Bankensystem und Bankenaufsicht in Deutschland - Sachstand - © 2009 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 094/09 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Bankensystem und Bankenaufsicht in Deutschland Sachstand WD 4 - 3000 - 094/09 Abschluss der Arbeit: 02.07.2009 Fachbereich WD 4: Haushalt und Finanzen Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. - 3 - 1. Merkmale des deutschen Bankensystems1 1.1. Überblick Das deutsche Bankensystem ist von zwei Ebenen geprägt und gekennzeichnet durch eine Drei-Säulen-Struktur. Die erste Ebene umfasst die kundenorientierten Kreditinstitute, die auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind. Auf der zweiten Ebene befindet sich das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) nach Art 107 EG-Vertrag (EG), zu dem die Deutsche Bundesbank und ihre Hauptverwaltungen gehören. Diese verfolgen wirtschaftspolitische und volkswirtschaftliche Ziele. Sie sollen den Geldumlauf regeln, die Kreditversorgung der Wirtschaft sichern und Preisstabilität gewährleisten.2 Die Rechtsnormen zur Deutschen Bundesbank finden sich in dem entsprechenden „Gesetz über die Deutsche Bundesbank “ (BBankG)3, ihre Errichtung folgte dem Verfassungsauftrag aus Art. 88 Grundgesetz (GG). Man unterscheidet Universal- und Spezialbanken. In Deutschland gibt es typischerweise Universalbanken, d.h. jede Bank betreibt alle Bankgeschäfte und bietet sie ihrer Kundschaft an. Daneben gibt es Spezialbanken, von denen vor allem die Realkreditinstitute eine größere Bedeutung haben. Daneben gibt es Verbraucherkreditinstitute, deren Bedeutung stark zurückgegangen ist, Direktbanken und Discountbroker, die mit der Entwicklung der neuen Medien einhergehen und die 16 sogenannten „Banken mit Sonderaufgaben“, die bestimmte Finanzierungsaufgaben zu erfüllen haben oder denen die Bearbeitung staatlicher Kreditprogramme obliegt. Letztere arbeiten auf Basis der Wettbewerbsneutralität und nehmen Förder- und Strukturbankaufgaben im Rahmen der Daseinvorsorge der öffentlichen Hand wahr.4 1 Vgl. Claussen, Carsten Peter, Bank- und Börsenrecht,………… Rn. 26ff. 2 Art. 3 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, im Internet unter: http://www.ecb.int/ecb/legal/pdf/de_protocol_18.pdf; § 3 Gesetz über die Deutsche Bundesbank (BBankG), im Internet unter: http://www.bundesbank.de/download/presse/publikationen/bbkgesetz.pdf. 3 „Gesetz über die Deutsche Bundesbank“ in der Fassung vom 22.10.1992, BGBl. I 1992, S. 1782. 4 Zum Beispiel die KfW-Bankengruppe, im Internet unter: http://www.kfw.de/DE_Home/Die_Bank/index.jsp. - 4 - 1.2. Drei-Säulen-Struktur Die Drei-Säulen-Struktur des deutschen Bankenmarktes ist folgendermaßen gegliedert: Private Geschäftsbanken Diese sind privatrechtlich organisiert. Dazu zählen Großbanken, zum Beispiel die Deutsche Bank AG, Regionalbanken und Privatbankiers Öffentlich-rechtliche Kreditinstitute Alle Kreditinstitute dieser Säule sind nach dem öffentlichen Wirtschaftsrecht organisiert . Dazu zählen die Sparkassen und andere Banken in der Rechtsform des öffentlichen Rechts. Die Landesbanken üben die Zentralbankfunktion für die örtlichen Sparkassen aus. Die Sparkassen handeln nach drei Prinzipien: öffentlicher Auftrag, Geschäftsbeschränkungen und Regionalprinzip. Genossenschaftsbanken Die Genossenschaftsbanken sind überwiegend nach dem Genossenschaftsgesetz organisiert und haben die Rechtsidee des wirtschaftlichen Vereins, also der organisierten Selbsthilfe. Dazu zählen die Volksbanken und Raiffeisenbanken, die westdeutsche genossenschaftliche Zentralbank (WGZ-Bank) und die Deutsche Genossenschaftszentralbank (DZ-Bank). Diese Säulen haben sich geschichtlich entwickelt. Zunächst gab es nur Privatbankiers. Um auch die Bedürfnisse nach Geldgeschäften in geringem Umfang für die weniger wohlhabende Bevölkerungsschicht zu befriedigen, wurden dann Sparkassen und Landesbanken durch die Obrigkeit geschaffen. Als im Zuge der Industrialisierung und des globalen Handelns die finanziellen Bedürfnisse immer größer wurden, wurden Aktienbanken geschaffen. Diese Drei-Säulen-Form ist typisch für Deutschland, es gibt aber auch viele Mischformen und nicht alles kann der dargestellten Organisation eindeutig zugeordnet werden. - 5 - Drei-Säulen-Struktur Bilanzsumme insgesamt: 5.748,8 Mrd. Euro (Dez. 2007) 1. Säule 2. Säule 3. Säule Private Geschäftsbanken Bsp.: Deutsche Bank AG, Commerzbank AG Öffentlich-rechtliche Banken Bsp.: Sparkassen, Landesbanken Genossenschafts banken Bsp.: DZ Bank, WGZ Bank, Volksbanken Bilanzsumme: 2.257,8 Mrd. Euro (39,3 %) 2.632,1 Mrd. Euro (45,5 %) 894,9 Mrd. Euro (15,5 %) Großbanken (5) Landesbanken (12) Genossenschaftl. Großbanken (2) Bilanzsumme: 1.403,9 Mrd. Euro 1.587,2 Mrd. Euro 263,1 Mrd. Euro Regionalbanken und sonstige Kreditbanken (incl. ausländische Banken) Anzahl: 260 Sparkassen Anzahl: 458 Genossenschaften Volksbanken Anzahl: 1.236 Bilanzsumme: 853,9 Mrd. Euro 1.044,9 Mrd. Euro 631,8 Mrd. Euro Quelle: Deutsche Bundesbank 1.3. Mittelherkunft Bei der Mittelherkunft weisen die Großbanken, Landesbanken und genossenschaftliche Zentralbanken ein hohes Auslandsengagement auf. Dies gilt insbesondere für Großbanken , deren Mittel zu 34,3% aus dem Ausland kommen. Die Sparkassen und Genossenschaften sind eher verhalten, was ausländische Einlagen und aufgenommene Kredite angeht. Dies ist darauf zurück zuführen, das sie eine starke Ausrichtung auf das Privat- - 6 - kundengeschäft haben; sie beziehen zwei Drittel ihrer Mittel aus inländischen Einlagen von Nichtbanken. 1.4. Mittelverwendung Auch hinsichtlich der Mittelverwendung besteht bei den Großbanken, Landesbanken und genossenschaftlichen Großbanken eine hohe Auslandsaktivität. Der Anteil der Inlandsgeschäfte beträgt bei alle Dreien nur 50% und weniger an der Bilanzsumme. Die Sparkassen und Kreditgenossenschaften hingegen sehen die Inlandsgeschäfte als ihr Hauptanliegen an (89,4 % bzw. 86,4% der Bilanzsumme). Dabei steht die Kreditvergabe an inländische Unternehmen und Privatpersonen im Zentrum ihrer Geschäftstätigkeit (mehr als 50% der Bilanzsumme)5 2. Bankenaufsicht 2.1. Überblick Mit Gründung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) im Jahre 2002 wurde in Deutschland die Allfinanzaufsicht eingeführt und damit eine neue staatliche Aufsicht geschaffen, die den gesamten Finanzmarkt umfasst und überwacht. Die bisherigen einzelnen Organe wurden abgeschafft und eine Einheit aus den Aufsichten für das Versicherung-, Banken- und Wertpapierwesen errichtet. Dementsprechend ist die interne Struktur der BaFin von den drei Aufsichtssäulen Bankenaufsicht, Versicherungsaufsicht und Wertpapieraufsicht/Asset-Management geprägt, ein Hinweis auf die Aufgaben der ehemaligen drei Aufsichtsämter, die in diesen Säulen aufgegangen sind. Die Bankenaufsicht in Deutschland wird heute durch die BaFin und durch die Deutsche Bundesbank ausgeübt. Daneben sind im Bereich der Börsenaufsicht die zuständigen obersten Landesbehörden mit der Aufsicht betraut (§ 3 BörsG), worauf im Folgenden nicht näher eingegangen wird. Ziel der Bankenaufsicht ist es, die Funktionsfähigkeit des Finanzsektors einer Volkswirtschaft sicherzustellen.7 Nach § 6 Kreditwesengesetz8 (KWG) soll die BaFin Miss- 5 Vgl. hierzu Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Das Deutsche Finanzsystem. Effizienz steigern – Stabilität erhöhen. Juni 2008, S. 87ff. http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/index.php 7 Glossareintrag des BMF unter http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_39814/DE/BMF__Startseite/Service/Glossar/B/007__Bank enaufsicht.html. 8 Kreditwesengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S.2776), zuletzt geändert durch Artikel 27 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S.2794). - 7 - ständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenwirken, die die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen oder die erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können. Primäre rechtliche Grundlage für die Beaufsichtigung von Bankgeschäften und sonstigen Finanzdienstleistungen ist das KWG. Daneben sind das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) als auch einige Spezialgesetze wie etwa das Depot- oder Baussparkassengesetz zu erwähnen. 2.2. Aufgaben und Befugnisse der einzelnen Akteure 2.2.1. BaFin Die BaFin ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Als deutsche Allfinanzaufsicht kontrolliert bzw. beaufsichtigt sie Banken, Finanzdienstleister, Versicherer und den Wertpapierhandel. Da sie sich ausschließlich über Gebühren und Umlagen der beaufsichtigten Institute und Unternehmen finanziert, ist sie vom Bundeshaushalt unabhängig . Differenziert wird bei der Bankenaufsicht durch die BaFin zwischen der Erlaubniserteilung und der laufenden Aufsicht. Erlaubniserteilung Wer in Deutschland Bankgeschäfte betreiben will, benötigt hierfür eine schriftliche Erlaubnis der BaFin nach § 32 KWG. Voraussetzung hierfür ist u.a. ein Mindest-Anfangskapital, fachlich geeignete und zuverlässige Geschäftsführer sowie ein tragfähiger Geschäftsplan. Laufende Aufsicht Im Rahmen der Bankenaufsicht werden Institute nach ihrer Gründung laufend überwacht. Hierbei wird dafür Sorge getragen, dass die Institute die gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Grundsätze für Bankgeschäfte einhalten. Nach § 10 KWG müssen Kreditinstitute über angemessene Eigenmittel verfügen. Weiterhin - 8 - wird geprüft, ob die Liquidität ausreichend ist (§ 11 KWG), ob die Institute also ihre Mittel so anlegen, dass jederzeit eine ausreichende Zahlungsfähigkeit gewährleistet ist. Hauptaugenmerk richtet sich darauf, dass Institute genügend Eigenkapital und Liquidität vorhalten und angemessene Risikokontrollmechanismen installiert haben. Neben diversen Meldepflichten gegenüber der BaFin dienen ihr u.a. Jahresabschlüsse , Prüfberichte sowie monatliche Kurzbilanzen – die sog. Monatsausweise – als Informationsquellen. Zudem kann sie Sonderprüfungen vor Ort durchführen . Bei ihrer Solvenzaufsicht verfügt die BaFin über weitreichende Kompetenzen der Gefahrenabwehr. Dies reicht von schriftlichen Abmahnungen über Bußgelder bis hin zum Entzug der Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften und dem Schließen der Geschäftsräume. Zudem kann die BaFin gegenüber dem Aufsichtsorgan verlangen, dass unqualifizierte Geschäftsleiter abberufen werden bzw. durch einen Sonderbeauftragten ersetzt werden. Auch kann sie Befugnisse eines Aufsichtsorgans auf einen Sonderbeauftragten übertragen.9 2.2.2. Deutsche Bundesbank Die Bundesbank übernimmt zum überwiegenden Teil die operative Bankenaufsicht. Ihr obliegen die Auswertungen der von Instituten eingereichten Unterlagen, Meldungen, Jahresabschlüssen und Prüfberichte sowie bankgeschäftliche Prüfungen. Außerdem prüft sie die Risikosysteme der Banken. Praktisch ist die Bundesbank in allen Bereichen der Bankenaufsicht beteiligt, so etwa im Prozess der laufenden Aufsicht, beim Erlass allgemeiner Regeln sowie bei bankenaufsichtlichen Prüfungen.10 2.3. Abstimmung zwischen BaFin und Bundesbank Die Zusammenarbeit zwischen BaFin und Deutscher Bundesbank ist in § 7 KWG geregelt . Danach wertet die Deutsche Bundesbank im Rahmen der laufenden Aufsicht unter anderem von Instituten regelmäßig einzureichende Berichte und Meldungen aus und prüft, ob die Eigenkapitalausstattung und die Risikosteuerungsverfahren der Institute angemessen sind. Gegenüber der operativen Bankenaufsicht durch die Deutsche Bundesbank übernimmt die BaFin Verantwortung für alle hoheitlichen Maßnahmen. 9 Vgl. Darstellung zur Bankenaufsicht auf der Homepage der BaFin unter http://www.bafin.de/cln_109/nn_722834/DE/BaFin/Aufgaben/Bankenaufsicht/bankenaufsicht__node.ht ml?__nnn=true. 10 Siehe Homepage der Deutschen Bundesbank unter http://www.bundesbank.de/bankenaufsicht/bankenaufsicht_bafin.php. - 9 - Konkreter regelt eine Richtlinie zur Durchführung und Qualitätssicherung der laufenden Überwachung der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute die jeweilige Abgrenzung zwischen BaFin und Bundesbank.11 Im August 2008 hatte das BMF das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) mit einem Forschungsprojekt beauftragt, die Arbeitsweise der deutschen Bankenaufsicht genauer zu beleuchten. Zwar bestätigte das Gutachten12 die insgesamt gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen BaFin und Deutscher Bundesbank, allerdings zeigte der Bericht auch einige strukturelle Schwachstellen auf. So habe man sich in der Vergangenheit bei der Beaufsichtigung der Institute zu stark auf einzelwirtschaftliche Gesichtspunkte gestützt und dabei systemrelevante Komponenten und gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge vernachlässigt. 11 Aufsichtsrichtlinie in der Fassung vom 21.02.2008, erlassen durch die BaFin im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank, zu finden unter http://www.bundesbank.de/download/bankenaufsicht/pdf/aufsichtsrichtlinie.pdf. 12 Kurzfassung des Gutachtens zur Arbeitsweise der Bankenaufsicht vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise auf der Homepage des BMF, http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_53848/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Geld__und__Kred it/042Bafin__anl,property=publicationFile.pdf.