© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 118/19 Einzelfrage zu Steuerausfällen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 118/19 Seite 2 Einzelfrage zu Steuerausfällen Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 118/19 Abschluss der Arbeit: 16. September 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 118/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Vorbemerkungen 4 3. 4. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode 4 4. Stellungnahme von Prof. Dr. Spengel zur Öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament am 26. November 2018 4 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 118/19 Seite 4 1. Fragestellung Die Auftraggeberin bittet um Darstellung der Steuerausfälle durch Cum-Ex-Geschäfte (unter Einbeziehung von Cum-Cum-Geschäften). 2. Vorbemerkungen Die Wissenschaftlichen Dienste führen selbst keine Berechnungen durch und ermitteln auch keine Schätzwerte. Folglich beziehen sich mögliche Summen von Steuerausfällen auf öffentlich zugängliche parlamentarische Quellen. 3. 4. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode Der Untersuchungsausschuss hat in 19 öffentlichen Beweisaufnahmen fünf Sachverständige und rund 70 Zeugen gehört. Mehr als 200 Beweisbeschlüsse wurden gefasst. Am Ende aber gelingt keine gemeinsame Schlussfolgerung der Bundestags-Parteien, was schon bei der Schadensumme beginnt. Mal ist von zehn, dann wieder von zwölf oder fast 32 Milliarden Euro die Rede.1 Nach Auswertung der durch den Ausschuss beigezogenen Akten bleibt die Grundlage dieser Schätzung unklar. Auch „kann nach erfolgter Beweisaufnahme und -würdigung durch den Untersuchungsausschuss die in der E-Mail des Whistleblowers vollzogene Berechnungsgrundlage und die daraus geschlussfolgerte Schätzung von 12 Milliarden Euro Steuerschaden weder bestätigt noch widerlegt werden.“2 4. Stellungnahme von Prof. Dr. Spengel zur Öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament am 26. November 2018 Für Deutschland kommt Spengel zu folgenden Erkenntnissen:3 „In Deutschland bestand in Bezug auf Cum/Ex‐Geschäfte somit niemals eine Gesetzeslücke,sondern ein technischer Systembruch, der im Markt gnadenlos ausgenutzt wurde. Der dadurch entstandene Steuerschaden beläuft sich nach meinen Schätzungen, in denen Aufzeichnungen der Clearstream Banking AG, die für die Dividendenregulierung in Deutschland zuständige Tochtergesellschaft der Deutschen Börse, ausgewertet wurden, zwischen 2005 und 2011 auf mindestens 7,2 Mrd. Euro. Diese Schätzung beziffert einen Mindestschaden, die Daten von Clearstream waren für den untersuchten Zeitraum zudem hoch aggregiert. (…) Meinen Schätzungen zufolge beläuft sich der durch Cum/Cum‐Geschäfte in Deutschland zwischen 2001 und 2016 entstandene 1 https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/cum-ex--geschaefte-bundestags-untersuchungsausschuss-endet-ohne-einheitliches -ergebnis [13.09.19]. 2 BT-Drs. 18/12700, S. 271ff. mit detaillierter Darstellung der Ermittlungsergebnisse. 3 Eine ausführliche Darstellung der Berechnungen von Spengel können folgendem Link entnommen werden: https://www.bwl.uni-mannheim.de/media/Lehrstuehle/bwl/Spengel/Dokumente/Medien/Steuerschaden_Cum- Ex__2017-03-31_.pdf [13.09.19]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 118/19 Seite 5 Steuerschaden auf rund 50 bis 80 Mrd. Euro, je nachdem, wie hoch die fällige Kapitalertragsteuer war.“4 5. Gesamtschaden aus Cum/Cum-Gestaltungen Gemäß einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor, anhand derer der Umfang der von Cum/Cum- Gestaltungen betroffenen Kapitalertragsteuer abgeschätzt werden könnte.5 Auch den Wissenschaftlichen Diensten liegt kein belastbares Zahlenmaterial vor. *** 4 Spengel, Christoph: Dividendenstripping: Cum/Ex- und Cum/Cum- Transaktionen, Stellungnahme zur Öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament, Brüssel, 26. November 2018, im Internet unter: https://www.bwl.uni-mannheim.de/media/Lehrstuehle/bwl/Spengel/Dokumente/Medien/Beitraege/Spengel _Stellungnahme_European_Parliament__2018-11-26__final.pdf [13.09.19]. 5 BT-Drs. 19/12212, S. 6.