Ertragskompetenz 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/19 Seite 4 1. Fragestellung Es wird gefragt, welche Auswirkungen eine mögliche bundesgesetzliche Regulierung des gesamten Glücksspielwesens auf die Steuergesetzgebungskompetenzen und auf die Ertragshoheit der mit dem Glücksspiel verbundenen Steuereinnahmen hätte. 2. Bestehende und mögliche künftige Steuerkompetenzen im Bereich des Glücksspielwesens Mit Blick auf das bestehende Glücksspielwesen in Deutschland sind nach der Art der Steuern Verkehrsteuern, Besitzsteuern und örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu unterscheiden. Im Folgenden soll jeweils auf die bestehenden Steuergesetzgebungs- und Ertragskompetenzen nach Art. 105, 106 GG sowie auf die Auswirkungen einer möglichen bundesgesetzlichen Regelung des gesamten Glückspielwesens auf Steuergesetzgebungs- und Ertragskompetenz eingegangen werden. 2.1. Verkehrsteuern Zu den Verkehrsteuern im Glückspielwesen zählen die Rennwett- und Lotteriesteuer, die Spielbankenabgabe sowie die Umsatzsteuer. 2.1.1. Rennwett- und Lotteriesteuer Gewinnspiele unterliegen der Rennwett- und Lotteriesteuer. Diese umfasst die Rennwettsteuer, die Lotteriesteuer sowie die Steuer auf Sportwetten1. Rechtsgrundlage für die Rennwett- und Lotteriesteuer ist das Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) sowie die hierzu ergangenen Verordnungen und Ausführungsbestimmungen2. Im Einzelnen unterliegen im Inland veranstaltete öffentliche Lotterien und Ausspielungen der Lotteriesteuer. Eine Lotterie liegt laut Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV)3 vor, wenn einer Mehrzahl von Personen die Möglichkeit eröffnet wird, nach einem bestimmten Plan gegen ein bestimmtes Entgelt die Chance auf einen Geldgewinn zu erlangen (§ 3 Abs. 3 GlüStV). Können anstelle von Geld Sachen oder andere geldwerte Vorteile gewonnen werden, handelt es sich um eine Ausspielung (§ 3 Abs. 3 GlüStV). Eine Lotterie bzw. Ausspielung ist dann öffentlich, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Lotterien oder Ausspielungen in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt (§ 3 Abs. 2 GlüStV). 1 Faber, Stephan, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 48 2019, Rennwett- und Lotteriesteuer, Rn. 2 bis 4. 2 Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl. I S. 393), BGBl. III/FNA 611-14, zuletzt geändert durch Art. 236 Zehnte ZuständigkeitsanpassungsVO vom 31.8.2015 (BGBl. I S. 1474). 3 Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl. 2012 S. 318). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/19 Seite 5 Die Lotteriesteuer beträgt 20 Prozent des planmäßigen Preises (Nennwert) sämtlicher Lose ausschließlich der Steuer (§ 17 Abs. 1 RennwLottG). Auch ausländische Lose und Spielausweise unterliegen der Lotteriesteuer, wenn sie ins Inland eingebracht werden. In letztem Fall beträgt die Steuer 0,25 Euro für je einen Euro vom planmäßigen Preis (§ 21 Abs. 1 RennwLottG). Steuerschuldner ist der Veranstalter der Lotterie oder Ausspielung (§ 19 Abs. 1 RennwLottG). Der Rennwettsteuer unterliegen die aus Anlass von Pferderennen an einem Totalisator oder bei einem Buchmacher abgeschlossenen Wetten. Der Steuersatz für Totalisatorwetten und Wetten bei Buchmachern beträgt 5 Prozent des geleisteten Einsatzes (§§ 10, 11 RennwLottG)4. Steuerschuldner ist der Unternehmer des Totalisators oder der Buchmacher (§ 13 RennwLottG). Wetten aus Anlass von Sportereignissen, sog. Sportwetten, unterliegen nach § 17 Abs. 2 Rennw LottG der Besteuerung, wenn die Sportwette im Inland veranstaltet wird oder der Spieler eine natürliche Person ist und bei Abschluss des Wettvertrages seinen Wohnsitz im Inland hat. Die Steuer auf Sportwetten beträgt 5 Prozent des Nennwerts der Wettscheine bzw. des Spieleinsatzes (§ 17 Abs. 2 RennwLottG). Steuerschuldner ist der Veranstalter der Sportwette (§ 19 Abs. 2 Rennw LottG). 2.1.1.1. Steuergesetzgebungskompetenz Die Steuergesetzgebungskompetenz für die Rennwett- und Lotteriesteuer liegt nach Art. 105 Abs. 2 GG beim Bund5. Art. 105 GG regelt die bundesstaatliche Verteilung der Kompetenzen zur Einführung, Abschaffung und Ausgestaltung der Steuern, was auch die Befugnis zur Festlegung der Steuersätze einschließt6. Nach Art. 105 Abs. 2 GG verfügt der Bund über eine umfassende konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für alle „übrigen Steuern“, sofern ihm entweder das Aufkommen der Steuern ganz oder teilweise zusteht (Art. 105 Abs. 2 1. Alt.) oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG (Art. 105 Abs. 2 2. Alt.) erfüllt sind7. Da das Aufkommen aus der Rennwett- und Lotteriesteuer nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG allein den Ländern zukommt, kommt nur die 2. Alternative in Betracht. Der Bund kann also Steuern bundeseinheitlich regeln, deren Ertrag den Ländern zufließt, wenn die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen, d.h. wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht8. 4 Faber, Stephan, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 48 2019, Rennwett- und Lotteriesteuer, Rn. 2. 5 Gröpl, in Dauses/Ludwigs, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 48. EL, Juli 2019, Steuerrecht, Rn. 644; vgl. BMF, „Steuern von A bis Z“, Ausgabe 2019, S. 26. 6 Heun, in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2018, Art. 105 GG, Rn. 6. 7 Heun, in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2018, Art. 105 GG, Rn. 33. 8 Seiler, in Maunz/Dürig Grundgesetz-Kommentar, 87. EL, März 2019, Art. 105 GG, Rn. 152. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/19 Seite 6 Art. 105 Abs. 2 2. Alt. GG ist dabei Kompetenzgrundlage für - die abschließende - bundesgesetzliche Regelung der Rennwett- und Lotteriesteuer im RennwLottG9. Sobald und soweit der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, fehlt den Ländern die Kompetenz zum Erlass eines entsprechenden Steuergesetzes10. Bundesgesetze bedürfen nach Art. 105 Abs. 3 GG der Zustimmung des Bundesrates, da den Ländern nach Maßgabe des Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG das Aufkommen der Steuern zufließt (s. 2.1.1.2.)11. Eine mögliche künftige Regelung des gesamten Glücksspielwesens durch den Bundesgesetzgeber auf Grundlage einer Kompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, Art. 72 Abs. 2 GG hätte daher keine Auswirkungen auf die bestehende Steuergesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 2. Alt. GG. 2.1.1.2. Ertragskompetenz Die Rennwett- und Lotteriesteuer steht als Verkehrsteuer nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG allein den Ländern zu12. Dabei ist die Aufzählung der Steuern, deren Ertrag nach Art. 106 Abs. 2 GG allein den Ländern zusteht, abschließend und zwingend13. Für die Verkehrsteuern gilt dies nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG soweit sie nicht von Art. 106 Abs. 1 oder 3 GG ausdrücklich anderweitig zugewiesen sind14. Die Ertragshoheit bzw. die Verteilung der Erträge nach Art. 106 GG ist dabei grundsätzlich nicht an die Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 GG gebunden15. Eine mögliche künftige Regelung des gesamten Glücksspielwesens durch den Bundesgesetzgeber auf Grundlage einer Kompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, Art. 72 Abs. 2 GG hätte daher keine Auswirkungen auf die grundsätzliche Ertragskompetenz der Länder für die unter die Verkehrsteuern fallende Rennwett- und Lotteriesteuer nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG. Das Aufkommen aus der Rennwett- und Lotteriesteuer belief sich im ersten Halbjahr 2019 auf insgesamt 1.012 Mio. Euro16. 9 Seiler, in Maunz/Dürig Grundgesetz-Kommentar, 87. EL, März 2019, Art. 105 GG, Rn. 159. 10 Heun, in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2018, Art. 105 GG, Rn. 36. 11 Heun, in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2018, Art. 105 GG, Rn. 43. 12 Gröpl, in Dauses/Ludwigs, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 48. EL, Juli 2019, Steuerrecht, Rn. 644; Heun, in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2018, Art. 106 GG, Rn. 17. 13 Siekmann, in Sachs, Grundgesetz, 8. Auflage 2018, Art. 106 GG, Rn. 8. 14 Heintzen, in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 6. Auflage 2012, Art. 106 GG, Rn. 23. 15 Heun, in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2018, Art. 105 GG, Rn. 7. 16 Statistisches Bundesamt, Fachserie 14 Reihe 2, Finanzen und Steuern, 1.-2. Vierteljahr 2019, S. 16. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/19 Seite 7 2.1.2. Spielbankenabgabe Die Spielbankenabgabe ist als pauschale Steuer besonderer Art von Spielbanken als Veranstalter von Glücksspielen zu entrichten17. Sie wird von den Spielbanken an die von den zuständigen Landesbehörden bestimmten Kassen abgeführt. Die Spielbankenabgabe tritt an Stelle der sonst anfallenden Einzelsteuern. Insoweit ist der Spielbankunternehmer von der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer sowie der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit18. Rechtsgrundlage sind die Spielbankgesetze der einzelnen Bundesländer. Die Spielbankenabgabe wird vom Bruttospielertrag berechnet, d. h. von dem täglichen Saldo aus den Einsätzen und Gewinnen der Spieler. Sie variiert in den einzelnen Bundesländern zwischen 20 und 80 Prozent19. 2.1.2.1. Steuergesetzgebungskompetenz Mit Blick auf die Spielbankenabgabe wird vertreten, dass die Steuergesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 2. Alt. GG bei den Ländern liegt, da die Voraussetzungen des Art. 72 GG nicht gegeben seien20. So besitze der Bund für das Spielbankenrecht als Ganzes weder nach Art. 74 GG noch nach Art. 105 Abs. 2 GG eine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit21. Das Recht der Wirtschaft nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG erstrecke sich insoweit nicht auf das Spielbankenrecht , da dieses dem Bereich der dem Landesgesetzgeber vorbehaltenen Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuzuordnen ist22. Folgt man dieser Auffassung, so wäre eine bundesgesetzliche Regelung der Spielbankenabgabe auf Grundlage von Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 72 Abs. 2 GG nicht möglich. Es würde sich somit auch keine Änderung der Steuergesetzgebungskompetenz der Länder nach Art. 105 Abs. 2 GG ergeben. Es wird jedoch auch die Auffassung vertreten, dass für den Bereich des Spielbankwesens eine konkurrierende Bundeszuständigkeit nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 72 Abs. 2 GG bestehe23. Der Bund könnte nach dieser Auffassung unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG gesetzgeberisch tätig werden. 17 Faber, Stephan, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 48 2019, Spielbankabgabe, Rn. 1.; Seiler, in Maunz/Dürig Grundgesetz-Kommentar, 87. EL, März 2019, Art. 106 GG, Rn. 135. 18 Faber, Stephan, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 48 2019, Spielbankabgabe, Rn. 1. 19 Faber, Stephan, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 48 2019, Spielbankabgabe, Rn. 2. 20 Gröpl, in Dauses/Ludwigs, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 48. EL, Juli 2019, Steuerrecht, Rn. 644. 21 Seiler, in Maunz/Dürig Grundgesetz-Kommentar, 87. EL, März 2019, Art. 106 GG, Rn. 133. 22 BVerfGE 28, 119 (146ff.); Seiler, in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 41. Edition, Art. 74 GG, Rn. 44; Dietlein, in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glückspielrecht, 2. Auflage 2013, Einf. Rn. 9; Vgl. auch Limpert, Martin, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Ausarbeitung WD 3-3000-041/09, S. 4. 23 Ennuschat, BeckOK GewO, Pielow, 47. Edition, Stand 1.9.2019, § 33h GewO, Rn. 6; Degenhart, in Sachs, Grundgesetz , 8. Auflage 2018, Art. 74 GG, Rn. 47; vgl. auch Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Ausarbeitung WD 3-375/07, S. 7. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/19 Seite 8 Folgt man dieser Auffassung, so könnte auch eine Steuergesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 2. Alt. GG gegeben sein. Die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG gelten dabei uneingeschränkt auch im Rahmen des Art. 105 Abs. 2 2. Alt GG und begrenzen das Gesetzgebungsrecht des Bundes dem Grunde und dem Umfang nach24. Für eine Steuergesetzgebungskompetenz des Bundes kommt insbesondere die Erforderlichkeit der Regelung zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse - etwa um eine Rechtszersplitterung zu vermeiden - in Betracht. 2.1.2.2. Ertragskompetenz Die Spielbankenabgabe steht nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 5 GG ausschließlich den Ländern zu25. Die Zuweisung der aus ihr fließenden Erträge an die Länder ist dabei abschließend und zwingend26. Da die Ertragshoheit bzw. die Verteilung der Erträge nach Art. 106 GG grundsätzlich nicht an die Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 GG gebunden ist, ergeben sich in jedem Fall keine Auswirkungen auf die Ertragskompetenz der Länder27. 2.1.3. Umsatzsteuer Soweit Umsätze der Rennwett- und Lotteriesteuer unterliegen, sind diesem nach § 4 Nr. 9b UStG von der Umsatzsteuer befreit28. Eine Umsatzbesteuerung bleibt jedoch möglich, wenn die Rennwett - und Lotteriesteuer im Einzelfall erlassen oder ermäßigt wird (vgl. § 18 RennwLottG)29. Umsätze aus dem Betrieb von Glücksspielen mit Geldspielautomaten sind stets umsatzsteuerpflichtig , unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb einer Spielbank ausgeführt werden30. 2.1.3.1. Steuergesetzgebungskompetenz Die Steuergesetzgebungskompetenz für die Umsatzsteuer liegt nach Art. 105 Abs. 2 1. Alt. GG als konkurrierende Gesetzgebung beim Bund, da ihm Aufkommen der Steuer teilweise zusteht 24 Jachmann-Michel/Vogel, von Mangoldt/Klein/Strack, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Art. 105 GG, Rn. 47. 25 Seiler, in Maunz/Dürig Grundgesetz-Kommentar, 87. EL, März 2019, Art. 106 GG, Rn. 133; Melchior, Jürgen, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 48 2019, Steuerarten, Rn. 11. 26 Siekmann, in Sachs, Grundgesetz, 8. Auflage 2018, Art. 106 GG, Rn. 8, 11. 27 Heun, in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2018, Art. 105 GG, Rn. 7. 28 Spilker, in BeckOK UStG, 22. Edition, § 4 Nr. 9 UStG, Rn. 52. 29 Spilker, in BeckOK UStG, 22. Edition, § 4 Nr. 9 UStG, Rn. 52. 30 Spilker, in BeckOK UStG, 22. Edition, § 4 Nr. 9 UStG, Rn. 64. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/19 Seite 9 (Art. 106 Abs. 3 GG)31. Nach Art. 105 Abs. 3 GG unterliegen Steuergesetze des Bundes im Bereich der Umsatzsteuer als Gemeinschaftsteuer der Zustimmungspflicht des Bundesrats. Eine mögliche bundesgesetzliche Regelung des gesamten Glückspielwesens hätte keine Auswirkungen auf die bestehende Bundeskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 1. Alt GG. 2.1.3.2. Ertragskompetenz Die Ertragskompetenz für die Umsatzsteuer steht Bund und Ländern - mit Gemeindeanteil - als Gemeinschaftssteuern nach Art. 106 Abs. 3 GG zu32. Aus einer möglichen bundesgesetzlichen Regelung des Glückspielwesens würden sich - mit Blick auf die Umsatzsteuer - keine Auswirkungen auf die Ertragskompetenz von Bund und Ländern nach Art. 106 Abs. 3 GG ergeben. 2.2. Besitzsteuern Im Glücksspielwesen sind bei den Besitzsteuern ggf. Einkommensteuer und Gewerbesteuer zu berücksichtigen. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie einkommensteuerpflichtig, wenn sie nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind (§ 15 EStG). Mit Blick auf die Gewerbesteuer gilt für die Tätigkeit der Einnehmer einer staatlichen Lotterie , dass diese steuerbefreit ist, auch wenn sie im Rahmen eines Gewerbebetriebs ausgeübt wird (§ 13 GewStDV)33. Eine Befreiung von der Gewerbesteuer greift ferner für staatliche Lotterieunternehmen nach § 3 Nr. 1 GewStG34. Liegt kein staatliches Lottounternehmen vor, greift die Steuerbefreiung nicht ein35. 2.2.1. Steuergesetzgebungskompetenz Für die Einkommensteuer hat der Bund umfassend von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 GG Gebrauch gemacht36. Für die Gewerbesteuer ergibt sich die 31 Seiler, in Maunz/Dürig Grundgesetz-Kommentar, 87. EL, März 2019, Art. 105 GG, Rn. 148; Melchior, Jürgen, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 48 2019, Steuerarten, Rn. 10. 32 Seiler, in Maunz/Dürig Grundgesetz-Kommentar, 87. EL, März 2019, Art. 105 GG, Rn. 151; Melchior, Jürgen, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 48 2019, Steuerarten, Rn. 11. 33 Hutter, in Blümich, EStG, KStG, GewStG, 148. EL, Juli 2019, § 18 EStG, Rn. 165. 34 v. Twickel, in Blümich, EStG, KStG, GewStG, 148. EL, Juli 2019, § 3 GewStG, Rn. 29. 35 v. Twickel, in Blümich, EStG, KStG, GewStG, 148. EL, Juli 2019, § 3 GewStG, Rn. 29. 36 Kube, in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 41. Edition, Art. 106 GG, Rn. 16. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/19 Seite 10 Steuergesetzgebungskompetenz des Bundes ebenfalls aus Art. 105 Abs. 2 GG, da die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen37. Steuergesetze des Bundes im Bereich der Einkommensteuer sowie der Gewerbesteuer unterliegen nach Art. 105 Abs. 3 GG der Zustimmungspflicht des Bundesrats (Art. 106 Abs. 3, Abs. 6 GG). 2.2.2. Ertragskompetenz Die Ertragshoheit für die Einkommensteuer liegt nach Art. 106 Abs. 3 GG bei Bund und Ländern; das Aufkommen der Gewerbesteuer steht nach Art. 106 Abs. 6 GG ausschließlich den Gemeinden zu38. Eine mögliche bundesgesetzliche Regelung des gesamten Glückspielwesens würde bezüglich der Besitzsteuern weder Gesetzgebungskompetenz noch Ertragshoheit berühren. 2.3. Örtliche Steuern Die Vergnügungsteuer ist eine örtliche Steuer. Besteuert werden die in dem Städten und Gemeinden veranstalteten Vergnügungen, darunter der Betrieb von Spiel- und Unterhaltungsapparaten39. Als örtliche Steuer wird die Vergnügungsteuer den Verbrauch- und Aufwandsteuern zugerechnet 40. Rechtsgrundlage der Vergnügungsteuer sind die Kommunalabgabengesetze bzw. die Vergnügungsteuergesetze der Länder und entsprechende Ortssatzungen, zum Teil spezielle Gesetze (z. B. Spielautomatensteuer)41. In Berlin, Hamburg, Schleswig-Holstein, Hessen und Bayern wird keine allgemeine Vergnügungsteuer erhoben. Außer in Bayern wird jedoch auch in diesen Ländern eine Steuer auf Spielapparate erhoben (Spielvergnügungsteuer)42. Die Steuerschuld trägt, wer die Spiel- und Unterhaltungsapparate unterhält. Steuermaßstab sind entweder Preis und Zahl der ausgegebenen Eintrittskarten oder Pauschbeträge, die nach typischen Merkmalen ermittelt werden, z.B. bei Spiel- und Unterhaltungsapparaten nach dem An- 37 Kube, in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 41. Edition, Art. 105 GG, Rn. 37; 38 Kube, in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 41. Edition, Art. 106 GG, Rn. 35; 39 vgl. BMF, „Steuern von A bis Z“, Ausgabe 2019, S. 138; Faber, Stephan, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon , Edition 48 2019, Vergnügungssteuer, Rn. 3. 40 vgl. BMF, „Steuern von A bis Z“, Ausgabe 2019, S. 110. 41 vgl. BMF, „Steuern von A bis Z“, Ausgabe 2019, S. 138; Faber, Stephan, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon , Edition 48 2019, Vergnügungssteuer, Rn. 3. 42 Faber, Stephan, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 48 2019, Vergnügungssteuer, Rn. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 139/19 Seite 11 schaffungspreis der Geräte, wobei regelmäßig Mindestbeträge je Gerät festgesetzt werden. Zusätzlich wird nach Geräten mit und ohne Gewinnmöglichkeit sowie nach Standorten der Geräte - in Spielhallen oder an sonstigen Standorten - unterschieden43. 2.3.1. Steuergesetzgebungskompetenz Die Vergnügungsteuer unterliegt als örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuer nach Art. 105 Abs. 2a GG der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder44. Mit Art. 105 Abs. 2a GG wird dabei nicht nur die weitere Erhebung, sondern auch die Einführung neuer Verbrauch- und Aufwandsteuern garantiert, die zu dem historisch gewachsenen Typ der kleineren Kommunalsteuern gehören45. Mit Blick auf Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bestehen auf Grundlage der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 72 Abs. 2 GG zahlreiche Regelungen , insbesondere in der Gewerbeordnung (§§ 33c ff. GewO). Eine mögliche bundesgesetzliche Regelung des gesamten Glückspielwesens, einschließlich der Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit , hätte keine Auswirkungen auf die nach Art. 105 Abs. 2a GG den Ländern für örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zugewiesene Steuergesetzgebungskompetenz. 2.3.2. Ertragskompetenz Die Steuereinnahmen der Vergnügungsteuer als örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuer stehen nach Art. 106 Abs. 6 GG vollständig den Gemeinden zu46. Eine mögliche bundesgesetzliche Regelung des gesamten Glückspielwesens, einschließlich der Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit, hätte keine Auswirkungen auf die alleinige Ertragshoheit der Gemeinden für die Vergnügungsteuer. Die Steuereinnahmen der Gemeinden aus der Vergnügungsteuer beliefen sich im ersten Halbjahr 2019 auf insgesamt 444 Mio. Euro47. *** 43 vgl. BMF, „Steuern von A bis Z“, Ausgabe 2019, S. 138; Faber, Stephan, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon , Edition 48 2019, Vergnügungssteuer, Rn. 4. 44 Heun, in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2018, Art. 105 GG, Rn. 39; Melchior, Jürgen, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 48 2019, Steuerarten, Rn. 10. 45 Heun, in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2018, Art. 105 GG, Rn. 41. 46 Heun, in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2018, Art. 106 GG, Rn. 37; Heintzen, in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 6. Auflage 2012, Art. 106 GG, Rn. 49; Melchior, Jürgen, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon , Edition 48 2019, Steuerarten, Rn. 11. 47 Statistisches Bundesamt, Fachserie 14 Reihe 2, Finanzen und Steuern, 1.-2. Vierteljahr 2019, S. 16.