© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 – 124/20 Zulässigkeit eines Pandemielastenfonds zur Übernahme der durch die Coronavirus-Pandemie verursachen Kosten von Ländern und Gemeinden durch den Bund Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 124/20 Seite 2 Zulässigkeit eines Pandemielastenfonds zur Übernahme der durch die Coronavirus-Pandemie verursachen Kosten von Ländern und Gemeinden durch den Bund Aktenzeichen: WD 4 - 3000 – 124/20 Abschluss der Arbeit: 13. November 2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 124/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Einrichtung und Reichweite eines Pandemielastenfonds 4 3. Finanzierung von Ausgaben von Ländern und Gemeinden durch den Bund als Ausnahme vom Konnexitätsprinzip 6 3.1. Finanzverfassungsrechtlicher Rahmen: Konnexitätsprinzip 6 3.2. Finanzhilfen als Ausnahme vom Konnexitätsprinzip 6 3.3. Finanzhilfen in Notlagen nach Art. 104b Abs. 1 Satz 2 GG 7 4. Pauschale Finanzierung von Ländern und Gemeinden durch den Bund 9 4.1. Aufkommensverteilung aus den Gemeinschaftsteuern zwischen Bund und Ländern 9 4.2. Keine unmittelbare Finanzierung der Gemeinden durch den Bund 10 5. Vermögensabgabe des Bundes zur Finanzierung des Pandemielastenfonds 11 6. Zusammenfassung 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 124/20 Seite 4 1. Einleitung Die gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie führen im Jahr 2020 und voraussichtlich auch noch in den Folgejahren zu einer erheblichen Belastung für die Haushalte von Bund1, Ländern und Gemeinden2. Dadurch steigen die Ausgaben der öffentlichen Haushalte insgesamt im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr voraussichtlich um 23 %, während die Einnahmen um rund 8,5 % zurückgehen.3 Die Einnahmerückgänge gehen vor allem auf geringere Steuereinnahmen infolge der reduzierten Wirtschaftsleistung zurück. Diese Auswirkungen betreffen auch die Haushalte der Gemeinden. Auf der Ausgabenseite sind die Gemeinden vor allem durch höhere Sozialausgaben, höhere Ausgaben bei der öffentlichen Gesundheitsversorgung sowie zusätzliche Finanzbedarfe kommunaler Unternehmen belastet.4 Zur Stärkung ihrer Finanzlage erhalten die Gemeinden in 2020 einmalig von Bund und Ländern einen Ausgleich für die erwarteten Gewerbesteuermindereinnahmen in Höhe von rund 11,8 Mrd. Euro.5 Vor diesem Hintergrund wird gefragt, ob die bei Bund, Ländern und Gemeinden infolge der Coronavirus-Pandemie verursachten Kosten in einen Fonds in alleiniger Verantwortung des Bundes überführt werden und im Nachhinein, wenn die Kosten bekannt sind, mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt ausgeglichen werden können, z.B. durch eine dafür vorgesehene Vermögensabgabe . 2. Einrichtung und Reichweite eines Pandemielastenfonds Die Übernahme der pandemiebedingten Kosten durch den Bund kann z.B. durch Einrichtung eines Sondervermögens (im Folgenden als Pandemielastenfonds bezeichnet) erfolgen. Bei Sondervermögen müssen nur die Zuführungen oder die Ablieferungen in den Haushaltsplan eingestellt werden (Art. 110 Abs. 1 Satz 1 GG). Sondervermögen des Bundes werden durch Gesetz eingerichtet , dienen bestimmten Aufgaben und werden getrennt verwaltet und rechnungsmäßig gesondert geführt.6 Ein solches Sondervermögen ist z.B. der 2020 zur Bekämpfung der pandemiebedingten 1 Zur Finanzierung der Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie hat der Bund zwei Nachtragshaushalte zum Bundeshaushalt 2020 verabschiedet; siehe zu den Auswirkungen auf den Bundeshaushalt Bundesministerium der Finanzen, Finanzbericht 2021, Oktober 2020, S. 94 ff. 2 Zu den Auswirkungen auf die Haushalte von Ländern und Gemeinden im Überblick siehe Bundesministerium der Finanzen, Finanzbericht 2021, Oktober 2020, S. 128, 182 ff. 3 Daraus resultiert ein Finanzierungsdefizit von Bund, Ländern und Gemeinden in Höhe von 263,5 Mrd. Euro, siehe Bundesministerium der Finanzen, Finanzbericht 2021, Oktober 2020, S. 127 f. 4 Bundesministerium der Finanzen, Finanzbericht 2021, Oktober 2020, S. 183 f. 5 Siehe dazu näher unter 4.2. Außerdem wird die Bundesbeteiligung an den Ausgaben für die Leistungen für Unterkunft und Heizung auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab 2020 um 25 Prozentpunkte erhöht, § 46 SGB II i.d.F. des Gesetzes vom 6.10.2020 (BGBl. I S. 2072); siehe auch Bundesministerium der Finanzen , Finanzbericht 2021, Oktober 2020, S. 180. 6 Kube, in: BeckOK GG, 44. Ed. 15.8.2020, GG Art. 110 Rn. 99. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 124/20 Seite 5 Folgen eingerichtete Wirtschaftsstabilisierungsfonds zur Stabilisierung der Unternehmen der Realwirtschaft .7 Ein Sondervermögen des Bundes zur Unterstützung der Gemeinden stellt der 2015 eingerichtete Kommunalinvestitionsförderungsfonds dar, durch den der Bund den Ländern Finanzhilfen zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Gemeinden mit einem Volumen von 7 Mrd. Euro zur Verfügung stellt;8 dies erfolgt auf der Grundlage von Art. 104b Abs. 1 Nr. 2 GG und Art. 104c GG. Zur nachträglichen Abrechnung der pandemiebedingten Kosten der Länder und der Gemeinden über den Pandemielastenfonds müssen die pandemiebedingten Mindereinnahmen und Mehrausgaben zumindest nachträglich berechenbar sein. Zudem müssen sie mit Ausgleichsmaßnahmen wie z.B. den einmaligen pauschalen Ausgleich der Gewerbesteuerausfälle für die Gemeinden auf der Grundlage von Art. 143h GG9 oder die erhöhte Bundesbeteiligung an den Ausgaben auf dem Gebiet der Grundsicherung10 verrechnet werden, um eine Überkompensation zu vermeiden. Im Hinblick auf konkrete Ausgaben von Ländern und Gemeinden, die unmittelbar auf die Pandemie bzw. ihre Bekämpfung zurückgehen (z.B. erhöhte Ausgaben für das öffentliche Gesundheitswesen , die Beschaffung von Hygieneartikeln oder die Organisation von Impfungen) ist das Konnexitätsprinzip zu beachten, wonach diese Ausgaben von der für die Durchführung dieser Aufgaben zuständigen Stelle getragen werden müssen. Danach ist es dem Bund grundsätzlich verwehrt , Ausgaben der Länder und der Gemeinden zu übernehmen, die diesen in Wahrnehmung ihrer jeweils eigenen Aufgaben pandemiebedingt entstehen. Etwas anderes gilt nur, wenn eine Ausnahme vom Konnexitätsprinzip eingreift (siehe dazu nachfolgend 3.). Eine exakte Berechnung der pandemiebedingten mittelbaren Auswirkungen für die Haushalte von Ländern und Gemeinden zum Zweck der Abrechnung über den Pandemielastenfonds dürfte nicht möglich sein. Dies gilt z.B. für die konjunkturbedingten Belastungen, die sich in Steuermindereinnahmen und erhöhten Sozialausgaben ausdrücken. Soweit dennoch ein pauschaler Ausgleich dieser mittelbar pandemiebedingten Belastungen durch den Pandemielastenfonds unter Anrechnung der pauschalen Ausgleichsmaßnahmen des Bundes erfolgen soll, berührt dies den bundesstaatlichen Finanzausgleich auf Grundlage der Art. 106 und Art. 107 GG (siehe dazu nachfolgend 4.). Unabhängig davon, ob die Errichtung eines Pandemielastenfonds zum Ausgleich der genannten Ausgaben bzw. Belastungen der Länder und Gemeinden zulässig ist, stellt sich die Frage, ob seine Finanzierung durch eine eigens dafür vorgesehene Vermögensabgabe des Bundes möglich ist (siehe dazu nachfolgend 5.). 7 § 16 Abs. 3 des Stabilisierungsfondsgesetzes i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds vom 27. März 2020 (Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz – WStFG), BGBl. I S. 543. 8 § 1 Satz 2 und § 10 Satz 2 des Gesetzes zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen (Kommunalinvestitionsförderungsgesetz – KInvFG). 9 Siehe dazu näher unter 4.2. 10 Siehe Fußnote 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 124/20 Seite 6 3. Finanzierung von Ausgaben von Ländern und Gemeinden durch den Bund als Ausnahme vom Konnexitätsprinzip 3.1. Finanzverfassungsrechtlicher Rahmen: Konnexitätsprinzip Nach Art. 104a Abs. 1 GG tragen Bund und Länder gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben. Dieser in Art. 104a Abs. 1 GG verankerte Zusammenhang zwischen der sachlichen Zuständigkeit und der Finanzierungsverantwortung wird als Konnexitätsprinzip bezeichnet.11 Die Ausgabenlast folgt damit der Aufgabenwahrnehmung.12 Art. 104a GG erwähnt nur den Bund und die Länder; zu den Ländern gehören die Gemeinden (siehe näher 4.2.).13 Aus Art. 104a GG folgt ein Verbot der Fremd- und Mischfinanzierung, die es dem Bund grundsätzlich verbietet, sich an der Erledigung der Verwaltungsaufgaben der Länder (und damit auch der Gemeinden) finanziell zu beteiligen und damit Aufgaben der anderen Gebietskörperschaften zu finanzieren.14 Im Ergebnis dürfen also grundsätzlich weder Bund noch Länder Vorhaben außerhalb ihrer verfassungsrechtlichen Zuständigkeit finanzieren.15 Ausgaben, die den Ländern und Gemeinden pandemiebedingt in Wahrnehmung ihrer eigenen Aufgaben angefallen sind, können vom Bund unter Wahrung des Konnexitätsprinzips aus Art. 104a Abs. 1 GG also grundsätzlich nicht übernommen werden. 3.2. Finanzhilfen als Ausnahme vom Konnexitätsprinzip Art. 104a Abs. 1 GG geht davon aus, dass es Ausnahmen vom Konnexitätsprinzip gibt, die im Grundgesetz selbst geregelt werden müssen („soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt “). Solche Ausnahmen bestehen bei der Bundesauftragsverwaltung (Art. 104a Abs. 2 GG), bei Geldleistungsgesetzen des Bundes (Art. 104a Abs. 3 GG), bei Gemeinschaftsaufgaben (Art. 91a ff. GG), bei Finanzhilfen des Bundes (Art. 104b ff. GG), bei Kriegsfolge- und Sozialversicherungslasten (Art. 120 GG), beim Ausgleichsbetrag für den öffentlichen Personennahverkehr (Art. 106a 11 Schwarz, in: Maunz/Dürig, 91. EL April 2020, GG Art. 104a Rn. 30. 12 Wer die Ausgabenlast trägt, hängt gemäß Art. 104a Abs. 1 GG von der Aufgabenverteilung des Grundgesetzes ab. Art. 30 GG statuiert den Grundsatz, dass die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben eine den Ländern obliegende Angelegenheit ist, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. 13 Tappe/Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, 2. Aufl. 2019, Rn. 102. 14 Tappe/Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, 2. Aufl. 2019, Rn. 123 f.; Schwarz, in: Maunz/Dürig, 91. EL April 2020, GG Art. 104a Rn. 22, 35. Dies gilt auch umgekehrt. 15 Schwarz, in: Maunz/Dürig, 91. EL April 2020, GG Art. 104a Rn. 21. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 124/20 Seite 7 GG) und beim Sonderbelastungsausgleich (Art. 106 Abs. 8 GG).16 Außerhalb dieser im Grundgesetz vorgesehenen Fälle sind Mischfinanzierungen, etwa aufgrund ungeschriebener Finanzierungskompetenzen , unzulässig.17 Die Art. 104b, 104c und 104d GG geben dem Bund die Möglichkeit, gezielt Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) durch Finanzhilfen zu unterstützen, und stellen damit eine Ausnahme vom Konnexitätsprinzip dar. Finanzhilfen sind von Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91a ff. GG abzugrenzen. Anders als bei Gemeinschaftsaufgaben steht dem Bund bei Finanzhilfen die gemeinsame Investitionsplanung und Investitionsdurchführung der Vorhaben nicht zu.18 Der Einfluss des Bundes beschränkt sich hierbei auf eine rein finanzielle Unterstützung der Aufgabenwahrnehmung durch Länder und Gemeinden.19 3.3. Finanzhilfen in Notlagen nach Art. 104b Abs. 1 Satz 2 GG Nach Art. 104b Abs. 1 Satz 1 GG kann der Bund, soweit das Grundgesetz ihm Gesetzgebungsbefugnisse verleiht, den Ländern Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und der Gemeinden (Gemeindeverbände) gewähren, die zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (Nr. 1) oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums (Nr. 3) erforderlich sind. Nach Art. 104b Abs. 1 Satz 2 GG kann der Bund im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, auch ohne Gesetzgebungsbefugnisse Finanzhilfen gewähren. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll damit sichergestellt werden, dass zur Bewältigung solcher Notsituationen erforderliche Programme zur Belebung der Investitionstätigkeit der öffentlichen Hand mit Unterstützung des Bundes in allen Investitionsbereichen durchgeführt werden können.20 Das Nähere wird durch Bundesgesetz (mit Zustimmung des Bundesrates ) oder auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes durch Verwaltungsvereinbarung geregelt (Art. 104b Abs. 2 Satz 1 GG). Die Regelung für Finanzhilfen in Notlagen in Art. 104b Abs. 1 Satz 2 GG entbindet den Bund nur von der Bedingung, dass die Finanzhilfen an eine entsprechende Gesetzgebungskompetenz des Bundes gebunden sind, nicht aber von den übrigen Voraussetzungen des Art. 104b Abs. 1 Satz 1 GG.21 Auch in Notlagen dürfen die Finanzhilfen des Bundes also nur für besonders bedeutsame 16 Siehe dazu Tappe/Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, 2. Aufl. 2019, Rn. 126 ff.; Schwarz, in: Maunz/Dürig, 91. EL April 2020, GG Art. 104a Rn. 22. 17 Tappe/Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, 2. Aufl. 2019, Rn. 183. 18 Vgl. BVerfGE 39, 96 (111) – zu Art. 104a Abs. 4 GG a.F. 19 Tappe/Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, 2. Aufl. 2019, Rn. 155. 20 BT-Drs. 16/12410, S. 7. Nach Einschätzung der Gesetzesbegründung (S. 10) stellte die „gegenwärtige Finanzund Wirtschaftskrise“ (also der Jahre 2008/2009) eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne des Art. 104b Abs. 1 Satz 2 GG dar. 21 Heun/Thiele, in: Dreier, 3. Aufl. 2018, GG Art. 104b Rn. 29; Siekmann, in: Sachs, 8. Aufl. 2018, GG Art. 104b Rn. 35. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 124/20 Seite 8 Investitionen der Länder und der Gemeinden (Gemeindeverbände) zur Förderung der in Satz 1 aufgezählten Zwecke gewährt werden. Die Übernahme der pandemiebedingten Ausgaben von Ländern und Gemeinden, die diesen in Wahrnehmung ihrer eigenen Aufgaben anfallen, durch einen Pandemielastenfonds des Bundes lässt sich nicht auf die Bestimmung über Finanzhilfen in Notlagen aus Art. 104a Abs. 1 Satz 2 GG stützen. Zwar stellt die COVID-19-Pandemie eine Naturkatastrophe im Sinne des Art. 104b Abs. 1 Satz 2 GG dar,22 so dass der Bund Finanzhilfen auch ohne zugrundeliegende Gesetzgebungskompetenz gewähren darf. Die weiteren Voraussetzungen für Finanzhilfen sind im Falle des Pandemielastenfonds allerdings nicht erfüllt. Finanzhilfen sind auf besonders bedeutsame Investitionen beschränkt und betreffen nur Sachinvestitionen ,23 ermöglichen also nicht die pauschale Übernahme von Ausgaben jeder Art durch den Bund. Sie zielen vielmehr auf die Finanzierung konkreter Projekte und Aufgaben.24 Zudem erfassen die erlaubten Zwecke der Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (Nr. 1) oder die Förderung des wirtschaftlichen Wachstums (Nr. 3) nicht alle durch den Pandemielastenfonds verfolgten Zwecke. Weiter ist eine direkte Gewährung der Finanzhilfen durch den Bund an die Gemeinden nicht zulässig. Bei für die Gemeinden bestimmten Finanzhilfen muss die Vergabe dieser Mittel in den Händen der Länder liegen.25 Schließlich erlaubt Art. 104b GG keine vollständige Übernahme der Ausgaben durch den Bund, sondern allenfalls eine anteilige Übernahme neben den Ländern.26 Dies folgt bereits aus dem Begriff der Finanzhilfe 27 und ausdrücklich aus Art. 104b Abs. 2 Satz 5 GG. Die Erbringung eines Eigenanteils der Länder bei Finanzhilfen des Bundes ist deshalb zwingend. Schließlich sprechen die weiteren Vorgaben wie das Gebot der Befristung (Art. 104b Abs. 2 Satz 6 GG) und der degressiven Ausgestaltung der Finanzhilfen (Art. 104b Abs. 2 Satz 7 GG) gegen die Zulässigkeit eines nachträglichen Ausgleichs der Ausgaben der Länder bzw. der Gemeinden mittels eines Pandemielastenfonds . 22 Zu den Naturkatastrophen zählen auch Massenerkrankungen, Heun/Thiele, in: Dreier, 3. Aufl. 2018, GG Art. 104b Rn. 24; Siekmann, in: Sachs, 8. Aufl. 2018, GG Art. 104b Rn. 36. 23 Schwarz, in Maunz/Dürig, 91. EL April 2020, GG Art. 104b Rn. 21; Tappe/Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht , 2. Aufl. 2019, Rn. 161. 24 Die Finanzhilfen dienen dagegen nicht der Verbesserung der allgemeinen Finanzausstattung; sie sind daher vom bundesstaatlichen Finanzausgleich abzugrenzen, Kube, in: BeckOK GG, 44. Ed. 15.8.2020, GG Art. 104b Rn. 4; Schwarz, in Maunz/Dürig, 91. EL April 2020, GG Art. 104b Rn. 19. 25 Kube, in: BeckOK GG, 44. Ed. 15.8.2020, GG Art. 104b Rn. 3; Heun/Thiele, in: Dreier, 3. Aufl. 2018, GG Art. 104b Rn. 12. 26 Schwarz, in Maunz/Dürig, 91. EL April 2020, GG Art. 104b Rn. 20; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann /Henneke, 14. Aufl. 2017, GG Art. 104b Rn. 12. 27 Tappe/Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, 2. Aufl. 2019, Rn. 168. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 124/20 Seite 9 Im Übrigen dürfen die zweckgebundenen Finanzhilfen nicht die Verteilung des Steueraufkommens nach Art. 106 ff. GG ersetzen oder ergänzen.28 Pauschale Zuweisungen des Bundes an die Länder bzw. die Gemeinden sind daher nicht auf der Grundlage des Art. 104b GG zulässig,29 also auch nicht als pauschaler Ausgleich für Mindereinnahmen oder erhöhte Ausgaben. Weitere vom Grundgesetz zugelassene Ausnahmen vom Konnexitätsprinzip, auf die die Finanzierung eines Pandemielastenfonds gestützt werden könnte, sind nicht ersichtlich. 4. Pauschale Finanzierung von Ländern und Gemeinden durch den Bund Der pauschale Ausgleich von mittelbar pandemiebedingten Belastungen von Ländern und Gemeinden (wie z.B. konjunkturbedingte Steuermindereinnahmen oder erhöhte Sozialausgaben) durch einen vom Bund finanzierten Pandemielastenfonds berührt den bundesstaatlichen Finanzausgleich aufgrund von Art. 106 ff. GG und ist deshalb innerhalb dieses verfassungsmäßigen Rahmens zu regeln. 4.1. Aufkommensverteilung aus den Gemeinschaftsteuern zwischen Bund und Ländern Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer (sog. Gemeinschaftsteuern ) steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Art. 106 Abs. 3 Satz 1 GG). Am Aufkommen der Einkommensteuer (abzüglich eines Gemeindeanteils, Art. 106 Abs. 5 GG) und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder jeweils zur Hälfte beteiligt (Art. 106 Abs. 3 Satz 2 GG). Kommt es pandemiebedingt zu einem Rückgang der Steuereinnahmen aus der Einkommen- und der Körperschaftsteuer, werden Bund und Länder dadurch gemäß der verfassungsrechtlichen Vorgabe gleichmäßig betroffen. Ein möglicher Ausgleich der Mindereinnahmen der Länder aus diesen Steuern durch den Bund mittels des Pandemielastenfonds verstößt gegen die Vorgabe der gleichmäßigen Verteilung des Aufkommens dieser Steuern an Bund und Länder aus Art. 106 Abs. 3 Satz 2 GG. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden nicht durch das Grundgesetz selbst festgelegt, sondern durch ein Bundesgesetz (das Finanzausgleichsgesetz). Für diese Verteilung sind die verfassungsmäßigen Vorgaben aus Art. 106 Abs. 3 Satz 4 GG zu beachten, wonach Bund und Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben haben (Deckungsquotenprinzip , siehe auch § 4 Abs. 1 Maßstäbegesetz) und die Deckungsbedürfnisse so aufeinander abzustimmen sind, dass ein billiger Ausgleich erreicht wird. Die konkrete Verteilung zwischen Bund und Ländern einerseits sowie zwischen den Ländern andererseits erfolgt durch das Finanzausgleichsgesetz. Ein möglicher Ausgleich der Mindereinnahmen der Länder aus der Umsatzsteuer durch den Bund mittels des Pandemielastenfonds berührt die nach dem Finanz- 28 Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, 14. Aufl. 2017, GG Art. 104b Rn. 9; Kube, in: BeckOK GG, 44. Ed. 15.8.2020, GG Art. 104b Rn. 12. 29 Kube, in: BeckOK GG, 44. Ed. 15.8.2020, GG Art. 104b Rn. 4; Schwarz, in: Maunz/Dürig, 91. EL April 2020, GG Art. 104b Rn. 19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 124/20 Seite 10 ausgleichsgesetz für das Jahr 2020 vorgenommene Verteilung des Aufkommens, die unter Berücksichtigung der Vorgaben aus dem Maßstäbegesetz30 bzw. aus Art. 106 Abs. 3 Satz 4 GG und Art. 107 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 GG (Finanzkraftausgleich) erfolgt ist. Soweit der Pandemielastenfonds also einen pauschalen Ausgleich für Mindereinnahmen oder Mehrausgaben vorsieht, die zumindest mittelbar durch die Coronavirus-Pandemie verursacht werden, wird das System des bundesstaatlichen Finanzausgleichs berührt. Dies ist nur unter Berücksichtigung bzw. Änderung der genannten (verfassungsrechtlichen) Vorgaben möglich. Denn der bundesstaatliche Finanzausgleich aufgrund der Art. 106 und Art. 107 GG regelt zusammen mit den sie näher ausgestaltenden Gesetzen die allgemeine, zweckungebundene Finanzausstattung der Gebietskörperschaften abschließend.31 4.2. Keine unmittelbare Finanzierung der Gemeinden durch den Bund Die Gemeinden gehören nach dem zweistufigen Staatsaufbau des Grundgesetzes zu den Ländern, so dass diesen auch die Finanzierungsverantwortung für die Gemeinden obliegt.32 Für eine angemessene Finanzausstattung der Gemeinden sind die Länder und nicht der Bund verantwortlich.33 Der Bund kann daher keine unmittelbare Finanzierung der Gemeinden vornehmen.34 Er kann sich an Finanzierungsmaßnahmen der Länder zugunsten der Gemeinden nur aufgrund einer verfassungsmäßigen Ausnahmeregelung (unmittelbar) beteiligen.35 Eine solche Ausnahmeregelung stellt der durch Gesetz vom 29.9.202036 mit zeitlich begrenzter Wirkung bis zum 31.12.2020 in das Grundgesetz eingefügte Art. 143h GG dar. Auf dieser Grundlage stellt der Bund den Gemeinden zu gleichen Teilen mit dem jeweiligen Land insgesamt 6,134 30 Aus dem Maßstäbegesetz folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Bindungswirkung für zeitlich nachfolgende, gegenwartsnahe und detailorientierte Gesetze über die Aufteilung, dazu Seiler, in: Maunz/Dürig, 91. EL April 2020, GG Art. 106 Rn. 45, 49 (mehrstufiges legislatives Verfahren). 31 Konkret aufgaben- und ausgabenorientierte finanzverfassungsrechtliche Finanzierungsinstrumente (wie z.B. Finanzhilfen nach Art. 104b GG) sind als systematische Ausnahme davon abzugrenzen, Kube, in: BeckOK GG, 44. Ed. 15.8.2020, GG Art. 106 Rn. 4; Seiler, in: Maunz/Dürig, 91. EL April 2020, GG Art. 106 Rn. 34. 32 Tappe/Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, 2. Aufl. 2019 Rn. 355, 910, 993; Schwarz, in: Maunz/Dürig, 91. EL April 2020, GG Art. 104a Rn. 31 f. 33 Auch im Hinblick auf die Verwaltung ist dem Bund ein „Durchgriff“ auf die Gemeinden untersagt, siehe Art. 84 Abs. 1 Satz 7 und Art. 85 Abs. 1 Satz 2 GG (Aufgabenübertragungsverbot). 34 Dem Bund sind im Ergebnis unmittelbare Finanzierungsbeziehungen zu den Gemeinden grundsätzlich untersagt , Schwarz, in: Maunz/Dürig, 91. EL April 2020, GG Art. 104a Rn. 31. 35 Dies hat auch Bedeutung für die Lösung der sog. Altschuldenproblematik einiger finanzschwacher Gemeinden durch den Bund (siehe dazu Bericht der Facharbeitsgruppe 1 „Kommunale Altschulden“ der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, in: „Unser Plan für Deutschland“, abrufbar unter https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/heimat-integration /schlussfolgerungen-kom-gl.html). 36 BGBl. I S. 2048. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 124/20 Seite 11 Mrd. Euro als Ausgleich für Gewerbesteuermindereinnahmen im Jahr 2020 zur Verfügung.37 Der Ausgleichsbetrag wird von den Ländern an die Gemeinden auf Grundlagen der erwarteten Mindereinnahmen weitergeleitet (Art. 143h Satz 2 GG). Laut Gesetzesbegründung handelt es sich um eine „einmalige Ausnahmeregelung“38, durch die der Bund den Gemeinden eine „einmalige gezielte Hilfe anlässlich der COVID-19-Pandemie“39 zur Verfügung stellt. Die ausdrückliche Regelung im Grundgesetz ist erforderlich, weil der Bund keine verfassungsrechtlichen Kompetenzen für die Gewährung eines einmaligen gezielten Ausgleichs von Mindereinnahmen der Gemeinden bei der Gewerbesteuer hat.40 Nur auf der Grundlage der Ausnahmeregelung des Art. 143h GG sind also pauschale Finanzzuweisungen des Bundes an die Gemeinden (konkret für Gewerbesteuerausfälle) möglich. Die Regelung kann nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut nur „einmalig“ angewendet werden. Sie ist daher in den Übergangsvorschriften des Grundgesetzes verankert worden41 und tritt am 31.12.2020 außer Kraft. Eine weitere Finanzierung der Gemeinden durch den Bund mittels des Pandemielastenfonds lässt sich daher nicht auf Art. 143h GG stützen. Eine andere verfassungsrechtliche Grundlage für eine unmittelbare Finanzierung der Gemeinden durch den Bund ist nicht ersichtlich . 5. Vermögensabgabe des Bundes zur Finanzierung des Pandemielastenfonds Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen, die der Zulässigkeit eines vom Bund finanzierten Pandemielastenfonds entgegenstehen, ist für die Erhebung einer speziellen Vermögensabgabe durch den Bund zur Finanzierung des Pandemielastenfonds42 Folgendes zu beachten. Sollte es sich bei der geplanten Vermögensabgabe um eine „einmalige Vermögensabgabe“ i.S.d. Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG handeln, steht das Aufkommen daraus dem Bund zu. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung einer solchen einmaligen Vermögensabgabe sind jedoch nicht geklärt, insbesondere im Hinblick auf die dafür erforderliche „staatliche Ausnahmelage “.43 37 Gesetz zur finanziellen Entlastung der Kommunen und der neuen Länder vom 6. Oktober 2020, BGBl. I S. 2072. 38 BT-Drs. 19/20595, S. 2 (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 30.6.2020). 39 BT-Drs. 19/20595, S. 1 (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 30.6.2020). 40 BT-Drs. 19/20595, S. 1 (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 30.6.2020). 41 Dazu BT-Drs. 19/20595, S. 2 (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 30.6.2020). 42 Fließen Einnahmen auf der Grundlage eines formellen Gesetzes nicht in den allgemeinen Haushalt, sondern in ein Sondervermögen (siehe dazu 2.), sind sie bereits aus diesem Grunde zweckgebunden und stehen für eine abweichende Verwendung im Haushalt nicht zur Verfügung, Gröpl, in: Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO § 8 Rn. 16. 43 Vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Sachstand „Verfassungsmäßigkeit einer Vermögensabgabe zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie“, WD 4 – 3000 – 041/20 (https://www.bundestag.de/resource/blob/691376/2feb28d7057bf918bd18254ab06d95ad/WD-4-041-20-pdfdata .pdf); zur Diskussion darum siehe auch Buschmann, ZRP 2020, 186. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 124/20 Seite 12 Sollte es sich bei der geplanten Vermögensabgabe um eine Vermögensteuer44 im Sinne von Art. 106 Abs. 2 Nr. 1 GG handeln, steht das Aufkommen ausschließlich den Ländern und nicht dem Bund zu. Zur Finanzierung des Pandemielastenfonds als Sondervermögen des Bundes kommt sie dann nicht in Betracht. Allein dem Bund steht demgegenüber das Aufkommen aus einer Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer zu (Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG).45 Die Ergänzungsabgabe setzt voraus, dass ein zusätzlicher Finanzbedarf gerade des Bundes – und nicht zugleich der Länder und Gemeinden – besteht, der durch eine Belastung des Einkommens gedeckt werden soll, so dass eine allgemeine Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer mit anteiliger Aufkommenswirkung zugunsten der Länder und Gemeinden nicht notwendig ist.46 Wenn die pandemiebedingten Mehrbelastungen der öffentlichen Haushalte vornehmlich vom Bund getragen werden, sei es auch ohne47, sei es erst recht mit Pandemielastenfonds (seine Zulässigkeit im Übrigen unterstellt), kommt die Erhebung einer Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer durch den Bund in Betracht.48 Sollte es sich bei der geplanten Vermögensabgabe dagegen um eine Steuer handeln, deren Aufkommensverteilung nicht in Art. 106 GG geregelt ist, ist die Einführung einer solchen Steuer nicht zulässig, weil dem Bund kein freies Steuerfindungsrecht zusteht, das über die in Art. 106 GG genannten Steuern hinausgeht.49 Eine Vermögensabgabe zur Finanzierung eines Pandemielastenfonds ist nicht als – in der Finanzverfassung nicht geregelte – sog. Sonderabgabe zulässig. Sonderabgaben mit Finanzierungszweck sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur zulässig, wenn sie einen über die Mittelbeschaffung hinausgehenden Sachzweck verfolgen, eine abgrenzbare homogene Gruppe belasten und diese Gruppe eine besondere Finanzierungsverantwortung für die zu finanzierende Aufgabe trifft und das Aufkommen gruppennützig verwendet wird.50 Ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Pandemielasten einerseits und den mit der Vermögensabgabe Belasteten besteht jedoch nicht, so dass eine Vermögensabgabe als Sonderabgabe unzulässig ist. 44 Die Vermögensteuer ist eine (wiederkehrende Personal-)Steuer auf das ruhende, in der Regel aus bereits versteuertem Einkommen gebildete Vermögen; sie muss als Sollertrag- und darf nicht als Substanzsteuer ausgestaltet sein, so Heintzen, in: von Münch/Kunig, 6. Aufl. 2012, GG Art. 106 Rn. 24. 45 Eine solche Ergänzungsabgabe ist der seit 1995 erhobene Solidaritätszuschlag auf der Grundlage des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995. 46 Vgl. Tappe, NVwZ 2020, 517 (519). 47 Das Bundesministerium der Finanzen (Finanzbericht 2021, Oktober 2020, S. 127) verweist darauf, dass der ganz überwiegende Teil der Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie vom Bund finanziert wird. 48 Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Grundgesetz keine ausdrücklichen Vorgaben für die Ergänzungsabgabe enthält und dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungsspielraum hinsichtlich des Bestehens eines zusätzlichen Finanzbedarfs zukommt, siehe Tappe, NVwZ 2020, 517 (519). Als Ergänzungsabgabe darf sie einen „kleinen Prozentsatz“ zur Einkommen- und Körperschaftsteuer nicht überschreiten, Kube, in: BeckOK GG, 44. Ed. 15.8.2020, GG Art. 106 Rn. 14. 49 Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 7. Aufl. 2018, GG Art. 106 Rn. 17; Ludwigs, NVwZ 2017, 1509 (1510 f.). 50 Tappe/Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, 2. Aufl. 2019, Rn. 307. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 – 124/20 Seite 13 6. Zusammenfassung Die Einrichtung eines durch eine Vermögensabgabe finanzierten Pandemielastenfonds als Sondervermögen des Bundes, der die durch die Coronavirus-Pandemie hervorgerufenen Kosten der Länder und Gemeinden ausgleicht, die diesen in Form von Mindereinnahmen oder Ausgaben für die Wahrnehmung ihrer eigenen Aufgaben entstanden sind, und die nicht bereits durch den Bund ausgeglichen werden, ist aus mehreren Gründen mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Zum einen sind Zahlungen des Bundes an Länder und Gemeinden für die Wahrnehmung ihrer jeweils eigenen Aufgaben als Abweichung vom Konnexitätsprinzip des Art. 104a Abs. 1 GG nicht durch eine spezielle Erlaubnisnorm im Grundgesetz gedeckt, auch nicht als Finanzhilfe in Notlagen nach Art. 104b Abs. 1 Satz 2 GG. Zum anderen sind pauschale Zuweisungen von Bundesmitteln an die Haushalte von Ländern und Gemeinden (z. B. als Ausgleich für Steuermindereinnahmen ) ohne Ergänzung bzw. Änderung der Bestimmungen über den bundesstaatlichen Finanzausgleich (Art. 106 und Art. 107 GG) nicht zulässig. Überdies ist die Erhebung einer Vermögensabgabe durch den Bund speziell zur Finanzierung des Pandemielastenfonds allenfalls als einmalige Vermögensabgabe unter der bislang ungeklärten verfassungsrechtlichen Voraussetzung einer staatlichen Ausnahmelage zulässig. * * *