© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 093/19 Voraussetzungen für die Kindergeldabzweigung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 093/19 Seite 2 Voraussetzungen für die Kindergeldabzweigung Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 093/19 Abschluss der Arbeit: 9. Juli 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 093/19 Seite 3 1. Fragestellung Welche Voraussetzungen gelten für eine Kindergeldabzweigung? 2. Kindergeldabzweigung gemäß Einkommensteuergesetz Die sogenannte Kindergeldabzweigung, also die Zahlung des Kindergelds an eine andere Person oder Stelle als den Anspruchsberechtigten (im Regelfall die Eltern), ist in § 74 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt.1 § 74 Abs. 1 EStG ist eine Kann-Vorschrift. Es besteht keine Pflicht, einen Antrag auf Kindergeldabzweigung zu stellen, auch nicht zum Erhalt von Sozialleistungen. Die Kindergeldkasse hat bei der Gewährung des Antrags einen gewissen Ermessensspielraum. Der Antrag auf Kindergeldabzweigung ist nur im Vorhinein möglich. Ist das Kindergeld bereits ausgezahlt, darf eine Antragstellung auf Abzweigung nicht mehr gestellt werden. Antragsberechtigt ist zum einen das volljährige Kind. Zum anderen kann jede andere Person oder Stelle, die dem Kind ganz oder teilweise Unterhalt gewährt, einen Antrag auf Kindergeldabzweigung stellen. Eine solche Stelle ist zum Beispiel der Träger der Sozialhilfe, der das Kind unterstützt . Die Eltern können einen solchen Antrag nicht stellen. In einem schriftlichen Antrag (auf einem Vordruck) muss das Kind oder die andere Person oder Stelle im Einzelnen darlegen, dass die Voraussetzungen für eine Abzweigung nach § 74 Abs. 1 EStG vorliegen. Voraussetzungen sind, dass – die Eltern regelmäßig keinen Unterhalt an das Kind leisten oder – die Eltern mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig sind oder – die Eltern nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten brauchen, der geringer ist als das zustehende Kindergeld. Eine Auszahlung an das Kind selbst ist nur möglich, wenn es für sich selbst sorgt, zum Beispiel in einer eigenen Wohnung. Die Kindergeldkasse prüft jeden Einzelfall und entscheidet in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens .2 Den Eltern ist Gelegenheit zu geben, sich binnen zwei Wochen zu äußern. 1 § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) I beinhaltet zwar auch die Auszahlung von Kindergeld bei Verletzung der Unterhaltspflicht, gilt aber wegen der vergleichbar ausgestalteten Parallelvorschrift im Einkommensteuergesetz, das auch die Vorschriften für den Kindergeldbezug beinhaltet, nicht. Vgl. Gutzler, Stephan: SGB I § 48 Randnummer 2, in: BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 52. Edition, Stand 1. Dezember 2018. 2 § 5 Abgabenordnung (AO). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 093/19 Seite 4 Die Höhe des Abzweigungsbetrags hängt von der Unterhaltsleistung der Eltern ab. Deshalb reduziert sich der Ermessensspielraum der Kindergeldkasse auf Null, wenn eine der oben genannten Bedingungen vorliegt. In diesen Fällen hat die Kindergeldkasse gemäß § 76 EStG den auf das Kind entfallenden Anteil des Kindergelds an den Antragsteller auszuzahlen.3 Allerdings werden bei der Prüfung der Höhe des Abzweigungsbetrags auch geringe Unterhaltsleistungen der Eltern, zum Beispiel Barunterhalt, einbezogen. In diesem Fall hat die Kindergeldkasse einen Ermessenspielraum bei der Höhe der Kindergeldabzweigung, maximal bis zur oben genannten Höhe.4 * * * 3 Bei Berechnung des auf das Kind entfallenden Kindergeldanteils werden bei mehreren Kindern die "Zahlkinder ", für die tatsächlich Kindergeld ausgezahlt wird, und die "Zählkinder", bei denen andere Personen, zum Beispiel die Großeltern, vorrangig berechtigt sind, berücksichtigt. 4 Entnommen aus Bundeszentralamt für Steuern: Dienstanweisung zum Kindergeld nach den Einkommensteuergesetz (DA-KG) Stand 2018, unter: https://www.bzst.de/SharedDocs/Downloads/DE/Dienstanweisungen/DA- KG.html, abgerufen am 8. Juli 2019.