© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 092/18 Regulierung von Initial Coin Offerings Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/18 Seite 2 Regulierung von Initial Coin Offerings Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 092/18 Abschluss der Arbeit: 4. Juni 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Hintergrund 4 2. Deutschland 4 3. Europa 5 4. International 5 4.1. G 20 5 4.2. USA 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/18 Seite 4 1. Hintergrund Ein Initial Coin Offering (ICO) ist eine Methode, mit Hilfe von sog. „Token“ Kapital aufzunehmen . Ein ICO kann auch als Initial Token Offering oder Token Sale bezeichnet werden. Bei einem ICO gibt ein Unternehmen oder eine Einzelperson Token heraus und verkauft sie im Austausch gegen herkömmliche Währungen, wie etwa Euro, oder noch häufiger gegen virtuelle Währungen wie Bitcoin oder Ether. Die Merkmale und der Zweck der Token können sich je nach ICO unterscheiden. Einige Token ermöglichen die Nutzung oder den Kauf von Dienstleistungen oder Produkten, die der Emittent mit dem Erlös aus dem ICO entwickelt. Mit anderen werden Stimmrechte oder Anteile an künftigen Einnahmen des Emittenten erworben. Einige Token haben keinen konkreten Mehrwert. Weitere Token werden gehandelt und/oder lassen sich nach der Emission an spezialisierten Kryptowährungs-Handelsplattformen gegen herkömmliche oder virtuelle Währungen eintauschen . ICOs werden online, d. h. über das Internet oder soziale Medien, durchgeführt. Die Token werden in der Regel mit der Distributed Ledger oder Blockchain Technologie (DLT) erzeugt und verbreitet . ICOs werden eingesetzt, um Mittel für eine Vielzahl von Projekten aufzunehmen, u. a. für Geschäfte, die die DLT nutzen.1 2. Deutschland Hinsichtlich der Anwendung im Rahmen eines Initial Coin Offerings prüft die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) immer im Einzelfall, ob durch die konkrete vertragliche Ausgestaltung eines ICOs u. a. Prospektpflichten nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) oder Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) ausgelöst werden oder ob die Anbieter eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG), dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) oder dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) benötigen oder ob Pflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) einzuhalten sind.2 Ansonsten warnt die BaFin die Verbraucher vor den hohen Risiken beim Erwerb von Token. In diesem Zusammenhang weist sie u.a. daraufhin, dass der Begriff an den des Initial Public 1 Bundesanstalt für Dienstleistungsaufsicht, Initial Coin Offerings: Hinweisschreiben zur Einordnung als Finanzinstrumente , GZ: WA 11-QB 4100-2017/0010 v. 20.02.2018, abgerufen am 28. Mai 2018 unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/WA/dl_hinweisschreiben_einordnung _ICOs.pdf;jsessionid=0767C5BA9CB773B3738A4336EEFAC171.1_cid290?__blob=publicationFile&v=2 2 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Bettina Stark-Watzinger , Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP, Initial Coin Offerings, BT-Drucksache 19/851, S. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/18 Seite 5 Offering (IPO), also einen Börsengang, angelehnt ist. Die begriffliche Annäherung durch die Bezeichnung „ICO“ ist aber zumindest teilweise irreführend, denn sie erweckt den Eindruck, ICOs seien mit Aktienemissionen vergleichbar, was weder technisch noch rechtlich der Fall ist.3 Die von der BaFin kommunizierte Einzelfallentscheidungspraxis schafft nach Ansicht des Blockchain Bundesverband keine hinreichende Rechtssicherheit. Diese sei aber wünschenswert, damit sich die schnelllebige Technologiebranche entwickeln kann. Vor diesem Hintergrund hat der Verband im April 2018 Stellungnahme zu dem Thema „Regulierung von Token“ inklusive von Handlungsempfehlungen für Aufsicht und Politik veröffentlicht.4 3. Europa Am 08. März 2018 hat die Europäische Kommission einen FinTech Aktionsplan veröffentlicht.5 Darin führt sie zu ICO u.a. aus: Im November 2017 gab die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) zwei Erklärungen6 ab, in denen sie die Anleger über die potenziellen Risiken bestimmter ICOs informierte und die an ICOs beteiligten Unternehmen darauf hinwies, dass diese Tätigkeiten je nach ihrer Struktur und ihren Merkmalen unter die bestehenden EU- Rechtsvorschriften fallen könnten. Weiterhin will die Kommission im Verlauf des Jahres 2018 die Entwicklungen bei Kryptoanlagen und Initial Coin Offerings zusammen mit den Europäische Finanzaufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities, ESA), der Europäischen Zentralbank und dem Financial Stability Board (FSB) sowie anderen internationalen Standardsetzern weiter beobachten. Ausgehend von der Bewertung der Risiken, der Chancen und der Geeignetheit des geltenden Regulierungsrahmens wird die Kommission prüfen, ob Regulierungsmaßnahmen auf EU-Ebene erforderlich sind. 4. International 4.1. G 20 Auf internationaler Ebene hat die Bundesregierung mit einer deutsch-französischen Initiative erreicht , dass das Thema „Krypto-Assets“ auf dem G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure am 19./20. März 2018 in Buenos Aires erstmals behandelt wurde. Das Financial Stability Board (FSB) wurde beauftragt, zusammen mit den anderen internationalen Standardsetzern 3 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Initial Coin Offerings: Hohe Risiken für Verbraucher, 15.11.2017, abgerufen am 28. Mai 2018 unter: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel /2017/fa_bj_1711_ICO.html 4 Blockchain Bundesverband, Regulierung von Token, 6. April 2018, abgerufen am 28. Mai 2018 unter: https://www.bundesblock.de/2018/04/06/token-regulation-paper/ 5 Europäische Kommission, FinTech-Aktionsplan: Für einen wettbewerbsfähigeren und innovativeren EU-Finanzsektor , COM(2018) 109 final, 08.03.2018, Seite 7f., abgerufen am 28. Mai 2018 unter: http://eur-lex.europa .eu/resource.html?uri=cellar:6793c578-22e6-11e8-ac73-01aa75ed71a1.0003.02/DOC_1&format=PDF 6 ESMA highlights ICO risks for investors and firms, abgerufen am 28. Mai 2018 unter:https://www.esma.europa .eu/press-news/esma-news/esma-highlights-ico-risks-investors-and-firms Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 092/18 Seite 6 (einschließlich Financial Action Task Force – FATF, Committee on Payments and Market Infrastructures – CPMI, International Organization of Securities Commissions – IOSCO) im Juli 2018 über ihre Arbeiten zu ICOs zu berichten.7 4.2. USA In den USA existiert bereits eine Aufsichtspraxis der United States Securities and Exchange Commission (SEC) im Hinblick auf ICO8. Die SEC hat in zwei Berichten umfassend zur kapitalmarktrechtlichen Einordnung von Token Sales Stellung genommen – zunächst im Fall von DAO, 9 d. h. einem klassischen Investment Token10, und sodann im Fall von Munchee,11 d. h. einem paradigmatischen Utility Token.12 Zudem hat die SEC eine Reihe von Verfahren gegen die Initiatoren von ICOs u. a. wegen der Verletzung des Registrierungserfordernisses und der Prospektpflicht gem. § 5 Securities Act eingeleitet .13 Konsequent hat die SEC auch darauf hingewiesen, dass sämtliche Marktplatzbetreiber dann eine Börsenzulassung benötigen, wenn sie den Handel von Tokens ermöglichen, die nach den Kriterien der SEC als Wertpapiere einzuordnen sind.14 Rechtsgrundlage der SEC-Aktivitäten ist die sehr weite Legaldefinition des Begriffs security im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht. *** 7 Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Christine Lambrecht beim Bundesminister der Finanzen vom 3. April 2018 auf eine Frage des Abgeordneten Dr. Danyal Bayaz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN), BT-Drucksache 19/1634, Seite 4. 8 Zum Folgenden vergleiche Köhn, Lars; Parhofer, Nicolas; Resas, Daniel: Intial Coin Offerings (ICOs): Markt, Ökonomik und Regulierung, in: Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft 2018, 2, insb. Seite 97. 9 SEC Release No. 34-81207 (July 25, 2017). Die Abkürzung „DAO“ stand für „Dezentralisierte autonome Organisation “. Funktional handelte es sich bei DAO um nichts anderes als einen Investmentfonds, der in ICOs von Unternehmen auf der Etherum-Blockchain investieren und dadurch klassischen Venture-Capital-Fonds Konkurrenz machen sollte. 10 Investment Tokens sind so strukturiert, dass sie traditionelle Wertpapiere abbilden. Sie verschaffen Rechte auf künftige Cash Flows und sind teilweise mit Stimm- oder anderen Mitverwaltungsrechten ausgestattet. 11 SEC Release No. 33-10445 (December 11, 2017). Munchee, Inc. war ein kalifornisches Unternehmen, das eine App für Restaurantkritiken entwickelt hatte. 12 Utility Tokens können nur in dem Netzwerk der emittierenden Plattform genutzt werden. Sie gewähren Zugang zu der Plattform und dienen häufig als Belohnung für Nutzer, die Leistungen auf der Plattform erbringen. 13 SEC Complaint DV 17-7007 (December 2017, 1); SEC Release No. 33-10445 (December 11, 2017). 14 Vgl. https://www.sec.gov/news/public-statement/enforcement-tm-statement-potentially-unlawful-online-platforms -trading.