© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 – 098/18 Zur Frage der Veranschlagung von Mindereinnahmen im Bundeshaushalt Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Veranschlagung gesetzlich bestimmter Einnahmeminderungen Nach den in § 11 Bundeshaushaltsordnung (BHO)1 normierten Haushaltsgrundsätzen der Jährlichkeit , Vollständigkeit und Einheit des Haushaltsplans muss der Haushaltsplan alle im Haushaltsjahr zu erwartenden Einnahmen und voraussichtlich zu leistenden Ausgaben des Bundes sowie die Verpflichtungsermächtigungen enthalten. Sie sind mit größtmöglicher Genauigkeit zu errechnen oder zu schätzen.2 Die Einnahmen des Bundes aus den Bundessteuern und dem Anteil des Bundes an den Gemeinschaftssteuern werden im Wesentlichen im Kapitel 6001 des Einzelplans 60 nach einzelnen Steuerarten jeweils in gesonderten Titeln veranschlagt. Die Mittelveranschlagung im 2. Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 20183 basiert auf der Steuerschätzung vom November 2017.4 Die im Kapitel 6001 des Einzelplans 60 ausgewiesenen Zuweisungen des Bundes an die Länder und die EU stellen gesetzlich bestimmte Einnahmeminderungen dar. Sie verringern das dem Bund nach der Steuerverteilung verbleibende Steueraufkommen und stehen damit nicht zur Disposition des Haushaltsgesetzgebers. Entsprechend den vorstehend genannten Haushaltsgrundsätzen sind sie daher im Rahmen der Veranschlagung der Steuereinnahmen in Gestalt der Absetzungen von den Einnahmen zu erfassen und dadurch transparent zu machen. Die Veranschlagung derartiger Einnahmeminderungen regelt der Haushaltsvermerk, der jährlich im Einzelplan 60 bei Kapitel 6001 ausgebracht wird und aufgrund der Feststellung des Haushaltsplans durch das Haushaltsgesetz Rechtsverbindlichkeit erlangt.5 Er ordnet u. a. an, dass gesetzlich bestimmte Einnahmeminderungen aufgrund von Zuweisungen des Bundes an die Länder (im Bereich des Finanzausgleichs, der Regionalisierungsmittel, der Konsolidierungshilfen und des Ausgleichs der weggefallenen Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer und der Lkw-Maut) und an die EU (Mehrwertsteuer- und BNE-Eigenmittel) als Negativtitel dargestellt werden. 1 Vom 19.08.1969, BGBl. I S. 1284, zuletzt geändert durch Art.11 des Gesetzes vom 14.08.2017, BGBl. I S. 3122. 2 Vgl. Nr. 1.2 zu § 11 der Vorläufigen Verwaltungsvorschriften zur BHO. 3 BT-Drs. 19/1700. 4 Nicht berücksichtigt in den Ergebnissen dieser Steuerschätzung sind die steuerlichen Maßnahmen der Bundesregierung , die in der Titelgruppe 01 (temporäre Mehr- bzw. Mindereinnahmen) dargestellt sind. Die Aktualisierung erfolgt im Rahmen der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses auf der Basis der Steuerschätzung vom Mai 2018. 5 Vgl. Haushaltsgesetz 2017 vom 20.12.2016, BGBl. I S. 3016, Einzelplan 60 Kapitel 6001 S. 6; 2. Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2018, Anlage zur BT-Drs. 19/1700 (Einzelplan 60) S. 7. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 098/18 Seite 5 Die Einnahmeminderungen in Hinblick auf die genannten Zuweisungen des Bundes an die Länder sind in den einschlägigen Vorschriften des Grundgesetzes und den diese konkretisierenden Bundesgesetzen festgelegt6. Die Zuweisungen des Bundes an die EU sind im Eigenmittelbeschluss7 und den dazu ergangenen Verordnungen8 geregelt. Nach Art. 1 des Eigenmittelbeschlusses wird der Haushalt der EU vollständig aus Eigenmitteln der Gemeinschaften finanziert. Haushaltsrechtlich gehören die vom Bund abzuführenden EU-Eigenmittel nicht zu den Bundeseinnahmen. Ebenso sind die Ausgaben, die aus EU-Mitteln finanziert werden, keine Haushaltsausgaben des Bundes. Sie unterliegen daher nicht dem parlamentarischen Budgetrecht des Bundesgesetzgebers.9 Aus diesem Grunde werden die EU-Mittel (Einnahmen und Ausgaben) nur nachrichtlich in den sog. „Anlagen E“ des Bundeshaushalts ausgewiesen.10 Dieses Verfahren ermöglicht, dass die Abführungen des Bundes transparent gemacht, die in der Bundesrepublik verausgabten Mittel erfasst und hierdurch auch finanzpolitisch bedeutsame Daten errechnet werden können. 3. Fazit Die im Einzelplan 60 bei Kapitel 6001 im 2. Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2018 ausgewiesenen Zuweisungen des Bundes an die Länder und die EU stellen gesetzlich bestimmte Einnahmeminderungen dar. Die Veranschlagung dieser Einnahmeminderungen in Negativtiteln steht mit dem Haushaltsrecht und der Haushaltspraxis des Bundes im Einklang. *** 6 Vgl. im Einzelnen: Finanzausgleich/Bundesergänzungszuweisungen – Art. 107 GG i.V.m. § 11 Finanzausgleichsgesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 14. August 2017 (BGBl. I S 2122); Regionalisierungsmittel – Art. 106a GG i.V.m. § 5 Regionalisierungsgesetz vom 27. Dezember 1993 ((BGBl. I S. 2378, 2395) zuletzt geändert durch Art. 19 Abs. 23 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234); Konsolidierungshilfen – Art. 143d GG i.V.m. § 1 Konsolidierungshilfengesetz vom 10. August 2009 (BGBl. I S. 2702, 2705); Kfz-Steuer und Lkw-Maut – Art. 106b GG i.V.m. § 1 des Gesetzes zur Regelung der finanziellen Kompensation zugunsten der Länder infolge der Übertragung der Ertragshoheit der Kraftfahrzeugsteuer auf den Bund vom 29. Mai 2009 (BGBl. I S. 1170) und § 11 des Autobahnmautgesetzes vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3122), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 29. Mai 2009 (BGBl. I S. 1170). 7 Beschluss 2014/335/EU, EURATOM über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union vom 26. Mai 2014, ABl. L 168 S. 105. 8 Verordnung (EU, EURATOM) Nr. 608/2014 des Rates vom 26. Mai 2014 und Verordnung (EU, EURATOM) Nr. 609/2014 des Rates vom 26. Mai 2016 zur Durchführung des Beschlusses 2014/335/EU, EURATOM über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union, ABl. L 168 S. 29 bzw. ABl. L 168 S. 39. 9 Vgl. Aprill, in: Heuer/Engels/Eibelshäuser, Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand Dezember 2008, Leitsatz Nr. 5 und Rn. 13 zu § 11 BHO. 10 Vgl. 2. Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2018, Anlage zur BT-Drs. 19/1700 (Einzelplan 60), S. 15ff.