© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 094/19 Einzelfragen zur steuersystematischen Einordnung einer CO2-Steuer Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Weitere (indirekte) Steuern auf CO2 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 094/19 Seite 4 1. Fragestellung Gestellt sind mehrere Detailfragen zur steuersystematischen Einordnung einer CO2-Steuer. Entsprechend werden kurz die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine solche Steuer, sowie der aktuelle Stand der überwiegend diskutierten Modelle aufgezeigt (2.), bevor die folgenden Detailfragen beantwortet werden: - Wäre eine CO2-Steuer eine Verbrauch-, Aufwand-, oder Verkehrsteuer? (3.) - Welche weiteren Gesetze müssten geändert werden, um eine CO2-Steuer einzuführen? (4.) - Welche sonstigen Steuern, z.B. KFZ-Steuer, bepreisen schon heute den CO2-Anteil? (5.) 2. CO2-Steuer – Rechtliche Grundlagen und Stand der Diskussion Die Bekämpfung des Klimawandels prägt aktuell den politischen Diskurs. Um das langfristige Ziel (deutscher) Klimaneutralität zu erreichen, soll CO2 einen „Preis“ bekommen. Dabei gibt es verschiedene Wege, die diskutiert werden. Zum einen bestünde die Möglichkeit den europaweiten CO2-Zertifikate-Handel, das sog. „European Trading Scheme“ – kurz EU-ETS, auf alle CO2- trächtigen Bereiche auszudehnen, vor allem auf die Bereiche Verkehr, Landwirtschaft und auf den Wärmemarkt. Eine andere Möglichkeit ist die Einführung einer „CO2-Steuer“. Um die Detailfragen zu jener Variante zu beantworten müssen zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein derartiges Vorhaben beschrieben werden (2.1), bevor eine Darstellung der verschiedenen denkbaren Modelle erfolgt (2.2). 2.1. Rechtliche Rahmenbedingungen für eine CO2-Steuer Klimaneutralität ist nicht zuletzt wegen des Pariser Abkommens eine globale Aufgabe. Die Einführung von Steuern und Abgaben zum Klimaschutz richtet sich daher zunächst auch nach den globalen Rechtsquellen. So sind insgesamt das Welthandelsrecht, das Recht der Europäischen Union (EU) und das nationale Steuerverfassungsrecht für den Gesetzgeber zu beachten. Auf völkerrechtlicher, globaler Ebene ist als einschränkende Rechtsquelle allenfalls das Welthandelsrecht der World Trade Organisation (WTO) anzuführen. Der maßgebliche Vertrag, das sog. allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (englisch General Agreement on Tariffs and Trade, (GATT) sieht dabei ein Diskriminierungsverbot vor. Solange aber Umweltstandards unterschiedslos auf alle Marktakteure angewandt werden, ist dieses regelmäßig nicht verletzt. Insofern stellt das GATT kein weitreichendes Gestaltungshindernis hinsichtlich der Einführung einer nationalen CO2-Steuer dar.1 1 Schomerus, Abgaben als Instrument des Klimaschutzes, ZfZ 2010, 141, 144 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 094/19 Seite 5 Komplexer stellen sich die unionsrechtlichen Anforderungen an die Einführung einer nationalen CO2-Steuer dar.2 Allerdings bleibt auch hier die Grunderkenntnis, dass eine diskriminierungsfreie CO2-Steuer, den Geboten des Unionsrechts nicht zuwiderläuft. Das Primärrecht der Union erlaubt mit Art. 110 AEUV ausdrücklich die Einführung nationaler Steuern, solange die Diskriminierungsfreiheit gewährleistet bleibt. Eine Steuer, die aber EU-weit alle Vorgänge der Besteuerung unterwirft, erfolgt grundsätzlich diskriminierungsfrei. Auch das Zollrecht der Union (Art. 30 AEUV) wäre nicht betroffen, da eine CO2-Abgabe keinen Zoll oder eine zollgleiche Abgabe darstellt. Letztlich bleibt auch das Sekundärrecht der Union bei korrekter Ausgestaltung unverletzt . Das Zertifikatehandelssystem der Union ermöglicht die Einführung einer additiv oder auch kompensierend wirkenden nationalen Steuer neben dem Handel.3 Je nach Ausgestaltung müssten aber die Anforderungen der Verbrauchsteuer-Richtlinie, bzw. der Energiesteuer-Richtlinie gewahrt werden.4 Die in erster Linie maßgeblichen Grenzen und Vorgaben setzt damit das nationale Steuerverfassungsrecht . Die Verfassung gibt einen gewissen Rahmen vor, wie und in welcher Art Steuern ausgestaltet werden können. Dafür ist der – nach herrschender Meinung – abschließende Steuertypenkatalog des Art. 106 GG entscheidend, der ein Steuerfindungsrecht, aber gerade kein Steuererfindungsrecht vorsieht.5 Eine neu konzipierte Steuer muss sich daher unter die vorhandenen Steuerarten des Art. 106 GG6 subsumieren lassen. Ihr kann dabei – seit dem Ökosteuerurteil7 – auch ein lenkender Charakter zukommen. In Betracht kommt damit die Schaffung einer CO2- Steuer als Verbrauchs-, Aufwands-, oder Verkehrsteuer. Verbrauchsteuern im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG sind Abgaben, die den Verbrauch bestimmter Güter des ständigen Bedarfs belasten und auf Grund eines äußeren Vorgangs von demjenigen erhoben werden, in dessen Bereich der Vorgang stattfindet.8 Sie knüpfen an einen tatsächlichen Vorgang, also ein einmaliges oder 2 Vgl. zu den unionsrechtlichen Anforderungen ausführlich: Ausarbeitung Steuern und nichtsteuerliche Abgaben auf CO2-Emissionen, WD 4 – 3000 – 158/18 und Büdenbender, Arbeitspapier 05/19, Rechtliche Rahmenbedingungen für eine CO2-Bepreisung in der Bundesrepublik Deutschland, Juli 2019, S. 20 ff.; im Internet: https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/Arbeitspapiere/Arbeitspapier _05_2019.pdf (zuletzt aufgerufen am: 30.07.2019). 3 Leisner-Egensperger, CO2-Steuer als Klimaschutzinstrument, NJW 2019, 2218, 2219. 4 Dazu insgesamt: Büdenbender, Arbeitspapier 05/19, Rechtliche Rahmenbedingungen für eine CO2-Bepreisung in der Bundesrepublik Deutschland, Juli 2019, S. 1 f.; im Internet: https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft .de/fileadmin/dateiablage/Arbeitspapiere/Arbeitspapier_05_2019.pdf (zuletzt aufgerufen am: 30.07.2019). 5 Ebd., S. 32 f. 6 Dabei sind alle Absätze erfasst. Der Bund ist für die Gesetzgebung zuständig, soweit ihm die Einkünfte aus der Steuer zustehen, aber auch, wenn eine bundeseinheitliche Regelung erforderlich ist, vgl. Art. 72 Abs. 2 GG. Davon ist bei einer Klimaschutzsteuer auszugehen, da die Frage an sich weltweit ist und damit jedenfalls im gesamten Bundesgebiet einheitlich geregelt werden muss. Siehe dazu auch: Schomerus, ZfZ 2010, 141, 146. 7 BVerfG v. 20.04.2004, 1 BvR 905/00, abgedruckt: NVwZ 2004, 846. 8 Dreier/Heun, GG, Art. 106, Rn. 16. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 094/19 Seite 6 fortdauerndes Geschehen, an. Der steuerbegründende Tatbestand einer Aufwandsteuer ist dagegen ein tatsächlicher oder rechtlicher Zustand.9 Verkehrsteuern hingegen knüpfen an Vorgänge des Rechtsverkehrs oder an Wirtschaftsvorgänge an.10 2.2. Diskutierte CO2-Steuermodelle Politisches Ziel der CO2-Steuer ist es, einer Tonne CO2 einen Preis zu verleihen, der dauerhaft zu einer Reduktion der CO2-Emissionen führt. Was genau aber unter dem viel diskutierten Begriff der CO2-Steuer zu verstehen ist, wird aus dem Diskurs noch nicht klar. Dabei ergibt sich aus dem oben aufgezeigten Maßstab zunächst das Problem, dass eine Besteuerung einer CO2-Emission aus verfassungsrechtlichen Gründen bereits ausscheidet. Denn eine CO2-Emission ist weder der Verbrauch eines Verbrauchsguts11 (CO2 wird emittiert und nicht verbraucht ), noch ist es ein Rechts-bzw. Wirtschaftsvorgang oder der Besitz einer Sache. Eine Besteuerung einer CO2-Emission lässt sich keinem bestehenden Steuertypus zuordnen und ist mithin steuerverfassungsrechtlich ausgeschlossen.12 Entsprechend dieser Grundlage gibt es verschiedene Ansätze: Ein aufwendiger Ansatz liegt zunächst auf der Hand: eine Verfassungsänderung, die das skizzierte Problem aufhebt. Daneben werden auch Modelle vorgeschlagen, die im Rahmen der aktuellen Fassung der Finanzverfassung zulässig wären. So schlägt beispielsweise das Umweltbundesamt einen CO2-Aufschlag auf die bestehende Energiesteuer vor13, vereinfacht gesagt also eine Erhöhung der Energiesteuer. Dieses Modell wird im Wesentlichen auch vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung getragen, der diese Herangehensweise zumindest kurzfristig als gute Übergangslösung erachtet, bevor langfristig das EU-ETS ausgeweitet werden soll.14 Büdenbender hingegen, der die rechtlichen Grundlagen für das Sondergutachten der Wirtschaftswaisen ausgearbeitet hat, favorisiert eine etwas abweichende Herangehensweise , wonach an die Nutzung gewisser Güter angeknüpft werden soll, deren Verbrauch in CO2- 9 Dreier/Heun GG Art. 105 Rn. 39. 10 Ebd., Rn. 16. 11 Büdenbender, Arbeitspapier 05/19, Rechtliche Rahmenbedingungen für eine CO2-Bepreisung in der Bundesrepublik Deutschland, Juli 2019, S. 33; im Internet: https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage /Arbeitspapiere/Arbeitspapier_05_2019.pdf (zuletzt aufgerufen am: 30.07.2019). 12 Leisner-Egensperger, NJW 2019, 2218, 2221. 13 Siehe Artikel des Bundesumweltamtes CO2-Bepreisung: Schneller Einstieg jetzt nötig, in Internet: https://www.umweltbundesamt.de/themen/CO2-bepreisung-schneller-einstieg-jetzt-noetig (zuletzt aufgerufen am 30.07.2019) 14 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, Sondergutachten 2019, Aufbruch zu einer neuen Klimapolitik, S. 67, Rn. 125 ff., wobei der Rat die Einführung einer derartigen Steuer lediglich als vorrübergehende Übergangslösung ansieht und langfristig die europaweite Ausweitung des EU-ETS als zielführendes Mittel erachtet. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 094/19 Seite 7 Emissionen endet.15 Schließlich schlagen Stimmen in der Fachliteratur schon länger Modelle vor, wonach eine Steuer an den bloßen Besitz eines CO2-schädlichen Gutes, bzw. dessen Ankauf angeknüpft wird.16 All diese Varianten stellen unterschiedliche Herangehensweisen dar, lassen sich derzeit aber auch alle unter den Begriff der CO2-Steuer subsumieren. Betontes Ziel der Bemühungen durch nahezu alle Strömungen hinweg ist es dabei, den Bürger nicht über die Maßen zu belasten. Deswegen werden auch verschiedene Entlastungsmodelle diskutiert . So wird etwa angeregt, die Einnahmen aus der CO2-Steuer an die Bürger mit einem festen Betrag zurückzuzahlen, so dass diejenigen Bürger, die sich CO2-günstig verhalten, sogar finanziell begünstigt werden. Andere Ansätze liegen darin, mit Einführung der CO2-Steuer bestehende Steuern, wie etwa die Stromsteuer zu senken oder die Mittel zur Absenkung der EEG-Umlage zu nutzen und so für eine Entlastung der Bürger zu sorgen. Je nachdem, wie genau die Ausgestaltung letztlich ausfällt, beantworten sich auch Detailfragen zu einer möglichen CO2-Steuer anders, sodass im Folgenden nur grobe Einschätzungen auf Grundlage des aktuellen Stands der Diskussionen dargelegt werden können. 3. Einordnung der CO2-Steuermodelle in die Steuerarten des Art. 106 GG Die genaue systematische Einordnung einer noch zu entwerfenden Steuer hängt damit natürlich von der konkreten Ausgestaltung der Steuer ab. Die angedeuteten Varianten lassen sich aber unter die Steuertypen des Art. 106 GG einordnen: Der Vorschlag des Umweltministeriums, einen Aufschlag auf die Energiesteuer vorzunehmen, würde auf den ersten Blick an der Einordnung der Energiesteuer als Verbrauchsteuer nichts ändern , sondern nur an deren Höhe. Hier muss allerdings das Problem gesehen werden, dass der CO2-Aufschlag von der Anknüpfung der Energiesteuer an den Verbrauch von Energieträgern selbst abweicht. Denn das Modell wäre eine Vermischung aus Besteuerung von Energieverbrauch und einer direkten Anknüpfung an eine CO2-Emission. Büdenbender merkt zu dem Vorschlag daher an, dass ein Aufschlag, der sich an CO2-Emissionen orientiert faktisch eine Steuer auf die CO2-Emission darstellt, die aber nach der Finanzverfassung gerade nicht zulässig ist. Der Katalog des Art. 106 GG würde quasi umgangen, indem die CO2-Emission als Teil einer Verbrauchsteuer 15 Büdenbender, Arbeitspapier 05/19, Rechtliche Rahmenbedingungen für eine CO2-Bepreisung in der Bundesrepublik Deutschland, Juli 2019, S. 32 f.; im Internet: https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin /dateiablage/Arbeitspapiere/Arbeitspapier_05_2019.pdf (zuletzt aufgerufen am: 30.07.2019). 16 Vgl. Schomerus, Abgaben als Instrument des Klimaschutzes, ZfZ 2010, 141, 146 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 094/19 Seite 8 besteuert würde.17 Mithin wird das Modell hinsichtlich seiner Zulässigkeit insgesamt in Frage gestellt.18 Auch das von Büdenbender vorgeschlagene Modell, eine CO2-Steuer an den Verbrauch bestimmter CO2-intensiver Güter anknüpfen zu lassen, wäre eine Verbrauchsteuer. Für dieses Modell müsste an solche Güter angeknüpft werden, deren Verbrauch zu CO2-Emissionen führt. Demnach würde die Steuer an den Verbrauch von Kohle, Erdgas, Benzin, Diesel und vergleichbaren Gütern anknüpfen.19 Dies wäre zwar keine unmittelbare Besteuerung einer CO2-Emission, aber immerhin ein zulässiges Mittel in Form einer Verbrauchsteuer, die – unter Anpassung von Energie- und Stromsteuer – zu einer Erhöhung des CO2-Preises führen würde, da jeder mit CO2-Emissionen belastete Verbrauch von Gütern betroffen wäre. Eine abweichende Einordnung ergibt sich für die Variante, in der beispielsweise an den Erwerb eines Primärenergieträgers als Rechtsvorgang angeknüpft wird. In einem solchen Modell wäre eine Verkehrsteuer zu sehen.20 Hier stellt sich aber ebenfalls die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit , da so die harmonisierten Voraussetzungen der Europäischen Energiesteuer-Richtlinie umgangen werden könnten.21 Außerdem stünden die Steuereinnahmen aus einer derart gestalteten Steuer den Ländern zu (Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG), was in dieser Form in der politischen Diskussion nicht vorgesehen ist. Schlussendlich soll auch die Möglichkeit erwähnt werden, eine Steuer direkt an CO2-Emissionen zu knüpfen, die erst durch eine Verfassungsänderung ermöglicht würde. Diese Steuer ließe sich demzufolge keinem der bekannten Steuertypen zuordnen.22 Zusammenfassend geht der Sachverständigenrat der Bundesregierung in seinem Gutachten davon aus, dass es am wahrscheinlichsten sei, dass die CO2-Steuer als Verbrauchsteuer ausgestaltet werde. Ob es ein Addendum zum Energiesteuergesetz oder ein eigenständiges CO2-Steuergesetz geben wird, lässt sich derzeit aber nicht sagen. Dies führt dazu, dass die Steuer als Verbrauchsteuer umlagefähig sein und den weiteren einschränkenden Voraussetzungen der Verfassung und auch der Verbrauchsteuer-Richtlinie genügen muss. 17 Büdenbender, Arbeitspapier 05/19, Rechtliche Rahmenbedingungen für eine CO2-Bepreisung in der Bundesrepublik Deutschland, Juli 2019, S. 32 f.; im Internet: https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin /dateiablage/Arbeitspapiere/Arbeitspapier_05_2019.pdf (zuletzt aufgerufen am: 30.07.2019). im Ergebnis ebenfalls Leisner-Egensperger, NJW 2019, 2218, 2221. 18 Andere Auffassung, sofern die Ausgestaltung der Steuer bestimmten Kriterien folgt: Leisner-Egensperger, NJW 2019, 2218, 2221. 19 Büdenbender, Arbeitspapier 05/19, Rechtliche Rahmenbedingungen für eine CO2-Bepreisung in der Bundesrepublik Deutschland, Juli 2019, S. 32 f.; im Internet: https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin /dateiablage/Arbeitspapiere/Arbeitspapier_05_2019.pdf (zuletzt aufgerufen am: 30.07.2019). 20 Vgl. insoweit Schomerus, Abgaben als Instrument des Klimaschutzes, ZfZ 2010, 141, 146 f. 21 Leisner-Egensperger, NJW 2019, 2218, 2221. 22 Siehe zu den dazu denkbaren Konstellationen: Leisner-Egensperger, NJW 2019, 2218, 2221. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 094/19 Seite 9 Final lässt sich die gestellte Frage der Einordnung aber – wegen der vielen Möglichkeiten der Ausgestaltungen – erst beantworten, wenn ein konkreter Gesetzentwurf vorliegt. 4. Anpassungsbedarf in bestehenden Gesetzestexten durch Einführung einer CO2-Steuer Auch die Frage danach, welche Gesetze im Einzelnen anzupassen wären, um eine CO2-Steuer zu implementieren, lässt sich stichhaltig nur beantworten, wenn ein konkreter Gesetzentwurf zur CO2-Steuer zur Diskussion steht. Insofern können auch dazu zunächst nur grobe Anhaltspunkte aufgezeigt werden. Zunächst ist vorwegzunehmen, dass sowohl mit der Einführung neuer Gesetze, als auch mit der umfassenden Anpassung bestehender Gesetze in einem Steuergesetzessystem immer auch notwendige redaktionelle Anpassungen einhergehen. Inwieweit diese notwendig sind, lässt sich konkret noch nicht beantworten. Darüber hinaus sind zwei Aspekte zu beachten, die Änderungen notwendig machen: zum einen die Frage der Steuererhebung (4.1), zum anderen die Frage der Mittelverwendung (4.2). 4.1. Anpassungsbedarf für die Erhebung einer CO2-Steuer Soll eine CO2-Steuer eingeführt werden, die direkt an die CO2-Emission als solche anknüpft, so müsste eine Grundgesetzänderung erfolgen. Dabei gibt es verschiedene Ansätze, die von der Einführung eines Steuererfindungsrechts des Bundes bis hin zur leichten Modifikation des Art. 106 GG und der Anpassung der Definition der Verbrauchsteuer gehen.23 Soll hingegen ein eigenes CO2-Steuergesetz als Lösung ohne Grundgesetzänderung neben dem existierenden Energie- und dem Stromsteuergesetz etabliert werden, so wird gefordert, dass dort die betroffenen Energiemengen jeweils steuerbefreit werden, um unterschiedliche bzw. gegenläufige Lenkungswirkungen zu vermeiden.24 Jedenfalls ist aber zu konstatieren, dass das neue CO2- Steuergesetz in den beiden genannten Gesetzestexten Berücksichtigung finden müsste, da sich die Bezugspunkte der Gesetzestexte dann überschneiden würden. Für den Fall, dass die Besteuerung von CO2 in Form einer Anpassung des Energiesteuergesetzes erfolgen soll, müsste dieses entsprechend angepasst werden. Dies meint nicht nur die Einführung neuer Vorschriften, sondern insbesondere auch eine Anpassung an das Gesamtsystem des Energiesteuerrechts unter Beachtung der europarechtlichen Vorgaben. Je nach Ausgestaltung müssen auch hier Anpassungen am Stromsteuergesetz vorgenommen werden. 23 Leisner-Egensperger, NJW 2019, 2218, 2221. 24 Ebd., 2218, 2219. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 094/19 Seite 10 4.2. Anpassungsbedarf hinsichtlich der geplanten Mittelverwendung In der aktuellen Diskussion besteht Einigkeit, dass der Bürger im Vergleich zur gegenwärtigen Steuerlast durch eine CO2-Steuer nicht signifikant mehr belastet werden soll.25 Je nachdem, mit welchen Instrumenten dieses Ziel verfolgt wird, ergeben sich auch daraus unterschiedliche Anpassungsnotwendigkeiten für den Gesetzgeber. Ist die Antwort auf die Mehrbelastung durch eine CO2-Steuer die Absenkung einer anderen, beispielsweise der Stromsteuer, so wäre der notwendige gesetzliche Anpassungsbedarf verhältnismäßig gering. Die Steuersätze der Stromsteuer müssten angepasst werden. Gleiches gilt bei Anpassung der Energiesteuer bzw. einer Senkung der EEG-Umlage entsprechend. Je nachdem allerdings , welche Steuer von einer solchen Senkung betroffen sein soll, müssten ggf. die Mindestsätze aus der Energiesteuer-RL beachtet werden.26 Komplexer ist die Frage nach notwendigen Anpassungen bei einem Erstattungsmodell, bzw. des Auszahlens eines Klimabonus. Denn ein derartiges Modell ist auf viele verschiedene Arten und Weisen denkbar. Dem Gesetzgeber steht dabei ein umfassendes Ermessen zu, dass nur durch den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG begrenzt ist.27 Je nach konkreter Ausgestaltung müssten die steuerrechtlichen und auch sozialrechtlichen Auswirkungen einer solchen Zahlung bewertet werden. Ferner müssten die Rahmenbedingungen für das Auszahlungsverfahren geregelt werden, wobei wiederum viele verschiedene Komponenten zu beachten wären. 5. Weitere (indirekte) Steuern auf CO2 Aus dem oben ausgeführten Grundsätzen ergibt sich bereits, dass es derzeit keine Steuer gibt, die CO2-Emissionen als solche direkt bepreist. Steuergesetze, die sich jedenfalls mittelbar auf CO2- Ausstoß beziehen lassen, sind das Stromsteuergesetz und das Energiesteuergesetz. Das Stromsteuergesetz allerdings besteuert Stromverbrauch, egal welcher Herkunft. Ob der Strom also aus Kohleverbrennung oder aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, macht für die Steuerpflicht prinzipiell keinen Unterschied, sodass allenfalls mittelbar und in entfernter Weise von einer CO2-Bepreisung gesprochen werden kann. Ähnliches gilt für die Energiesteuer, die an den Verbrauch sämtlicher Energiearten anknüpft, also sowohl fossiler wie auch erneuerbarer Energien .28 Ebenfalls zu nennen in diesem Zusammenhang ist die Kfz-Steuer. Deren Hauptzweck liegt aber in der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur und nicht im Umweltschutz. Zwar gibt es in 25 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, Sondergutachten 2019, Aufbruch zu einer neuen Klimapolitik, S. 109, Rn. 216 oder auch DIW: Für eine sozialverträgliche CO2-Bepreisung, S. 5, im Internet: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.635193.de/diwkompakt_2019-138.pdf (zuletzt aufgerufen am: 30.07.2019). 26 Büdenbender, Arbeitspapier 05/19, Rechtliche Rahmenbedingungen für eine CO2-Bepreisung in der Bundesrepublik Deutschland, Juli 2019, S. 41 f.; im Internet: https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin /dateiablage/Arbeitspapiere/Arbeitspapier_05_2019.pdf (zuletzt aufgerufen am: 30.07.2019). 27 Ebd. 28 Dazu insgesamt: Leisner-Egensperger, NJW 2019, 2218, 2218. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 094/19 Seite 11 § 3b Kraftfahrzeugsteuergesetz eine Steuerbefreiung für schadstoffarme Kraftfahrzeuge. Dieser Umstand allein führt allerdings nicht dazu, dass von einer CO2-Bepreisung gesprochen werden kann, insbesondere da die Vergünstigung nur eine von vielen darstellt. Als weitere Rechtsmaßnahmen, die den Preis von CO2 zu beeinflussen vermögen, sind noch die ordnungsrechtlichen Instrumente des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG), des Gesetzes zur Einsparung von Energie in Gebäuden (EnEG) und der Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (EnEV) zu nennen. Der einzige Rechtsmechanismus, der an CO2-Emissionen als solche anknüpft und den CO2-Preis auch direkt beeinflussen soll, bzw. beeinflusst ist das EU-ETS. ***