© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 091/20 Rechtsstellung des Präsidenten und der Direktoren der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 091/20 Seite 2 Rechtsstellung des Präsidenten und der Direktoren der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 091/20 Abschluss der Arbeit: 19. August 2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 091/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Rechtliche Grundlage 4 3. Organisation der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht 4 4. Rechtsstellung der Mitglieder des Direktoriums 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 091/20 Seite 4 1. Fragestellung Im folgenden Sachstand sollen die Rechtsstellung des Präsidenten und der Exekutivdirektoren der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dargestellt werden. 2. Rechtliche Grundlage Rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der BaFin ist das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG). Mit dem FinDAG hat der Gesetzgeber die staatliche Aufsicht über Banken, Versicherungsunternehmen und Finanzdienstleistungsinstitute sowie die Aufsicht über den Wertpapierhandel, die zuvor getrennt von den Bundesaufsichtsämtern für das Kreditwesen (BAKred), das Versicherungswesen (BAV) und für den Wertpapierhandel (BAWe) wahrgenommen wurden, unter dem Dach der BaFin organisatorisch zusammengefasst. Der Gesetzgeber erhoffte sich aus der Zusammenführung der Ressourcen aller Aufsichtsbehörden eine Effizienzsteigerung bei der Durchführung der Aufsicht. Die aufsichtsführenden Einheiten der jeweiligen Sektoren sollen zusätzlich von den Erfahrungen der verwandten Aufsichtsbereiche profitieren. Zudem erhoffte der Gesetzgeber Synergieeffekte im Bereich von zentralen und aufsichtsrechtlichen Querschnittsaufgaben.1 3. Organisation der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Gem. § 5 Abs. 1 FinDAG hat die BaFin drei Organe, den Präsidenten2, das Direktorium und den Verwaltungsrat. Damit unterscheidet sich die Organisation der BaFin wesentlich vom Verwaltungsaufbau der bisherigen Aufsichtsbehörden.3 Gem. § 6 Abs. 1 FinDAG ist die Leitung durch das Direktorium als Kollegialorgan organisiert.4 Die Bundesanstalt wird durch das Direktorium gesamtverantwortlich geleitet und verwaltet. Das Direktorium besteht aus dem Präsidenten sowie vier Exekutivdirektoren. Einer der Exekutivdirektoren übernimmt die Funktion des Vizepräsidenten, der keine herausgehobene Stellung mehr innerhalb der Hierarchie der BaFin hat.5 1 Laars, Nomos-Bundesrecht, FinDAG, 4. Online-Auflage 2017, Einleitung Rn. 1 ff. abgerufen am 18.08.2020. 2 Nachfolgend wird die grammatisch maskuline Form verallgemeinernd verwendet und schließt männliche und weibliche Personen gleichermaßen ein. 3 Laars, Nomos-Bundesrecht, FinDAG, 4. Online-Auflage 2017, § 5 Rn. 1. 4 Laars, Nomos-Bundesrecht, FinDAG, 4. Online-Auflage 2017, § 5 Rn. 1. 5 Laars, Nomos-Bundesrecht, FinDAG, 4. Online-Auflage 2017, § 6 Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 091/20 Seite 5 Die Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung im Einzelnen sind im Organisationsstatut des Direktoriums festgelegt.6 4. Rechtsstellung der Mitglieder des Direktoriums Die Rechtsstellung der Mitglieder des Direktoriums ergibt sich aus § 9 FinDAG. Diese Regelung ist im Rahmen der Errichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems im Jahr 2011 eingeführt worden. 7 Gem. § 9 Abs. 1 FinDAG stehen die Mitglieder des Direktoriums in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis zum Bund. Die Mitglieder des Direktoriums werden ausweislich der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie 2010/78/EU vom 24. November 2010 im Hinblick auf die Errichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems nicht mehr als Beamte, sondern auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Amtsverhältnisse tätig.8 Zum Hintergrund der Regelung ist in der Beschlussempfehlung darüber hinaus folgendes ausgeführt: „Angesichts der auf nationaler und internationaler Ebene ständig wachsenden Anforderungen an die Finanzaufsicht steigen auch die Anforderungen an die nachgewiesene berufliche Qualifikation des Präsidenten und der Direktoriumsmitglieder. So benötigt die im Rahmen einer qualitativen Aufsicht notwendige risikoorientierte Würdigung der Geschäftsstrategie der beaufsichtigten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie Versicherungen Führungskräfte mit adäquaten Branchenkenntnissen und -erfahrungen. Gleichzeitig besteht ein erheblicher Wettbewerb um qualifizierte und im Finanzsektor erfahrene Führungskräfte. Um geeignete Persönlichkeiten finden zu können, müssen daher die Auswahloptionen unter den potentiellen Amtsinhabern erweitert werden. Die im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses bestehende Möglichkeit, Gehalts- und Versorgungsansprüche auf den Einzelfall abgestimmt vertraglich zu regeln, schafft die dafür notwendige Grundlage. Gleichzeitig wird das öffentlich-rechtliche Amtsverhältnis in besonderem Maße den hoheitlichen Aufgaben der Bundesanstalt und ihrer herausgehobenen Funktion für den Finanzplatz Deutschland gerecht. Ähnliche Regelungen bestehen u. a. bei der Deutschen Bundesbank, der Bundesnetzagentur und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.“9 Das öffentlich-rechtliche Amtsverhältnis wird als Oberbegriff sowohl für den besonderen rechtlichen Status von Verfassungsorganen und Mitgliedern derselben (wie Bundespräsident, Mitglie- 6 Online abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Aufsichtsrecht/Satzung/organisationsstatut _bafin.html?nn=8236192#doc7854496bodyText2 abgerufen am 18.08.2020 7 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2010/78/EU vom 24. November 2010 im Hinblick auf die Errichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems vom 4. Dezember 2011, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2011 Teil I Nr. 62, ausgegeben zu Bonn am 8. Dezember 2011, S. 2427ff. 8 BT-Drs. 17/7508, S. 10. 9 BT-Drs. 17/7508, S. 10. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 091/20 Seite 6 der der Bundes- oder einer Landesregierung, Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts, Abgeordnete ) als auch für sonstige „öffentlich-rechtliche Amtsverhältnisse anderer Ordnung“ (wie den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den Bundesbeauftragten als Leitung der Stasiunterlagenbehörde, die Mitglieder des Vorstandes der Deutschen Bundesbank, den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit ) gebraucht.10 Gem. § 9 Abs. 1 FinDAG werden die Mitglieder des Direktoriums auf Vorschlag der Bundesregierung durch den Bundespräsidenten ernannt. Die Mitglieder des Direktoriums werden für acht Jahre, ausnahmsweise auch für kürzere Zeit, mindestens jedoch für fünf Jahre bestellt. Eine Wiederbestellung ist möglich. § 9 Abs. 2 FinDAG regelt Beginn und Beendigung des Amtsverhältnisses der Mitglieder des Direktoriums . Das Amtsverhältnis der Mitglieder des Direktoriums beginnt grundsätzlich mit der Aushändigung der Ernennungsurkunde durch den Bundespräsidenten. Es endet gem. § 9 Abs. 2 S. 2 FinDAG mit Ablauf der Amtszeit oder mit der Entlassung. Eine Entlassung ist gem. § 9 Abs.2 S. 3 FinDAG durch den Bundespräsidenten auf eigenes Verlangen eines der Mitglieder des Direktoriums oder auf Beschluss der Bundesregierung aus wichtigem Grund möglich. Zur Vermeidung von Interessenskollisionen und zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Bundesanstalt sieht § 9 Abs. 4 FinDAG vor, dass Mitglieder des Direktoriums keine weiteren Ämter und Funktionen innehaben sollten.11 So dürfen sie ohne Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen neben ihrem Amt etwa kein anderes besoldetes Amt, Gewerbe und keinen Beruf ausüben. § 9 Abs. 5 FinDAG verweist auf die §§ 67 bis 69 und 71 des Bundesbeamtengesetzes (BBG). Die Regelungen des BBG zur Amtsverschwiegenheit, Aussagegenehmigung, Gutachtenerstellung und Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen sind entsprechend anzuwenden. Im Übrigen werden die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Direktoriums gem. § 9 Abs. 6 FinDAG durch Verträge geregelt, die das Bundesministerium der Finanzen mit den Mitgliedern des Direktoriums schließt. Die Verträge bedürfen der Zustimmung der Bundesregierung. § 9 Abs. 7 FinDAG regelt die Ernennung von Bundesbeamten zum Mitglied des Direktoriums. Für die Dauer des Amtsverhältnisses ruhen die in dem Beamtenverhältnis begründeten Rechte und Pflichten. Ausgenommen sind die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit und das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken. § 9 Abs. 8 FinDAG regelt das Verfahren, wenn Mitglieder des Direktoriums, die vor ihrer Ernennung Bundesbeamte waren, aus dem Direktorium 10 vgl. BVerwG v. 28.04.2011 2 C 39.09. Rn. 12; Hebeler in: Battis, Bundesbeamtengesetz, 5. 2017, § 1 Rn. 4; zur rechtlichen Einordnung des öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses ausführlich: Frenzel in: ZBR 2008, S. 243 ff. Das öffentlich-rechtliche Amtsverhältnis und das Recht des öffentlichen Dienstes – Abschied vom Prinzipiellen ; Hofmann in: ZTR 1992, S. 362 ff. Gedanken zum öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis in Regierung und Verwaltung. 11 BT-Drs. 17/7508, S. 11. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 091/20 Seite 7 ausscheiden. Gem. § 9 Abs. 9 gelten diese Regelungen auch für Richter und Berufssoldaten entsprechend . ***