© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 092/19 Umsetzung der Schuldenbremse in den Bundesländern Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/19 Seite 2 Umsetzung der Schuldenbremse in den Bundesländern Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 092/19 Abschluss der Arbeit: 1. August 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Rechtliche Grundlage 4 3. Umsetzungsmöglichkeiten der Schuldenbremse durch die Länder 5 4. Umsetzung in den einzelnen Ländern 6 5. Verhältnis der Schuldenbremse auf Landesebene zum EU- Recht 7 6. Nicht durch Art. 109 Abs. 3 GG erfasste Verschuldungen 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/19 Seite 4 1. Fragestellung Der Antragsteller bittet um Beantwortung diverser Einzelfragen zum Themenkomplex „Umsetzung der Schuldenbremse in den Bundesländern“. 2. Rechtliche Grundlage Art. 109 Abs. 3 GG begründet ein grundsätzliches Verbot struktureller, also konjunkturunabhängiger , Neuverschuldung für die Länder, wobei für den Bund die Neuverschuldung auf maximal 0,35 % des nominellen Bruttoinlandsprodukts begrenzt wird.1 Ausnahmen sind im Fall von Naturkatastrophen oder Wirtschaftskrisen erlaubt. Für die Länder ist allein Art. 109 Abs. 3 GG maßgeblich , während für den Bund ergänzend Art. 115 Abs. 2 GG hinzutritt. Ausnahmen vom Verbot des Art. 109 Abs. 3 GG müssen landesrechtlich geregelt werden und dürfen das Regelungsziel nicht unterlaufen. Mit dem in Art. 109 GG für Bund und Länder gemeinsam verankerten Grundsatz des (strukturell) ausgeglichenen Haushalts wird der Grundgedanke der Goldenen Regel des alten Art. 115 GG abgelöst , die Reform der Verschuldensregeln folgt damit der Philosophie des Europäischen Stabilitäts - und Wachstumspakts, wonach die Haushalte der Mitgliedstaaten „annähernd ausgeglichen sein oder einen Überschuss aufweisen“ sollen (mittelfristiges Haushaltsziel).2 Um eine langfristig tragfähige Entwicklung der öffentlichen Finanzen zu sichern, sehen die europäischen Vorgaben eine Begrenzung des strukturellen Defizits auf das länderspezifische mittelfristige Haushaltsziel vor. Dieses liegt für Deutschland (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen, jeweils einschließlich Extrahaushalten) bei einem strukturellen Defizit von maximal 0,5 % des BIP. Um eine möglichst große Annäherung des für die Schuldenbremse maßgeblichen Haushaltssaldos an den für die europäischen Vorgaben relevanten Finanzierungssaldo zu erreichen, werden – anders als im Art. 115 GG a.F. – Einnahmen und Ausgaben bei der Ermittlung der Neuverschuldungsobergrenze um finanzielle Transaktionen bereinigt (§ 3 Ausführungsgesetz zu Art. 115 GG – G 115). Erlöse aus Privatisierungen beispielsweise können nicht zur Einhaltung der Kreditgrenzen beitragen.3 Im Rahmen des Grundsatzes ausgeglichener Haushalte gewährt Art. 115 GG in der aktuellen Fassung dem Bund einen eng begrenzten strukturellen, also unabhängig von der konjunkturellen Lage bestehenden, Verschuldungsspielraum. Die Einhaltung der 0,35-Prozent-Grenze ist für den Bund seit dem Jahr 2016 zwingend, das Verbot der Nettokreditaufnahme der Länder tritt ab dem Jahr 2020 in Kraft. Die 0,35-Prozent-Grenze des Art. 115 GG kann nicht mehr durch Einrichtung von Sondervermögen umgangen werden, da alle seit 2011 gegründeten Sondervermögen im Rah- 1 Vgl. Dreier/Heun, 3. Aufl. 2018, GG Art. 109 Rn. 35. 2 BMF, Kompendium zur Schuldenbremse des Bundes, S. 6. 3 BMF, Kompendium zur Schuldenbremse des Bundes, S. 8 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/19 Seite 5 men der Schuldenbremse berücksichtigt werden. Die Einhaltung der Vorgaben der Schuldenbremse wird nach Art. 109a Abs. 2 GG, § 2 S. 2 StabiRatG durch den Stabilitätsrat überwacht, wodurch die Schuldenbremse institutionell und prozedural verstärkt wird.4 Art. 143d Abs. 2 GG sieht Konsolidierungshilfen für verschiedene Bundesländer vor, die ihnen das Erreichen des erforderlichen Konsolidierungsziels mit Blick auf das Eingreifen der Schuldenbremse im Jahr 2020 erleichtern sollen.5 Im Fall der Inanspruchnahme der Konsolidierungshilfe ist einem vereinbarten Konsolidierungspfad zu folgen, Art. 143d Abs. 2 S. 5 GG. Der Stabilitätsrat überwacht die Einhaltung des vereinbarten Konsolidierungspfades durch die Länder, die Konsolidierungshilfen erhalten, Art. 143 Abs. 2 S. 5 GG, § 2 Abs. 2, 3 Konsolidierungshilfengesetz. Die 2017 ergänzte Ermächtigung des Art. 143d Abs. 4 GG, den Ländern Bremen und Saarland als Hilfe zur künftig eigenständigen Einhaltung der Vorgaben des Art. 109 Abs. 3 GG ab 2020 Sanierungshilfen zu gewähren6, wurde durch das Sanierungshilfengesetz des Bundes (SanG) ausgefüllt . Die sich aus der Gewährung der Sanierungshilfen ergebende Finanzierungslast wird allein vom Bund getragen, Art. 143d Abs. 4 Satz 1 GG, § 3 SanG. Die Einhaltung der Verpflichtungen der Empfängerländer aus diesem Gesetz wird durch das Bundesministerium der Finanzen geprüft , § 2 SanG.7 3. Umsetzungsmöglichkeiten der Schuldenbremse durch die Länder Nach Art. 109 Abs. 3 S. 5 GG regeln die Länder die Umsetzung im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen, mit der Maßgabe, dass Art. 109 Abs. 3 S. 1 GG nur dann entsprochen ist, wenn keine Einnahmen aus Krediten zugelassen werden. Der Regelungsauftrag steht unter Vorbehalt eines förmlichen Gesetzes, wobei den Ländern materiell Gestaltungsspielraum zukommt . Dieser gestattet Regelungen über die Bereinigung um finanzielle Transaktionen sowie eigenständige Festsetzung der Folgen im Falle eines Verstoßes.8 Sogenannte Strukturanpassungsklauseln mit denen der Landesgesetzgeber eine Neuverschuldung auch für den Fall zulässt, dass 4 Vgl. Kube in Maunz/Dürig, 86. EL Januar 2019, GG Art. 109a Rn. 8. 5 Vgl. Kube in Maunz/Dürig, 86. EL Januar 2019, Erl. zu Art. 143d GG, Rn. 25 ff. 6 Vgl. Kube in Maunz/Dürig, 86. EL Januar 2019, Erl. zu Art. 143d GG, Rn. 59 ff. 7 Vgl. Kube in Maunz/Dürig, 86. EL Januar 2019, GG Art. 109a Rn. 12. 8 Vgl. BT-Drs. 16/12410, 17; Reimer in BeckOK Grundgesetz/Reimer, 41. Ed. 15.2.2018, GG Art. 109 Rn. 79. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/19 Seite 6 der Bund dem Land zusätzliche Aufgaben zuweist, ohne unmittelbar9 oder mittelbar10 für finanziellen Ausgleich zu sorgen, sind von Art. 109 Abs. 3 S. 5 GG hingegen nicht erfasst.11 Die landesrechtliche Ausgestaltung muss der Regel des Nettoneuverschuldungsverbots gemäß Art. 109 Abs. 3 Satz 1 und 5 GG und damit dem Ausnahmecharakter der konjunkturbedingten Modifikation bei anormaler konjunktureller Entwicklung berücksichtigen, sachlich muss die Feststellung, ob eine Abweichung von der Normallage der konjunkturellen Entwicklung vorliegt, ermöglicht und auf Rechtsfolgenseite bestimmt werden, inwiefern die festgestellte Abweichung eine Nettokreditaufnahme rechtfertigt, oder eine Tilgung verlangt.12 Für die Länder ist die Umsetzung der Schuldenbremse auf landesrechtlicher Ebene auf zwei Wegen möglich13: a. Kombiniert verfassungs- und haushaltsrechtliche Umsetzung: Landesrechtliche Umsetzung der Schuldenbremse des Art. 109 Abs. 3 GG in der jeweiligen Landesverfassung, mit konkretisierenden Bestimmungen in einfachen Landesgesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften des Landes. b. Haushaltsrechtliche Umsetzung: Die Verfassungsebene bleibt ausgeblendet und die Umsetzung erfolgt primär im Gesetzesrecht, insbesondere in der Landeshaushaltsordnung, und, insoweit in Übereinstimmung mit der ersten Option, in Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften. 4. Umsetzung in den einzelnen Ländern Eine vergleichende tabellarische Übersicht zum Umsetzungsstand in den einzelnen Ländern kann der Anlage entnommen werden. 9 Vgl. Art. 104a Abs. 3 GG. 10 Vgl. Art. 106 Abs. 4 GG. 11 Reimer in BeckOK Grundgesetz/Reimer, 41. Ed. 15.2.2018, GG Art. 109 Rn. 80; Hierzu allg. Buscher/Fries, Gestaltungsmöglichkeiten der Bundesländer bei der Schuldenbremse, in Junkernheinrich u.a. (Hrsg.), Jahrbuch für öffentliche Finanzen, 2012, 367; Gröpl LKRZ 2010, 401 (404, 406). Speziell zur Rechtslage in Rheinland-Pfalz (vgl. Art. 117 Abs. 1 Nr. 2 lit. b LVerf RhPf.) Steinbach/Rönicke, Umsetzung der Schuldenbremse in Rheinland- Pfalz – Vorreiter und Vorbild?, in Junkernheinrich ua (Hrsg.), Jahrbuch für öffentliche Finanzen, 2013, 339. 12 Kube in Maunz/Dürig, 86. EL Januar 2019, GG Art. 109 Rn. 183. 13 Vgl. Prof. Dr. Markus Heintzen, Der Regelungsort der Schuldenbremse, S. 1, abrufbar unter: http://www.berlin .de/sen/finanzen/haushalt/nachrichten/2018_fu_prof_heintzen.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/19 Seite 7 5. Verhältnis der Schuldenbremse auf Landesebene zum EU-Recht Die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten der EU wird durch das Zusammenwachsen auf wirtschafts - und währungspolitischem Gebiet seit Beginn der 1990er Jahre (Vertrag von Maastricht vom 7.2.1992, ABl. 92/C 191 S. 1) beeinflusst.14 Der im Jahr 1997 geschlossene Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) ist ein regelbasierter Rahmen für die Koordinierung und Überwachung der nationalen Finanzpolitiken, mit dem Ziel, solide öffentliche Finanzen zu garantieren, als Voraussetzung für das korrekte Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion.15 Der SWP ist kein Abkommen im engeren Sinn, sondern besteht aus drei Teilen.16 Aus der Entschließung des Europäischen Rats vom 17.6.1997(i), ergänzt durch den Bericht über die Verbesserung der Umsetzung des SWP, einer präventiven Komponente , der sogenannten Wirtschaftspolitiken-Koordinierungsverordnung17(ii), die sich auf Art. 121 Abs. 6 AEUV stützt. Diese schafft ein „Frühwarnsystem“, das die wirtschaftspolitische Überwachung nach Art. 121 AEUV mit dem Defizitkontrollsystem des Art. 126 AEUV verbindet, wodurch die Gefahr einer Staatsverschuldungskrise verringert werden soll.18 Außerdem werden die Mitgliedstaaten verpflichtet mittelfristige Haushaltsziele und Stabilitätsprogramme zu erstellen und umzusetzen. Die sogenannte Defizitverfahrensverordung19(iii) als repressive Komponente des SWP (näheres zum Defizitverfahren unten).20 Von Art. 109 Abs. 2 GG nicht erwähnt wird der sogenannte „Fiskalpakt“.21 Die Bezeichnung steht für den Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion vom 2.3.2012, dessen Art. 3-8 bilden den „Fiskalpolitischen Pakt“. Mit dem Ziel einer nachhaltigen Haushaltspolitik wird ein maximales Defizit von 0,5 % des BIP zugelassen, gleichzeitig soll die Gesamtverschuldung gesenkt werden, wenn diese mehr als 60 % des BIP beträgt. 14 Gröpl in BHO/Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO Einleitung Rn. 63.. 15 BMF, https://www.bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Themen/Europa/Stabilisierung_des_Euroraums/Haushaltspolitische _Ueberwachung_der_EU/Stabilitaets_und_Wachstumspakt/stabilitaets_und_wachstumspakt .html. 16 Gröpl in BHO/Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO Einleitung Rn. 84ff. 17 VO (EG) 1466/97 v. 7.7.1997 (ABl. L 209 S. 1), zuletzt geändert durch VO (EU) 1175/2011 v. 16.11.2011 (ABl. L 306 S. 12). 18 Gröpl in BHO/Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO Einleitung Rn. 85. 19 VO (EG) 1467/97 v. 7.7.1997 (ABl. L 209 S. 6), zuletzt geändert durch VO (EU) 1177/2011 v. 8.11.2011 (ABl. L 306 S. 33). 20 Gröpl in BHO/Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO Einleitung Rn. 86. 21 Gröpl in BHO/Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO Einleitung Rn. 101. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/19 Seite 8 Als eigenständiger völkerrechtlicher Vertrag tritt der „Fiskalpakt“ paraunional neben den Rechtsrahmen der EU.22 Die nationalen Schuldenbremsen in Art. 109 Abs. 3, 115 Abs. 2 GG setzen Grenzen, die unter den defizitbezogenen Vorgaben des Unionsrechts (Art. 126 AEUV und diverse Verordnungen) sowie des „Fiskalpakts“ liegen.23 Außerhalb des GG nimmt das deutsche Recht unmittelbar auf das Unionsrecht Bezug. Nach § 51 Abs. 1 HGrG berät der Stabilitätsrat Bund, Länder und Kommunen, um eine bessere Koordinierung der Haushalts- und Finanzplanung zu gewährleisten. Rechtsakte der EU aufgrund von Art. 121, 126 und 136 AEUV zu befolgen ist darin ausdrücklich vorgeschrieben . Nach § 51 Abs. 2 HGrG darf das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit von 0,5 % des BIP auch von Gemeinden und Sozialversicherungen nicht überschritten werden.24 Art. 109 Abs. 2 GG verpflichtet nicht nur den Bund, sondern auch die Länder zur Einhaltung der Defizitgrenzen des Art. 104 EGV (heute Art. 126 AEUV). Art. 126 AEUV wird durch Protokoll Nr. 12 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (Defizitprotokoll25) konkretisiert. Das Defizitprotokoll ist Bestandteil des Primärrechts.26 Alle Mitgliedstaaten der EU sind danach verpflichtet , keine übermäßigen öffentlichen Defizite zu verursachen, die Einhaltung wird von der EU-Kommission überwacht, Art. 126 Abs. 2 AEUV. Im Falle eines Verstoßes wird ein Verfahren gegen den Mitgliedsstaat eingeleitet, das in Art. 126 Abs. 3 – 14 geregelt ist.27 Sofern die EU Sanktionen gegen Deutschland nach Art. 126 AEUV verhängt, sind diese nach Art. 109 Abs. 5 S. 1 GG von Bund und Ländern im Verhältnis 65 zu 35 zu tragen. Nach Art. 109 Abs. 5 S. 2 GG wird die Sanktionslast zu 35 % nach der Zahl der Einwohner bemessen („Solidarbeitrag“) und zu 65 % nach dem Verursachungsbeitrag. Näheres ist im Gesetz zur innerstaatlichen Aufteilung von Sanktionszahlungen zur Sicherstellung der Haushaltsdisziplin in der Europäischen Union (Sanktionszahlungs AufteilungsG) festgelegt. Innerstaatlich erfüllen Bund und Länder gemeinsam die nach außen allein den Bund treffende Verpflichtung aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt.28 Dabei ist der Bund für Defizite der ihm zugeordneten Sozialversicherungsträger und sind die Länder für Defizite der Gemeinden und Gemeindeverbände verantwortlich.29 Dem folgt auch die Aufteilung der Folgen von Sanktionsmaß- 22 Gröpl in BHO/Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO Einleitung Rn. 95, 101. 23 Gröpl in BHO/Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO Einleitung Rn. 102. 24 Gröpl in BHO/Gröpl, 2. Aufl. 2019, BHO Einleitung Rn. 104. 25 BGBl 1992 II, 1309. 26 Vgl. Art. 51 EUV. 27 Vgl. dazu Häde, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. (2011), AEUV Art. 126 Rdnrn. 12 ff.; Hahn/Häde, Währungs R, 2. Aufl. 2010, § 27 Rdnrn. 29 ff.; Kramer/Hinrichsen/Lauterbach, Die Schuldenbremse des Grundgesetzes , JuS 2012, 899. 28 Kramer/Hinrichsen/Lauterbach, Die Schuldenbremse des Grundgesetzes, JuS 2012, 896. 29 Vgl. BT-Dr 16/12410, S. 11; Christ, NVwZ 2009, 1333, 1338. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/19 Seite 9 nahmen nach Art. 109 Abs. 5 GG. In welchem Umfang Bund und Länder jeweils die vom Unionsrecht eröffneten Verschuldungsspielräume, insbesondere die 3%-Grenze für die Neuverschuldung , nutzen dürfen und wer somit letztendlich für eine Überschreitung des Gesamtdefizitrahmens verantwortlich ist, ist im Grundgesetz nicht ausdrücklich geregelt.30 Diese Problematik wird in gewissem Umfang dadurch relativiert, dass innerstaatlich Art. 109 Abs. 3 GG der Neuverschuldung von Bund und Ländern unter den Unionsvorgaben liegende Grenzen setzt.31 6. Nicht durch Art. 109 Abs. 3 GG erfasste Verschuldungen Von der Regelung des Art. 109 Abs. 3 GG werden andere Rechtsträger des öffentlichen Rechts und des Privatrechts wie Gemeinden, Gemeindeverbände, Sozialversicherungsträger und sonstige rechtlich selbstständige Sondervermögen und Gesellschaften ausdrücklich nicht erfasst.32 Obwohl deren Defizite zum überwiegenden Teil im Rahmen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts berücksichtigt werden, wurde auf eine Unterstellung unter die Regelung des Art. 109 Abs. 3 GG verzichtet, dies in erster Linie aus Gründen der Praktikabilität.33 Dies wird teilweise kritisiert und in diesem Zusammenhang eine verfassungsrechtliche Anpassung gefordert .34 Davon zu trennen ist aber die Frage nach den gegenständlich einbezogenen Haushalten. Schon unter Art. 109 Abs. 2 a.F. hatte das BVerfG für die Untergliederungen der Länder, namentlich die Gemeinden und Gemeindeverbände, eine unmittelbare Bindung bislang offen gelassen.35 Die heutige Formulierung des Art. 109 Abs. 3 S. 1 GG lässt offen, ob die Haushalte der mittelbaren Staatsverwaltung miterfasst werden. Daher wird die Anwendbarkeit der Defizitbegrenzung auf die kommunalen Haushalte unterschiedlich beurteilt.36 30 Dazu Kube, in: Maunz/Dürig, Art. 109 Rn. 82. 31 Zum Folgenden Kube, in: Maunz/Dürig, 86. EL Januar 2019, GG Art. 109 Rn. 83 m.w.N. 32 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 109 Rdnr. 11; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Suppl. 2010 zur 2. Aufl. 2008, Art. 109 Rdnr. 36. 33 BT-Drucks. 16/12 410, S. 10 f. („unerfüllbare Informationsanforderungen“); auch Kienemund, in: Hömig (Hrsg.), GG, 9. Aufl. 2010, Art. 109 Rdnr. 9. Freilich müssen die einzelnen Defizite, soweit sie im Rahmen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts erfasst werden, auch gemeldet werden und mithin bekannt sein; ähnlich G. Kirchhof, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 109 Rdnr. 83 (unter Verweis auf die Einbeziehung der Defizite von Sozialversicherungsträgern in die Staatshaushalte einzelner Länder); kritisch zur Begründung des Gesetzentwurfs auch Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl. 2011, Art. 109 Rdnr. 49; Reimer, in: BeckOK zum GG, Stand: 15. Januar 2011, Art. 109 Rdnr. 50. 34 So z.B. Kube in : Maunz/Dürig, 86. EL Januar 2019, GG Art. 109 Rn. 119. 35 BVerfG NVwZ 1990, 357 unter II.3.b. 36 statt aller Groh, Schuldenbremse und kommunale Selbstverwaltungsgarantie, LKV 2010, 1 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/19 Seite 10 Die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen durch den Bund unterliegen dem Vorbehalt des Gesetzes aus Art. 115 Abs. 1 GG, nicht aber den materiellen Grenzen des Art. 115 Abs. 2 GG.37 Darunter fallen alle Sicherheitsleistungen durch den Bund, Kreditaufträge bei denen der Bund einem anderen den Auftrag erteilt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einem Dritten einen Kredit zu geben.38 Voraussetzung ist, dass sich diese kreditähnlichen Verpflichtungen erst in einem zukünftigen Rechnungsjahr realisieren.39 *** 37 Reimer in BeckOK Grundgesetz/Reimer, 41. Ed. 1.3.2015, GG Art. 115 Rn. 23. 38 Reimer in BeckOK Grundgesetz/Reimer, 41. Ed. 1.3.2015, GG Art. 115 Rn. 24; Kube in: Maunz/Dürig, 86. EL Januar 2019, GG Art. 115 Rn. 79-81. 39 Reimer in BeckOK Grundgesetz/Reimer, 41. Ed. 1.3.2015, GG Art. 115 Rn. 25.