© 2017 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 107/17 Diskussion um die TARGET2-Salden Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 107/17 Seite 2 Diskussion um die TARGET2-Salden Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 107/17 Abschluss der Arbeit: 13. Dezember 2017 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 107/17 Seite 3 1. Fragestellung Aufbauend auf einem Artikel von Prof. Hans-Werner Sinn in der Frankfurter Allgemeinen vom 26. Februar 2012: „Fed versus EZB: Wie man Target-Schulden tilgt“, unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/hans-werner-sinn-fed-versus-ezb-wie-man-target-schuldentilgt -11663386.html, bittet der Fragesteller kurzfristig um einen Vergleich zwischen den TAR- GET2-Salden und den Interdistrict Settlements Accounts (ISA)-Salden der Federal Reserve. Dabei sollen der theoretische und der tatsächliche Ausgleich in den zwei Systemen, die Vor- und Nachteile der beiden Systeme und Lösungsvorschläge für die Probleme mit den TARGET2-Salden dargestellt werden. 2. Diskussion um TARGET2 im Jahr 2012 Die Auffassung von Herrn Prof. Hans-Werner Sinn zu TARGET2-Salden hat 2012 unter Ökonomen zu einer kontroversen Debatte geführt. Die Kritiker von Prof. Sinn sind bei ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei positiven TARGET2-Salden nicht um Kredite von den Euro-Kernländern an die Peripherie handelt. Olaf Storbeck stützt seine Analyse insbesondere auf ein Arbeitspapier von Peter Burgold und Sebastian Voll und zitiert sie wie folgt: „Die Salden sind keine echten Kredite und sollten nicht als solche betrachtet werden. Die zugrunde liegenden ökonomischen Probleme sind weder hinreichend noch notwendig mit dem Zahlungssystem verknüpft und können deswegen darüber nicht sinnvoll angegangen werden.“ Storbeck, Olaf: Warum Target2-Forderungen keine Kredite sind, 3. Mai 2012, unter: http://blog.handelsblatt.com/handelsblog/2012/05/03/warum-target2-forderungen-keine-kredite -sind/, abgerufen am 12. Dezember 2017. Auch Philipp Johann König macht deutlich: „Es gibt keine „TARGET-Kredite“ wie Sinn das nennt. Es gibt Kredite des Eurosystems an Geschäftsbanken, stellvertretend vergeben durch die nationalen Zentralbanken und es gibt Zahlungsflüsse des so geliehenen Zentralbankgeldes über T2 innerhalb der Eurozone. Überschreiten Zahlungen die Landesgrenzen, dann tauchen sie nur aufgrund der separaten Bilanzierung in den Notenbankbilanzen auf.“ König, Philipp Johann: Target2 – und was wirklich dahinter steckt, 12. März 2012, unter: http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/oekonomie/nachrichten/geldpolitik-target2- und-was-wirklich-dahinter-steckt/6318300.html, abgerufen am 12. Dezember 2017. Mit dem Vergleich von ISA und TARGET2 und der Übertragungsmöglichkeiten von ISA auf TARGET2 setzt sich ausführlich ein Aufsatz von Jens Klose und Benjamin Weigert auseinander. Der Aufsatz ist 2012 im Wirtschaftsdienst erschienen. Im Text werden zunächst die TARGET2- Diskussion und dann das ISA-Salden-System erläutert. An einem Beispiel illustrieren die Autoren das Funktionieren des jährlichen ISA-Saldenausgleichs und kommen dann zur Frage, ob das ISA-System auf den Euroraum übertragbar sei. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die erste Stufe des Ausgleichs, die Umverteilung der Goldbestände, zwar möglich sei. „Allerdings dürften die Reserven bei anhaltend starken Target2-Defiziten vor der nächsten Anpassung ebenso aufgebraucht sein.“ Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 107/17 Seite 4 Bei der Durchführung der zweiten Stufe ergibt sich nach Ansicht der Autoren ein konzeptionelles Problem: „Wie in den USA zu beobachten ist, findet die Anpassung letztendlich über den System Open Market Account (SOMA) statt, also über Wertpapiere, die die Fed durch ihre Offenmarktoperationen in die Bilanz genommen hat. Es besteht aber ein großer Unterschied zwischen den Offenmarktgeschäften der Fed und der EZB. Während die Fed die Papiere tatsächlich erwirbt , verwendet die EZB vergleichbare Papiere lediglich als Sicherheiten. In den EZB-Auktionen wird bereits zu Beginn die Laufzeit der Ausleihung festgeschrieben. Demnach verfügen die nationalen Zentralbanken im Euroraum über keine vergleichbare Bilanzposition wie die SOMA.“ Klose, Jens; Weigert, Benjamin: Das Verrechnungssystem der Federal Reserve und seine Übertragung auf den Euroraum, in: Wirtschaftsdienst – Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 2012, Heft 4, unter: https://archiv.wirtschaftsdienst.eu/jahr/2012/4/das-verrechnungssystem-derfederal -reserve-und-seine-uebertragbarkeit-auf-den-euroraum/, abgerufen am 12. Dezember 2017. * * *