© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 132/19 Einzelfrage zum Finanzföderalismus Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 132/19 Seite 2 Einzelfrage zum Finanzföderalismus Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 132/19 Abschluss der Arbeit: 31. Oktober 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 132/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Vorbemerkung 4 3. Regelungen nach Art. 114 Abs. 2 GG 4 4. Weitere Prüfungskompetenzen des Bundes bei Finanzhilfen nach Art. 104b, 104c, 104d GG 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 132/19 Seite 4 1. Fragestellung Die Auftraggeberin bittet um Darstellung der Kontrollmöglichkeiten für Finanzmittel des Bundes gegenüber den Bundesländern. 2. Vorbemerkung Nach Art 104a Abs. 1 GG tragen Bund und Länder gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben (Konnexitätsgrundsatz). Die Ausgabenlast folgt damit der Aufgabenzuständigkeit. In seiner zuständigkeitsabgrenzenden Funktion verbietet das Konnexitätsprinzip den Gebietskörperschaften, die Aufgabenlast der jeweils anderen zu finanzieren.1 3. Regelungen nach Art. 114 Abs. 2 GG Die umfassende Finanzkontrolle des Bundes ist als Aufgabe dem Bundesrechnungshof (BRH) nach Art. 114 Abs. 2 GG zugewiesen. Die Kontrollbefugnisse des BRH gehen entsprechend der grundgesetzlichen Kompetenzordnung in Art. 30, 83 ff., 104a GG grundsätzlich so weit, wie die Ausgabenverantwortung des Bundes reicht. Im Einzelnen ist hier zwischen Stellen des Bundes und Stellen außerhalb der Bundesverwaltung zu unterscheiden. Bis zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleiches und der damit einhergehenden Änderung des Grundgesetzes im Juli 2017 ließ sich die Kontrollbefugnis des BRH nur gegenüber den Stellen der unmittelbaren Bundesverwaltung verfassungsunmittelbar begründen. Durch die Ergänzung des S. 2 in Art. 114 Abs. 2 GG wird der BRH nun ausdrücklich ermächtigt, im Rahmen der ihm obliegenden Haushalts- und Wirtschaftsprüfung der Exekutive auch bei Stellen außerhalb der unmittelbaren Bundesverwaltung hinsichtlich der zweckentsprechenden Verwendung von Bundesmitteln Erhebungen vorzunehmen, soweit diese Stellen Teile des Haushaltsplans ausführen oder vom Bund Ersatz ihrer Aufwendungen erhalten, Bundesmittel oder Vermögensgegenstände des Bundes verwalten, vom Bund Zuwendungen erhalten oder als vom Bund beherrschte juristische Personen des privaten Rechts, die nicht im Wettbewerb stehen und öffentliche Aufgaben erfüllen, hierfür Haushaltsmittel oder Gewährleistungen des Bundes oder eines seiner Sondervermögen erhalten.2 Nach Art. 114 Abs. 2 S. 2 GG kann der Bundesrechnungshof bei Stellen der Länder Erhebungen vornehmen, wenn zuvor der Bund den Ländern zweckgebundene Finanzierungsmittel zur Erfüllung von Länderaufgaben zugewiesen hat. Durch die Grundgesetzänderung 2017 wurden diese zuvor nur einfachgesetzlich (§ 91 Abs. 1 BHO, § 104 BHO) eingeräumten Kontrollbefugnisse des BRH verfassungsrechtlich abgesichert. Zuvor war – weil das verfassungsrechtlich nicht explizit abgesichert war – die Reichweite der Erhebungsrechte des BRH bei nachgeordneten mittelverwal- 1 BeckOK Grundgesetz/ Kube, GG Art. 104a, Rn. 8. 2 BeckOK Grundgesetz/ Butzer, GG, Art. 114, Rn. 15. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 132/19 Seite 5 tenden Stellen der Länder umstritten gewesen. Art. 114 Abs. 2 S. 2 GG ermächtigt den BRH nunmehr ausdrücklich zur Kontrolle von „Stellen außerhalb der Bundesverwaltung“, zu denen in der Praxis vornehmlich die Stellen der Länderverwaltung zu zählen sind.3 Die Ermächtigung erstreckt sich sowohl auf den Bereich der Mischfinanzierung (Art. 91 a, 91 b, 104 b, 104 c und 125 c GG), als auch auf die Bereiche der Kostenerstattung bei der Mitfinanzierung von Geldleistungsgesetzen nach Art. 104 a III GG sowie der Zuweisung von Bundesmitteln nach Art. 106 a GG (sog. Regionalisierungsmittel) und nach Art. 143 c GG (sog. Entflechtungsmittel ). Eine Prüfung ausschließlicher Landesmittel ist folglich weiterhin nicht möglich. Das ausdrückliche Erfordernis, sich im Rahmen einer Prüfung außerhalb der Bundesverwaltung mit den jeweiligen Landesrechnungshöfen zu koordinieren besteht nicht.4 Durch diese Erweiterung der Prüfungskompetenz soll neben der Kontrolle der Zweckverwendung auch die Zielerreichung überprüft und der weitere Bedarf der Länder an Bundesmitteln besser eingeschätzt werden können.5 4. Weitere Prüfungskompetenzen des Bundes bei Finanzhilfen nach Art. 104b, 104c, 104d GG 2017 wurde Art. 104b Abs. 2 S. 4 GG eingefügt (BGBl. 2017 I 2347), der die Bundesregierung – ebenfalls in Relativierung von Art. 109 Abs. 1 GG – ermächtigt, zur Gewährleistung der zweckentsprechenden Mittelverwendung Berichte und Vorlage der Akten zu verlangen und Erhebungen bei allen Behörden durchzuführen.6 Dieser Informationsanspruch kann sich auf einzelne Vorhaben beziehen.7 Gemäß Art. 104c S. 3 GG kann die Bundesregierung zur Gewährleistung der zweckentsprechenden Mittelverwendung Berichte und anlassbezogen die Vorlage von Akten verlangen. Für Finanzhilfen nach Art. 104d GG gelten die Regelungen nach Art. 104b Abs. 2 S. 4 GG. *** 3 BeckOK Grundgesetz/ Butzer, GG, Art. 114, Rn. 19. 4 Dreier/Heun/Thiele, GG, Art. 114, Rn. 27. 5 Vgl. BT-Drs. 18/11131, S. 12f. 6 BeckOK Grundgesetz / Kube, Art. 104b, Rn. 22. 7 BT-Drs. 18/11131.