© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 102/18 Auswirkungen einer Steuerbefreiung für die Neue Wohngemeinnützigkeit im Einkommensteuerrecht Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Absetzungen für Abnutzung (AfA) 8 3.2.2.2. Erhaltungsaufwand 8 3.2.3. Wechsel von der Wohngemeinnützigkeit in die allgemeine Vermietung 9 3.3. Verwaltungsverfahren und Ausfallrisiko bei Insolvenz 10 3.4. Personengesellschaften 10 3.4.1. Allgemeines 10 3.4.2. Wohnobjekte im Sonderbetriebsvermögen 12 3.4.3. Erforderlichkeit von Ergänzungsbilanzen 13 3.5. Einzelunternehmen und natürliche Personen 13 3.6. Tarif 13 4. Voraussetzungen einer Vorsteuerabzugsberechtigung für die Neue Wohngemeinnützigkeit 14 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 102/18 Seite 4 1. Fragestellung Die Auftraggeberin möchte eine rechtliche Einschätzung zur Umsetzbarkeit einer Neuen Wohngemeinnützigkeit (NWG) für Personengesellschaften, Einzelunternehmen und natürliche Personen. Der Prüfungsschwerpunkt soll auf der Vereinbarkeit einer vollständigen Steuerbefreiung für Vermietungseinkünfte aus der Neuen Wohngemeinnützigkeit mit den bestehenden Besteuerungsregelungen des Einkommensteuergesetzes (EStG) liegen. Einen Mindestimmobilienbestand an gemeinnützigen Wohnobjekten sieht die Fragestellung der Auftraggeberin nicht vor. Zugleich soll die Gewährung einer einmaligen Investitionszulage als Steuergutschrift für den Neubau gemeinnütziger Wohnobjekte in Höhe von 10% bzw. 20% der Baukosten untersucht werden. Eine weitere Fragestellung erkundigt sich nach den rechtlichen Möglichkeiten, Eigentümer von Objekten der Wohngemeinnützigkeit den Vorsteuerabzug auf Investitionskosten zum Neubau oder der Renovierung zu gestatten. Es wird auf die Studie von Holm zur Gemeinnützigkeit und dessen Verweis auf die österreichischen Steuerreglungen verwiesen. 2. Das Modell der Neuen Wohngemeinnützigkeit Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat in der 18. Wahlperiode einen Antrag1 zur Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit vorgelegt. Darin wird u.a. gefordert, dass die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf vorlegen soll, der die vollständige oder hälftige Befreiung von der Körperschaft-, Gewerbe- und Grunderwerbsteuer für Wohnungsbestände bzw. Wohnungsunternehmen für ihre gemeinnützigen Tätigkeiten vorsehen soll. Von der Neuen Wohngemeinnützigkeit soll dabei nur profitieren, wer • die Buchhaltung für gemeinnützige und nicht gemeinnützige Unternehmensteile bzw. Wohnungsbestände getrennt vornimmt, • bereit ist, die Bindung des Unternehmens und mindestens 90 % seiner Bestände an die Neue Wohngemeinnützigkeit für 30 Jahre hinzunehmen. Hierbei soll alle drei Jahre eine Überprüfung der Einhaltung der Kriterien erfolgen, • (Grundstücks-)Verkäufe nur an andere Unternehmen der neuen Wohnungsgemeinnützigkeit vornimmt, • in der Gewinnausschüttung und Miethöhe beschränkt ist, • Erträge jenseits dieser Gewinnausschüttung in Instandhaltung, Modernisierung, Ankauf und Neubau reinvestiert. Der Antrag sah nur eine Steuerbefreiung für Körperschaften vor. Eine Befreiung von natürlichen Personen, Einzelunternehmen oder Personengesellschaften von der Einkommensteuer war bislang im Antrag nicht enthalten. 1 BT-Drs. 18/8081 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 102/18 Seite 5 3. Aspekte einer Ausweitung der Wohngemeinnützigkeit auf Steuerpflichtige des Einkommensteuergesetzes (EStG) Fraglich ist, welche Besonderheiten bei einer Steuerfreistellung der Neuen Wohngemeinnützigkeit für Personengesellschaften, Einzelunternehmen und natürlichen Personen zu beachten wären . 3.1. Verfassungsrechtliche Voraussetzungen Aus verfassungsrechtlicher Perspektive wäre eine Steuerbefreiung für Personengesellschaften, Einzelunternehmer und natürliche Personen, die sich im Rahmen der NWG betätigen, eine Ausnahme zur grundsätzlichen Besteuerungskonzeption des EStG. Nach ständiger Rechtsprechung2 des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gebietet der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG)3, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Diese grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers wird für den Bereich des Steuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch die Ausrichtung der Steuerlast an den Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit. Der Gleichheitssatz hat im Steuerrecht seine besondere Ausprägung in Form des Grundsatzes der Steuergerechtigkeit gefunden, wobei die Besteuerung grundsätzlich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten ist. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands hat der Gesetzgeber die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne dieser Belastungsgleichheit umzusetzen. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes. Das hindert den Gesetzgeber nicht daran, außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele zu verfolgen. Er darf nicht nur durch Ge- und Verbote, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen. Der Bürger wird dann nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, erhält aber durch Sonderbelastung eines unerwünschten oder durch steuerliche Verschonung eines erwünschten Verhaltens ein finanzwirtschaftliches Motiv, sich für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu entscheiden. Führt ein Steuergesetz zu einer steuerlichen Verschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der 2 Sofern nicht anders angegeben, stammen die folgenden Ausführungen aus dem Beschluss des BVerfG vom 7. November 2006 – 1 BvL 10/02, Erbschaftsteuer. 3 Auf das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und das Recht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) wird hier nicht weiter eingegangen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 102/18 Seite 6 jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, so kann eine solche Steuerentlastung vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten des Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will. Bei Vorliegen ausreichender Gemeinwohlgründe kann die Entlastung dabei im Ausnahmefall in verfassungsrechtlich zulässiger Weise sogar dazu führen, dass bestimmte Steuergegenstände vollständig von der Besteuerung ausgenommen werden. Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist Art. 3 Abs. 1 GG jedenfalls verletzt, "wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt". Weiterhin ist der allgemeine Gleichheitssatz auch dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dafür kommt es wesentlich auch darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall das Willkürverbot oder das Gebot verhältnismäßiger Gleichbehandlung durch den Gesetzgeber verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sachund Regelungsbereiche bestimmen. Eine Befreiung für Steuerpflichtige des EStG im Rahmen der NWG wäre zunächst ein weiterer Ausnahmetatbestand von den grundsätzlichen Besteuerungsregelungen des Gesetzes. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Steuerbefreiung wäre jedoch der angestrebte Lenkungszweck des Gesetzgebers zu Gunsten der Schaffung günstigen Wohnraums für Mieter mit niedrigen und mittleren Einkommen zu berücksichtigen. Für die Erhöhung des Angebots an „günstigeren“ Mietwohnungen wäre die Steuerbefreiung ein geeignetes Mittel, um kleinere Wohnungsunternehmen und privaten Investoren einen steuerlichen Anreiz zur Investitionstätigkeit im Bereich der NWG zu bieten. Unter gleichheitsrechtlichen Aspekten kann eine Einbeziehung von Personengesellschaften, Einzelunternehmern und natürlichen Personen in Ergänzung zu den Körperschaften verfassungsrechtlich sogar geboten sein. Zwar bestehen wesentliche Unterschiede zwischen der Besteuerung einer Körperschaft nach dem Körperschaftssteuergesetz und den Personengesellschaften nach dem Einkommensteuergesetz. Letztlich nehmen aber alle Steuerpflichtigen am Wirtschaftsverkehr teil und sind als Immobilieneigentümer und Vermieter wirtschaftlich tätig. Es ist kein verfassungsimmanenter Grund ersichtlich, der den Gesetzgeber davon abhalten könnte auch die Steuerpflichtigen des EStG in den Kreis der Begünstigten der Neuen Wohngemeinnützig mit einzubeziehen . Vielmehr ist davon auszugehen, dass für eine effektive Erreichung des Lenkungsziels die Begrenzung des Anwendungsbereichs der Steuerbefreiung allein auf Körperschaften zu eng sein könnte. So würden mit einer derartigen Beschränkung kleinere Akteure auf dem Wohnungsmarkt von vornherein von der NWG ausgeschlossen, obwohl doch ein relevanter Teil des Wohnungsangebots auf dem Mietwohnungsmarkt von privaten Eigentümern und kleineren gewerblichen Immobiliengesellschaften zur Verfügung gestellt wird. Das Potential der NWG würde somit nur dann optimal ausgeschöpft, wenn auch Steuerpflichtige des EStG von den steuerlichen Vorteilen der NWG profitieren könnten. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 102/18 Seite 7 3.2. Besonderheiten auf Grund der allgemeinen Regelungen des EStG 3.2.1. Bilanzierungsregeln/Betriebsausgaben/Werbungskosten Die Steuerbefreiung der Wohngemeinnützigkeit soll in das bestehende Regelungssystem der Einkunftsarten des EStG eingefügt werden. Eine Grundkonzeption des EStG geht davon aus, dass bei den Gewinneinkunftsarten die Differenz aus Betriebseinnahmen und –ausgaben die Besteuerungsgrundlage bildet. Bei den Überschusseinkunftsarten, wie den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG), wird die Differenz aus Einnahmen abzüglich der Werbungskosten der Besteuerung unterzogen. Stellt der Gesetzgeber, wie mit der Wohngemeinnützigkeit beabsichtigt, jedoch einen Teilbereich einer Einkunftsart steuerfrei, so bliebe für die steuerliche Geltendmachung des mit diesen Objekten verbunden Aufwands kein Raum mehr. Der Erhaltungs- und Modernisierungsaufwand würde somit für gemeinnützige Objekte auf Grund der Steuerbefreiung nicht mehr berücksichtigt werden bzw. könnte ggf. erst nach Rückführung des Wohnobjekts in den steuerpflichtigen Einkünftebereich angesetzt werden. Zugleich bestehen die handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften unabhängig von der Neuen Wohngemeinnützigkeit fort. Es käme somit zu einer Abweichung der Steuer- von der Handelsbilanz. Die Mietforderungen wären handelsrechtlich zu bilanzieren, ebenso wie die mit dem Wohnobjekt verbundenen Ausgaben . Auf Grund der Steuerfreiheit müssten sodann, für Zwecke der Steuerbilanz, außerbilanzielle Korrekturen sowohl bei den Mieterträgen als auch beim Aufwand für das jeweilige Objekt erfolgen , da sich der gesamte Bereich der gemeinnützigen Wohnobjekte nicht auf den steuerlichen Gewinn auswirken dürfte. Um eine Klarheit bei der Verbuchung der objektbezogenen Kosten sicherzustellen, müssten die Wirtschaftsbereiche der gemeinnützigen und der nicht gemeinnützigen Wohnobjekte getrennt voneinander in der Buchhaltung geführt werden. Gleiches gilt für das Verhältnis der Mieteinnahmen zu den Werbungskosten im Rahmen des § 21 EStG. Auch hier scheidet bei voller Steuerbefreiung eine Berücksichtigung der Objektkosten aus. Zugleich besteht bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Schwierigkeit, dass keine Buchhaltungspflicht besteht. Der Gesetzgeber müsste somit die Abgrenzbarkeit der steuerbefreiten Gemeinnützigkeitssphäre von der steuerpflichtigen allgemeinen Vermietungstätigkeit durch Belegvorhaltungspflichten sicherstellen. Erzielt ein Steuerpflichtiger sowohl aus gemeinnützigen als auch nicht gemeinnützigen Wohnobjekten Vermietungseinkünfte, muss eine separate Buchung der gemeinnützigen Objekte sichergestellt sein. Da eine derartige Buchführungspflicht handelsrechtlich nicht normiert ist, müsste der Gesetzgeber entsprechende Regelungen zur Abgrenzung der steuerfreien Objekte von den steuerpflichtigen Vermietungsobjekten für Zwecke der Steuerbilanz in das EStG aufnehmen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 102/18 Seite 8 3.2.2. Wechsel von der allgemeinen Vermietung in die Wohngemeinnützigkeit 3.2.2.1. Absetzungen für Abnutzung (AfA) Beim Wechsel von der allgemeinen Vermietung in die Wohngemeinnützigkeit muss eine stichtagsbezogene Bewertung der steuerrelevanten Absetzungen für Abnutzung (AfA) für Herstellungs - und Anschaffungskosten zum Zeitpunkt des Wechsels in die Steuerfreiheit erfolgen. Die Abschreibungen sind sodann für den Zeitraum der Wohngemeinnützigkeit fortzuschreiben, da die Abschreibung auch bei steuerfreien, gemeinnützigen Nutzungen fortzuführen ist und sich die Abschreibungsperiode durch die Gemeinnützigkeit des Objektes nicht verlängert. Dies ergibt sich aus dem Rechtsgedanken der Einkommensteuer-Richtlinie (EStR) R 7.4 Abs. 8 Satz 1, wonach die AfA nur bei Wirtschaftsgütern endet, die aus dem Betriebsvermögen entnommen werden oder nicht mehr zur Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG dienen. Die Tatbestände der Steuerfreiheit nach § 3 EStG setzen jedoch „gedanklich voraus, dass die zu befreienden Einnahmen unter eine der sieben Einkunftsarten des § 2 fallen.“4 Die Zurechnung zur Einkunftsart wird somit durch die Gewährung einer Steuerbefreiung nach § 3 EStG nicht aufgehoben . Damit kann sichergestellt werden, dass die Regelungen des § 7 EStG zur AfA auch für Objekte der Wohngemeinnützigkeit weiterhin Anwendung finden. 3.2.2.2. Erhaltungsaufwand Problematisch könnte die Behandlung von Erhaltungsaufwand beim bevorstehenden Wechsel in die Gemeinnützigkeit sein. Zur Beurteilung dieser Konstellation können die Rechtsgedanken der bisherigen Rechtsprechung zur Aufteilung von Erhaltungsaufwendungen bei bestehender Vermietung und demnächst beabsichtigter Eigennutzung auf die steuerfreie Gemeinnützigkeit übertragen werden. So geht der Bundesfinanzhof typisierend davon aus, dass Erhaltungsarbeiten die noch während der Vermietungszeit durchgeführt werden, im Regelfall dem Bereich der Einkünfteerzielung zuzuordnen sind und deshalb als Werbungskosten abgezogen werden können, selbst wenn das Mietverhältnis vor der Beendigung steht.5 Ansonsten werden Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger für die Renovierung einer Wohnung vornimmt, die er alsbald selbst bewohnen will, als mit Rücksicht auf diese Nutzung getätigt und damit als privat veranlasst angesehen , selbst wenn dadurch kleinere Schäden durch den vorherigen Mieter der Wohnung beseitigt werden sollten.6 Überträgt man dies auf die Gemeinnützigkeit, so wären Erhaltungsaufwendungen die noch zum Zeitpunkt einer steuerpflichtigen Vermietung erfolgten als Werbungskosten abziehbar. Aufwendungen die unmittelbar vor Beginn der Wohngemeinnützigkeit erfolgen, würden dagegen als Vorbereitung dieser steuerfreien Einkünfte behandelt. Derartige Aufwendungen wären zudem durch die beabsichtigte Gewährung einer einmaligen Investitionszulage abgedeckt, die das, mit der Gemeinnützigkeit verbundene, Verbot des Werbungskostenabzugs zumindest für die Anfangsinvestitionen teilweise kompensieren soll. 4 Blümich/Erhard: EStG, § 2 Rn. 1 (beck-online); abgerufen unter: www.beck-online.de [zuletzt am 10.7.2018] 5 BFH Urteil vom 10. 10. 2000 – Az: IX R 15/96 6 BFH Urteil vom 7. 11. 1995 – Az: IX R 81/93, BFH/NV 1996 S. 533 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 102/18 Seite 9 Zwar gestattet § 84 Abs. 4a in Verbindung mit § 82 b Abs. 1 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) eine gleichmäßige Verteilung von Erhaltungsaufwand für Gebäude, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und überwiegend Wohnzwecken dienen, auf zwei bis fünf Jahre. Aus § 82 b Abs. 2 Satz 2 EStDV ergibt sich jedoch, dass die Aufteilung des Werbungskostenabzugs endet, wenn ein Gebäude nicht mehr zur Einkunftserzielung genutzt wird. Der noch nicht berücksichtigte Teil des Erhaltungsaufwands ist in diesen Fällen im Jahr der Aufgabe der Einkunftserzielungsabsicht abzusetzen. Dieser Rechtsgedanke wäre auf die Gemeinnützigkeit durchaus übertragbar. Diese setzt zwar als Tatbestand des § 3 EStG, wie oben beschrieben, eine Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 EStG gedanklich voraus. Die Einkunfterzielungsabsicht wird im § 82 b EStDV jedoch als ein Regelfall der steuerpflichtigen Sphäre der Vermietungseinkünfte behandelt, zu denen daneben auch die Veräußerung des Gebäudes oder die Einbringung in das Betriebsvermögen gezählt werden. Der Gesetzgeber sollte daher bei Einführung der Wohngemeinnützigkeit die Behandlung des Erhaltungsaufwands für die Anwendungsfälle des § 82 b EStDV mit regeln. 3.2.3. Wechsel von der Wohngemeinnützigkeit in die allgemeine Vermietung Wie bereits unter 3.2.2. erwähnt, ist die AfA während der Gemeinnützigkeit fortzuschreiben. Bei Rückführung des gemeinnützigen Wohnobjektes in die allgemeine Vermietung sind nur noch die, um den Zeitraum der Gemeinnützigkeit, reduzierten AfA-Beträge steuerlich ansetzbar. Eine Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz dürfte insoweit nicht entstehen. Bei der Rückführung eines gemeinnützigen Wohnobjektes in die allgemeine Vermietung soll nach der Beschreibung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen7 die gewährte Investitionszulage und die Steuerermäßigung zurückgefordert werden können. Dies dürfte bezüglich der Rückforderung der nicht gezahlten Steuerbeträge einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand mit sich bringen. Die Nachversteuerung wäre nur durchführbar, wenn das Finanzamt auch über den Bereich der gemeinnützigen Wohnobjekte lückenlose Erklärungen der Steuerpflichtigen zu den Einnahmen und Ausgaben erhalten würde. Stellt das Finanzamt sodann bei einer Außenprüfung fest, dass die Voraussetzungen der Wohngemeinnützigkeit nicht erfüllt sind, könnte es eine nachträgliche Besteuerung dieser Vermietungseinnahmen vornehmen. Den betroffenen Steuerpflichtigen müssten in diesen Fällen jedoch die mit den Vermietungseinnahmen korrespondieren AfA-Beträge und Erhaltungsaufwendungen anerkannt werden. Dies ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Bei der Rückforderbarkeit der nicht erhobenen Steuer ist die zeitliche Grenze der Wirksamkeit eines Vorbehalts der Nachprüfung (VdN) zu beachten, § 164 Abs. 4 Satz 1 Abgabenordnung (AO). Diese entfällt mit Ablauf der Festsetzungsfrist. Eine unbegrenzte Änderbarkeit der steuerfreien Mieteinnahmen wäre zudem mit dem verfassungsrechtlich garantierten Rechtsstaatsprinzip und der Garantie einer Rechtssicherheit für den Betroffenen nicht vereinbar. 7 BT-Drs. 18/8081, S. 4 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 102/18 Seite 10 Der Erhaltungsaufwand der in der Zeit der Gemeinnützigkeit entstanden ist, kann nicht in die allgemeine Vermietungstätigkeit überführt werden. Dem betroffenen Steuerpflichtigen steht in diesen Fällen auch nicht die Möglichkeit der Aufteilung von Erhaltungsaufwand gemäß § 82 b EStDV zur Verfügung. Der Bundesfinanzhof (BFH)8 geht davon aus, dass die Verteilung des Erhaltungsaufwands nach § 82 b Abs. 1 EStDV auf mehrere Jahre grundsätzlich nur im Veranlagungsverfahren für das Jahr beantragt werden kann, in dem der Erhaltungsaufwand geleistet ist. Kann der Steuerpflichtige für das Jahr in dem der Aufwand entstanden ist jedoch keinen Erhaltungsaufwand geltend machen, weil er sich im Bereich der steuerfreien Einkünfte befindet, so ist auch eine Aufteilung auf die nachfolgenden Jahre nicht möglich. Eine Modifizierung des § 82 b EStDV wäre jedoch denkbar. 3.3. Verwaltungsverfahren und Ausfallrisiko bei Insolvenz Im Verwaltungsverfahren ergeben sich bei Einführung der Neuen Wohngemeinnützigkeit erhebliche Bedarfe nach einer kontinuierlichen Kontrolle der Steuerpflichtigen mit NWG-Objekten. Insbesondere in Fällen mit mehreren Wohnobjekten, bei denen nur teilweise die Steuerfreiheit gegeben ist, muss die korrekte Trennung der NWG-Objekte von den steuerpflichtigen Vermietungsobjekten durch regelmäßige Außenprüfungen sichergestellt werden. Zugleich wäre es Aufgabe des Gesetzgebers durch Einführung von Belegvorhaltepflichten und Buchführungsregelungen sicherzustellen , dass die Erklärungspflicht der Steuerpflichtigen auch für den gemeinnützigen Vermietungsbereich besteht. Zudem besteht ein nicht unerhebliches Risiko von Mitnahmeeffekten bei dem die Insolvenz der gemeinnützigen Wohngesellschaft billigend in Kauf genommen wird. Die Investitionszulage von einmalig 10% bzw. 20% der Gesamtkosten für den Neubau ist hinreichend groß, um eine Anreizwirkung auch auf nicht an dauerhaftem Engagement interessierte Investoren auszuüben. Im Rahmen der Neuen Wohngemeinnützigkeit sollte daher auch die Sicherung des Rückzahlungsanspruchs auf Investitionszulage und nachzuzahlende Steuerbeträge im Insolvenzfall beachtet werden . Hierzu böte sich beispielsweise eine Absicherung dieser Beträge als vorrangig in Rangklasse drei über eine entsprechende Änderung des § 10 Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) an. 3.4. Personengesellschaften 3.4.1. Allgemeines Personengesellschaften werden nach dem Transparenzprinzip auf der Ebene ihrer Gesellschafter besteuert. Hierbei erzielen die Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Form der Mitunternehmerschaft , § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Liegt keine gewerbliche Vermietung vor, werden die Mieteinkünfte gemäß § 21 EStG als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beim jeweiligen Eigentümer besteuert. Eine Personengesellschaft kann somit im Gegensatz zur Körperschaft nicht per se steuerfrei gestellt werden. Es gilt der Grundsatz der „Einzelbesteuerung“ der Gesellschafter nach der Größe ihrer Beteiligung an der Gesellschaft. 8 BFH, Urteil vom 26.10.1977, Az: VIII R 111/74 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 102/18 Seite 11 Hüttemann führt zur Frage der Gemeinnützigkeitsfähigkeit der Personengesellschaft aus: „Eine wichtige Konsequenz der Verweisung des § 51 Abs. 1 Satz 2 AO auf das KStG ist, dass Personengesellschaften nach geltendem Steuerrecht gemeinnützigkeitsunfähig sind. Dies gilt nicht nur für Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (§ 705 BGB), sondern auch für Personengesellschaften des Handelsrechts wie z.B. die Kapitalgesellschaft & Co. KG, da auch diese Typenvermischungen steuerrechtlich keine Körperschaftssteuersubjekte sind. Der Ausschluss von Personengesellschaften aus dem Kreis der steuerbegünstigten Körperschaften wird üblicherweise damit begründet, dass ein selbstloses Handeln „praktisch nur bei Körperschaften sichergestellt werden“ könne. Diese Auffassung verkennt aber, dass zumindest zivilrechtlich bei allen Außengesellschaften eine organisatorische und vermögensrechtliche Verselbständigung der Gesellschaftssphäre gegenüber der Gesellschaftersphäre möglich ist. Zudem ist die Selbstlosigkeit weniger eine Frage der rechtlichen Konstruktion der Gesellschaft als vielmehr der inhaltlichen Überschneidung von Gesellschafts- und Gesellschafterinteressen. Insoweit ist z.B. eine Einmann- GmbH kaum weniger anfällig für schädliches mitgliedernütziges Handeln (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 1 AO) als eine GmbH& Co. KG, die von einer Einzelperson errichtet wird. Zweifelhaft ist allerdings , ob Privatpersonen bereit sind, als Komplementär einer OHG oder KG eine unbeschränkte persönliche Haftung für gemeinnütziges Engagement zu übernehmen. Für die „Ideal-GbR“ ist schließlich umstritten, ob die Gesellschafter unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft analog § 128 HGB einstehen müssen.“9 „De lege ferenda wäre die Einbeziehung von Personengesellschaften in den Kreis der steuerbegünstigten Organisationen spätestens geboten, wenn man die transparente Besteuerung von Personenunternehmen aufgeben und eine allgemeine Unternehmensteuer einführen würde. Aber auch im geltenden Besteuerungsmodell wäre eine Gemeinnützigkeit von Personengesellschaften zumindest denkbar. Dazu müsste § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG um eine dem § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG entsprechende Befreiungsregelung ergänzt werden, nach der den Mitunternehmern nur die Gewinne und Verluste aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft im Sine von § 14 AO zugerechnet werden. Ferner müsste in den §§ 55, 58 AO klargestellt werden, dass ein Steuerentnahmerecht der Gesellschafter nicht gegen das Mittelverschwendungsverbot verstößt. Im Übrigen könnten die allgemeinen Vorschriften der §§ 51ff. AO, insbesondere das Gewinnausschüttungsverbot nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO ohne Änderung auch auf Personengesellschaften Anwendung finden. Einlagen in die Gesellschaft und spätere Verlustübernahmen wären bei den Gesellschaftern als steuerlich abzugsfähige Spenden zu behandeln.“10 „Zwar erscheint der Ausschluss von Personengesellschaften aus dem Gemeinnützigkeitstatbestand auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsformneutralität des Gemeinnützigkeitsrechts begründungsbedürftig . Vor dem Hintergrund der ohnehin sehr zurückhaltenden Rechtsprechung des BVerfG zur Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung dürfte der Gesetzgeber je- 9 Hüttemann: Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht; Kapitel 2, Abschn. H Rn. 2.83 10 siehe Fn. 9, Rn. 2.84 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 102/18 Seite 12 doch kaum gehindert sein, an der historisch gewachsenen – und auch im Rechtsvergleich üblichen – Beschränkung des Gemeinnützigkeitsbegriffs auf „Körperschaften“ im Sinne des KStG festzuhalten.“11 Das Konzept der Neuen Wohngemeinnützigkeit geht über den von Hüttemann erwähnten Gedanken einer Ausweitung des bisherigen Gemeinnützigkeitsrechts auf Personengesellschaften hinaus . Bei der Neuen Wohngemeinnützigkeit soll nicht eine Gesellschaft für gemeinnützig erklärt werden, sondern einzelne gemeinnützige Vermietungsobjekte sollen für sich betrachtet die Steuerfreiheit erhalten können. Der Auftraggeberin ist nach eigenem Bekunden bewusst, dass dies umfangreiche Modifikationen im Gemeinnützigkeitsrecht der AO erfordert. Mit dem gegenwärtigen Gemeinnützigkeitsbegriff wären sektorale Steuerbefreiungen für einzelne Vermietungsobjekte nicht realisierbar. Hierfür soll ein eigenständiger neuer Wohngemeinnützigkeitstatbestand geschaffen werden, der Steuerbefreiungen für einzelne Wohnobjekte ermöglicht. Auf Grund des Transparenzprinzips bei der Besteuerung von Personengesellschaften ist eine generelle Steuerfreistellung für alle Mitgesellschafter im Rahmen des § 15 Abs. 1 EStG nicht möglich . Vielmehr müsste das Vorliegen der Kriterien der NWG für jeden Gesellschafter gesondert geprüft werden. Eine Einzelfallprüfung ist auch für jedes NWG-Wohnobjekt erforderlich, da die Beteiligungsverhältnisse bezüglich des gehaltenen Anteils und der Erfüllung der NWG-Kriterien divergieren können. 3.4.2. Wohnobjekte im Sonderbetriebsvermögen Stellt beispielsweise ein Gesellschafter sein privates Wohngebäude einer Vermietungsgesellschaft zur Verfügung, so handelt es sich um Sonderbetriebsvermögen. „An und für sich gilt für diesen Sonderbereich keine handelsrechtliche Buchführungspflicht noch findet sich eine steuerrechtliche Anordnung der Buchführungspflicht. […] Der BFH leitet die Buchführungspflicht dagegen aus der Vorschrift des § 141 AO her, wenn das Gesamtvermögen der Mitunternehmerschaft die dort genannten Grenzen übersteigt […]. Zwischen Gesellschaftsbilanz und Sonderbilanz ist abweichend vom Imparitätsprinzip eine korrespondierende Bilanzierung erforderlich, um den Vorgaben des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gerecht zu werden. Wenn beispielsweise die Gesellschaft in ihrer Bilanz wegen rückständiger Mietzahlungen eine Verbindlichkeit gegen den Gesellschafter ausweist, ist in der Sonderbilanz des Gesellschafters in gleicher Höhe eine Forderung anzusetzen . Dadurch neutralisieren sich etwaige Verluste und Gewinne und werden erst bei Beendigung der Mitunternehmerstellung realisiert.“12 Diese bilanzrechtlichen Regelungen wären auch bei gemeinnützigen Wohnobjekten im Sonderbetriebsvermögen zu beachten. 11 siehe Fn. 10 12 Birk/Desens/Tappe: Steuerrecht, § 6 Rn. 1153 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 102/18 Seite 13 3.4.3. Erforderlichkeit von Ergänzungsbilanzen „Nimmt eine Gesellschaft personenbezogene Steuervergünstigungen (z.B. §§ 7d; 7h EStG) anteilig für die Gesellschafter in Anspruch, die die Voraussetzungen der Steuervergünstigung erfüllen, so geschieht dies durch eine negative Ergänzungsbilanz für die begünstigten Gesellschafter.“13 Die Steuerfreiheit der NWG ist vermutlich jedoch eine objekt- und keine personenbezogene Steuervergünstigung . Ihre Voraussetzungen knüpfen an die Miethöhe an und sollen wohl unabhängig vom konkreten Eigentümer bestehen. Bei den geplanten Investitionszulagen sind je nach eigentumsrechtlicher Konstellation und der Bilanzierung des Wohnobjektes als Betriebsvermögen sowohl der Alleineigentümer oder die Personengesellschaft als Zulageberechtigte denkbar. Ist der jeweilige Eigentümer der durch die Investitionszulage Begünstigte, so ändert sich durch die Zulagenform der Steuergutschrift der Immobilienwert nicht. Der Eigentümer erhält den Förderbetrag zur Verrechnung mit seiner Jahressteuerschuld . Zählt die Personengesellschaft zu den Zulagenberechtigten, so ist von vornherein kein Raum für eine Ergänzungsbilanz, da dann alle Gesellschafter gleichermaßen von der Investitionszulage profitieren würden. 3.5. Einzelunternehmen und natürliche Personen Eine Buchführungspflicht besteht für Kleingewerbetreibende erst oberhalb eines Umsatzerlöses von 500.000 Euro bzw. eines Jahresüberschusses von mehr als 50.000 Euro. Diese Schwellenwerte sind nunmehr im Handels- und Steuerrecht einheitlich gegeben. Unterhalb dieser Schwellenwerte müssen Gewerbetreibende lediglich eine Einnahme-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG vorlegen. Die o.g. Bilanzierungsbesonderheiten, die sich auf Grund mehrerer Gesellschafter bei der Mitunternehmerschaft ergeben können, entfallen bei Einzelunternehmen und natürlichen Personen. 3.6. Tarif Tariftechnische Hindernisse für die Umsetzung einer vollständigen Steuerbefreiung für NWG- Wohnobjekte sind nicht ersichtlich, da die steuerfreien Einkünfte bereits auf der Ebene der Ermittlung der Summe der positiven Einkünfte gemäß § 2 EStG außer Betracht bleiben. 13 Tipke/Lang: Steuerrecht, § 10 Rn. 124 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 102/18 Seite 14 4. Voraussetzungen einer Vorsteuerabzugsberechtigung für die Neue Wohngemeinnützigkeit Holm spricht sich in seiner zweiten Studie14 zur Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit für die Übernahme des österreichischen Modells der Steuerpflicht von Vermietungsumsätzen und der Vorsteuerabzugsberechtigung für Modernisierungsaufwand bei der Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit aus.15 In Österreich wird auf die Vermietung von Wohnraum generell ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von 10% erhoben.16 Eine Vorsteuerabzugsberechtigung gemäß § 15 Umsatzsteuergesetz (UStG) für investive Maßnahmen bei Wohnungsneubau, Bestandserhaltung oder Bestandsverbesserung für Objekte der Neuen Wohngemeinnützigkeit wäre nur möglich, wenn diese sonstigen Leistungen nicht zur Ausführung steuerfreier Umsätze dienen, § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG. Die Vermietung von Grundstücken sowie von Berechtigungen für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts gelten, sind gemäß § 4 Nr. 12 a) UStG grundsätzlich steuerfreie Umsätze. Davon sind sämtliche grundstücksbezogene Mietverhältnisse erfasst. Zwar räumt § 9 Abs. 1 UStG dem Unternehmer ein Wahlrecht zur Umsatzsteuerpflicht und damit auch zur Vorsteuerabzugsberechtigung für Umsätze nach § 4 Nr. 12 UStG ein. Dies gilt gemäß § 9 Abs. 1 UStG jedoch nur dann, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Damit sind Fälle der gewerblichen Vermietung von der Option des § 9 Abs. 1 UStG erfasst, die Vermietung an den Verbraucher bleibt jedoch ein steuerfreier Umsatz . Den unionsrechtlichen Hintergrund für die Option des § 9 UStG bildet Art. 137 der Mehrwertsteuer -Systemrichtlinie (MwStSysRL)17. Demnach können die Mitgliedsstaaten ihren Steuerpflichtigen das Recht einräumen sich bei Umsätzen der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken für eine Besteuerung zu entscheiden. Gemäß Art. 137 Abs. 2 MwStSysRL legen die Mitgliedstaaten die Einzelheiten für die Inanspruchnahme des Wahlrechts nach Absatz 1 fest. Die Mitgliedstaaten können den Umfang dieses Wahlrechts einschränken. Die Einschränkung in § 9 UStG wonach die Ausübung der Option nur für Umsätze die an Unternehmer erbracht werden möglich ist, ergibt sich somit nicht aus zwingendem Unionsrecht. Deutschland könnte auf diese Einschränkung verzichten und somit generell für Vermietungsumsätze eine Option zur Steuerpflicht und somit auch zur Vorsteuerabzugsberechtigung schaffen. Alternativ wäre auch eine generelle Besteuerung mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz wie in Österreich denkbar. 14 Holm/Horlitz/Jensen: Neue Wohnungsgemeinnützigkeit. Voraussetzungen, Modelle und erwartete Effekte https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Studien/Studien_5-17_Neue_Wohnungsgemeinnuetzigkeit .pdf [zuletzt abgerufen am 11.7.2018] 15 siehe Fn. 13, Seite 35 am Ende 16 https://www.migration.gv.at/de/leben-und-arbeiten-in-oesterreich/wohnen/anfangskosten-von-mietwohnungen/ (zuletzt abgerufen am 11.7.2018] 17 RL 2006/112/EG Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 102/18 Seite 15 Die Kehrseite einer Öffnung dieses Optionsrechts für alle Formen der Vermietung oder einer generellen Besteuerung wäre jedoch die Belastung der Wohnungsmieten mit der Mehrwertsteuer. Die Mehrwertsteuer wäre auf Grund ihres Überwälzungscharakters von den Mietern als Endabnehmern der Leistung zusätzlich zu tragen. Eine Steuergutschrift für Unternehmen der NWG auf die Umsatzsteuer, wie von Holm vorgeschlagen, ist mit den zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben der MwStSysRL nicht vereinbar. ***