© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 125/20 Informations- und Unterrichtungsbefugnisse staatlicher Institutionen gegenüber Online-Zahlungsdienstleistern nach ZAG und GwG Mitteilung der persönlichen Daten von Kunden mit festgestellter extremistischer Einstellung bzw. der Verwandten. Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, ZAG) 4 3. Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz, GwG) 5 4. Zusammenfassung 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 125/20 Seite 4 1. Einleitung und rechtliche Einordnung Die Einstufung einer Person oder Personengruppe als extremistisch, besonders im Rahmen des Verfassungsschutzberichts durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) kann für den oder die Betroffenen teilweise mit erheblichen negativen Folgen einhergehen. In der Vergangenheit gab es etwa Berichte, nach denen große Bankinstitute ihren jeweiligen Kundenstamm eigenständig und systematisch nach solchen „Risikogruppen“ untersuchten und entsprechende Geschäftsbeziehungen beendeten.1 Die nachfolgende Arbeit befasst sich mit der Frage, ob staatliche Stellen, insbesondere das BfV und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), zur Mitteilung einer festgestellten politisch extremistischen Einstellung an sog. „Online-Zahlungsdienstleister“ wie etwa PayPal auf Grundlage des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) bzw. des Geldwäschegesetzes (GwG), berechtigt sind.2 PayPal fällt als sog. E-Geld-Emittent gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG unter das Regime des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes.3 Ein Bankgeschäft bzw. Finanzdienstleistungen im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) wird nicht betrieben, weswegen die entsprechenden Normen des KWG grundsätzlich keine Anwendung finden. 2. Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, ZAG) Das ZAG trat im Zuge der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie (RL 2007/64/EG) 2009 in Kraft und enthält im Wesentlichen aufsichtsrechtliche Vorschriften für Zahlungsdienstleister wie etwa E-Geld-Emittenten.4 Als solches enthält das ZAG Normen, die die Stabilität der betroffenen Zahlungdienstleister und E-Geld-Institute gewährleisten sowie den reibungslosen Ablauf des Zahlungsverkehrs gewährleisten sollen. Zu diesem Zwecke sind zwar etwa der BaFin zum Teil Anordnungsermächtigungen zugestanden5; eine Rechtsgrundlage für die Mitteilung der Informtion , dass ein bestimmter Kunde bzw. nahe Verwandte des Kunden extremistische politische 1 Siehe etwa „Marxisten versus Deutsche Bank“, SPIEGEL Online vom 11.08.2010, verfügbar: https://www.spiegel .de/wirtschaft/unternehmen/marxisten-versus-deutsche-bank-konto-beim-klassenfeind-a-711071.html, abgerufen 19.11.2020. 2 Näher hierzu etwa die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, wonach das BfV grundsätzlich nicht selbständig Informationen über Beobachtungssubjekte an deren Banken oder Geschäftspartner weitergibt, BT.Drs. 17/10698. 3 BeckOGK/Köndgen § 675c, Rn. 115.1. 4 Herzog, Geldwäscherechtliche Pflichten im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) Rn. 1. 5 Etwa § 7 ZAG, wonach die BaFin die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs und die unverzügliche Abwicklung anordnen kann, wenn die erforderlichen Erlaubnisse und Lizenzen nicht vorliegen. Personenbezogene Daten dürfen hierbei nur veröffentlicht werden, soweit dies zur Gefahrenabwehr erforderlich ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 125/20 Seite 5 Einstellungen hat, bietet das ZAG indes nicht. Dies gilt sowohl für die BaFin, als auch für etwige andere durch das Gesetz angesprochene staatliche Institutionen. 3. Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz, GwG) Das Geldwäschegesetz trat 1993 mit dem gesetzgeberischen Ziel in Kraft, die Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu verbessern. In der Folge wurde der Wirkungskreis des Gesetzes auf die Terrorismusfinanzierung erweitert. Ansatzpunkt ist die Schnittstelle, an der aus Straftaten gezogenen Vermögenswerte durch „Legalisierung“, das heißt durch Einbringen in den legalen Zahlungsverkehr, dem Zugriff der Strafverfolgungsorgane entzogen werden.6 Hierzu verpflichtet das GwG Teilnehmer im Finanz- und Wirtschaftssektor zur Mitwirkung an der Prävention und Verfolgung betreffender Straftatbestände (etwa § 52 GwG). Onlinezahlungsdienstleister wie PayPal sind Verpflichtete gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 GwG. Die Verpflichteten sind nach Maßgabe der §§ 4 – 17 GwG grundsätzlich zu Sorgfalt und Risikomanagement hinsichtlich der Schutzziele des GwG angehalten. Zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung räumt das GwG den jeweils zuständigen Behörden zudem teils umfangreiche Anordnungs- und Durchgriffsmaßnahmen sowie Informationsbefugnisse ein.7 So kann etwa die BaFin nach § 51a As. 1 GwG personenbezogene Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben verarbeiten. Allerdings bestehen diese Befugnisse jeweils nur im unmittelbaren Sachzusammenhang mit den Zielen der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Hier gelten die in § 1 GwG festgelegten Definitionsrahmen.8 Bedingung für ein Tätigwerden der betreffenden Behörden ist mithin der Verdacht einer Geldwäschetransaktion oder der Finanzierung von Terrorismus. Die bloße Feststellung einer extremistischen politischen Einstellung steht hierzu zunächst in keinem Zusammenhang und kann auch die umfangreichen Durchgriffs- und Anordnungsrechte nicht auslösen. 4. Zusammenfassung Die Vorschriften des ZAG und des GwG bieten keine Grundlage für eine Mitteilung an sog. Onlinezahlungsdienstleister , dass bei einem Kunden derselben politisch extremistische Einstellungen festgestellt wurden. Eine entsprechende Mitteilung über nahe Angehörige des Kunden ist mithin auch nicht gewährleistet. *** 6 Erbs/Kohlhaas, GwG vor § 1, Rn. 1. 7 Siehe §§ 50 ff. GwG. 8 Hinsichtlich der Geldwäsche erfolgt ein Verweis auf den Straftatbestand der Geldwäsche; Terrorismusfinanzierung ist in § 1 Abs. 2 GwG unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2017/541 legaldefiniert.