© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 100/17 Möglichkeit des Saldenausgleichs bei TARGET2 Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 100/17 Seite 2 Möglichkeit des Saldenausgleichs bei TARGET2 Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 100/17 Abschluss der Arbeit: 15. Dezember 2017 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 100/17 Seite 3 1. Fragestellung „Kann die Zentralbank eines einzelnen EU-Landes selbsttätig seine momentanen Target2-Schulden ganz oder teilweise begleichen oder arbeitet das Verrechnungssystem zwischen der EZB und den Zentralbanken der jeweiligen Euro-Staaten komplett eigendynamisch?“ 2. Funktion von TARGET2 TARGET2 (Trans European Automated Realtime Gross Settlement Express Transfer System) ist ein Zahlungsverkehrssystem, über das nationale und grenzüberschreitende Zahlungen in Zentralbankgeld schnell und endgültig abgewickelt werden. Über TARGET2 werden – Zahlungen zwischen Kreditinstituten, – Zahlungen zwischen Kreditinstituten und Nebensystemen (z.B. Wertpapierverrechnungssysteme , Massenzahlungssysteme) sowie – Zahlungen im Rahmen von Offenmarktgeschäften des Eurosystems abgewickelt. Erfolgen solche Zahlungen, denen ganz unterschiedliche Geschäfte zugrunde liegen können, grenzüberschreitend, spiegeln sie sich im TARGET2-Saldo der nationalen Zentralbanken gegenüber der Europäischen Zentralbank (EZB) wider.1 Die EZB fungiert als Verrechnungsstelle zwischen den nationalen Zentralbanken. Wenn eine nationale Zentralbank zum Beispiel den Geschäftsbanken direkt Liquidität bereitstellt , weist sie die Forderungen gegenüber diesen Geschäftsbanken in ihrer eigenen Bilanz aus. Die Finanzmittel können jedoch dem bei einer anderen nationalen Zentralbank geführten Konto einer anderen Geschäftsbank gutgeschrieben werden. Damit ergibt sich auf Seiten der nationalen Zentralbank, die Liquidität zur Verfügung stellt, eine Verbindlichkeit gegenüber der EZB, während bei der nationalen Zentralbank, welche die Finanzmittel erhält, eine Forderung gegenüber der EZB entsteht. Der Saldo aus diesen Verbindlichkeiten und Forderungen wird als „TARGET2- Saldo“ bezeichnet.2 3. Saldenausgleich bei TARGET2 „Ein Saldenausgleich, bei dem nationale Zentralbanken ihre Verbindlichkeiten gegenüber der EZB glattstellen, ist in TARGET2 nicht vorgesehen.“3 Die Leitlinie der Europäischen Zentralbank 1 Antwort der Deutschen Bundesbank vom 7. Dezember 2017 auf eine schriftliche Anfrage des Fachbereichs. 2 Bank for International Settlements (BIS): Märkte nicht länger durch schwankende Risikobereitschaft geprägt, in: BIS-Quartalsbericht März 2017, Seite 13, unter: https://www.bis.org/publ/qtrpdf/r_qt1703a_de.htm, abgerufen am 12. Dezember 2017. 3 Antwort der Deutschen Bundesbank vom 7. Dezember 2017 auf eine schriftliche Anfrage des Fachbereichs. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 100/17 Seite 4 vom 5. Dezember 2012 über ein transeuropäisches automatisiertes Echtzeit-Brutto-Express-Zahlungsverkehrssystem (EZB/2012/27) regelt in Artikel 6 lediglich das Zustandekommen von Forderungen und Verbindlichkeiten, die Aggregierung der Verbindlichkeiten und das Verrechnungsverfahren am Ende des Geschäftstages. Rein bilanztechnisch sind jedoch Operationen denkbar, die dazu führen, dass eine nationale Zentralbank ihren Saldo bei der EZB ganz oder teilweise ausgleicht. Im Falle eines negativen Saldos gegenüber der EZB müsste die nationale Zentralbank Aktiva (etwa Goldbestände) im übrigen Euroraum veräußern, damit ihre Forderungen gegenüber der EZB stiegen und damit ihr negativer Saldo ganz oder teilweise abgebaut würde. Der einseitige Saldenausgleich einer nationalen Zentralbank wäre jedoch eine unabgestimmte geldpolitische Maßnahme dieser Bank. Im Falle des Ausgleichs einer hohen Verbindlichkeit hätte diese Maßnahme eine deutlich restriktive Wirkung. Im Eurosystem legt jedoch allein der EZB-Rat die Geldpolitik fest.4 Die nationalen Zentralbanken sind integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken und handeln gemäß den Leitlinien und Weisungen der EZB.5 * * * 4 Artikel 12 Absatz 1 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ESZB-Statut). 5 Artikel 14 Absatz 3 ESZB-Statut.