WD 4 - 3000 - 096/19 (19. Juli 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Fragestellung Gefragt ist nach einer Übersicht über die steuerlichen Vorteile für (Bau-)Denkmäler bei der Grundsteuer und deren Berücksichtigung im neuen Grundsteuerreformgesetz, sowie eine Darstellung der sich ergebenden Veränderungen. 2. Aktuelle Rechtslage (Bau-)Denkmäler genießen nach dem aktuellen Grundsteuerrecht gewisse steuerliche Vorteile. Diese setzen auf verschiedenen Ebenen an. Zum einen gibt es einen vollständigen Steuererlass nach § 32 Grundsteuergesetz (GrStG), der gewährt wird, wenn an dem Grundbesitz ein öffentliches Interesse besteht, die jährlichen Vorteile aus dem Grundbesitz unter den jährlichen Kosten liegen und wenn diese Unrentabilität auf dem Umstand beruht, der das öffentliche Interesse ausmacht (Kausalitätserfordernis). Liegen die Voraussetzungen vor, entfällt die Steuer ganz. Bei denkmalgeschützten Gebäuden, bzw. denkmalgeschütztem Grundbesitz wird das öffentliche Interesse regelmäßig bejaht.1 An die weiteren Voraussetzungen sind aber hohe Anforderungen geknüpft .2 Der Steuererlass ist mithin eher die Ausnahme. Ein weiterer Aspekt liegt allerdings im Bewertungsgesetz (BewG), welches den Bezugswert für die Grundsteuerbetrag ausmacht. Je nachdem, welcher Grundstücksart sich denkmalgeschützter Grundbesitz zuordnen lässt, wird der Grund nach dem Ertragswert- oder nach dem Sachwertverfahren bewertet, vgl. §§ 75, 76 BewG. Beide Verfahren sehen dabei Vorschriften zur Anpassung des Grundstückswerts bei außergewöhnlichen Belastungen vor. § 82 BewG, der im Ertragswertverfahren gilt, sieht in seinem Absatz 1 vor, dass der Grundstückswert ermäßigt wird, soweit „wertmindernde“ Umstände gegeben sind. Unter dieses Merkmal der 1 Siehe insgesamt zur Thematik: Feldner, DStR 2018, 1749. 2 Ebenda, 1751 f. Wissenschaftliche Dienste Übersicht über Grundsteuervorteile von (Bau-)Denkmälern vor und nach der geplanten Grundsteuerreform Übersicht über Grundsteuervorteile von (Bau-)Denkmälern vor und nach der geplanten Grundsteuerreform Fachbereich WD 4 (Haushalt und Finanzen) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 wertmindernden Faktoren haben Instanzgerichte ausdrücklich auch die Beschränkungen und Belastungen des Denkmalschutzes gefasst.3 So wurden Abschläge von 5%, in Sonderfällen sogar von bis zu 10% auf den Grundstückswert anerkannt. Diese Wertungen übertragen sich entsprechend auf die Grundsteuerhöhe. Im Sachwertverfahren trifft § 88 BewG eine ähnliche Wertung. Auch diese Vorschrift sieht in Absätzen 1 und 2 vor, dass Abschläge auf den Grundstückswert vorzunehmen sind, wenn Umstände tatsächlicher Art vorliegen, die bei der Bewertung nicht berücksichtigt worden sind. Absatz 2 listet dazu gehörige Sonderfälle auf. Auch im Rahmen dieser Norm ist anerkannt, dass Beschränkungen und Belastungen, die mit dem Denkmalschutz einhergehen zu einer Wertminderung führen und einen Abschlag auf den Wert rechtfertigen.4 Aktuell werden die mit dem Denkmalschutz einhergehenden Sonderbelastungen der betroffenen Eigentümer also sowohl bei der Frage der Steuererhebung im Allgemeinen als auch bei der Frage nach der Steuerhöhe berücksichtigt. 3. Rechtslage de lege ferenda Durch sein Urteil 1 BvL 11/145 (Grundsteuer-Urteil) aus April 2018 hat das BVerfG dem Gesetzgeber aufgetragen, die Grundsteuer umfassend zu reformieren. Mit der Drs. 19/11085 vom 20.06.2019 hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) einen entsprechenden Gesetzesentwurf 6 (GrStRG-E) eingebracht. Der neue Gesetzesentwurf sieht eine umfassende Reform des Bewertungssystems für Grundvermögen vor, die sich auch auf die oben angesprochenen Sonderregelungen für (Bau-)Denkmäler auswirkt. § 32 GrStG soll zwar unverändert erhalten bleiben. Liegen die Voraussetzungen einmal vor, so soll nach wie vor ein vollständiger Steuererlass in Betracht kommen. Allerdings sieht der Gesetzesentwurf eine umfassende Reform des Bewertungsrechts vor. Insbesondere das Ertragswert- und das Sachwertverfahren, die zur Bewertung bebauter Grundstücke maßgeblich sind, sollen für Zwecke der Grundsteuer vollständig neugefasst werden. Dabei soll das Verfahren durch Typisierungen und Pauschalierungen stark vereinfacht werden. Dies führt auch dazu, dass eine vollständige Streichung der §§ 82, 88 BewG auf Dauer vorgesehen ist, ohne dass deren Wertung dabei in den geplanten §§ 248 ff. BewG-E, welche die Verfahren künftig regeln sollen, berücksichtigt wird. So berücksichtigen die neuen Normen zwar Bewirtschaftungskosten (§ 255) oder auch Alterswertminderungen (§ 259 Abs. 4). Diese Faktoren werden aber der- 3 Diese Wertung wird von der Literatur auch nicht in Frage gestellt; vgl. dazu insgesamt Rössler/Troll/Halaczinsky BewG, § 82, Rn. 48. 4 Rössler/Troll/Halaczinsky BewG, § 88, Rn. 52. 5 BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14. 6 Drs. 19/11085 - Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts – Grundsteuerreformgesetz (GrStRefG), im Internet: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/110/1911085.pdf (zuletzt abgerufen am 19.07.2019). Übersicht über Grundsteuervorteile von (Bau-)Denkmälern vor und nach der geplanten Grundsteuerreform Fachbereich WD 4 (Haushalt und Finanzen) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 art pauschaliert, dass der Umstand der Belastung durch den Denkmalschutz darunter nicht subsumiert werden kann. Auch die vorgesehenen Sonderfälle in §§ 261, 262 BewG-E sehen hier keine entsprechenden Regelungen vor. Weder der geplante Gesetzestext, noch die zugehörige Begründung sehen damit einen Ersatz der noch geltenden §§ 82, 88 BewG, bzw. von deren Rechtsgedanken vor. ***