© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 – 104/18 Behandlung der DDR-Forderungen gegenüber dem Ausland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 104/18 Seite 2 Behandlung der DDR-Forderungen gegenüber dem Ausland Aktenzeichen: WD 4 - 3000 – 104/18 Abschluss der Arbeit: 19. Juli 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 104/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Rechtliche Grundlagen 4 2. Abwicklung der deutschen Transferrubel-Guthaben 4 3. Abwicklung der Auslandsforderungen in westlichen Währungen 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 104/18 Seite 4 1. Rechtliche Grundlagen Gemäß Artikel 24 Absatz 1 Satz 1 des Einigungsvertrages (EV) erfolgt auf Weisung und unter Aufsicht des Bundesministeriums der Finanzen „die Abwicklung der beim Wirksamwerden des Beitritts noch bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten, sowie sie im Rahmen des Außenhandels - und Valutamonopols oder in Wahrnehmung anderer staatlicher Aufgaben der DDR bis zum 1. Juli 1990 gegenüber dem Ausland und der Bundesrepublik Deutschland begründet worden sind.“ Gemäß Satz 2 sind die vorgenannten Forderungen in Umschuldungsvereinbarungen der Bundesrepublik Deutschland, die nach Wirksamwerden des Beitritts getroffen werden, mit einzubeziehen. Nach Satz 3 werden die betroffenen Forderungen durch das Bundesministerium der Finanzen treuhänderisch verwaltet oder auf den Bund übertragen, soweit die Forderungen wertberichtigt werden. 2. Abwicklung der deutschen Transferrubel-Guthaben Der Transferrubel-Verrechnungsverkehr der ehemaligen DDR mit den Ländern des ehemaligen RGW1 war über den Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion (1. Juli 1990) hinaus bis Ende 1990 fortgeführt worden.2 Aus dem Waren- und Dienstleistungsverkehr der früheren DDR entstanden deutsche Guthaben in der Gesamthöhe von rund 11,8 Mrd. Transferrubel (XTR). Dieser positive Saldo bildete sich durch Exportüberschüsse im Wesentlichen erst im zweiten Halbjahr 1990. Die Transferrubel-Guthaben von rund 11,8 Mrd. XTR wurden vom Bund mit einem Kurs von rund 1,20 Euro (= 2,34 DM) pro Transferrubel umgerechnet und über die Deutsche Außenhandelsbank /Staatsbank Berlin an die Exporteure ausgezahlt. Die Finanzierungkosten hierfür betrugen rund 14,1 Mrd. Euro. Die Transferrubel-Guthaben entsprachen einem realen Gütertransfer an die Transferrubel-Länder, für den die Bundesrepublik Deutschland einen Ausgleich beanspruchen konnte. Jedoch waren die Transferrubel keine konventionelle Währung. Daher hat die Bundesregierung seit 1991 unter der Federführung des Bundesministeriums der Finanzen mit den Regierungen der betroffenen Länder Verhandlungen über die Umbewertung der Transferrubel-Guthaben in eine DM- bzw. Euro-Verbindlichkeit sowie eine Rückzahlungsregelung geführt. Bei den Verhandlungen musste die Bundesregierung die Positionen der Transferrubel-Länder berücksichtigen . Diese wichen von der eigenen Position hinsichtlich der Werthaltigkeit, der Berechtigung und der tatsächlichen Höhe der zugrunde liegenden deutschen Forderungen erheblich ab. Außerdem musste sie berücksichtigen, dass die meisten Transferrubel-Länder Gegenforderungen erhoben. Transferrubel- bzw. Clearingdollar-Abkommen wurden mit folgenden Staaten abge- 1 Mitglieder des RGW waren: Russland (Ex-UdSSR), Ungarn, Polen, Bulgarien, Rumänien, Tschechische Republik und Slowakische Republik (Ex-Tschechoslowakei), Vietnam, Mongolei und Kuba. Darüber hinaus waren Transferrubel -Länder: Albanien, Kambodscha, Laos und Nord-Korea. Außerdem gab es einen Clearingdollar-Verrechnungsverkehr mit Jugoslawien. _________________________________________________________________________ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 104/18 Seite 5 schlossen: Ungarn, Polen, Albanien, Vietnam, Mongolei, Rumänien, Kambodscha, Laos, Nordkorea , Bulgarien, Kuba, Tschechische Republik, Slowakische Republik, Russische Föderation und Bosnien-Herzegowina. Offene Forderungen bestehen derzeit noch gegenüber folgenden Staaten3: Nordkorea, Kuba, Kambodscha , Bosnien-Herzegowina und Bulgarien. Der zurzeit offene Saldo beträgt insgesamt rund 80 Millionen Euro. Zum Teil bestehen mit diesen Staaten Schuldenabkommen, deren Laufzeitende noch nicht erreicht ist: Bulgarien: 2018, Bosnien-Herzegowina: 2021, Kambodscha und Kuba: 2023. Mit Nordkorea besteht ein Schuldenabkommen, das seit Jahren nicht bedient wird. Mit der Ukraine, als einem Nachfolgestaat der UdSSR, ist bisher kein Schuldenabkommen zustande gekommen. Einnahmen aus noch laufenden Abkommen werden an den Bund abgeführt. In 2017 war dies ein Betrag von 21,2 Mio. Euro. 3. Abwicklung der Auslandsforderungen in westlichen Währungen Die am 3. Oktober 1990 übernommenen und danach durch die Weiterführung der unter Vertrauensschutz gestellten Verträge entstandenen Forderungen beliefen sich bei westlichen Währungen auf 4,2 Mrd. Euro, davon 3,2 Mrd. Euro gegenüber 54 Entwicklungsländern. Die Forderungen gegenüber westlichen Industrieländern wurden vertragsgemäß bezahlt.4 Forderungen der ehemaligen DDR gegenüber Entwicklungsländern wurden gemäß den Festlegungen in Art. 24 EV vielfach in bilaterale Umschuldungsabkommen der Bundesregierung einbezogen und damit auf der Grundlage der multilateral vereinbarten Bedingungen des Pariser Clubs neu geregelt. Wurde im Pariser Club ein (Teil-) Schuldenerlass gegenüber diesen Ländern gewährt, wurde er auch auf die einbezogenen DDR-Forderungen angewendet. Die Summe der Erlasse in den Jahren 1994 bis 1997 belief sich z. B. auf rund 0,7 Mrd. Euro, von denen rund 0,5 Mrd. Euro auf Forderungen der ehemaligen DDR entfielen: 1994: 128,8 Mio. Euro (Benin, Bolivien, Côte d’Ivoire, Nicaragua, Sierra Leone, Togo, Vietnam, Zentralafrikanische Republik) 1995: 22,5 Mio. Euro (Bolivien, Guyana, Mosambik, Togo, Tschad) 1996: 314,2 Mio. Euro (Bolivien, Guinea, Guinea-Bissau, Guyana, Honduras, Mauretanien, Nicaragua, Sierra Leone, Tschad) 1997: 261,1 Mio. Euro (Äthiopien, Benin, Guinea, Jemen, Madagaskar, Mosambik, Sambia, Tansania). 5 ______________________________________________ 4 Haushaltsausschuss-Drucksache 13(8)-1578 vom 10.05.1996. 5 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Schuldenkrise in der „Dritten Welt“ und HIPC-Initiative der Weltbank, Bundestags-Drs 13/11236 vom 02.07.1998, S. 5 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 104/18 Seite 6 Die Forderungen, die in Schuldenregelungen des Pariser Clubs einbezogen und dort neu geregelt wurden, werden heute von der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG im Auftrag des Bundes verwaltet. * * *