© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 120/16 Betriebliche Altersversorgung: Haftung des Arbeitgebers und Besteuerung der Leistungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 120/16 Seite 2 Betriebliche Altersversorgung: Haftung des Arbeitgebers und Besteuerung der Leistungen Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 120/16 Abschluss der Arbeit: 21. Oktober 2016 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 120/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Haftung des Arbeitgebers für Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung 4 3. Reformüberlegungen zur Arbeitgeberhaftung 4 4. Besteuerung der Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung 5 4.1. Direktzusage und Unterstützungskasse 6 4.2. Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds 6 4.2.1. Leistungen, die ausschließlich auf nicht geförderten Beiträgen beruhen 6 4.2.2. Leistungen, die ausschließlich auf geförderten Beiträgen beruhen 7 4.2.3. Leistungen, die auf geförderten und nicht geförderten Beiträgen beruhen 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 120/16 Seite 4 1. Fragestellung An den Fachbereich wurde folgende Frage herangetragen: 1994 wurde eine Vereinbarung für eine betriebliche Altersversorgung abgeschlossen. Durch die jahrzehntelange Niedrigzinsperiode sowie die Verlängerung des Lebensalters der Pensionsversicherungsnehmer ergab sich eine Deckungslücke von ca. 90.000 Euro, die der Bürger (Unternehmer) betrieblich nicht in der Lage war zu schließen. Somit fallen nun im Dezember 2017 bei Renteneintritt ca. 100.000 Euro Steuerzahlungen auf die damals geplante Vertragssumme von 226.000 Euro an. Bei einem Pensionsversicherungsauszahlungsbetrag in Höhe 145.000 Euro würden nach Abzug der 100.000 Euro Steuerzahlung nur noch 45.000 Euro als Rente übrig bleiben. Wenn das Unternehmen nach Renteneintritt durch die Tochter weitergeführt werden soll, muss diese Pensionsversicherung aus dem Unternehmen herausgelöst werden, um die bestehenden Pensionsansprüche aufzulösen. Gibt es zu den beschriebenen Problemen Kenntnisse bezüglich geplanter gesetzlicher Änderungen ? Inwiefern sind die Versicherungsnehmer, die Vereinbarungen vor der Änderung innerhalb der 15. Legislaturperiode abgeschlossen haben, nun benachteiligt? 2. Haftung des Arbeitgebers für Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz - BetrAVG) muss der Arbeitgeber für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen einstehen, unabhängig vom Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung. Diese gesetzliche Regelung wurde durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz – AVmG)1 eingeführt. Damit sei eine in der bisherigen Rechtsprechung „stets anerkannte Selbstverständlichkeit “ kodifiziert worden.2 3. Reformüberlegungen zur Arbeitgeberhaftung Zur Zeit liegen zwei neue Gutachten zur betrieblichen Altersversorgung vor, beide thematisieren das Thema der Arbeitgeberhaftung. Im Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen „Optimierungsmöglichkeiten bei den bestehenden steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Förderregelungen der betrieblichen Altersversorgung“ von Dirk Kiesewetter u. a. vom März 2016 werden die Haftungsrisiken für Arbeitgeber als eines der Hemmnisse bei einer weiteren Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung identifiziert (Seite 81ff. des Gutachtens). Das Rechtsgutachten für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von Peter Hanau und Marco Arteaga, ebenfalls vom März 2016, schlägt ein „Sozialpartnermodell Betriebsrente“ vor. Zu den neuen Formen sollen reine Beitragszusagen und die damit einhergehende Enthaftung des Arbeitgebers gehören, die jedoch nur durch oder aufgrund eines Tarifvertrags wirksam vereinbart werden können (Seite 55 des Gutachtens). 1 Vom 26. Juni 2001, Bundesgesetzblatt I 2001, Seite 1310. 2 Beck'scher Online-Kommentar Arbeitsrecht, hrsg. Rolfs, Christian u. a., 41. Edition, Stand: 01. September 2016 hier: Clemens, Fabian zu § 1 BetrAVG, Randziffer 32. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 120/16 Seite 5 Laut einem Zeitungsartikel vom 17. Oktober 2016 soll das geplante Betriebsrentenstärkungsgesetz diesen Grundgedanken der Enthaftung der Arbeitgeber aufnehmen. „Unternehmen sollen Betriebsrenten künftig auch unter reinen Beitragszusagen ohne garantierte Leistungshöhe anbieten können, falls ein Tarifvertrag das vorsieht.“3 Der Gesetzentwurf soll Ende Oktober 2016 vorgelegt werden, daher sind keine näheren Angaben zu Details möglich. 4. Besteuerung der Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung stellen einkommensteuerrechtlich, soweit sie nicht steuerfrei sind, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Einkünfte aus Kapitalvermögen oder sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Einkommensteuergesetz (EStG) dar. Bei diesen Einkunftsarten sind die Einnahmen dann zu versteuern, wenn sie dem Steuerpflichtigen tatsächlich zugeflossen sind (§ 11 EStG). Das gilt für Renten und Einmalkapitalleistungen gleichermaßen. Der Besteuerung der Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung muss wegen der vielen Besonderheiten eine Einzelfallprüfung vorangehen. Grundsätzlich richtet sich die Besteuerung nach der Form der Durchführung der betrieblichen Altersversorgung, nach der eventuellen steuerlichen Förderung der Beiträge in der Ansparphase und dem Zeitpunkt der erstmaligen Versorgungszusage . Erfolgte diese Zusage vor dem 1. Januar 2015, spricht man von Altzusage, Zusagen nach dem 31. Dezember 2004 sind als Neuzusagen anzusehen.4 Es wird zwischen fünf sogenannten Durchführungswegen bei der betrieblichen Altersversorgung unterschieden: – Interne Durchführungswege – Direktzusage – Unterstützungskasse – Externe Durchführungswege – Direktversicherung – Pensionskasse – Pensionsfonds 3 Schwenn, Kerstin: Nahles schlägt Pflöcke in der Rentenpolitik ein, Frankfurter Allgemeine Zeitung 17. Oktober 2016, Seite 17. 4 Den folgenden Ausführungen liegen, sofern nicht anders benannt, das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen „betr. steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge und betrieblichen Altersversorgung“ vom 24. Juli 2013, Bundesteuerblatt I, Seite 1022, und das Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen „Optimierungsmöglichkeiten bei den bestehenden steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Förderregelungen der betrieblichen Altersversorgung“ von Dirk Kiesewetter u.a., März 2016, zugrunde. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 120/16 Seite 6 4.1. Direktzusage und Unterstützungskasse Leistungen aus einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse stellen einkommensteuerrechtlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG dar, werden also wie Arbeitslohn behandelt und müssen gemäß des Tarifs voll versteuert werden. Entscheidet sich der Steuerpflichtige für eine einmalige Kapitalzahlung, handelt es sich um außerordentliche Einkünfte, die nach der Fünftelungsregelung des § 34 EStG besonders versteuert werden. 4.2. Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds Bei der Besteuerung der Leistungen aus einer Direktversicherung, einer Pensionskasse oder einem Pensionsfonds gilt grundsätzlich § 22 Nr. 5 EStG. Diese Vorschrift stellt gegenüber anderen Vorschriften des EStG eine vorrangige Spezialvorschrift dar. Der Umfang der Besteuerung hängt davon ab, inwieweit die Beiträge in der Ansparphase durch Steuerfreiheit oder durch Sonderausgabenabzug und Zulagen gefördert wurden oder die Leistungen auf steuerfreien Zuwendungen basieren. Entscheidet sich der Steuerpflichtige für eine Einmalkapitalauszahlungen, handelt es sich nach geltendem Recht nicht um außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 EStG, sodass die Fünftelungsregelung nicht greift. Allerdings ist diese Frage dem Bundesfinanzhof (BFH) zur Entscheidung vorgelegt worden.5 4.2.1. Leistungen, die ausschließlich auf nicht geförderten Beiträgen beruhen Zu den nicht geförderten Beiträgen gehören insbesondere die pauschal besteuerten sowie die vor dem 1. Januar 2002 erbrachten Beiträge an eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung. Leistungen aus Altzusagen sind, wenn es sich um eine lebenslange Rente, eine Berufsunfähigkeits -, Erwerbsminderungs- oder um eine Hinterbliebenenrente handelt, als sonstige Einkünfte mit dem Ertragsanteil zu besteuern.6 Handelt es sich dagegen um Renten aus Neuzusagen, deren Beiträge als Sonderausgaben abgezogen werden konnten7, sind diese als sonstige Einkünfte zu besteuern. Entscheidend ist in diesem Fall der Besteuerungsanteil der Rente in Abhängigkeit des Rentenbeginns.8 Ansonsten erfolgt die Besteuerung mit dem Ertragsanteil. 5 BFH Anhängiges Verfahren, X R 23/15. 6 § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG. 7 § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchstabe b EStG. 8 § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG. Entscheidend ist in diesem Fall der Besteuerungsanteil der Rente in Abhängigkeit des Rentenbeginns. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 120/16 Seite 7 Entscheidet sich der Steuerpflichtige für eine Einmalkapitalauszahlung, ist nach die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der für den zugrunde liegenden Vertrag geltenden Fassung entsprechend anzuwenden.9 Weiterhin gilt: – Erfolgt bei einem vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossenen Versicherungsvertrag die Kapitalauszahlung erst nach Ablauf von zwölf Jahren seit Vertragsabschluss und erfüllt der Vertrag die weiteren Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, unterliegt die Kapitalauszahlung insgesamt nicht der Besteuerung.10 – Liegen die genannten Voraussetzungen nicht vor, unterliegen die rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen der Besteuerung.11 4.2.2. Leistungen, die ausschließlich auf geförderten Beiträgen beruhen Leistungen, die ausschließlich auf geförderten Beiträgen beruhen, unterliegen als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in vollem Umfang der Besteuerung. 4.2.3. Leistungen, die auf geförderten und nicht geförderten Beiträgen beruhen Beruhen die Leistungen sowohl auf geförderten als auch auf nicht geförderten Beiträgen, müssen die Leistungen in der Auszahlungsphase aufgeteilt werden - Ende der Bearbeitung - 9 § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b EStG. 10 § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG. 11 § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG.