© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 114/20 Ermittlung des geldwerten Vorteils bei der Überlassung von betrieblichen (Elektro-) Fahrrädern zur privaten Nutzung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 114/20 Seite 2 Ermittlung des geldwerten Vorteils bei der Überlassung von betrieblichen (Elektro-) Fahrrädern zur privaten Nutzung Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 114/20 Abschluss der Arbeit: 14. Oktober 2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 114/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Definitionen 4 3. Ermittlung des geldwerten Vorteils bei der Überlassung von betrieblichen (Elektro-)Fahrrädern zur privaten Nutzung 4 4. Leasing eines (Elektro-)Fahrrads und Umsatzsteuer 7 5. Weitere Konstellationen im Zusammenhang mit (Elektro-)Fahrrädern und die steuerlichen Folgen 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 114/20 Seite 4 1. Fragestellung Wie viele unterschiedliche Besteuerungen gibt es hinsichtlich der privaten Nutzung von Diensträdern ? 2. Definitionen Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein betriebliches (Elektro-)Fahrrad unentgeltlich oder verbilligt zur privaten Nutzung, gehört der hieraus resultierende geldwerte Vorteil zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.1 Dabei werden bei der Überlassung eines klassischen Fahrrads und eines Pedelecs lohnsteuerrechtlich dieselben Regelungen angewandt. Pedelecs (Pedal Electric Cycle) sind E-Bikes, die nach der Straßenverkehrsordnung mit einem maximal 250 Watt starken und auf 25 km/h begrenztem Motor betrieben werden dürfen. Für diese verkehrsrechtlich als Fahrrad eingestuften Pedelecs gilt keine Kennzeichen- bzw. Versicherungspflicht. Bei der Überlassung eines S-Pedelecs hingegen richtet sich die Besteuerung nach den Regelungen der Dienstwagenbesteuerung. S-Pedelecs sind E-Bikes mit einer Motorunterstützung über 25 km/h hinaus (Unterstützung meist bis 45 km/h, Motorleistung 250 Watt und mehr). Solche Räder gelten verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug mit entsprechender Kennzeichen- und Versicherungspflicht . Wenn im Folgenden von (Elektro-)Fahrrädern gesprochen wird, sind klassische Fahrräder, Pedelecs und S-Pedelecs gemeint. 3. Ermittlung des geldwerten Vorteils bei der Überlassung von betrieblichen (Elektro-)Fahrrädern zur privaten Nutzung Die nachfolgende Tabelle enthält möglichen Formen der Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern durch den Arbeitgeber zur privaten Nutzung durch seinen Arbeitnehmer mit den dazugehörigen Rechtsgrundlagen zur Ermittlung des geldwerten Vorteils. 1 Die folgenden Informationen stammen, wenn nicht anders angegeben, aus: Dienstrad (HI8501043) in: Haufe Steuer Office Kanzlei-Edition Online, Stand Datenbank 27. September 2020. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 114/20 Seite 5 Form der Überlassung zur privaten Nutzung Rechtsgrundlagen Ermittlung des geldwerten Vorteils Besonderheiten Überlassung eines klassischen Fahrrads oder Pedelecs zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn2 und Überlassung eines vom Arbeitgeber geleasten klassischen Fahrrads oder Pedelecs zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn. § 3 Nr. 37 EStG; § 52 Abs. 4 Satz 7, Abs. 12 Satz 3 EStG; § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV. Steuerfreier geldwerter Vorteil. Letztmalig anzuwenden für Lohnzahlungszeiträume , die vor dem 1.1.2031 enden. Keine lohnsteuerrechtlichen Aufzeichnungspflichten für den Arbeitgeber . Überlassung eines klassischen Fahrrads oder Pedelecs im Rahmen einer Entgeltumwandlung und Überlassung eines vom Arbeitgeber geleasten klassischen Fahrrads oder Pedelecs im Rahmen einer Entgeltumwandlung . § 8 Abs. 2 Satz 10 EStG; Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 9.1.2020, BStBl I, Seite 174. Durchschnittswert: Monatlich 1% der – auf volle 100 Euro abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) einschließlich der USt des Herstellers/Importeurs /Großhändlers – im Zeitpunkt der (ersten) Inbetriebnahme. Damit sind abgegolten – alle Privatfahrten, – alle Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, – alle Heimfahrten bei doppelter Haushaltsführung . Bei erstmaliger Überlassung in 2019: Ansatz der Hälfte der UVP einschließlich USt. Bei erstmaliger Überlassung ab 2020 bis 2030: Ansatz des Viertels der UVP einschließlich USt. 2 BMF Schreiben vom 5. Februar 2020: Gewährung von Zusatzleistungen und Zulässigkeit von Gehaltsumwandlungen; Anwendung des BFH-Urteils vom 1. August 2019 – VI R 32/18; IV C 5 – S 2334/19/10017 :002 (sogenannte Zusätzlichkeitsvoraussetzung): Abweichend von der BFH-Rechtsprechung muss der Arbeitgeber eine echte Zusatzleistung erbringen, Entgeltumwandlung oder -verzicht genügen für die Steuerfreiheit nicht. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 114/20 Seite 6 Form der Überlassung zur privaten Nutzung Rechtsgrundlagen Ermittlung des geldwerten Vorteils Besonderheiten Überlassung eines S-Pedelecs und Überlassung eines vom Arbeitgeber geleasten S-Pedelecs . § 8 Abs. 2 Sätze 2-5 EStG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 6 EStG; Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 9.1.2020, BStBl I, Seite 174. Entweder Ermittlung des geldwerten Vorteils anhand eines Fahrtenbuchs oder – monatlich 1% des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung für die Privatnutzung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich USt (darin enthalten ist das Aufladen des S-Pedelecs im Betrieb) zuzüglich (gegebenenfalls) – 0,03% des Listenpreises je Entfernungskilometer für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zuzüglich (gegebenenfalls) – 0,002% des Lisenpreises wegen doppelter Haushaltsführung. Bei Anschaffung innerhalb des Zeitraums 2013 bis 2018: Minderung des Listenpreises um die darin enthaltenen Kosten pro Kilowattstunde der Batteriekapazität . Bei Anschaffung innerhalb des Zeitraums von 2019 bis 2030: Ansatz eines Viertels des Listenpreises. Überlassung eines (Elektro-)Fahrrads durch einen Arbeitgeber , bei dem eine (Elektro-)Fahrradüberlassung an fremde Dritte zur Angebotspalette gehört, zum Beispiel Fahrradverleiher, Großhändler, Hersteller. § 8 Abs. 3 EStG in Verbindung mit § 40 EStG; Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 9.1.2020, BStBl I Seite 174. Ansatz des um 4% geminderten üblichen Endpreises und Berücksichtigung des Rabattfreibetrags in Höhe von jährlich 1.080 Euro oder Erhebung der pauschalen Lohnsteuer. Überlassung eines vom Arbeitgeber geleasten (Elektro-)Fahrrads, wobei der Arbeitnehmer alle Kosten und Risiken trägt (vom Arbeitsvertrag unabhängige Sonderrechtsbeziehung). BFH Urteil vom 18.12.2014, VI R 75/13; BMF Schreiben vom 15.12.2016 (IV C 5 – S 2334/16/10003); ggf. § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG Keine Ermittlung des geldwerten Vorteils, ggf. Berücksichtigung des Rabattfreibetrags. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 114/20 Seite 7 4. Leasing eines (Elektro-)Fahrrads und Umsatzsteuer Wird dem Arbeitnehmer gemäß seines Arbeitsvertrags oder einer mündlichen Vereinbarungen oder den sonstigen Umständen seines Arbeitsverhältnisses zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn ein vom Arbeitgeber geleastes (Elektro-)Fahrrad überlassen, bewirkt der Arbeitgeber eine entgeltliche Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG). Aus Vereinfachungsgründen beanstandet die Finanzverwaltung nicht, wenn für die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage von den lohnsteuerlichen Werten ausgegangen wird.3 Diese Werte sind als Bruttowerte anzusehen, aus denen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage die Umsatzsteuer herauszurechnen ist.4 Verringerungen der Bemessungsgrundlage auf die Hälfte oder ein Viertel des Listenpreises (vgl. Tabelle in Kapitel 3) dürfen nicht berücksichtigt werden.5 Der Arbeitgeber ist vorsteuerabzugsberechtigt, wenn er als Unternehmer die (Elektro-)Fahrräder von einem anderen Unternehmer least.6 Es ist unerheblich, ob er die (Elektro-)Fahrräder seinen Arbeitnehmern entgeltlich oder unentgeltlich überlässt. 5. Weitere Konstellationen im Zusammenhang mit (Elektro-)Fahrrädern und die steuerlichen Folgen In der anschließenden Tabelle finden sich weitere mögliche Konstellationen im Zusammenhang mit (Elektro-)Fahrrädern und die dazugehörigen Rechtsgrundlagen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlagen und der Besteuerung. 3 Abschnitt 1.8 Abs. 8 Satz 2 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE). 4 Abschnitt 1.8 Abs. 1 Satz 3 UStAE. 5 Abschnitt 15.23 Abs. 11 Nr. 1 UStAE. 6 § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 114/20 Seite 8 Weitere mögliche Konstellationen im Zusammenhang mit Diensträdern Rechtsgrundlagen Ermittlung Bemessungsgrundlage/Besteuerung Besonderheiten Kauf des geleasten (Elektro-)Fahrrads durch den Arbeitgeber und Weiterverkauf an den Arbeitnehmer. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG Möglichkeit, die Sachzuwendung „Fahrradübereignung “ pauschal mit 25% zu versteuern Gilt ab 1.1.2020. Kauf des geleasten und von ihm genutzten (Elektro-)Fahrrads durch den Arbeitnehmer von einem Dritten. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG; § 37b Abs. 1 EStG; BMF Schreiben vom 17.11.2017 (IV C 5 – S 2334/12/10002-04). Beim Arbeitnehmer: Liegt der Preis unter dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis, ist der Unterschiedsbetrag als Arbeitslohn von dritter Seite zu versteuern, aber: keine Beanstandung der Bewertung des üblichen Endpreises – nach 36 Monaten Nutzungsdauer – mit 40% der auf volle 100 Euro abgerundeten UVP einschließlich USt – im Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Beim Zuwendenden: Pauschalversteuerung in Höhe von 30% des gemeinen Werts, aber: keine Beanstandung bei Ermittlung des gemeinen Werts wie beim üblichen Endpreis (siehe oben). In beiden Fällen kann ein nachgewiesener niedriger Wert angesetzt werden. Unentgeltliche oder verbilligte Nutzungserlaubnis betrieblicher Ladevorrichtungen für Pedelecs BMF-Schreiben vom 29.09.2020 (IV C 5 – S 2334/19/10009 :004) Aus Billigkeitsgründen (vgl. Regelung für S-Pedelecs ) keine Zurechnung zum Arbeitslohn. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 114/20 Seite 9 Weitere mögliche Konstellationen im Zusammenhang mit Diensträdern Rechtsgrundlagen Ermittlung Bemessungsgrundlage/Besteuerung Besonderheiten Unentgeltliche oder verbilligte Nutzungserlaubnis betrieblicher Ladevorrichtungen für S-Pedelecs. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 2. Halbsatz EStG; § 3 Nr. 46 EStG; § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV. Bei Ermittlung des geldwerte Vorteils anhand eines Fahrtenbuchs: Steuerbefreiung Letztmalig anzuwenden für Lohnzahlungszeiträume , die vor dem 1.1.2031 enden. Keine lohnsteuerrechtlichen Aufzeichnungspflichten für den Arbeitgeber . Unentgeltliche oder verbilligte Übereignung von betrieblichen Ladevorrichtungen für S-Pedelecs zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn und Arbeitgeberzuschüsse zu den Aufwendungen eines Arbeitnehmers für den Erwerb und die Nutzung von Ladevorrichtungen für S-Pedelecs zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn. § 40 Abs. 2 Satz1 Nr. 6 EStG Möglichkeit, den geldwerten Vorteil pauschal mit 25% zu versteuern Letztmalig anzuwenden für Lohnzahlungszeiträume , die vor dem 1.1.2031 enden. * * *