Deutscher Bundestag Einzelfrage zur steuerlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für ärztliche Fortbildungsmaßnahmen während der Mandatsausübung Sachstand Wissenschaftliche Dienste WD 4 – 3000 – 120/12 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 – 3000 – 120/12 Seite 2 Einzelfrage zur steuerlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für ärztliche Fortbildungsmaßnahmen während der Mandatsausübung Verfasser: Aktenzeichen: WD 4 – 3000 – 120/12 Abschluss der Arbeit: 14. Mai 2012 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 – 3000 – 120/12 Seite 3 1. Fragestellung Ärzte sind verpflichtet, in regelmäßigen Abständen an Fortbildungen teilzunehmen, um die ärztliche Zulassung zu behalten (vgl. hierzu § 95d Abs. 1 Sozialgesetzbuch V). Zu prüfen ist, ob Aufwendungen für Fortbildungsmaßnahmen auch dann steuerlich zu berücksichtigen sind, wenn die ärztliche Tätigkeit aufgrund der Wahrnehmung eines Bundestagsmandats ruht. 2. Fortbildungskosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben Ärzte erzielen mit ihrer Tätigkeit – in Abhängigkeit davon, ob sie angestellt oder selbständig tätig sind – Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz – EStG) bzw. Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Bei der Ermittlung der Einkünfte werden Aufwendungen für die berufliche Tätigkeit als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben berücksichtigt. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Beruflich veranlasste Aufwendungen für ärztliche Fortbildungen sind grundsätzlich als Werbungskosten steuerlich abzugsfähig, da die Aufwendungen der Sicherung und Erhaltung der Einnahmen dienen. Gleiches gilt für die Anerkennung als Betriebsausgaben, da die Aufwendungen betrieblich veranlasst sind. 3. Steuerliche Berücksichtigung unabhängig vom Bestehen eines Dienstverhältnisses? Fraglich ist, ob dies auch dann gilt, wenn die ärztliche Tätigkeit vorübergehend nicht ausgeübt wird. In diesen Fällen fehlt es möglicherweise an der beruflichen (bzw. betrieblichen) Veranlassung . Dass Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen auch unabhängig vom Bestehen eines Dienstverhältnisses berücksichtigt werden können, zeigt die Rechtsprechung zu den sog. vorab entstandenen Erwerbsaufwendungen. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Die Rechtsprechung knüpft hierbei u.a. an den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG („Aufwendungen zur Erwerbung … der Einnahmen“) an. Die Erwerbstätigkeit beginnt hier bereits mit dem Aufwenden von Kosten.1 Die gleichen Grundsätze müssten auch auf die vorliegende Fragestellung anwendbar sein. Bei der Übernahme eines Bundestagsmandats steht von vornherein fest, dass diese Tätigkeit auf Zeit angelegt ist. Der Abgeordnete muss daher die Möglichkeit haben, nach Beendigung der Tätigkeit als Abgeordneter in seinen früheren Beruf zurückzukehren. Bei Ärzten besteht dabei die Besonderheit , dass sie regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen müssen, um die ärztliche Zulassung zu behalten. Die Fortbildungen sind deswegen notwendige Voraussetzung für die Wiederaufnahme der ärztlichen Tätigkeit. Ferner wird durch die Teilnahme an den Fortbildungen dokumentiert, dass eine Wiederaufnahme der ärztlichen Tätigkeit auch angestrebt wird. Die Aufwendungen für 1 Vgl. Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage 2010, § 9 Rz. 233, mit weiteren Nachweisen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 – 3000 – 120/12 Seite 4 die Fortbildungen stehen mithin in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen. Sie dienen der Erwerbung bzw. der Erhaltung und Sicherung der Einnahmen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. 4. Ergebnis Die Aufwendungen für ärztliche Fortbildungen müssten daher auch während des Zeitraums der Mandatsausübung, in dem die ärztliche Tätigkeit ruht, steuerlich zu berücksichtigen sein.