© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 125/16 Steuerliche Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 125/16 Seite 2 Steuerliche Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 125/16 Abschluss der Arbeit: 31. Oktober 2016 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 125/16 Seite 3 1. Freibeträge und Steuerabzüge zur Unterstützung von Arbeitnehmern im Einkommensteuergesetz In Deutschland gibt es keinen Freibetrag für Geringverdiener, es gilt für alle Steuerpflichtigen derselbe Grundfreibetrag in Höhe von 8.652 Euro (2016). Für oberhalb des Grundfreibetrags liegende Einkommen steigen die Steuersätze in zwei linear-progressiven Zonen von 14 Prozent (Eingangssteuersatz) auf den Spitzensteuersatz von 42 Prozent an. Ab einem zu versteuernden Einkommen von 254.447 Euro steigt der Steuersatz um weitere 3 Prozentpunkte auf 45 Prozent. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer (EStG) kann ein Steuerpflichtiger verschiedene Freibeträge und Steuerabzüge geltend machen, die den Anreiz zur Arbeitsaufnahme erhöhen könnten : 1. Ein Steuerpflichtiger kann im Rahmen der Steuerveranlagung Aufwendungen von seinem Gehalt abziehen bzw. Aufwendungen geltend machen, die ihm bei der Suche nach einem Arbeitsplatz entstehen. Zu den abziehbaren Aufwendungen gehören unter anderem: o Aufwendungen für Bewerbungen um einen (neuen) Arbeitsplatz, o Mehraufwendungen, die ihm wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, o Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte , o Aufwendungen für Arbeitsmittel, zum Beispiel Werkzeuge oder Berufskleidung. 2. Der Steuerpflichtige kann zwei Drittel der Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines Kindes, das zu seinem Haushalt gehört und das jünger als 14 Jahre ist, abziehen . Der maximal abziehbare Betrag beläuft sich auf 4.000 Euro pro Kind. 3. Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung sind bis zu 6.000 Euro im Kalenderjahr abziehbar. 4. Gehört zum Haushalt eines alleinstehenden Steuerpflichtigen ein Kind, beträgt der Entlastungsbetrag im Kalenderjahr 1.908 Euro. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Betrag um 240 Euro je weiterem Kind. 5. Beschäftigt ein Steuerpflichtiger jemanden geringfügig in seinem Haushalt, kann er 20 Prozent der Aufwendungen dafür, höchstens 510 Euro, direkt von seiner Steuerschuld abziehen. Bei anderen Beschäftigungsverhältnissen oder bei Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen sind 20 Prozent der Arbeitskosten, höchstens 4.000 Euro, direkt von der Steuerschuld abziehbar. Zu den haushaltsnahen Dienstleistungen gehört auch die Betreuung von Kindern. Es muss jedoch zuerst der Abzug unter 2. ausgeschöpft werden. 6. Durch die Möglichkeit der Lohnsteuerpauschalierung durch den Arbeitgeber können Arbeitnehmer in bestimmten Beschäftigungsverhältnissen ihren Lohn ohne Steuerabzüge er- Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 125/16 Seite 4 halten: Bei kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmern kann der Arbeitgeber pauschal 25 Prozent des Arbeitslohns als Lohnsteuer abführen, bei geringfügig Beschäftigten ist ein Pauschsteuersatz in Höhe von insgesamt 2 Prozent des Arbeitsentgelts wählbar. 2. Erläuterungen Bei Ermittlung des Grundfreibetrags sind Steuerrecht und Sozialrecht eng miteinander verzahnt. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Existenzminimum eines jeden Bürgers steuerlich verschont werden muss. Weil Deutschland im Sozialhilferecht einen Mindestbedarf bestimmt hat, den der Staat bei einem mittellosen Bürger durch staatliche Leistungen decken muss (Existenzminimum), darf der Grundfreibetrag diesen Betrag nicht unterschreiten. Der Entlastungsbetrag für alleinstehende Steuerpflichtige (vgl. Kapitel 1 Nummer 4) mit mindestens einem Kind wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2015 erhöht und erstmals die Staffelung für weitere Kinder eingeführt. Die letzte Erhöhung datiert von 2004. Es ist in Deutschland nicht höchstrichterlich geklärt, ob der Entlastungsbetrag der sozialen Förderung gilt oder einer tatsächlichen Mehrbelastung Rechnung trägt. Die Opposition kritisiert den Betrag als zu niedrig, außerdem käme er nur denjenigen zugute, deren Einkommen weit über dem Grundfreibetrag liege. Mit der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen (vgl. Kapitel 1 Nummer 5) wollte der Gesetzgeber unter anderem einen Anreiz für mehr legale Beschäftigung in Privathaushalten geben und die Schwarzarbeit eindämmen. Der Bundesrechnungshof kritisiert seit der Einführung der Steuerermäßigung, dass es dabei zu sehr hohen Mitnahmeeffekten kommt. - Ende der Bearbeitung -