© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 117/19 Unit Deals im Grunderwerbsteuerrecht Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Das niederländische Wertdurchgriffsmodell 10 6.2. Besteuerungsmöglichkeit der Unit Deals beim Wertdurchgriffsmodell 12 7. Zusammenfassung 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 117/19 Seite 4 1. Fragestellung Die Auftraggeberin bittet vor dem Hintergrund der geplanten Reform des Grunderwerbsteuergesetzes um eine Darstellung sogenannter Unit Deals, die in der Beratungspraxis sowie der Fachliteratur als neuer Weg zur Gestaltung von Immobilientransaktionen in Betracht gezogen werden, um den Anfall von Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Dabei soll aufgezeigt werden, warum diese nicht steuerbar sind im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes, sowie unter welchen Voraussetzungen die im Entwurf zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vorgesehenen Regelungen auf Unit Deals ausgeweitet werden können und unter welchen Voraussetzungen diese im Rahmen einer quotalen Besteuerung nach dem Länder-Reformmodell II und dem niederländischen Wertdurchgriffsmodell mit Grunderwerbsteuer besteuert werden können. 2. Einführung Grundsätzlich kommen für Immobilientransaktionsgeschäfte der Asset Deal (Sachkauf) und der Share Deal in Betracht. Bei letzterem werden Anteile an einer Gesellschaft, die Immobilien hält, verkauft. Der Share Deal war lange Zeit bei Investoren beliebt, weil unter bestimmten Voraussetzungen keine Grunderwerbsteuer anfiel. Aufgrund des geplanten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes1, der die Anforderungen an einen grunderwerbsteuerfreien Erwerb im Bereich des Share Deals verschärft, ist davon auszugehen, dass der Share Deal in Zukunft erheblich an Attraktivität bei Investoren verlieren wird.2 Als eine Alternative zu diesen gängigen Geschäften besteht darüber hinaus die Möglichkeit durch eine Übertragung von Fondsanteilen, dem sog. „Unit Deal“3. Dabei handelt es sich um eine Umplatzierung bzw. ein Anteilscheingeschäft. Bei dieser Verkaufsstruktur findet zwar ein Anteilseignerwechsel im Fonds statt. Zivilrechtlich verändert sich das Eigentum an den im (offenen) Fonds gehaltenen Immobilien jedoch nicht, da nicht die Anteilseigner als Eigentümer betrachtet werden sondern die die Anteile verwaltende Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG). Aus diesem Grund fällt auch regelmäßig bei Unit Deals keine Grunderwerbsteuer an. Voraussetzung ist, dass die Immobilien im vertraglichen Sondervermögen gehalten werden. Bei der Umplatzierung eines Fondsanteils handelt es sich um ein Wertpapiergeschäft. 1 BT-Drs. 19/13437, abrufbar: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/134/1913437.pdf 2 Vgl. Laura Bartels, Share-Deal-Reform: Immobilienwirtschaft atmet auf, https://www.juve.de/nachrichten/namenundnachrichten /2019/05/share-deal-reform-immobilienwirtschaft-atmet-auf, abgerufen am 26.09.2019. 3 Vgl. Laura Bartels, Share-Deal-Reform: Immobilienwirtschaft atmet auf, https://www.juve.de/nachrichten/namenundnachrichten /2019/05/share-deal-reform-immobilienwirtschaft-atmet-auf, abgerufen am 26.09.2019; siehe auch Heiko Böhnke; Unit Deal statt Share Deal – Zeit für einen Sekundärmarkt bei offenen Immobilien- Spezial-AIF, https://www.real-exchange.de/2019/08/19/unit-deal-statt-share-deal-zeit-fuer-einen-sekundaermarkt -bei-offenen-immobilien-spezial-aif/, abgerufen am 26.09.2019. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 117/19 Seite 5 Die Assetklasse Immobilien verzeichnet unter den Fondstypen eine hohe Nachfrage.4 Die größten institutionellen Anleger in diesem Segment sind Versicherer, Pensionskassen und Versorgungswerke . Institutionelle Anleger investieren hauptsächlich in Immobilienspezialfonds, diese haben den Vorteil, dass über den Anlegerausschuss direkter Zugriff auf das Portfolio möglich ist. Nachteile der Assetklasse Immobilie sind die langfristige Kapitalbindung, Renditeausschüttungen im Jahrestakt und Fondslaufzeiten von durchschnittlich zehn Jahren. Um diese Illiquidität auszugleichen werden institutionelle Immobilienfondsanteile auf dem Sekundärmarkt gehandelt. Bereits 2006 wurden Fondsanteile in Höhe von 1,8 Milliarden Euro von der Investmentgesellschaft Fortress umplatziert. 2018 wurden von DIC und Helaba Umplatzierungen in Höhe von 700 Millionen Euro vorgenommen. Der sog. Unit Deal bietet dabei verschiedene Vorteile für den Käufer: Direkteinstieg in etablierte Fonds ohne Blind-Pool-Risiko Reduzierte Transaktionskosten und Performancegebühren für den Manager Zeitliche Flexibilität im Hinblick auf den Verbleib im Fonds Jederzeitige Anpassung der Asset-Allokation 3. Rechtliche Einordnung Ein nach deutschem Recht ausgestaltetes Immobilien-Sondervermögen in Vertragsform besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit und ist auch nicht Träger eigener Rechte, die Verwaltung obliegt daher einer externen Kapitalverwaltungsgesellschaft (kurz: KVG).5 Die KVG verwaltet das Sondervermögen auf Rechnung der Anleger nach Maßgabe der Anlagebedingungen, die das Rechtsverhältnis zwischen Anlegern und Verwaltungsgesellschaft regelt, vgl. § 1 Abs. 10 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB). Für die Verwaltung von vertraglichen Sondervermögen gibt es zwei Regelungsvarianten: die Treuhandlösung und die Miteigentumslösung. Grundsätzlich besteht eine Wahlmöglichkeit zwischen beiden Formen, im Falle von Publikums-Immobilien-Sondervermögen ist die Treuhandhandlösung jedoch gemäß § 245 KAGB gesetzlich vorgeschrieben. 3.1. Die Treuhandlösung Nach der sogenannten Treuhandlösung können die Vermögensgegenstände des nicht rechtsfähigen Sondervermögens der KVG zugeordnet werden, die diese für Rechnung der Anleger als zivilrechtliche Eigentümerin hält, vgl. § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 KAGB. Beim Anlegerwechsel im Falle der Treuhandlösung fällt grundsätzlich keine Grunderwerbsteuer an, weil die Immobilie unverändert im Eigentum der KVG verbleibt. Die Einbringung eines Grundstücks in ein Sondervermögen führt nach der Treuhandlösung zu einem – grunderwerbsteuerpflichtigen – Rechtsträgerwechsel, mit der Folge, dass die Immobilie nach der Einbringung 4 Vgl. zum Folgenden Heiko Böhnke; Unit Deal statt Share Deal – Zeit für einen Sekundärmarkt bei offenen Immobilien -Spezial-AIF, https://www.real-exchange.de/2019/08/19/unit-deal-statt-share-deal-zeit-fuer-einen-sekundaermarkt -bei-offenen-immobilien-spezial-aif/, abgerufen am 26.09.2019. 5 Vgl. zum Folgenden: Brinkhaus/Grandpierre: Grunderwerbsteuerrechtliche Folgen der sog. Miteigentumslösung bei Immobilien-Sondervermögen, DStR 2017, S. 707 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 117/19 Seite 6 im Eigentum der KVG steht. Hingegen fällt bei einer späteren Veräußerung der Anteilscheine seitens eines Anlegers in dieser Fallkonstellation grundsätzlich keine Grunderwerbsteuer an. Die KVG wird beim Abschluss von (schuldrechtlichen oder dinglichen) Verträgen weder Gläubigerin des Anspruchs noch Eigentümerin.6 Veräußert die KVG für Rechnung des Sondervermögens eine Immobilie, wird der Veräußerungserlös somit kraft Gesetzes automatisch Bestandteil des Sondervermögens .7 3.2. Die Miteigentumslösung Wird eine im Alleineigentum des Anlegers stehende Immobilie in einen Miteigentumsfonds eingebracht , ist dieser Vorgang nicht von § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfasst. Die Vorschrift erfasst nur Kaufverträge oder ähnliche Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übereignung und damit einen Anspruchs auf Änderung der dinglichen Rechtslage begründen. Der Anleger bleibt zivilrechtlich betrachtet Miteigentümer bzw. alleiniger Eigentümer des Grundstücks. Darüber hinaus ist nach Ansicht des FG Köln8 und auch in der Literatur vertretener Auffassung9 – entgegen der Praxis der Finanzverwaltung – auch nicht der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG erfüllt. Demnach werde der beteiligten KVG keine relevante Verwertungsbefugnis verschafft. Allein die Möglichkeit aufgrund eingeräumter Rechte ein Grundstück im eigenen Namen zu verkaufen , reiche für eine Verwertungsbefugnis nicht aus. Veräußert der Anleger jedoch im weiteren Verlauf seine an dem Sondervermögen gehaltenen Anteilsscheine an einen Dritten, ist diese Übertragung – anders als bei der Treuhandlösung – (ggf. anteilig) grunderwerbsteuerpflichtig.10 4. Regelungsoptionen im Rahmen des Grunderwerbsteuergesetzes Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG)11 verändert die Erwerbstatbestände des GrEStG nicht grundlegend. In § 1 Abs. 2a GrEStG soll die 6 Nietsch in Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher, InvG mit Bezugnahme zum Kapitalanlagegesetzbuch, 2013, § 30 R. 21; Baur/Tappen, Investmentgesetze I, §§ 1–272 KAGB, 3. Aufl. 2015, § 92 Rn. 32; Zeller in Brinkhaus/Scherer , KAGG, 2003, § 6 Rn. 13. 7 Vgl. Zeller (Fn. 14), § 6 Rn. 13; Beckmann in Beckmann/Scholtz/Vollmer, Investment I, InvG § 30 Rn. 12, 12a (9. EL/2011) und § 31 Rn. 6 (3. EL/2007); Baur/Tappen (Fn. 14), § 92 Rn. 31, 32. 8 FG Köln Urteil v. 12.4.2016 – 5 K 1346/15, EFG 2016, 1354 = BeckRS 2016, 95195. 9 So Brinkhaus/Grandpierre: Grunderwerbsteuerrechtliche Folgen der sog. Miteigentumslösung bei Immobilien- Sondervermögen, DStR 2017, S. 707 ff. 10 Brinkhaus/Grandpierre: Grunderwerbsteuerrechtliche Folgen der sog. Miteigentumslösung bei Immobilien-Sondervermögen , DStR 2017, S. 710. 11 BT-Drs. 19/13437 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 117/19 Seite 7 bisherige 95 %-Grenze für den anteiligen Eigentümerwechsel an einem Grundstück einer Personengesellschaft , der eine Steuerpflicht nach dem GrEStG auslöst, auf 90 % abgesenkt werden. Damit soll den Share Deals ihre Attraktivität genommen werden. Diese Gesetzesänderung ist jedoch nicht geeignet etwaige Steuervermeidungen durch Unit Deals zu verhindern. Auch mit den Änderungen durch das Grunderwerbsteueränderungsgesetz bleibt es dabei, dass Rechtsvorgänge, die sich auf Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften beziehen, nicht den Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG erfüllen. „Der Anteil am Vermögen einer Gesamthand vermittelt nicht die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG12, wobei die Größe des Anteils (im Sinne einer wertmäßigen Beteiligung) unerheblich ist. Dem Gesellschafter einer grundbesitzenden Personengesellschaft kommt nicht kraft seiner Gesellschafterstellung hinsichtlich der Grundstücke eine Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 zu.“13 „Einwirkungsmöglichkeiten eines Gesellschafters auf der Ebene der Gesellschaft ohne konkreten Grundstücksbezug reichen für eine Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 nicht aus.14 Das folgt aus der Systematik des Grunderwerbsteuerrechts, das Gesamthandsgemeinschaften und Kapitalgesellschaften als eigene Rechtssubjekte behandelt und Gesellschaftern die im Eigentum der Gesellschaft stehenden Grundstücke grunderwerbsteuerrechtlich nur ausnahmsweise zuordnet, wenn mindestens 95 % (zukünftig 90 %) der Anteile an der Gesellschaft in einer Hand vereinigt sind. Selbst die Stellung als Alleingesellschafter einer GmbH begründet keine Befugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG, die Grundstücke der GmbH für eigene Rechnung zu verwerten.15 Daran ändert sich nichts durch das Vorliegen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages. Es fehlt an einem Wechsel in der Grundstückszuordnung.16“17 Auch der neue Absatz 2b in § 1 GrEStG-E ist nicht geeignet das Problem der Unit Deals zu lösen. § 1 Abs. 2b GrEStG-E „soll aus Gründen der Missbrauchsverhinderung unter gleichen Voraussetzungen Anteilseignerwechsel an Kapitalgesellschaften mit inländischem Grundbesitz erfassen. Besteuert wird die Gesellschaft, die wegen des Anteilseignerwechsels grunderwerbsteuerrechtlich nicht mehr als dieselbe Kapitalgesellschaft anzusehen ist.“18 Dabei gilt ebenso wie im modifizierten § 1 Abs. 1a GrEStG-E die 90 %-Grenze für einen steuerpflichtigen Anteilseignerwechsel. Der Unit Deal setzt jedoch keinen 90%igen Wechsel in der Gesellschafterstruktur voraus, da hier in der Regel kleinere Anteile veräußert werden. Die intransparente Behandlung von Kapitalgesellschaften erschwert eine Einbeziehung der Unit Deals in die Steuerpflicht des bestehenden GrEStG. Solange Kapitalgesellschaften und damit 12 BFH II R 55/98, BStBl II 01, 419 13 Boruttau/Meßbacher-Hönsch, 19. Aufl. 2018, GrEStG § 1 Rn. 649 (beck-online) 14 BFH II R 54/14, BStBl II 16, 715, Rn 13 15 BFH II R 32/11, BStBl II 13, 926 16 BFH II R 53/98, BStBl II 00, 357 17 Boruttau/Meßbacher-Hönsch, 19. Aufl. 2018, GrEStG § 1 Rn. 651 18 BT-Drs. 19/13437, S. 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 117/19 Seite 8 auch die KVG in der Treuhandlösung als eigene Rechtspersönlichkeit betrachtet und den Anteilseignern keine Verfügungsbefugnis über die Grundstücke des Sondervermögens zugesprochen wird, fehlt es an den rechtlichen Grundlagen für eine Steuerpflicht. Diese rechtliche Hürde ließe sich allein mit einem weiteren Ausnahmetatbestand für Anteilseignerwechsel im Sondervermögen nicht beheben, da die KVG ja bereits zivilrechtlich bei der Treuhandlösung als Eigentümerin des Sondervermögens behandelt wird. Zwar wäre die Einbringung eines Grundstücks in die KVG im Treuhandmodell steuerpflichtig. Die Steuerpflicht lässt sich jedoch durch eine unentgeltliche Einbringung vermeiden. Eine spätere Übertragung auf andere Anteilseigner bleibt sodann auch bei entgeltpflichtigen Übertragungsvorgängen steuerfrei. Regelungsoptionen zur Schließung dieser Steuerbarkeitslücke im bestehenden GrEStG müssten somit das Erfordernis der Verwertungsmöglichkeit des Grundstücks auf eigene Rechnung abschwächen und eine Bruchteilszurechnung auf Anteilseignerebene nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO im Grunderwerbsteuerrecht einführen. Alternativ könnte man auch über Einschränkungen des Treuhandmodells bei grundstücksverwaltenden KVGs in § 92 Abs. 1 KAGB nachdenken. Damit würde allerdings eine komplette Anlageform dem Kapitalmarkt entzogen, was aus Praktikabilitätsgründen („im Fall der Miteigentumslösung wird jeder Anleger Miteigentümer der zum Sondervermögen gehörenden Immobilien und ist demzufolge als (Mit-)Eigentümer im Grundbuch einzutragen“19) und im Hinblick auf die unionsrechtlich zu beachtende Kapitalverkehrsfreiheit negative Folgeimplikationen haben könnte. Die Absenkung der Erfordernisse an die wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit des Grundstücks stellen dagegen eine grundsätzliche Änderung im Besteuerungssystem der Grunderwerbsteuer dar, da die Steuerpflicht bislang mittels der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über das Grundstück20 ohne Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO begründet wird. 5. Besteuerungsmöglichkeit der Unit Deals nach dem Länder-Reformmodell II 5.1. Das Länder-Reformmodell II Die Finanzministerkonferenz hat alternativ zu einer Modifizierung des bestehenden GrEStG eine Systemreform diskutiert, die Anteilsübertragungen im Wege einer fiktiven Bruchteilsbetrachtung in die Grunderwerbsteuer einbezieht. „Dieser Reformansatz tritt der gestaltungsgeneigten „Einschaltung der Gesellschaft“ entgegen, indem er die zivilrechtliche Zuordnung des Grundstücks zum eigenen Vermögen der Kapitalgesellschaft oder zum Gesamthandseigentum der Personengesellschaft negiert und das Grundvermögen fiktiv in Bruchteilseigentum der Gesellschafter zerlegt. Nach dieser Systementscheidung ist eine einfache quotale Zuordnung und Besteuerung mit drei Beteiligungsschwellen möglich: Wer mehr 19 Brinkhaus, Josef und Grandpierre, Ilsabe: „Grunderwerbsteuerrechtliche Folgen der sog. Miteigentumslösung bei Immobilien-Sondervermögen“ in DStR 2017, 707-710 (708) 20 Tipke/Lang/Reiß: Steuerrecht § 15 Rn. 5 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 117/19 Seite 9 als 50 % der Anteile am Kapital oder Vermögen erwirbt, hat zwei Grundstücksteile zu versteuern ; ab 75 % sind drei, beim Vollerwerb vier Grundstücksteile grunderwerbsteuerpflichtig. Die Anteile werden wie Miteigentum nach Bruchteilen behandelt. Das Modell knüpft an den Tatbestand „grundbesitzende Gesellschaft“ an, stellt so und mit der Erwerbsschwelle bei mehr als 50 % der Anteile den für die Grunderwerbsteuer konstitutiven Grundstücksbezug her, löst sich aber von dem gewohnten Ausgangstatbestand, dem sachenrechtlichen Vollerwerb. Aus der Vollerwerb -Steuer wird eine quotale Grunderwerbsteuer, soweit Gesellschaften involviert sind. Das Modell durchbricht die Verselbständigung der Gesellschaften, anerkennt indessen die Vergesellschaftung derer, die nicht allein, sondern in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit ein Grundstück „anteilig“ erwerben. Das Anteilseigentum wird dem Umfang entsprechend ─ freilich typisiert in der Vierteilung ─ in quotales „Miteigentum“ aufgelöst.“21 „Mit Blick auf grundbesitzende Gesellschaften soll nach § 1 Abs. 3 Satz 2 GrEStG-E die Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Gesellschaft, auch und gerade in Form einer treuhänderischen Bindung, nicht nur beim Treuhänder, sondern auch bei dem die Anteile über die Treuhand kontrollierenden Treugeber angenommen werden. Um den besteuerungswürdigen Sachverhalt der Treuhandverhältnisse zu erfassen, sollten nach § 1 Abs. 3 GrEStG-E beim Treugeber (mittelbar) sowie beim Treuhänder (unmittelbar) die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschafterfasst werden. Dies sollte durch die Formulierung „auch“ in § 1 Abs. 3 GrEStG-E zum Ausdruck gebracht werden. Diese mögliche – aber keineswegs zwingende – Auslegung des § 1 Abs. 3 Satz 2 GrEStG-E einer doppelten Zurechnung zum Treuhänder und Treugeber ist aus Verwaltungssicht partiell schon nach geltendem Recht möglich. Aus Sicht der Arbeitsgruppe ist § 1 Abs. 3 Satz 2 GrEStG-E offenbar nur die „Fortschreibung der zum geltenden Recht bestehenden Rechtsprechung in Gesetzesform“.22 5.2. Besteuerungsmöglichkeit der Unit Deals beim Länder-Reformmodell II Der grunderwerbsteuerrechtliche Durchgriff auf die Gesellschafterebene im Länder-Reformmodell II würde auch eine (anteilige) Steuerpflicht für im Sondervermögen befindliche Grundstücke des Treuhandmodells einer KVG ermöglichen. Wie Drüen in seiner verfassungsrechtlichen Bewertung des Länder-Reformmodells II feststellt, arbeitet die Neuregelung mit einer grunderwerbsteuerrechtlichen Fiktion von Bruchteilseigentum am Grundstück der Personen- oder Kapitalgesellschaft : „Grundstücksanteile sollen fiktiv wie Miteigentumsanteile an einem Grundstück nach Bruchteilen behandelt werden. Die Einführung einer fiktiven Bruchteilsbetrachtung bei der Grunderwerbsteuer ist zwar neu, aber als solche kein grundstürzend neuer Ansatz im deutschen Steuerrecht, in dem die Bruchteilsbetrachtung seit langem in § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO verankert ist. Die Fiktion einer Bruchteilsberechtigung sehen einzelne Vorschriften der Einzelsteuergesetze vor und im allgemeinen Steuerrecht fingiert die allgemeine Zurechnungsvorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO für 21 Hufeld, Ulrich: „Gutachten zu Share Deals in der Grunderwerbsteuer – Reformoptionen und Steuerverfassungsrecht – im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen“; https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin /media/gruenebundestag_de/themen_az/steuern/PDF/Share_Deals_Grunderwerbsteuer_Hufeld_2019.pdf [zuletzt abgerufen am 30.09.2019] 22 Drüen, Klaus-Dieter: „Verfassungsfragen bei der Reform der Grunderwerbsteuer. Teil 2“ in Ubg 2018, 673-700 (696) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 117/19 Seite 10 steuerliche Zwecke eine Bruchteilsgemeinschaft, soweit nach dem Einzelsteuergesetz eine Zurechnung an die Beteiligten erforderlich ist. Die steuerrechtliche Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO weicht vom Zivilrecht ab und ist ein Anwendungsfall der wirtschaftlichen Betrachtungsweise . Im Sachenrecht gilt zwar die kategorische Trennung zwischen Gesamthandseigentum und Miteigentum als Unterfall der Gemeinschaft zu Bruchteilen. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO „deutet“ die Gesamthand wirtschaftlich „aus“, indem er die gesamthänderische Bindung der Gesamthänder gedanklich auflöst und die Gesamthand für die Besteuerung fiktiv in rechenbare Bruchteile („anteilig“) zerlegt. Ein prominentes Beispiel für sie ist die Ertragsbesteuerung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft. Allerdings ist bislang § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO aufgrund der anerkannten besonderen Rechtsträgereigenschaft von Gesamthandsgemeinschaften auf die Steuertatbestände des § 1 GrEStG nicht anwendbar. Grunderwerbsteuerrechtlich bleibt es bislang bei der Regelzurechnung entsprechend dem Zivilrecht. Nachdem der BFH23 jedoch erstmals bei § 1 Abs. 2a GrEStG die steuerrechtliche Zurechnung im Grunderwerbsteuerrecht auf § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO gestützt hat, ist eine gesetzliche Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zwar neuartig , aber nicht revolutionär. Das neue quotale Besteuerungssystem würde einen weiteren einfachgesetzlichen Anwendungsfall schaffen.“24 Ausgehend vom Grundgedanken des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO wäre bei einer Ausweitung der fiktiven Bruchteilsbetrachtung im Länder-Reformmodell II auf die Kapitalverwaltungsgesellschaft auch eine anteilige Grunderwerbsteuerpflicht für die Anteile des Treugebers im Treuhandmodell denkbar. Damit könnte das Problem eines Leerlaufens der Steuerpflicht durch unentgeltliche Einbringung des Grundstücks in das Sondervermögen (Unit Deal) vermieden werden, da der (anteilige ) Anlegerwechsel nunmehr der Grunderwerbsteuer unterliegen würde. 6. Besteuerungsmöglichkeit der Unit Deals nach dem niederländischen Wertdurchgriffsmodell 6.1. Das niederländische Wertdurchgriffsmodell In einem Rechtsgutachten25 für die Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschreiben Prof. Anzinger und Prof. Reimer das niederländische Modell der Grunderwerbsteuer wie folgt: „Das niederländische Grunderwerbsteuerrecht (Overdrachtsbelasting) ist in Kapitel II des Wet op belastingen van rechtsverkeer (WBR) normiert. Steuerobjekt ist der Erwerb von in den Niederlanden belegenem unbeweglichem Vermögen oder hierauf bezogenen Rechten (Art. 2 Abs. 1 WBR). Dabei wird bereits in der grundlegenden Belastungsentscheidung auch der Erwerb wirtschaftlichen Eigentums umfasst (so ausdrücklich Art. 2 Abs. 2 S. 1 WBR). Art. 4 WBR setzt den Erwerb 23 BFH v. 9.7.2014 – II R 49/12, BStBl. II 2016, 57 Rz. 17 24 Drüen: siehe Fn. 21, S. 682 25 Anzinger, Heribert; Reimer, Ekkehart und Jung, Christian: „Rechtsrahmen und Reformoptionen für die Behandlung von share deals im deutschen Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) nach dem Vorbild des niederländischen Wertdurchgriffsmodells“; Gutachten im Auftrag der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/steuern/PDF/190603-gutachten -grunderwerbsteuer.pdf [zuletzt abgerufen am 1.10.2019] Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 117/19 Seite 11 bestimmter Rechtspositionen, darunter der Erwerb von Anteilen an juristischen Personen, dem unbeweglichen Vermögen im Wege einer Fiktion gleich (fiktives unbewegliches Vermögen: Art. 4 Abs. 1 WBR). Der Ausdruck juristische Person in diesem Sinne umfasst dabei u.a. Körperschaften sowie andere juristische Personen und Personengesellschaften (Art. 3 Abs. 7 WBR).“26 „Dem deutschen Konzept der share deals entspricht Art. 4 Abs. 1 (a) WBR. Demnach bilden Anteile an einer juristischen Person (i.S.d. Art. 3 Abs. 7 WBR) fiktives unbewegliches Vermögen, wenn deren Vermögen zum Zeitpunkt des Erwerbs oder zu irgendeinem Zeitpunkt im Jahr vor dem Erwerb größtenteils („grotendeels“, interpretiert als größer 50 %) aus unbeweglichem Vermögen besteht oder bestanden hat, gleichzeitig mindestens 30 % des Vermögens aus in den Niederlanden belegenem unbeweglichem Vermögen besteht oder bestanden hat und das unbewegliche Vermögen insgesamt gesehen zu diesem Zeitpunkt ganz oder überwiegend („geheel of hoofdzakelijk“, interpretiert als größer 70 %) dem Erwerb, der Veräußerung oder der Nutzung dieses unbeweglichen Vermögens dient oder diente. Die ersten beiden Kriterien bilden die sog. Besitzanforderung an das unbewegliche Vermögen, das dritte Kriterium die Zweckanforderung. Sind sie erfüllt, gilt das Unternehmen als sogenanntes Immobilienunternehmen. Nur der Erwerb von Anteilen an solchen Immobilienunternehmen wird im niederländischen Recht mit Grunderwerbsteuer belastet.“27 „Anteile gelten nach Art. 4 Abs. 1 WBR als fiktive Immobilie, wenn das Gesellschaftsvermögen zu mehr als 50 % aus unbeweglichem Vermögen besteht und davon wenigstens 30 % in den Niederlanden belegen sind. Abzustellen ist auf den Zeitraum von einem Jahr zurückgerechnet vom Zeitpunkt des Erwerbs. Es genügt, wenn die Immobilienquote in einem Zeitpunkt des Beobachtungszeitraums überschritten worden ist. Maßgeblich für die Berechnung der Quote sind die Verkehrswerte, nicht die Buchwerte. Beteiligungen an grundbesitzenden Gesellschaften können in der Bemessung der Immobilienquote entweder als fiktive Immobilien berücksichtigt werden oder zu einer Konsolidierung der Vermögenswerte verbundener Unternehmen führen. Im Grundsatz werden ab einer Beteiligungsquote von einem Drittel die Vermögensbilanzen konsolidiert . Die Schulden und die Vermögenswerte werden der beherrschenden Gesellschaft zugerechnet und auf dieser Basis die Immobilienquote der herrschenden Gesellschaft bestimmt (Art. 4 Abs. 4 (a) WBR, Art. 4 Abs. 5 und 7 WBR). Gesellschaften, an denen eine Beteiligung von weniger als einem Drittel besteht, werden nicht konsolidiert. Je nachdem, ob diese Unternehmen als Immobilienunternehmen zu qualifizieren sind oder nicht, werden diese Minderheitsbeteiligungen bei der Bemessung der Immobilienquote insgesamt entweder als unbewegliches oder als bewegliches Vermögen berücksichtigt.“ Zusätzlich besteht im niederländischen Besteuerungsrecht eine quotale Begrenzung für den Anteilseigner : 26 Anzinger: aaO., S. 42 27 ebenda Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 117/19 Seite 12 „Der Erwerb eines Anteils an einer Immobiliengesellschaft durch eine juristische Person unterliegt nur dann der Overdrachtsbelasting, wenn zusammen mit den bereits gehaltenen Anteilen , mindestens ein Drittel der Anteile an dem Immobilienunternehmen erworben werden (Art. 4 Abs. 3 (b) WBR). Damit ist der Erwerb eines Anteils unterhalb eines Drittels steuerfrei . Wird diese Quote erreicht, ist jeder Hinzuerwerb steuerpflichtig. Hinzuerwerbe innerhalb eines Zweijahreszeitraums werden zusammengerechnet. Zusätzlich werden mittelbare Erwerbe durch verbundene Unternehmen erfasst (Art. 4 Abs. 5 (c) WBR). Bei einer natürlichen Person als Erwerber, muss diese selbst oder gemeinsam mit dem Ehe‐ oder registriertem Lebenspartner mindestens 7 % der Anteile am Grundkapital und gemeinsam mit verbundenen natürlichen und juristischen Personen mindestens ein Drittel der Anteile erwerben (Art. 4 Abs. 3 (a) WBR).“28 6.2. Besteuerungsmöglichkeit der Unit Deals beim Wertdurchgriffsmodell Die Anteile an einer immobilienbesitzenden KVG würden bei Anwendung des Wertdurchgriffsmodells der Steuerpflicht unterfallen, da das niederländische Modell davon ausgeht, dass auf der Anteilseignerebene eine Erfassung der grundstücksbezogenen Anteile erfolgt. Das Wertdurchgriffsmodell erfasst nicht alle Immobilienanteile, die Personen- oder Kapitalgesellschaften im Vermögen halten. Vielmehr wird der Wertdurchgriff auf qualifizierte Immobiliengesellschaften beschränkt, die mehr als 50 % unbewegliches Vermögen halten. Zugleich sind nur individuelle Anteile von mehr als einem Drittel steuerpflichtig. Derartige quotale Voraussetzungen für eine Steuerpflicht ließen sich auch auf die Sondervermögen der KVGs anwenden. Anzinger und Reimer gehen im Gutachten selbst von einem weiten Anwendungsbereich des niederländischen Modells in Deutschland aus. Dabei erwähnen sie explizit auch die treuhänderischen Sondervermögen: „Um den wirtschaftlichen Wert grundstücksbezogener Verwertungsbefugnisse und damit verbundener Transaktionen vollständig zu erfassen , ist das gesamte Spektrum unmittelbarer und mittelbarer Vermögensanlagen in den Blick zu nehmen. Eine natürliche oder juristische Person kann durch Eigentum unmittelbar eine Ausschluss ‐ und eine Verwertungsbefugnis an einem ungeteilten Grundstück oder an Bruchteilseigentum erwerben. Sie kann eine andere Person beauftragen, für ihre Rechnung Grundstücke im eigenen Namen zu erwerben und zu veräußern oder sich an einem Sondervermögen beteiligen , das ihr eine solche treuhänderische Beteiligung oder einen Miteigentumsanteil an Grundstücken vermittelt.“29 Das Gutachten erwähnt aber auch den Nachteil quotaler Beschränkungen der Steuerpflicht: es zieht neue Steuerumgehungsmöglichkeiten nach sich. So könnte die KVR bestrebt sein, ihren Anteil an unbeweglichem Vermögen unter 50 % zu halten oder der jeweilige Anteilseigner die Schwelle der Drittelbeteiligung zu umgehen versuchen. Im Gutachten30 wird daher statt einer 28 Anzinger: aaO., S. 44 29 Anzinger: aaO., S. 35 30 Anzinger: aaO., S. 50 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 117/19 Seite 13 quotalen Lösung ein Schwellenwert bevorzugt, der als De-minimis-Schwelle kleine Erwerbsvorgänge außerhalb des steuerbaren Bereichs hält. Anzinger und Reimers weisen zudem auf die Doppelbesteuerungsproblematik hin, der der Gesetzgeber bei Übertragung des Modells in das deutsche Steuerrecht begegnen müsste: „Wird, wie im niederländischen Modell, sowohl an die sachenrechtliche und die wirtschaftliche Zuordnung als auch an mittelbare und unmittelbare Anteilserwerbe angeknüpft, müssen Mechanismen implementiert werden, die spätestens in der Bemessungsgrundlage eine Mehrfachberücksichtigung von Grundstückswerten vermeiden.“31 7. Zusammenfassung Bei der Durchführung von Unit Deals wird die eigentumsrechtliche Zuordnung von Grundstücken in vertraglich begründetem Sondervermögen auf der Ebene der KVG genutzt, um ohne Grunderwerbsteuer den Anteilseigner zu wechseln. Dieser Gestaltungsmöglichkeit kann im bestehenden Grunderwerbsteuerrecht nur schwer begegnet werden, da ein konsequenter Durchgriff auf die Bruchteile der Anteilseigener einer Kapitalgesellschaft dem GrEStG bislang fremd ist. Das Reformmodell II der Finanzministerkonferenz und das niederländische Wertdurchgriffsmodell sehen beide einen Durchgriff auf die Anteilseignerebene und eine anteilige Besteuerung der Grundstücksanteile vor. Damit sind beide Modelle grundsätzlich geeignet auch die Anteilsveräußerung im treuhänderischen Sondervermögen einer KVG der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Bei der Umsetzung der Modelle müsste eine Mehrfachberücksichtigung von Grundstückswerten durch der Gesetzgeber auf der Ebene der Bemessungsgrundlage entgegengewirkt werden. *** 31 Anzinger: aaO., S. 52