© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 099/20 Haushaltsrechtliche Ausgabeermächtigung zur Unterstützung von Hafenbeschäftigten im Rahmen des Einzelplans 12 des Bundeshaushaltsplans 2020 Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 099/20 Seite 2 Haushaltsrechtliche Ausgabeermächtigung zur Unterstützung von Hafenbeschäftigten im Rahmen des Einzelplans 12 des Bundeshaushaltsplans 2020 Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 099/20 Abschluss der Arbeit: 15. September 2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 099/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Grundzüge des staatlichen Haushaltsrechts 4 2.1. Haushaltsplan und Haushaltsgesetz (Art. 110 GG) 4 2.2. Haushaltssystematik 4 2.3. Einzelpläne im Kompetenzbereich des jeweiligen Ressorts 5 2.4. Zweckbestimmung der Titel 5 3. Veranschlagung von Zuwendungen im Haushaltsplan 6 3.1. § 23 BHO als zentrale Vorschrift 6 3.2. Begriff der Zuwendungen 6 3.3. Kompetenz des Bundes 7 4. Eröffnung des Anwendungsbereich des Einzelplans 12 zugunsten von Hafenarbeitern 7 4.1. Der Begriff „Seeschifffahrt“ 7 4.2. Systematische Erwägungen 8 4.3. Zweckmäßigkeitserwägungen 9 5. Zusammenfassung 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 099/20 Seite 4 1. Fragestellung Aufgrund der Corona-Krise mussten deutsche Häfen einen Rückgang beim Containerumschlag sowie Umsatzeinbuße verzeichnen. Der Auftraggeber erkundigt sich daher, inwieweit eine Berücksichtigung von Hafenbeschäftigten aus dem Mittelansatz der Schifffahrtsförderung aus dem Etat des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zulässig sein könnte. 2. Grundzüge des staatlichen Haushaltsrechts 2.1. Haushaltsplan und Haushaltsgesetz (Art. 110 GG) Art. 110 GG ist die zentrale Vorschrift des Haushaltsverfassungsrechts des Bundes. Nach Art. 110 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GG erfolgt die Schätzung der erforderlichen Ausgaben sowie der zu erwartenden Ausgaben des Bundes im jährlichen Haushaltsplan, der durch das Haushaltsgesetz festgesetzt wird. Der Haushaltsplan und das Haushaltsgesetz bilden dabei eine Einheit.1 Der Haushaltsplan ist der Wirtschaftsplan der Bundesrepublik Deutschland und als solcher die rechenmäßige Grundlage der öffentlichen Haushaltswirtschaft.2 Er hat eine staatsleitende Funktion und wird vom BVerfG als ein in Zahlen gekleidetes Regierungsprogramm bezeichnet.3 Denn durch das Setzten von künftigen Investitionsschwerpunkten wird das politische Leben während der Etatperiode geprägt. Der Haushaltsplan wird gemäß Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG durch das Haushaltsgesetz festgestellt. Dadurch wird der im Rechtsstaatsprinzip verankerte Parlamentsvorbehalt zum Ausdruck gebracht ,4 wonach wesentliche Eingriffe in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger nur dann zulässig sind, wenn sie auf einer hinreichend bestimmten Leitentscheidung des Gesetzgebers beruhen .5 Durch das Haushaltsgesetz wird das unmittelbar demokratisch legitimierte Parlament in die Haushaltsplanung des Bundes eingebunden und legitimiert diese schließlich.6 Außerdem trägt das Haushaltsgesetz zu mehr Transparenz bei.7 2.2. Haushaltssystematik Inhalt und Aufbau des Haushaltsplans werden in §§ 13, 14 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) konkretisiert. Nach § 13 Abs. 1 BHO besteht der Haushaltsplan aus den Einzelplänen und dem 1 BVerfGE 20, 56 (91). 2 Heintzen, in: v.Münch/Kunig, 6. Aufl. 2012, GG Art. 110 Rn. 3. 3 BVerfGE 79, 311 (329). 4 Reimer, in: BeckOK GG, 43. Ed. 01.12.2019, GG Art. 110 Rn. 8. 5 Huster/Rux, in: BeckOK GG, 43. Ed. 15.05.2020, GG Art. 20 Rn. 105. 6 Heintzen, in: v.Münch/Kunig, 6. Aufl. 2012, GG Art. 110 Rn. 3. 7 Tappe/Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, 2. Aufl. 2019, § 7 Rn. 524. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 099/20 Seite 5 Gesamtplan. Der Gesamtplan fasst die gebildeten Einzelpläne zu einer Haushaltsübersicht zusammen und enthält eine Finanzierungsübersicht und einen Kreditfinanzierungsplan.8 Die Einzelpläne enthalten gemäß § 13 Abs. 2 BHO die Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen eines Verwaltungszweiges (sog. Institutionalprinzip) oder bestimmte Gruppen von Einnahmen , Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen (sog. Realprinzip).9 Darüber hinaus können die Einzelpläne zusätzlich Stellen, Planstellen und Haushaltsvermerke enthalten. Im Grundsatz werden die Einzelpläne entsprechend der organisatorischen Zuständigkeit, insbesondere nach den Geschäftsbereichen der Ministerien, also nach dem Instiutionalprinzip gebildet .10 Das Institutionalprinzip bewirkt, dass die finanzielle Verantwortung der jeweiligen Ressorts für ihre Haushalts- und Wirtschaftsführung hervorgehoben wird.11 2.3. Einzelpläne im Kompetenzbereich des jeweiligen Ressorts Jeder Einzelplan eines Ressorts wird mit einer zweistelligen Nummer gekennzeichnet. Die Einzelplannummer 12 entspricht dem Einzelplan des BMVI. Im Rahmen seiner Ressortkompetenz erstellt das BMVI den Einzelplan seines Geschäftsbereichs selbstständig und unter eigener Verantwortung innerhalb der Richtlinien der Bundeskanzlerin, Art. 65 S. 2 GG. Die Ressortkompetenz umfasst die Befugnis, über Haushaltsfragen im jeweils übertragenen Geschäftsbereich zu entscheiden und somit Investitionsschwerpunkte für die jeweilige Etatperiode (nicht) zu setzten.12 Dazu zählt grundsätzlich auch die Entscheidung über die Gewährung von Zuwendungen außerhalb der Bundesverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke, vgl. § 23 BHO. In jedem Fall dürfen Wirtschaftsförderungen zu keiner willkürlichen Ungleichbehandlung führen13 2.4. Zweckbestimmung der Titel Die Einzelpläne werden in Kapitel und Titel eingeteilt, § 13 Abs. 2 S. 2 BHO. Der Titel ist die unterste Gliederungsebene des Haushaltsplans. Zu seinen wesentlichen Bestandteilen, dem sog. Dispositiv, zählen die Zweckbestimmung, der Betrag für das Haushaltsjahr, die Verpflichtungsermächtigungen sowie sonstige Haushaltsvermerke.14 Hinzu können Erläuterungen der jeweiligen Ressorts treten, die grundsätzlich unverbindlich sind. 8 Heintzen, in: v.Münch/Kunig, 6. Aufl. 2012, GG Art. 110 Rn. 2. 9 Häußer, in: Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO § 13 Rn. 19. 10 Häußer, in: Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO § 13 Rn. 20. 11 Häußer, in: Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO § 13 Rn. 21. 12 Epping, in: BeckOK GG, 43. Ed.15.15.2020, GG Art. 65 Rn. 6. 13 BVerfGE 122, 1 (23). 14 Häußer, in: Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO § 13 Rn. 38. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 099/20 Seite 6 Die Zweckbestimmung des Titels ist für das jeweilige Ressort bei der Ausführung des Haushaltsplans bindend, sobald der Haushaltsplan festgestellt worden ist. 15 Das bedeutet bei einem Ausgabentitel , dass keine anderen Ausgaben als die im Verwendungszweck angegebenen getätigt werden dürfen.16 Insoweit handelt es sich bei dem Titel um eine Ermächtigungsgrundlage, die es dem jeweiligen Ressort gestattet, die veranschlagten Mittel zu dem vorbestimmten Zweck auszugeben .17 Eine Verpflichtung zur Ausgabe der veranschlagten Mittel besteht indes nicht. Das Haushaltsrecht regelt nur die Bereitstellung der Mittel, nicht etwaige Ausgabeverpflichtungen.18 3. Veranschlagung von Zuwendungen im Haushaltsplan Hafenbeschäftigte könnten im Einzelplan 12 dergestalt berücksichtigt werden, dass ihnen unter bestimmten Voraussetzungen und bis zu einer gewissen Höhe Zuwendungen gewährt werden. 3.1. § 23 BHO als zentrale Vorschrift § 23 BHO normiert die Voraussetzungen für die Veranschlagung von Zuwendungen im Haushaltsplan . Die konkrete Gewährung der Zuwendungen richtet sich indes nach § 44 BHO. Beide Vorschriften stehen daher in einem engen Verhältnis zueinander.19 Zu beachten ist, dass § 44 BHO aus Sicht der Behörden eine verbindliche Vorschrift darstellt, jedoch keinen Anspruch von Privaten auf Bewilligung einer Zuwendung beinhaltet.20 § 23 BHO bestimmt, dass Zuwendungen im konkreten Fall nur veranschlagt werden dürfen, wenn sie einem bestimmten Zweck dienen, der Bund an dessen Erfüllung durch eine Stelle außerhalb der Bundesverwaltung ein erhebliches Interesse hat und dieses Interesse ohne die Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann. 3.2. Begriff der Zuwendungen Damit beinhaltet § 23 BHO eine Legaldefinition für den Begriff der Zuwendungen im haushaltsrechtlichen Sinne. Demnach sind Zuwendungen „Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Leistungen an Stellen außerhalb der Bundesverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke.“ Eine Leistung im Haushaltsrecht ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens .21 Der Begriff beschränkt sich im haushaltsrechtlichen Regelungskontext auf Geldleistungen 15 Häußer, in: Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO § 13 Rn. 39. 16 Ebenda. 17 Ebenda. 18 Ebenda. 19 v.Lewinski/Burbat, Bundeshaushaltsordnung, 1. Aufl. 2013, BHO § 23 Rn. 2. 20 Rossi, in: Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO § 44 Rn. 4. 21 Rossi, in Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO § 23 Rn. 8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 099/20 Seite 7 und umfasst daher keine Sachleistungen.22 Insbesondere muss die Leistung der „Erfüllung bestimmter Zwecke“ dienen, um als Zuwendung im Sinne des Haushaltsrechts qualifiziert werden zu können.23 Die Zweckbestimmung der Haushaltsmittel, aus denen Zuwendungen in Form von Geldleistungen gewährt werden können, ergibt sich insbesondere aus dem entsprechenden Titel des Haushaltsplans.24 Denn nur für die dort bestimmten Zwecke darf das jeweilige Ressort Zuwendungen gewähren (s.o.). 3.3. Kompetenz des Bundes Art. 30 GG statuiert den Grundsatz, dass die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben eine den Ländern obliegende Angelegenheit ist, soweit das Grundgesetz , insbesondere in den Art. 70 ff. GG, keine andere Regelung trifft oder zulässt. Aus der grundgesetzlichen Aufgabenwahrnehmung folgt gemäß Art. 104a Abs. 1 GG die Aufgabenlast. Nach dieser Vorschrift tragen der Bund und die Länder gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben (sog. Konnexitätsprinzip). Die Finanzierungskompetenz des Bundes nach Art. 104a Abs. 1 GG für die Wirtschaftsförderung von Häfen ließe sich wohl an das Arbeitsrecht anlehnen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG)25 oder unter Umständen auch an die Bundeskompetenz für Bundeswasserstraßen.26 4. Eröffnung des Anwendungsbereich des Einzelplans 12 zugunsten von Hafenarbeitern Wegen der Zweckbestimmung des Titels kommt es maßgeblich darauf an, ob Hafenbeschäftigte bzw. Hafenarbeiter vom Einzelplan 12 des Bundeshaushalsplan 2020 erfasst werden. In seiner Fragestellung hat der Auftraggeber auf den Titel „Finanzbeitrag an die Seeschifffahrt“ (683 11-732) im Rahmen der Titelgruppe „Schifffahrtsförderung“ Bezug genommen. Eine ausdrückliche Erwähnung finden Hafenbeschäftigte bzw. Hafenarbeiter im gesamten Einzelplan des BMVI indes nicht. Es ist somit im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob Hafenbeschäftigte im Rahmen des Titels „Seeschifffahrt“ Berücksichtigung finden könnten. 4.1. Der Begriff „Seeschifffahrt“ Zunächst ist fraglich, ob Hafenbeschäftigte von dem Begriff der „Seeschifffahrt“ umfasst werden. Die Seeschifffahrt wird im Rahmen des einschlägigen Titels nicht legaldefiniert. Es kann insofern 22 v.Lewinski/Burbat, Bundeshaushaltsordnung, 1. Aufl. 2013, BHO § 23 Rn. 2. 23 Rossi, in: Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO § 23 Rn. 16. 24 v.Lewinski/Burbat, Bundeshaushaltsordnung, 1. Aufl. 2013, BHO § 23 Rn. 9. 25 Löwisch/Rieble, Tarifvertragsgesetz, 4. Auflage 2017, Rn. 345: „Das BAG [Bundesarbeitsgericht] ordnet den Gesamthafenbetrieb richtig als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien ein“. 26 Umstritten: Erbguth, Häfen zwischen Bund und Ländern: infrastruktureller Befund und Fortentwicklung, DÖV 2017, 187. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 099/20 Seite 8 nur auf Definitionen über die Seeschifffahrt zurückgegriffen werden, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Einzelplan 12 stehen. Im Allgemeinen ist unter Seeschifffahrt „die Schifffahrt auf Seewasserstraßen und auf hoher See“27 zu verstehen. Seeleute werden an Bord von Seeschiffen beschäftigt.28 Nach § 3 Abs. 1 Seearbeitsgesetz (SeeArbG) sind Seeleute alle Personen, die an Bord des Schiffs tätig sind, unabhängig davon, ob sie vom Reeder oder einer anderen Person beschäftigt werden oder selbstständig tätig sind, einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Demzufolge sind Seeleute die Kapitäne, die Besatzungsmitglieder sowie die sonstigen Arbeitnehmer von Seeschiffen, die an Bord von Seeschiffen während der Reise im Rahmen des Schiffsbetriebes beschäftigt sind.29 In § 3 Abs. 3 SeeArbG ist eine abschließende Auflistung von Personengruppen enthalten, die zwar an Bord tätig sind, aber keine Besatzungsmitglieder sind, da sie sich nur vorübergehend an Bord aufhalten oder ihre Arbeit nicht Teil des originären Schiffsbetriebes ist.30 Dazu zählen u.a. Personen, die im Auftrag einer Werft oder eines Anlagenherstellers zur Durchführung von Gewährleistungsoder Garantiearbeiten oder zur Einweisung der Besatzung nicht länger als 96 Stunden an Bord sind. Das wesentliche Merkmal von „Seeleute“ ist demzufolge, dass sie sich nicht nur vorübergehend auf Seeschiffen aufhalten, sondern dauerhaft auf ihnen tätig sind. Dieses Merkmal dürfte bei Hafenarbeitern regelmäßig nicht erfüllt sein. Auch wenn es möglich ist, dass sich Hafenarbeiter während ihrer Arbeitszeit kurzfristig auf einem Seeschiff aufhalten können, liegt der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit an Land, auf dem Hafen. Begrifflich sind die Hafenbeschäftige somit von den nicht an Land arbeitenden Seeleuten abzugrenzen. 4.2. Systematische Erwägungen Den Einzelplänen ist regelmäßig ein Vorwort vorangestellt, worin die zuständigen Ministerien ihre wesentlichen haushaltsrelevanten Vorhaben erläutern. Das BMVI hat in seinem Vorwort weder die Seeschifffahrt aufgegriffen, noch Stellung zu den Hafenbeschäftigten bezogen. Das BMVI hat allerdings im Rahmen des Titels „Finanzbeitrag an die Seeschifffahrt“ die folgende , unverbindliche Erläuterung vorgenommen: „Zur Sicherung der Bordarbeitsplätze von deutschen Seeleuten auf deutschen Handelsschiffen […] werden Bundeszuwendungen gewährt (Maritimes Bündnis für Ausbildung und Beschäftigung in der Seeschifffahrt). […]“ Aus diesen Erläuterungen folgt, dass deutsche Seeleute – und nicht Hafenarbeiter – vom Anwendungsbereich des Titels „Finanzbeitrag an die Seeschifffahrt“ erfasst werden und ihre Tätigkeit mit Bundeszuwendungen gefördert werden kann. Dies spricht dafür, dass Hafenbeschäftigte aus 27 Creifelds, Rechtswörterbuch, 24. Ed. 2020, „Seeschifffahrt“. 28 Rittweger, in: BeckOK SozR, 57. Ed. 1.6.2020, SGB IV § 13 Rn. 4. 29 Ebenda. 30 Bubenzer/Peetz/Mallach, Seearbeitsgesetz, 1. Online-Aufl. 2016, SeeArbG § 3 Rn. 5. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 099/20 Seite 9 Sicht des BMVI nicht vom einschlägigen Titel erfasst werden sollten. Diese Interpretation ist allerdings nicht zwingend. 4.3. Zweckmäßigkeitserwägungen Schließlich ist festzustellen, dass Hafenbeschäftigte und Seeleute arbeits- bzw. sozialrechtlich unterschiedlich behandelt werden. Dies spricht gegen eine Vermischung beider Berufsfelder und damit dafür, dass Hafenbeschäftigte nicht vom Titel „Finanzbeitrag an die Seeschifffahrt“ berücksichtigt werden sollten. Anders als Seeleute, die dem SeeArbG unterliegen, findet auf Hafenarbeiter das Landarbeitsrecht Anwendung. Soweit Hafenarbeiter zu einem Einzelhafenbetrieb und zur Gesamthafenbetriebsgesellschaft ein Arbeitsverhältnis haben, findet der allgemeine Kündigungsschutz auch auf beide Arbeitsverhältnisse nebeneinander Anwendung.31 Darüber hinaus hat die Abgrenzung zwischen Seearbeits- und Landarbeitsrecht auch Bedeutung für die gesetzliche Sozialversicherung: Seeleute unterliegen der seemännischen Sozialversicherung, die hinsichtlich der Beitragsberechnung (Durchschnittsheuern) und der Versicherungspflicht in der Seemannskasse erheblich von der gesetzlichen Sozialversicherung für Landarbeitnehmer abweicht.32 Im Übrigen sind Seeleute und Hafenarbeiter gewerkschaftlich unterschiedlich organisiert. Die Gewerkschaft in der Seeschifffahrt ist die sog. Internationale Transportarbeiterföderation (ITF). Viele Hafenarbeiter sind dagegen Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). 5. Zusammenfassung Das BMVI kann seinen Einzelplan im Rahmen seiner Ressortkompetenz in eigener Verantwortung ausgestalten und eigene Investitionsschwerpunkte setzen. Dabei ist das BMVI an die Zweckbestimmung der Titel des Einzelplans gebunden. Es können daher keine Zuwendungen für einen Bereich gewähren werden, der nicht schon im Einzelplan bzw. im Titel vorgesehen ist. Es konnte gezeigt werden, dass Hafenbeschäftigte im Einzelplan 12 keine Erwähnung finden. Eine Berücksichtigung von Hafenbeschäftigten im Rahmen des Titels „Finanzbeitrag an die Seeschifffahrt “ ist mit dem Wortlaut des Titels nicht vereinbar. Darüber hinaus werden Hafenbeschäftigte und Seeleute insbesondere im Bereich des Arbeitsrechts unterschiedlich behandelt, was zusätzlich für eine klare Abgrenzung beider Berufsgruppen spricht. Für eine Berücksichtigung von Hafenbeschäftigten im Einzelplan 12 des Bundeshaushaltsplans 2020 wäre folglich ein Titel mit entsprechender Zweckbestimmung erforderlich gewesen. *** 31 Hergenröder, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2020, KSchG § 1 Rn. 18. 32 Bubenzer/Peetz/Mallach, Seearbeitsgesetz, 1.Online-Auflage 2016, SeeArbG § 3 Rn. 5.