© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 096/17 Einzelfragen zu Steueroasen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 096/17 Seite 2 Einzelfragen zu Steueroasen Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 096/17 Abschluss der Arbeit: 20. November 2017 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 096/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Liste der nichtkooperativen Steuerjurisdiktionen 4 3. Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft 5 4. Erhebung von WEED zur Aktivität deutscher Großunternehmen in Steueroasen 5 5. Maximale Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen 6 6. Höhe der jährlichen Einnahmen aus der Kapitalertragsteuer 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 096/17 Seite 4 1. Fragestellung Es wurde kurzfristig um die Beantwortung folgender Fragen gebeten: Mit Bezug auf die Panama Papers fordert der geschäftsführende Bundesfinanzminister Altmaier fordert eine schwarze Liste für Steueroasen. Welche Länder sind angedacht? Die Deutsche Steuergewerkschaft schätzt die Steuerverluste auf 50-70 Mrd. Euro. Wie setzt sich die Schätzung zusammen? Welche Steueroasen werden von Deutschen Steuerzahlern am meisten genutzt? Wie hoch ist der geschätzte Steuerausfall pro Jahr in den jeweiligen Steueroasen? Wie hoch waren die maximalen Steuereinnahmen bei Bund, Ländern und Kommunen und in welchem Jahr? Wie hoch sind die jährlichen Einnahmen aus der Kapitalertragssteuer? 2. Liste der nichtkooperativen Steuerjurisdiktionen Die nachfolgenden Unterlagen sind dem zentralen Informationssystem zu Angelegenheiten der Europäischen Union im Deutschen Bundestag (EuDoX) entnommen. Sie tragen den Vermerk „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ und sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Maßgebliche Arbeit zur Erstellung einer Liste der nichtkooperativen Steuerjurisdiktionen durch die Europäische Union leistet die „Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmenssteuern)“. In einer Unterrichtung der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union zur Sitzung dieser Gruppe am 17. Oktober 2017 wird ausgeführt, dass im Rahmen des Prüfungsprozesses zur Erstellung einer schwarzen Liste in den vergangenen Monaten 92 Jurisdiktionen und Länder1 nach den beschlossenen Kriterien (Transparenz, faire Besteuerung, Umsetzung des Base Erosion and Profit Shifting-Projekts der OECD) durch die Expertenpanels geprüft worden seien.2 In einem Bericht der Ständigen Vertretung zu einer weiteren Sitzung der Gruppe am 16. November 2017 heißt es: „Bei der Liste der nichtkooperativen Steuerjurisdiktionen bedarf es jedoch noch eines vertieften Erörterungsbedarfs. Hier ist insbesondere umstritten, ob gegen die gelisteten Staaten Defensivmaßnahmen angewendet werden sollen.“ 1 _____________________________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________________________ ___________________________ 2 Abrufbar unter: http://eudoxap01.bundestag.btg:8080/eudox/dokumentInhalt?id=202638&latestVersion =true&type=5, abgerufen am 20. November 2017. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 096/17 Seite 5 3. Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft Zu Höhe von Steuerausfällen durch Steuerkriminalität in Deutschland - ohne die Ausnutzung von Steueroasen - äußerte sich der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler , im ZDF-Mittagsmagazin vom 7. November 2017 wie folgt: „ … ZDF: Nun sprechen Sie da gerade was an, was viele auch umtreibt. Wenn man sich die Zahlen anschaut: Schätzungen zufolge entgehen dem Staat jährlich Milliarden durch illegale alltägliche Steuerhinterziehung, die eben nicht die Reichen begehen, sondern der sogenannte kleine Mann: die schwarz beschäftigte Putzfrau; die Geburtstagsfeier, die als Geschäftsessen deklariert wird. Wie groß schätzen Sie diesen Schaden ein? Eigenthaler: Nach unseren Schätzungen müssen wir von Ausfällen bei den Steuern durch Kriminalität , durch Steuerkriminalität, von 50 bis 60 Milliarden pro Jahr ausgehen. Und darauf kommt noch das, was man als Steuerflucht bezeichnet. Was zwar auf dem Papier noch legal ist, was aber völlig unmoralisch ist und wo eben die Staaten gegeneinander arbeiten, um sich irgendwie nur ein Stück des Steuerkuchens zu sichern. … “3 In einem Bericht des Focus vom 11. November 2017 wird die Deutsche Steuergewerkschaft mit folgender Aussage erwähnt: „ … Legale Steuersparmöglichkeiten, z.B. durch Steuersparfonds, sind hierzulande, was viele Menschen nicht wissen, längst beseitigt worden. Das heißt nicht, dass es keine illegalen Steuertricksereien mehr gibt. Schwarzarbeit, die illegal beschäftigte Putzfrau und andere „Schummeleien “ des kleinen Mannes kosten den Fiskus nach Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft jährlich 40 Milliarden Euro. …“4 4. Erhebung von WEED zur Aktivität deutscher Großunternehmen in Steueroasen Zu einer Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 19. Oktober 20165 wurde eine gemeinsame Stellungnahme von WEED – Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V. und Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland vorgelegt. Die im Anhang der Stellungnahme befindliche Liste „umfasst die 30 DAX‐Unternehmen (Stand Juli 2015) und die – 2008 – 10 größten Familienunternehmen“ und stellt die „Aktivität deutscher Großunternehmen in Steueroasen /Schattenfinanzplätzen und Investitionen darüber in Entwicklungs‐ und Schwellenländer so- 3 ZDF-Mittagsmagazin, Interview durch Christina von Ungern-Sternberg: "Paradise Papers" - "Hier muss hart durchgegriffen werden", 07. November 2017, unter: https://www.zdf.de/nachrichten/heute/eigenthaler-von-dersteuer -gewerkschaft-zu-paradise-papers-100.html, abgerufen am 20. November 2017. 4 Zitelmann, Rainer: Reiche unter Generalverdacht, Focus, 11. November 2017, Seite 62, abrufbar Deutscher Bundestag – Pressedokumentation. 5 Öffentliche Anhörung zu dem "Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen" sowie zu weiteren Vorlagen (Bundestags-Drucksachen: 18/9536, 18/9956, 18/2617 und 18/9043) am 19. Oktober 2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 096/17 Seite 6 wie in deren Sonderwirtschaftszonen“ dar. Die Erstellung erfolgte durch WEED im Oktober/November 2015. WEED merkt an: „Achtung: die Ergebnisse geben mit Sicherheit nur einen bruchstückhaften Eindruck von der Situation und sind keineswegs als vollständig anzusehen.“6 5. Maximale Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen Das Statistische Bundesamt veröffentlicht die kassenmäßigen Steuereinnahmen in Deutschland von 1950 bis 2016 in einer Tabelle (bis 1990 früheres Bundesgebiet). Ausgewiesen sind die absoluten Steuereinnahmen in Mio. Euro sowie die prozentualen Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr. Die Tabellen zeigen, dass es gelegentlich geringere Steuereinnahmen als im Jahr davor gab, absolut gesehen aber die Steuereinnahmen steigen und in 2016 mit knapp 706 Mrd. Euro den bisherigen Spitzenwert erreichten.7 6. Höhe der jährlichen Einnahmen aus der Kapitalertragsteuer Die Steuereinnahmen aus der Abgeltungsteuer auf Zinsen und Veräußerungserträge belaufen sich in den Jahren 2015 bis 2021 auf folgende Beträge (in Mio. Euro):8 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 8.258,8 5.939,6 6.548 6.851 6.901 7.102 7.254 * * * 6 Die Stellungnahme ist im Internet auf der Seite des Deutschen Bundestages unter http://www.bundestag .de/blob/475748/ac67a665a7bccfcb9e3bdbb0aa221ec0/06---weed-data.pdf, abrufbar, abgerufen am 20. November 2017. 7 Destatis Statistisches Bundesamt: Öffentliche Finanzen und Steuern: Kassenmäßige Steuereinnahmen in Deutschland, unter: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Indikatoren/LangeReihen/SteuernFinanzen /lrfin02.html, abgerufen am 20. November 2017. 8 Bundesministerium der Finanzen: Ergebnisse der 151. Sitzung des Arbeitskreises "Steuerschätzungen" vom 9. bis 11. Mai 2017, unter: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern /Steuerschaetzungen_und_Steuereinnahmen/Steuerschaetzung/2017-05-12-ergebnisse-151-sitzung-steuerschaetzung .html, abgerufen am 20. November 2017. Für die Schätzung vom November 2017 sind noch keine detaillierten Aufstellungen veröffentlicht.