Deutscher Bundestag Fragen zur Vermögensteuer Rechtfertigung sowie spezielle Probleme Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 4 – 3000 – 128/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 128/11 Seite 2 Fragen zur Vermögensteuer Rechtfertigung sowie spezielle Probleme Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 4 – 3000 – 128/11 Abschluss der Arbeit: 28. September 2011 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 128/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Definition der Vermögen- sowie Substanzsteuer 4 2. Vermögensbesteuerung und Leistungsfähigkeitsprinzip 4 3. Zulässigkeitskriterien nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 5 3.1. Vermögensteuer als Sollertragsteuer 5 3.2. Halbteilungsgrundsatz 6 3.3. Abweichende Meinungen von Böckenförde und in der Literatur 6 3.4. Fazit 7 4. Vermögensteuerrechtliche Abgrenzungsprobleme zwischen Privat- und Betriebsvermögen 7 4.1. Begriff des Betriebsvermögens 7 4.2. Abgrenzung zum Privatvermögen bei Personen- und Kapitalgesellschaften 9 4.3. Relevanz des Gleichheitssatzes bei der Beschränkung auf Privatvermögen 9 5. Problem der Doppelbelastung des Vermögens bei Kapitalgesellschaften 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 128/11 Seite 4 1. Definition der Vermögen- sowie Substanzsteuer Laut Brockhaus Enzyklopädie versteht man unter dem Begriff Vermögensteuer im deutschen Steuerrecht eine Substanzsteuer, „deren Höhe sich nach dem Vermögensbestand bemisst“. Unter Substanzsteuern versteht Brockhaus desweiteren „Steuern, deren Steuerbemessungsgrundlage nicht das laufende Einkommen beziehungsweise der laufende Ertrag ist, sondern eine Bestandsgröße (formale Substanzsteuern).[….] Liegen ausnahmsweise keine ausreichenden Erträge vor und muss die Steuer daher aus dem Vermögensbestand aufgebracht werden, spricht man von materiellen Substanzsteuern.“1 Diese Differenzierung zwischen materieller Substanzsteuer und formaler Substanzsteuer ist für die rechtliche Bewertung essentiell. Bei einer Vermögensteuer als materieller Substanzsteuer ist der Vermögensbestand nicht nur die Steuerbemessungsgrundlage, sondern auch Steuerobjekt und –quelle. Eine solche Steuer schmälerte die Vermögenssubstanz, so dass der Vermögensstamm selbst aufgezehrt würde. Bei einer Vermögensteuer als formaler Substanzsteuer hingegen ist das Vermögen nur Bemessungsgrundlage; Steuerobjekt und Steuerquelle ist das Einkommen. 2. Vermögensbesteuerung und Leistungsfähigkeitsprinzip Als grundlegender Maßstab zur Begründung der Erhebung von Steuern, wird regelmäßig das Leistungsfähigkeitsprinzip, insbesondere auf Grundlage des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) herangezogen .2 Jeder Inländer ist hiernach verpflichtet, je nach seiner finanziellen Leistungsfähigkeit gleichmäßig zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben herangezogen zu werden. Im Interesse des Lastenausgleichs muss darauf abgezielt werden bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit) sowie eine angemessene Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich zu niedrigeren Einkommen (iS einer vertikalen Steuergerechtigkeit ) zu erzielen.3 Umstritten ist, ob das Vermögen im rechtlichen Sinne eine eigenständige, steuerliche Leistungsfähigkeit aufweist. Unter Vermögen versteht man Güter bzw. die Gesamtheit der Güter, die nicht laufend verbraucht, sondern über einen bestimmen Zeitraum gebraucht werden . Zunächst ist damit das Sachvermögen (Realvermögen) gemeint. Es erzielt Erträge (in Geld oder geldwerten Sachleistungen) oder Nutzwerte im weiteren Sinne. Daneben steht das Geldvermögen (Finanzvermögen), das Forderungen gegen andere Wirtschaftssubjekte umfasst. Soweit die Ertragsfunktion des Vermögens angesprochen ist, kann man hierfür argumentieren, dass es Vermögensfunktionen (wie z.B. Sicherheit, Unabhängigkeit, wirtschaftlicher und sozialer Einfluss/Macht) gibt, die eine eigenständige steuerliche Leistungsfähigkeit des Vermögens begründen können. Unterstützt wird diese Vorstellung durch die historisch geprägte Intention, die 1 http://www.brockhaus-enzyklopaedie.de/be21_article.php; vgl. hierzu: Grashoff, Steuerrecht, 6. Auflage 2010, Rz.25. 2 Die Verankerung des Leistungsfähigkeitsprinzips alleine in Art. 3 Abs. 1 GG wird allerdings der Bedeutung dieses Grundsatzes nicht gerecht; er ist vielmehr aus dem Zusammenwirken des Demokratieprinzips, der Freiheitsrechte , der Gleichheitsrechte und des Sozialstaatsprinzips abzuleiten. siehe hierzu Lang, Tipke/Lang, 20. Auflage 2010, § 4, Rz.81 ff. 3 Pahlke, Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2009, § 3, Rz.75. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 128/11 Seite 5 „gesicherten“ und „mühelosen“, nicht auf menschlicher Arbeit beruhenden Kapitalerträge („Fundustheorie “) höher zu belasten.4 Eine andere Ansicht stellt alleine auf eine gesteigerte Leistungsfähigkeit aufgrund des Vorhandenseins von Vermögen ab.5 Desweiteren vertritt eine neuere Rechtfertigungslehre die Ansicht, dass die Vermögensteuer eine sozialpolitische Aufgabe besitze. Juristisch wird diese Funktion der Vermögensteuer mit ihrer Fähigkeit zur Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips begründet.6 Zusammenfassend ist zu sagen, dass das Vermögen eine eigenständige steuerliche Leistungsfähigkeit aufweist.7 Dies bestätigte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Einheitswert – Beschluss.8 Lediglich in der bis 1995 bestehenden Ausgestaltung der Vermögensteuer wurde diese für verfassungswidrig erklärt, da eine gleichmäßige horizontale Besteuerung aufgrund einer ungleichen Vermögensbewertung nicht möglich war. 3. Zulässigkeitskriterien nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts9 Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 22.06.1995 wichtige Leitlinien zur Vermögensbesteuerung aufgestellt. In einem obiter dictum trifft es die im Folgenden dargestellten Aussagen. 3.1. Vermögensteuer als Sollertragsteuer Das BVerfG geht davon aus, dass eine Vermögensteuer in die in der Verfügungsgewalt und Nutzungsbefugnis über ein Vermögen angelegte allgemeine Handlungsfreiheit eingreife (Art. 2 Abs. 1 GG), gerade in deren Ausprägung als persönliche Entfaltung im vermögensrechtlichen Bereich (Art. 14 GG). Dies bedeute, dass das geschützte Freiheitsrecht nur so weit beschränkbar sei, als dass dem Steuerpflichtigen ein Kernbestand des Erfolges eigener Betätigung im wirtschaftlichen Bereich, als Ausdruck der grundsätzlichen Privatnützigkeit des Erworbenen und der grundsätzlichen Verfügungsbefugnis über die geschaffenen vermögenswerten Rechtspositionen verbleibe. 4 Bechstein, Die Rechtfertigung von Einzelsteuern unter besonderer Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Anforderungen, dargestellt am Beispiel der Vermögensteuer, 1997, S. 56. 5 Birk, Steuerrecht, 13. Auflage 2010, Rz.86. 6 Oechsle, BB 1993, 1375. 7 Allerdings gibt es auch hier zahlreiche Gegenstimmen. Zur Ungeeignetheit der Steuerbelastung des Vermögensbestandes und der sachgerechten Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips siehe Lang, Tipke/Lang, Steuerrecht , 20. Auflage 2010, § 4, Rz.101 ff. 8 BVerfG, Beschluss vom 22.06.1995, 2 BvL 37/91. 9 Hierzu Wittmann, Die „Einheitswert“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995, BB 1995, 1933 ff.; Felix, Konsequenzen aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Vermögens- und Erbschaftsbesteuerung , BB 1995, 2241 ff.; Krüger, Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu den Einheitswerten – Analyse und erste Beratungshinweise, DStR 1995, 1452 ff.; Möstl, Verfassungsrechtliche Grenzen der Besteuerung – Dargestellt am Beispiel der Vermögensteuer, Veräußerungsgewinnbesteuerung und Abgeltungsteuer , DStR 2003, 720 ff.; Weber-Grellet, Vermögensteuer, Plafondierung, Vereinfachung, BB 1996, 1415 ff.; Wosnitza, Konsequenzen der BVerfG-Beschlüsse vom 22.6.1995 für die Diskussion um die Reform der Gewerbeertragsteuer , BB 1996, 1465 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 128/11 Seite 6 Die Zuordnung der vermögenswerten Rechtsposition zum Eigentümer und die Substanz des Eigentums müssen – so das BVerfG – gewahrt bleiben. Daher verbleibe für die ergänzende Besteuerung des bereits durch Steuern auf das Einkommen und den Ertrag sowie auch durch indirekte Steuern vorbelasteten Vermögens nur noch ein enger Spielraum. Die Vermögensteuer dürfe nur so bemessen werden, dass sie in ihrem Zusammenwirken mit den sonstigen Steuerbelastungen die Substanz des Vermögens, den Vermögensstamm, unberührt lasse und aus den üblicherweise zu erwartenden möglichen Erträgen (Sollerträge) bezahlt werden könne.10 Andernfalls führte eine Vermögensbesteuerung im Ergebnis zu einer schrittweisen Konfiskation , die den Steuerpflichtigen dadurch übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen würde. Das BVerfG führt weiter aus, dass nach dem Gedanken der Sollertragsteuer das Vermögen nach dem typischerweise möglichen Ertrag, ohne Rücksicht auf den tatsächlich erzielten Gewinn oder Ertrag, besteuert wird. Der Gesetzgeber darf diese Ertragserwartung typisierend auf das Gesamtvermögen beziehen, mag dieses auch in einzelnen Wirtschaftsgütern nach der konkreten Anlageentscheidung des Eigentümers keine Erträge erbringen. 3.2. Halbteilungsgrundsatz Nach Ansicht des BVerfG im Einheitswertbeschluss begrenzen die verfassungsrechtlichen Schranken der Besteuerung des Vermögens durch Einkommen- und Vermögensteuer den steuerlichen Zugriff auf die Ertragsfähigkeit des Vermögens. Es ging von einer halbteiligen Grenze der Gesamtbelastung des Vermögens aus. Von diesem Grundsatz hat das Bundesverfassungsgericht jedoch wieder Abstand genommen, da sich eine absolute Belastungsobergrenze hälftiger Teilung aus dem Grundgesetz nicht ableiten lasse.11 3.3. Abweichende Meinungen von Böckenförde und in der Literatur In seiner der Entscheidung angefügten abweichenden Meinung legt Richter Böckenförde dar, dass nach seiner Auffassung von Verfassungs wegen keine eindeutige Antwort vorgegeben sei, ob die Vermögensteuer als Sollertrag- oder als Substanzsteuer auszugestalten sei. Vielmehr sei die Begrenzung der Vermögensteuer auf eine Besteuerung der Sollerträge durch die Verfassung nicht geboten. Auch in der Literatur wird teilweise vertreten, dass eine Besteuerung des Vermögens in seiner Substanz im Gegensatz zur Sollertragsteuer zulässig sei, sofern die Grenzen des Übermaßverbotes eingehalten werden.12 10 Das verfassungsrechtliche Postulat einer Vermögensteuer als Sollertragsteuer wurde zum Teil schon vor dem Vermögensteuerbeschluss des BVerfG in der Literatur gesehen, so etwa Meyding, Ist eine verfassungskonforme Vermögensbesteuerung überhaupt möglich?, DStR 1992, 1113, 1113 f. 11 BVerfG, Beschluss vom 18.01.2006, 2 BvR 2194/99 in NJW 2006, 1191 f.; sowie Lang, Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage 2010, § 4, Rz. 223. 12 So etwa Wittmann, Die „Einheitswert“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995, BB 1995, 1933, 1936; Auch nach Weber-Grellet, Vermögensteuer, Plafondierung, Vereinfachung, BB 1996, 1415, 1417, Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 128/11 Seite 7 3.4. Fazit Für die Erhebung einer Vermögensteuer verbleibt nach der Rechtsprechung des BVerfG folglich nur ein schmaler Spielraum, denn nur als Sollertragsteuer und nicht als Substanzsteuer (im materiellen Sinn) darf eine Vermögensteuer erhoben werden. In der Literatur wird dies auch als postulierter Grundsatz „des Bestandsschutzes für den Vermögensstamm“ bezeichnet.13 Und auch für die Sollerstragsteuer verbleibt ein kleinerer Spielraum.14 4. Vermögensteuerrechtliche Abgrenzungsprobleme zwischen Privat- und Betriebsvermögen 4.1. Begriff des Betriebsvermögens Für die Abgrenzung des Betriebs- vom Privatvermögen ist die Frage nach der Zuordnung von Vermögensgegenständen zu einer Vermögensart entscheidend. Grundsätzlich hängt dies von der konkreten gesetzlichen Ausgestaltung ab. In den folgenden Erläuterungen sollen die derzeit bestehenden beziehungsweise die für die frühere Vermögensteuer geltenden gesetzlichen Regelungen zugrundegelegt werden. Die Vermögensteuer ist systematisch eine „bewertungsgesetzabhängige Steuerart“, denn die Feststellung der Bemessungsgrundlage (=Wert des Gesamtvermögens) erfordert zunächst eine Bewertung der relevanten Vermögenspositionen.15 Die frühere Vermögensteuer fiel demensprechend wie die Erbschaft- und Schenkungsteuer in den Anwendungsbereich des Bewertungsgesetzes (BewG). Hierin finden sich die maßgeblichen Grundsätze zur Bewertung von Wirtschaftsgütern, und zwar grundsätzlich für alle Steuerarten, deren Bemessungsgrundlage von einer solchen Bewertung abhängt. Soweit jedoch Einzelsteuergesetze die Frage der Bewertung selbst regeln, sind diese vorrangig gegenüber dem BewG. Auch für die Vermögensteuer wären folglich eigene Regelungen denkbar. Früher gab es nach dem BewG vier verschiedene Vermögensarten: land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Grundvermögen, Betriebsvermögen und sonstiges Vermögen. Letzeres unterlag nur der Vermögensteuer16 und wurde als Vermögensart mit Wirkung zum 1.1.1997 abgeschafft. Das Betriebsvermögen im Sinne von § 18 Nr. 3 BewG ist in §§ 95 ff. BewG geregelt. Es umfasst die Summe aller Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dienen und dem Betriebsinhaber zuzurechnen sind. Die Ausübung eines freien Berufs steht dem Betrieb eines Ge- müsse zwischen dem Zugriff auf die Substanz und dem Zugriff in konfiskatorischer Weise, der zu einer Art entschädigungsloser Enteignung führt, unterschieden werden. 13 Wittmann, Die „Einheitswert“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995, BB 1995, 1933, 1934. 14 Vgl. auch Möstl, Verfassungsrechtliche Grenzen der Besteuerung – Dargestellt am Beispiel der Vermögensteuer, Veräußerungsgewinnbesteuerung und Abgeltungsteuer, DStR 2003, 720, 725, der die Rechtsprechung kritisiert und die 50 %-Marke als Richtwert und nicht als strikte Obergrenze ansieht. 15 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage 2010, § 13, Rz. 1. 16 Crezelius, Steuerrecht II 1991, S. 354. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 128/11 Seite 8 werbes grundsätzlich gleich. Die Frage nach der Abgrenzung des Betriebsvermögens spielte bereits für die frühere Vermögensteuer eine erhebliche Rolle. Denn zum einen wurden nach dem BewG für die verschiedenen Vermögensarten unterschiedliche Bewertungsmethoden angewandt .17 Zum anderen wurden nach § 117a BewG alte Fassung für inländisches Betriebsvermögen bestimmte Vergünstigungen bei der Vermögensteuer gewährt, um eine steuerliche Entlastung für die betroffenen Unternehmen zu erreichen.18 Die Abgrenzung von Privat- und Betriebsvermögen ist außerdem in anderen Bereichen des Steuerrechts , insbesondere bei der Gewinnermittlung im Einkommensteuerrecht, von Bedeutung. Eine Verknüpfung mit dem dort geltenden Begriff des Betriebsvermögens ergibt sich aus § 95 Abs. 1 BewG. Diese Vorschrift statuiert den Grundsatz der sogenannten Bestandsidentität, das heißt die Zuordnung der Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen nach BewG entspricht grundsätzlich derjenigen bei der etragsteuerlichen Gewinnermittlung.19 Ein Wirtschaftsgut kann notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen oder notwendiges Privatvermögen sein: Ein Wirtschaftsgut gehört zum Betriebsvermögen, wenn es aus betrieblicher Veranlassung angeschafft , hergestellt oder eingelegt worden ist. Ist es objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt (zB betrieblich genutztes Grundstück, Maschinen, Fahrzeuge), so handelt es sich um notwendiges Betriebsvermögen. Daneben gibt es Wirtschaftsgüter, die erst durch eine entsprechende Zweckbestimmung durch den Unternehmer Betriebsvermögen werden. Dann spricht man von gewillkürtem Betriebsvermögen. Erforderlich ist jedoch neben der subjektiven Bestimmung auch eine objektive Geeignetheit, den Betrieb zu fördern. Liegt ein betrieblicher Zusammenhang nicht vor, so ist das Wirtschaftsgut der privaten Sphäre des Unternehmers zuzuordnen und es handelt sich um notwendiges Privatvermögen. Wird ein Wirtschaftsgut sowohl betrieblich als auch privat genutzt, so erfolgt eine Zuordnung anhand der Nutzungsintensität. Notwendiges Privatvermögen liegt ab einer betrieblichen Nutzung von unter 10 % vor, notwendiges Betriebsvermögen ab einer betrieblichen Nutzung von mehr als 50 %. Im Übrigen kommt es auf die „Widmung“ durch den Unternehmer an.20 Nimmt man eine Zuordnung zum Betriebsvermögen wie oben erläutert vor, so dürften keine unüberwindbaren Abgrenzungsschwierigkeiten im Bereich der Vermögensteuer auftreten. Es verbleibt dem Unternehmer hinsichtlich des gewillkürten Betriebsvermögens zwar ein gewisser Spielraum, die Zuordnung von Vermögensgegenständen zu beeinflussen. Erforderlich ist aber ein betrieblicher Zusammenhang. Gemischt genutzte Gegenstände werden im Übrigen immer vollumfänglich einer der Vermögensarten zugeordnet. 17 Tipke/Lang, Steuerrecht, 15. Auflage 1996, § 12, Rz. 19; Crezelius, Steuerrecht II, 1991, S. 346. 18 Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 17. Auflage 1995, § 117a BewG, Rz. 1 f. 19 Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage 2010, § 13, Rz. 41. 20 Ausführlich hierzu mit Beispielen: Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 17. Auflage 1995, § 95 BewG, Rz. 20 ff.; zum Einkommensteuerrecht: Birk, Steuerrecht, 13. Auflage 2010/11, Rz. 850 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 128/11 Seite 9 4.2. Abgrenzung zum Privatvermögen bei Personen- und Kapitalgesellschaften Für die frühere Vermögensteuer galt: Alle Wirtschaftsgüter, die Kapitalgesellschaften oder gewerblich tätigen Personengesellschaften zuzurechnen waren, waren gem. § 97 Abs. 1 BewG Betriebsvermögen .21 Danach war bei einer Kapitalgesellschaft als Steuerpflichtige das gesamte Vermögen stets Betriebsvermögen .22 Würde man das Betriebsvermögen von der Besteuerung ausnehmen, so würde die Kapitalgesellschaft als solche der Vermögensteuer also nicht mehr unterfallen. Die von Privatpersonen gehaltenen Anteile an Kapitalgesellschaften wurden nach 110 Abs. 1 Nr. 3 BewG alte Fassung dagegen dem sonstigen Vermögen zugeordnet und würden als solches auch bei Ausklammerung des Betriebsvermögens der Vermögensteuer unterfallen. Betreibt jemand also ein Gewerbe in der Rechtsform einer GmbH und hält an dieser 100 % der Anteile, so wäre das Vermögen der GmbH selbst nicht zu versteuern, mit seinen Anteilen wäre der Unternehmer dagegen als natürliche Person vermögensteuerpflichtig. Bei den Personengesellschaften, die selbst nicht steuerpflichtig sind, muss hinsichtlich der einzelnen Gesellschafter eine Abgrenzung zwischen deren Privat- und Betriebsvermögen vorgenommen werden. Zum Vermögen der Gesellschaft wurde früher auch das Sonderbetriebsvermögen gezählt, d.h. diejenigen Vermögensgegenstände, die zwar nicht im Gesamthandseigentum der Gesellschaft , aber im Eigentum eines Gesellschafters stehen und dem Betrieb der Gesellschaft dienen .23 Sonderbetriebsvermögen ist unter denselben Voraussetzungen anzunehmen wie bei der Einkommensteuer, so dass die hier getroffene Entscheidung übernommen werden kann.24 4.3. Relevanz des Gleichheitssatzes bei der Beschränkung auf Privatvermögen Zu beachten sind im Übrigen auch die gleichheitsrechtlichen Fragen, die im Zusammenhang mit einer Differenzierung zwischen Privat- und Betriebsvermögen relevant werden können. Hier gilt, dass sich der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen Erwägungen leiten lassen kann, sofern ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gegeben ist. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Beschluss aus dem Jahre 1991 entschieden, dass jedenfalls die in § 117a BewG alte Fassung enthaltene Begünstigung des Betriebsvermögens nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verstoße. Er führt dazu aus: „Der Gesetzgeber hat mit dieser wirtschaftspolitisch begründeten Lenkungsmaßnahme zur Förderung der Investitionsbereitschaft und zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen den vom Grundgesetz eingeräumten Gestaltungsspielraum […] in verfassungsrechtlich zulässiger Weise genutzt. Die – vom Umfang 21 Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 17. Auflage 1995, § 97, Rz. 3, 13. 22 Crezelius, Steuerrecht II, 1991, S. 352; Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 17. Auflage 1995, § 95 BewG, Rz. 30 f. 23 Crezelius, Steuerrecht II, 1991, S. 353. 24 Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 17. Auflage 1995, § 97, Rz. 19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 128/11 Seite 10 her eingeschränkte – Entlastung des Betriebsvermögens von der Vermögensteuer ist insbesondere nicht willkürlich“. 25 5. Problem der Doppelbelastung des Vermögens bei Kapitalgesellschaften Die herrschende Lehre unterscheidet die Begriffe Doppelbesteuerung und Doppelbelastung. Von einer Doppelbelastung spricht man, wenn dasselbe wirtschaftliche Substrat belastet wird, ohne dass die Schuldner identisch sind. Eine Doppelbesteuerung besteht dagegen bei Schuldneridentität . Das Problem der mehrfachen Besteuerung desselben Wirtschaftsgutes kann in verschiedenen Konstellationen auftreten. Bei der Vermögensteuer ergibt sich die Doppelbelastung des Unternehmensvermögens daraus, dass eine Besteuerung zum einen auf der Ebene der Kapitalgesellschaft und zum anderen auf der Ebene der Anteilseigner erfolgt.26 Schon 1982 wurde vom Institut „Finanzen und Steuern“ das Problem der Doppelbelastung behandelt und unter steuerpolitischen sowie steuersystematischen Gesichtspunkten kritisiert. Im geschichtlichen Rückblick zur Vermögensteuer wird hier ausgeführt, das Problem der unbeschränkten Doppelbelastung des in Kapitalgesellschaften investierten Vermögens sei mit der Abschaffung eines bis dahin geltenden hälftigen Abzugs für Anteile an Körperschaften seit 1934 gegeben . Die Abschaffung sei vom Gesetzgeber damit begründet worden, dass dies der Doppelbelastung bei der Ertragsteuer27 entspreche und keine erhebliche Mehrbelastung für die Anteilseigner entstünde. Bei der Anfang der siebziger Jahre durchgeführten Vermögensteuerreform sei eine Beseitigung der uneingeschränkten vermögensteuerlichen Doppelbelastung nicht erwogen und das Problem in der Gesetzesbegründung nicht erwähnt worden, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits Stellungnahmen und Änderungsvorschläge vorgelegen hätten.28 Mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der früheren Vermögensteuer unter dem Gesichtspunkt der Doppelbelastung beschäftigt sich der BFH in einem Urteil aus dem Jahre 196529. Nach Ansicht des BFH verstößt es nicht gegen das Grundgesetz, wenn nach dem damals angewandten Vermögensteuergesetz sowohl die Kapitalgesellschaften wie auch die Anteilseigner zur Vermögensteuer herangezogen werden. Er begründet dies mit der Anknüpfung der Besteuerung an die bürgerlich-rechtlich gewählte Rechtsform, die auch dem Wunsche des Steuerpflichtigen entspreche und einen größeren Grad an Rechtssicherheit schaffe. Die Doppelbesteuerung ergebe sich daraus , dass die Gesellschaft sowie die natürlichen Personen jeweils selbstständig vermögensteuerpflichtig seien. Die Anteile an Kapitalgesellschaften müssten aufgrund ihrer weitgehenden recht- 25 BFH, Beschluss vom 26. Juni 1991 – II B 125/90, BStBl. II, 1991, 685. 26 Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage 2010, § 7, Rz. 41 f. 27 Diese Doppelbelastung hinsichtlich des von Körperschaften ausgeschütteten Gewinns wurde durch Einführung eines Anrechnungsverfahrens mittlerweile beseitigt. 28 Institut FSt., 1982, Brief 219, S. 8 ff., mit Diskussion von Vorschlägen zur Beseitigung der Doppelbelastung. 29 BFH, Urteil vom 12. November 1965 – III 197/62, HFR 1966, S. 141. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 128/11 Seite 11 lichen und wirtschaftlichen Eigenständigkeit unabhängig von der Kapitalgesellschaft als selbstständiges Wirtschaftsgut angesehen werden. Die gesetzgeberische Entscheidung, auf die bürgerlich -rechtliche Rechtsform abzustellen, sei nicht zu beanstanden. Die im Anschluss an dieses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, da sie offensichtlich unbegründet war. Das BVerfG führte aus, für die Anteilseigner seien mit der Rechtsform der Kapitalgesellschaft besondere Vorteile verbunden, die eine über die Besteuerung des Vermögens der Kapitalgesellschaft hinausgehende Steuerbelastung rechtfertigen.30 Kritisiert wurde die gesetzgeberische Konzeption einer Anknüpfung an das Zivilrecht und die damit einhergehende Doppelbelastung des Vermögens von Kapitalgesellschaften in der Literatur vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes, Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Die Forderung nach einer rechtsformneutralen Besteuerung sei die Forderung nach einer gleichmäßigen Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung in Abhängigkeit von der Rechtsform verändere die Wettbewerbsrelationen.31 Die Doppelbelastung erfolge ohne sachlich zureichenden Grund, insbesondere sei der Finanzbedarf der Länder kein solcher Grund.32 Tipke nennt drei Möglichkeiten, die Doppelbelastung zu vermeiden: Freistellung der Kapitalgesellschaften von der Vermögensteuer, Freistellung der Anteilseigner oder Anrechnung der Vermögensteuer der Kapitalgesellschaft bei den Anteilseignern, wobei gegen das letztgenannte Verfahren seine Kompliziertheit spreche.33 Auch Crezelius nennt das Trennungsprinzip zwischen juristischer Person und Anteilseigner als Grund für die Doppelbelastung zwar plausibel, steuersystematisch aber nicht ganz konsequent. Es hätte seiner Ansicht nach nahegelegen, mit Einführung des Anrechnungsverfahrens im Köperschaftsteuerrecht eine Parallelregelung bei der Vermögensteuer zu treffen.34 Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die Anknüpfung an die Rechtsform nicht willkürlich und die daraus resultierende Doppelbelastung dementsprechend nicht verfassungswidrig ist. Folgt man jedoch der überwiegenden Auffassung in der Literatur, so ist die Doppelbelastung aus steuerpolitischen sowie steuersystematischen Gründen dennoch zu vermeiden. 30 BVerfG, Beschluss vom 16.12.1968 – 1 BvR 76/66 (Orientierungssatz über juris). 31 Tipke/Lang, Steuerrecht, 15. Auflage 1996, § 16, Rz. 2; vgl. zur Kritik der Besteuerung von juristischen Personen im Vermögensteuerrecht auch: Bechstein, Die Rechtfertigung von Einzelsteuern unter besonderer Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Anforderungen, dargestellt am Beispiel der Vermögensteuer, 1997, S. 55. 32 Tipke, Die Steuerrechtordnung, Band II, 1993, S. 802 f. 33 Tipke, Die Steuerrechtordnung, Band II, 1993, S. 803. 34 Crezelius, Steuerrecht II, 1991, S. 342. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 – 128/11 Seite 12