© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 109/19 Verfahrensablauf und Pflichten im Besteuerungs- und steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 109/19 Seite 2 Verfahrensablauf und Pflichten im Besteuerungs- und steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 109/19 Abschluss der Arbeit: 9. September 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 109/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren 4 3. Rechtsfolgen im Besteuerungs- und Strafverfahren 4 4. Erweiterte Vermögenseinziehung bei Steuerhinterziehung 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 109/19 Seite 4 1. Fragestellung Die Auftraggeber erkundigen sich nach den rechtlichen Rahmenbedingungen für Fälle, in denen Abweichungen bei den steuerlich deklarierten Einnahmen und Ausgaben festgestellt werden. Insbesondere sollen die Erklärungspflichten für den Steuerpflichtigen und der Ablauf des Verwaltungsverfahrens beschrieben werden. Zuletzt sollen die Rechtsfolgen einer fehlerhaften Erklärung der Einnahmen und die Möglichkeit der Vermögenseinziehung skizziert werden. 2. Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren Die Regelungen zum Besteuerungsverfahren, die Abgabenordnung (AO), sieht derartige Überprüfungen und Feststellungen einer Diskrepanz zwischen Einnahmen und Ausgaben bei der Betriebsprüfung vor. Dabei handelt es sich um ein formales Verfahren zur Überprüfung der Buchhaltung des Steuerpflichtigen. Steuerpflichtige, die zur Buchhaltung verpflichtet sind, müssen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung beachten. Abweichungen zwischen den Ausgaben und den in der Steuererklärung deklarierten Einnahmen fallen dabei regelmäßig bei Außenprüfungen (Betriebsprüfungen ) auf. § 147 AO regelt die Aufbewahrungspflichten des Steuerpflichtigen für Bücher, Aufzeichnungen , Buchungsbelege und weitere Geschäftsunterlagen. Der Steuerpflichtige muss der Finanzverwaltung auf Anforderung einen vollständigen Zugriff auf sein elektronisches Buchhaltungssystem gewähren. § 200 Absatz 1 der Abgabenordnung (AO) regelt die Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen bei Außenprüfungen. Demnach hat der Steuerpflichtige bei der Feststellung der Sachverhalte, die für die Besteuerung erheblich sein können, mitzuwirken. Er hat insbesondere Auskünfte zu erteilen , Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, die zum Verständnis der Aufzeichnungen erforderlichen Erläuterungen zu geben und die Finanzbehörde bei Ausübung ihrer Befugnisse zu unterstützen. Sind der Steuerpflichtige oder die von ihm benannten Personen nicht in der Lage, Auskünfte zu erteilen, oder sind die Auskünfte zur Klärung des Sachverhalts unzureichend oder versprechen Auskünfte des Steuerpflichtigen keinen Erfolg, so kann der Außenprüfer auch andere Betriebsangehörige um Auskunft ersuchen . 3. Rechtsfolgen im Besteuerungs- und Strafverfahren In Deutschland wird das Besteuerungs- vom strafrechtlichen Ermittlungsverfahren unterschieden . Die Betriebsprüfung dient allein der Feststellung der korrekten Besteuerungsgrundlagen. Sind diese nicht korrekt in der Buchhaltung enthalten, weil beispielsweise Einnahmen nicht gegenüber dem Finanzamt erklärt wurden, so sind diese nachträglich zu versteuern. Lassen sich Differenzen nicht aufklären, so kann das Finanzamt diese Beträge zu den Einnahmen des Steuerpflichtigen hinzu schätzen. Gemäß § 162 Absatz 1 AO hat die Finanzbehörde zu schätzen, soweit sie die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Besteht zusätzlich der Verdacht von Straftaten, wie der Steuerhinterziehung oder der Geldwäsche , so muss der Betriebsprüfer die Steuerfahndung in den zu prüfenden Fall mit einbeziehen. Die Steuerfahndung handelt innerhalb der Finanzbehörden mit polizeilichen Befugnissen. Die Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 109/19 Seite 5 strafrechtlichen Ermittlungen können zu einer Anklage vor einem Strafgericht führen oder mit der Auflage zur Zahlung eines Geldbetrages eingestellt werden. Die deutsche Rechtsordnung unterscheidet zwischen den Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren und dem Grundsatz, sich als Beschuldigter im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nicht selbst belasten zu müssen (nemo tenetur-Grundsatz). Letztlich wird der Steuerpflichtige nicht gezwungen die Vermögensbeträge offen zu legen. Er muss aber dann mit den nachteiligen Konsequenzen der steuerlichen Hinzuschätzung und einer strafrechtlichen Verurteilung rechnen. 4. Erweiterte Vermögenseinziehung bei Steuerhinterziehung Im Jahr 2017 wurden in Deutschland die Möglichkeiten der Vermögenseinziehung erweitert. Es ist jetzt möglich, dass Gegenstände und Geldbeträge, die aus einer Straftat stammen, eingezogen werden können. Bei der Geldwäsche wäre das der Geldbetrag der aus anderen Straftaten stammt. Bei der Steuerhinterziehung darf nur der Vermögensteil einbehalten werden, der den hinterzogenen Steuern entspricht. Ein Zugriff auf die nicht angegebenen Vermögensteile ist rechtlich unzulässig , da das zu versteuernde Vermögen über den Betrag hinausgeht den der Täter durch die Straftat der Steuerhinterziehung erlangt hat. Ist der Steueranspruch erloschen, ist eine Einziehung unzulässig, § 73e Strafgesetzbuch. Zur Sicherung der späteren Einziehung können die Gegenstände/Geldbeträge beschlagnahmt werden. Die letztendliche Entscheidung über die Einziehung trifft das zuständige Strafgericht. Es muss von der deliktischen Herkunft der betreffenden Gegenstände nach erfolgter Beweisaufnahme und im Wege freier richterlicher Beweiswürdigung überzeugt sein. ***