© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 101/16 Einzelfragen zur finanziellen Förderung der Kernenergie durch die Europäische Atomgemeinschaft bzw. die Europäische Union Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 101/16 Seite 2 Einzelfragen zur finanziellen Förderung der Kernenergie durch die Europäische Atomgemeinschaft bzw. die Europäische Union Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 101/16 Abschluss der Arbeit: 1. September 2016 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 101/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) 4 2. Haushaltsmittel von Euratom für die Jahre 2014-2016 4 3. Finanzielle Mittel der Rahmenprogramme von Euratom 5 3.1. Rahmenprogramm (2012–2013) 6 3.2. Euratom-Programm für Forschung und Ausbildung (2014-2018) 6 4. Förderung von Kernkraftwerken 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 101/16 Seite 4 1. Die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) Die Europäische Atomgemeinschaft wurde durch die Römischen Verträge 1957 als selbständige Organisation neben der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gegründet. Ziel war, die Bildung und Entwicklung von Kernenergie in Europa zur Sicherung der Energieversorgung voranzutreiben. Gleichzeitig sollte durch einheitliche Sicherheitsstandards und durch strenge Bestimmungen zur Handhabung von spaltbarem Material ein größtmöglicher Schutz der Bevölkerung gewährleistet werden. Dementsprechend beinhaltet der Euratom-Vertrag Regelungen zur Forschungsförderung, zum Gesundheitsschutz und zur Überwachung der Sicherheit. Artikel 9 Abs. 6 des Amsterdamer Vertrages von 19971 hat den Grundsatz des Gesamthaushaltsplanes für die Europäischen Gemeinschaften festgeschrieben, d. h. die damaligen Gemeinschaften EG, EGKS und Euratom wurden in einem Haushalt zusammengefasst. Artikel 10 des Protokolls Nr. 2 zum Vertrag von Lissabon schreibt diesen Grundsatz für die aktuelle Rechtslage fort.2 2. Haushaltsmittel von Euratom für die Jahre 2014-2016 Im Haushalt der Europäischen Union (EU) sind die Mittelansätze für Euratom in der Rubrik 1a, Titel 08 und 10 enthalten. Der Euratom-Vertrag sieht eine Differenzierung des Gesamthaushalts für die Euratom in Verwaltungs-, Forschungs- und Investitionshaushalt vor (Artikel 171 Euratom- Vertrag). Als Bestandteil des Gesamthaushaltsplans wird der Haushalt von Euratom aus den eigenen Mitteln der EU finanziert.3 Da keine Sonderbeiträge zur Finanzierung des Euratom-Haushalts erhoben werden und das Eigenmittelaufkommen gemäß dem Gesamtdeckungsprinzip der Finanzierung des Gesamthaushalts der EU dient, kann der Finanzierungsanteil Deutschlands am Euratom- Haushalt bzw. den Euratom-Rahmenprogrammen nicht beziffert werden. Mittelbar ergibt sich der Anteil als Eigenmittelbeitrag Deutschlands gemessen am gesamten Eigenmittelaufkommen der EU. 1 Artikel 9 Abs. 6 des Amsterdamer Vertrages lautet: „Die Einnahmen und Ausgaben der Europäischen Gemeinschaft , die Verwaltungsausgaben der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und die betreffenden Einnahmen sowie die Einnahmen und Ausgaben der Europäischen Atomgemeinschaft mit Ausnahme derjenigen der Versorgungsagentur und der gemeinsamen Unternehmen werden unter den in den jeweiligen Verträgen zur Gründung dieser drei Gemeinschaften festgelegten Bedingungen in den Haushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften eingesetzt.“ Online abrufbar unter: www.europarl.europa.eu/topics/treaty/pdf/amst-de.pdf. 2 Die Einnahmen und Ausgaben der Europäischen Atomgemeinschaft werden mit Ausnahme derjenigen der Versorgungsagentur und der gemeinsamen Unternehmen im Haushaltsplan der Union ausgewiesen. Vertrag von Lissabon, Protokoll Nr. 2 zur Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, ABl. Nr. 306 vom 17.12.2007, S. 0199 0201. 3 Artikel 1 des Beschlusses des Rates vom 7. Juni 2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (2007/436/EG, Euratom, ABl. L 103/17ff). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 101/16 Seite 5 Die nachfolgenden Mittelansätze stellen die haushaltsmäßige Umsetzung des Euratom-Rahmenprogramms 2014-2018 für die Haushaltsjahre 2014-2016 dar (Beträge in Euro):4 2014 2015 2016 Verwaltungsausgaben im Bereich Forschung und Innovationsprogramme von Euratom 15.707.146 13.482.000 13.448.882 Verwaltungsausgaben im Programm Euratom – direkte Maßnahmen der GFS5 9.409.510 9.541.097 12.400.000 Euratom Fusionsenergie 97.841.846 146.941.084 132.233.979 Euratom Kernspaltung und Strahlenschutz 417.357 30.875.121 59.135.715 Abschluss früherer Euratom-Programme 6 58.499.975 40.191.089 16.581.759 Finanzierungsanteil Deutschlands am EU-Haushalt (in %)7 21,30 21,73 21,37 3. Finanzielle Mittel der Rahmenprogramme von Euratom Nach Artikel 7 des Euratom-Vertrages werden die Forschungs- und Ausbildungsprogramme der Euratom jeweils für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren festgelegt. Die Laufzeit dieser Programme weicht damit von der Laufzeit der Forschungsprogramme der EU ab, die in Übereinstimmung mit der Laufzeit des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) sieben Jahre beträgt. Die Euratom -Programme werden daher regelmäßig zwecks Anpassung an die Laufzeit des MFR um zwei Jahre verlängert. 4 Mittelansätze gemäß den Kapiteln 0801, 0803 und 1003 der Haushaltspläne 2014 (ABl. L 51 vom 20.2.2014), 2015 (ABl. L 69 vom 13.3.2015) und 2016 (ABl. L 48 vom 24.2.2016, insb. S. 774.f., 819ff. und 882 ff.). 5 Gemeinsame Forschungsstelle. 6 Euratom-Rahmenprogramm 2007-2013 und vor 2007. 7 Jeweils Tabelle 6 der Haushaltspläne 2014, 2015 und 2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 101/16 Seite 6 3.1. Rahmenprogramm (2012–2013) Der Rat der EU hat am 19.12.20128 eine Verlängerung des 7. Euroatom-Rahmenprogramms für Forschungs- und Ausbildungsmaßnahmen im Nuklearbereich für den Zeitraum 2012-2013 beschlossen . Das Gesamtvolumen des Rahmenprogramms von 2.560.270.000 Euro teilt sich wie folgt auf: Fusionsenergieforschung 2.208.809.000 Euro - davon ITER 1.300.000.000 Euro Kernspaltung und Strahlenschutz 118.245.000 Euro Nuklearforschung und Arbeiten zur Gewährleistung der kerntechnischen Sicherheit der GFS 233.216.000 Euro 3.2. Euratom-Programm für Forschung und Ausbildung (2014-2018) Der Rat der EU hat am 16.12.20139 das Programm von Euratom für Forschung und Ausbildung (2014-2018) beschlossen. Der Finanzrahmen für die Durchführung des Euratom-Programms beträgt 1.603.329.000 Euro. Dieser Betrag teilt sich wie folgt auf: Fusionsforschung 728.232.000 Euro Kernspaltung und Strahlenschutz 315.535.000 Euro Nuklearforschung und Arbeiten zur Gewährleistung der kerntechnischen Sicherheit der GFS 559.562.000 Euro Entsprechend der Laufzeit des MFR soll das Euratom-Programm bis 2020 verlängert werden. Geplant ist die Bereitstellung von weiteren 770 Mio. Euro für 2019-2020.10 Aufgrund des Beschlusses des Rates vom 13.12.2013 zur Änderung der Entscheidung 2007/198/Euratom über die Errichtung des europäischen gemeinsamen Unternehmens für den 8 2012/93/Euratom: Beschluss des Rates vom 19. Dezember 2011 über das Rahmenprogramm der Europäischen Atomgemeinschaft für Forschungs- und Ausbildungsmaßnahmen im Nuklearbereich (2012-2013), ABl. L 47 vom 18.2.2012, S. 25. 9 Verordnung des Rates (EURATOM) Nr. 1314/2013 vom 16. Dezember 2013 über das Programm der Europäischen Atomgemeinschaft für Forschung und Ausbildung (2014-2018) in Ergänzung des Rahmenprogramms für Forschung und Innovation Horizont 2020, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 948. 10 BMBF, Forschung und Innovation im Mehrjährigen Finanzrahmen, abrufbar unter www.horizont2020.de/einstieg -budget.htm (abgerufen am 29.8.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 101/16 Seite 7 ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie sowie die Gewährung von Vergünstigungen dafür 11 sind die Euratom-Verpflichtungen für den ITER im Euroatom-Programm 2014-2018 nicht mehr enthalten. Im Zeitraum 2014-2020 wird der Euratom-Beitrag für den ITER in Höhe von 2.915.015.000 Euro aus dem Gesamthaushalt der EU und nicht mehr über Euratom-Forschungsund Ausbildungsprogramme finanziert. 4. Förderung von Kernkraftwerken Weder im Euratom-Rahmenprogramm noch im Haushalt der EU sind Mittel für die Förderung des Baus und Betriebs von Kernkraftwerken in den EU- bzw. Nicht-EU-Staaten vorgesehen. Im Mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 ist lediglich eine Haushaltslinie i.H.v. 225,32 Mio. € für Hilfsprogramme zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Litauen, Bulgarien und der Slowakei eingerichtet.12 Ende der Bearbeitung. 11 2013/791/Euratom, ABl. L 349 vom 21.12.2013, S. 100. 12 Vgl. Einzelheiten: Verordnung (Euratom) Nr. 1368/2013 des Rates vom 13. Dezember 2013 über die Unterstützung der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Bulgarien und der Slowakei durch die Union und zur Aufhebung der Verordnungen (Euratom) Nr. 549/2007 und (Euratom) Nr. 647/2010, ABl. L 346 vom 20.12.2013, S. 1; Verordnung (EU) Nr. 1369/2013 des Rates vom 13. Dezember 2013 über die Unterstützung des Hilfsprogramms für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Litauen durch die Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1990/2006, ABl. L 346 vom 20.12.2013, S. 7.