© 2015 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 090/15 Zur Zulässigkeit der Haushaltsfinanzierung von Forschung im GSVP- Kontext vor dem Hintergrund des Verbots des Art. 41 Abs. 2 EUV Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 090/15 Seite 2 Zur Zulässigkeit der Haushaltsfinanzierung von Forschung im GSVP-Kontext vor dem Hintergrund des Verbots des Art. 41 Abs. 2 EUV Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 090/15 Abschluss der Arbeit: 16. Juni 2015 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 090/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Zugrundeliegende Forschungsmaßnahmen 4 3. Vereinbarkeit der Finanzierung von Forschung im GSVP- Kontext aus EU-Haushaltsmitteln mit Art. 41 Abs. 2 EUV 5 3.1. Inhalt des Art. 41 Abs. 2 EUV 5 3.2. Forschung im GSVP-Kontext: Vereinbarkeit mit Art. 41 Abs. 2 EUV 6 3.2.1. Kompetenzgrundlage des Art. 45 EUV 6 3.2.2. Kompetenzgrundlage des Art. 179 AEUV 7 3.2.3. Haushaltsrechtliche Zuordnung 8 3.2.4. Fazit 9 4. Welche Maßnahmen im Zusammenhang mit einem künftigen Anschubfonds gem. Art. 41 Abs. 3 EUV dürfen unter Berücksichtigung von Art. 41 Abs. 2 EUV nicht aus dem EU-Haushalt bestritten werden? 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 090/15 Seite 4 1. Fragestellung Wie verhält sich das Verbot aus Art. 41 Abs. 2 EUV, Ausgaben für Maßnahmen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen aus dem EU-Haushalt zu bestreiten, zu den Planungen für einen aus dem EU-Haushalt finanzierten Budgetstrang „Rüstungsforschung“ und die diesbezügliche „vorbereitende Maßnahme“? Welche Maßnahmen im Zusammenhang mit einem künftigen Anschubfonds gem. Art. 41 Abs. 3 EUV dürfen unter Berücksichtigung von Art. 41 Abs. 2 EUV nicht aus dem EU- Haushalt bestritten werden? 2. Zugrundeliegende Forschungsmaßnahmen Den Fragen liegen folgende EU-Forschungsmaßnahmen zugrunde1: - ein 2014 von Parlament und Rat beschlossenes Pilotprojekt über einen Zeitraum von max. 2 Jahren mit einem finanziellen Rahmen von 2 Mio. Euro, das Forschungsarbeiten mit zivilem und militärischem Nutzen im Rahmen der GASP unterstützen soll, bei denen erstmalig Militärs von Beginn an ein Mitspracherecht erhalten.2 - eine vorbereitende Maßnahme ab 2017, die aufzeigen soll, welchen Mehrwert ein Beitrag der EU, der die zivile Forschung ergänzt, die derzeit im GSVP-Kontext im Rahmen von Horizont 2020 betrieben wird, in neuen Forschungsbereichen bringt. Diese Maßnahme ist für max. 3 Jahre ausgelegt und soll, falls sie ein Erfolg wird, die Voraussetzungen für die dritte Maßnahme schaffen:3 - Aufbau eines eigenen Budgetstrangs für Forschung im GSVP-Kontext im Rahmen des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens.4 Den offiziellen Dokumenten zu diesen Maßnahmen ist zu entnehmen, dass alle drei Vorhaben nicht „reine“ Rüstungsforschung darstellen, sondern Maßnahmen mit sog. dual-use-Charakter sind. Es handelt sich also um Forschung, deren Ergebnisse sowohl auf zivilem als auch auf militärischem Gebiet genutzt werden können. So schreibt die Kommission über die vorbereitende Maßnahme, dass „alle zwischen der derzeitigen Forschung im zivilen Bereich und im Verteidigungsbereich möglichen Synergien genutzt werden“ sollen5. Der Rat „ersucht die Kommission 1 Entsprechend den Hinweisen des Auftraggebers 2 Ludwig, Thomas: Meilenstein für Europas Verteidigung. In: Handelsblatt (5.1.2015), S. 10; http://www.europarl .europa.eu/RegData/etudes/IDAN/2015/549032/EXPO_IDA(2015)549032_EN.pdf, abgerufen am 16. Juni 2015 3 Abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52014DC0387, abgerufen am 15. Juni 2015 4 Abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52014DC0387, abgerufen am 15. Juni 2015 5 Abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52014DC0387, Pt. 1, abgerufen am 16. Juni 2015 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 090/15 Seite 5 und die Europäische Verteidigungsagentur, eng mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um Vorschläge auszuarbeiten, wie die Dual-Use-Forschung noch stärker angekurbelt werden kann. Eine vorbereitende Maßnahme für im GSVP-Kontext betriebene Forschung wird auf den Weg gebracht (…).“6 Da die vorbereitende Maßnahme eine solche mit dual-use-Charakter ist, ist dies auch für den eigenen Budgetstrang zu erwarten, den sie für Forschung im Rahmen des GSVP-Kontextes vorbereiten soll. Zu klären ist also, ob für Forschung im GSVP-Kontext, d.h. solche mit dual-use-Charakter, das Verbot des Art. 41 Abs. 2 EUV gilt. 3. Vereinbarkeit der Finanzierung von Forschung im GSVP-Kontext aus EU-Haushaltsmitteln mit Art. 41 Abs. 2 EUV 3.1. Inhalt des Art. 41 Abs. 2 EUV Art. 41 EUV befindet sich in Titel V des EUV über „Allgemeine Bestimmungen über das auswärtige Handeln der Union und besondere Bestimmungen über die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik “. Die Norm betrifft die Finanzierung von Maßnahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Grundsätzlich werden nach Art. 41 Abs. 1 und 2 EUV Verwaltungsausgaben7 und operative Maßnahmen zur Durchführung der GASP mit Mitteln des EU-Haushalts bestritten. Bis 1997 wurden operative Ausgaben zunächst allein aus den Haushalten der Mitgliedsstaaten finanziert. Mit dem Vertrag von Amsterdam 1997 wurde die Finanzierung im Regelfall auf den EU-Haushalt übertragen . Art. 41 Abs. 2 EUV sieht zwei Ausnahmen von dieser Grundregel vor: Operative Maßnahmen mit militärischem oder verteidigungspolitischem Bezug müssen von den beteiligten Mitgliedsstaaten finanziert werden und zusätzlich kann der Rat entscheiden, dass Maßnahmen in Einzelfällen von den Mitgliedsstaaten finanziell getragen werden müssen.8 In beiden Fällen werden die Kosten, soweit der Rat nichts anderes bestimmt, nach dem sog. BSP-Schlüssel9 aufgeteilt. Mitgliedsstaaten, die hierfür vertragsgemäß von einem „opting out“ gem. 6 Abrufbar unter http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/de/ec/140268.pdf, S. 8, abgerufen am 16. Juni 2015 7 Beispiele zu einzelnen Posten von Verwaltungsausgaben siehe Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 41, Rn. 8 8 Die in Art. 41 Abs. 2 UAbs. 1 EUV getroffene Regelung folgt der bestehenden materiell-rechtlichen Rechtslage, nach der die Verteidigung in der nationalen Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten liegt, jedenfalls solange der Europäische Rat noch nicht von der Ermächtigung Gebrauch gemacht hat, eine gemeinsame Verteidigung zu beschließen (Art. 42 Abs. 2 S. 2 EUV). 9 Die Kosten werden nach dem jeweiligen Bruttosozialprodukt auf die Mitgliedsstaaten aufgeteilt Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 090/15 Seite 6 Art. 31 Abs. 1 UAbs. 2 EUV Gebrauch machen, müssen zu Maßnahmen mit militärischem oder verteidigungspolitischem Bezug keinen Beitrag leisten.10 2004 beschloss der Rat für Kosten hinsichtlich Maßnahmen mit militärischem oder verteidigungspolitischem Bezug den sog. „Mechanismus zur Verwaltung der Finanzierung der gemeinsamen Kosten der Operationen der Europäischen Union mit militärischen und verteidigungspolitischen Bezügen“, auch genannt „Athena“. Die Bezeichnung der militärischen oder verteidigungspolitischen Bezüge ist bewusst gewählt und eng zu verstehen, um der Finanzierung von umfassenderen sicherheitspolitischen Maßnahmen aus dem EU-Haushalt Spielraum zu lassen.11 3.2. Forschung im GSVP-Kontext: Vereinbarkeit mit Art. 41 Abs. 2 EUV Hinsichtlich der Frage der Vereinbarkeit der Finanzierung von Forschung im Rahmen des GSVP- Kontextes aus EU-Mitteln mit dem Verbot aus Art. 41 Abs. 2 EUV muss zunächst erörtert werden, auf welche Kompetenzgrundlage die Forschungsmaßnahme gestützt wird und ob somit überhaupt das Verbot des Art. 41 Abs. 2 EUV greift. Als Kompetenzgrundlagen kommen Art. 45 EUV und Art. 179 AEUV in Frage. Im Folgenden werden zunächst die Vorschriften selbst sowie ihr Verhältnis zueinander erörtert. 3.2.1. Kompetenzgrundlage des Art. 45 EUV Art. 45 stellt die Aufgaben der Europäischen Verteidigungsagentur (EVA) dar. Die EVA ist eine Institution der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), welche wiederum Teil der GASP ist und welche in den Art. 42 – 46 EUV geregelt ist. Aufgabe der EVA ist die Unterstützung des Rates und der Mitgliedsstaaten durch Koordinierung und Ergänzung nationaler Maßnahmen im Bereich der Rüstungspolitik und anderen Bereichen der Verteidigung.12 In Art. 45 Abs. 1 lit. d) EUV heißt es: „Aufgabe der in Artikel 42 Absatz 3 genannten, dem Rat unterstellten Europäischen Verteidigungsagentur ist es, (…) die Forschung auf dem Gebiet der Verteidigungstechnologie zu unterstützen, gemeinsame Forschungsaktivitäten sowie Studien zu technischen Lösungen, die dem künftigen operativen Bedarf gerecht werden, zu koordinieren und zu planen; (…).“ Die Norm wird als Schnittstelle zur gemeinschaftsrechtlichen Forschungsförderung nach den Art. 179 ff. AEUV gesehen. Gem. Art. 179 Abs. 1 AEUV ist die Union gehalten, Forschungsvorhaben zu unterstützen, die aufgrund anderer Kapitel der Verträge – so auch der GASP 10 Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 41 EUV, Rn. 11 11 Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 41 EUV, Rn. 10; http://www.kriminalpolizei.de/themen/polizei/detailansicht-polizei /artikel/der-einsatz-von-polizeibeamten-im-ausland.html, abgerufen am 8. Juni 2015 12 Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 45 EUV, Rn. 3 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 090/15 Seite 7 - für erforderlich gehalten werden.13 Das Vorrangverhältnis der beiden Kompetenznormen ist zwar unklar. Im Falle von dual-use-Forschung erscheint es naheliegend, Art. 179 AEUV als vorrangige Kompetenzgrundlage anzusehen.14 Sollte dennoch Art. 45 EUV Kompetenzgrundlage für dual-use-Forschung sein, so müsste sie – damit das Verbot des Art. 41 Abs. 2 EUV griffe – eine „operative Maßnahme mit militärischem oder verteidigungspolitischem Bezug“ darstellen. Dies erscheint zweifelhaft. Bereits der Wortlaut „operative Maßnahme“ erfasst nach allgemeinem Sprachgebrauch schon nicht Forschungstätigkeiten. Zudem formuliert Art. 45 Abs. 1 lit d) EUV, dass die von der EVA unterstützten Forschungsmaßnahmen „dem künftigen operativen Bedarf gerecht werden“ sollen: Die Norm selbst differenziert also zwischen Forschung einerseits und operativen Maßnahmen andererseits. Auch die Tatsache, dass die Aufgabe der Forschung in einer speziellen, von Art. 41 Abs. 2 EUV separierten Norm begründet wird, spricht dafür, dass Forschung nicht unter den Begriff der „operativen Maßnahme“ i.S.d. Verbots des Art. 41 Abs. 2 EUV fällt. Es ist daher anzunehmen, dass eine auf Art. 45 Abs. 1 lit. d) EUV gestützte Forschungsmaßnahme nicht vom Verbot aus Art. 41 Abs. 2 EUV tangiert würde. 3.2.2. Kompetenzgrundlage des Art. 179 AEUV Kompetenzgrundlage für Forschung aller Art ist grundsätzlich Art. 179 AEUV, eine Vorschrift im Titel XIX „Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt“. Abs. 1 der Norm formuliert drei Ziele; das „dritte Ziel“ ist die Unterstützung von Forschungsmaßnahmen im Rahmen anderer Politikbereiche der Union: „Die Union hat zum Ziel, (…) alle Forschungsmaßnahmen zu unterstützen , die aufgrund anderer Kapitel der Verträge für erforderlich gehalten werden.“ Hierunter versteht man die sog. horizontale Aufgabe der FTE15-Politik, d.h., dass Forschungsmaßnahmen nach Art. 179 AEUV nahezu alle anderen Politikbereiche der Union, auch solche die im EUV geregelt sind, unterstützen sollen. Hierunter fällt auch die Unterstützung der Verteidigungsforschung .16 Art. 179 Abs. 3 AEUV bestimmt zudem, dass „alle Maßnahmen der Union aufgrund der Verträge auf dem Gebiet der Forschung und der technologischen Entwicklung, einschließlich der Demonstrationsvorhaben, (…) nach Maßgabe dieses Titels beschlossen und durchgeführt [werden].“ Demnach erscheint der Rückgriff auf andere Normen außerhalb des FTE-Titels des AEUV oder auf Titel des EUV als Kompetenzgrundlage für Förderung von Forschung grundsätzlich ausgeschlossen. Das Verhältnis zu anderen Normen, die selbst explizit zu Forschungsmaßnahmen ermächtigen – wie Art. 45 Abs. 1 lit. d) EUV - ist daher problematisch. In der Kommentierung zu Art. 179 AEUV findet sich überwiegend die Auffassung, dass für sämtliche For- 13 Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 45 EUV, Rn. 17 14 vgl. im Detail unten Pt. 3.2.2.. 15 Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt 16 Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 179 AEUV, Rn. 100 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 090/15 Seite 8 schungsförderungsmaßnahmen allein Art. 179 AEUV Rechtsgrundlage ist. Das Verhältnis der beiden Normen ist jedoch in der Praxis bisher noch nicht akut geworden.17 Bringt eine Forschungstätigkeit Nutzen für zivile und militärische Zwecke, d.h. besteht ein dual-use-Charakter, wird aber Art. 179 als naheliegende Kompetenznorm angesehen.18 Dafür spricht auch, dass sämtliche FTE-Aktionen bisher auf Art. 179 AEUV gestützt wurden.19 3.2.3. Haushaltsrechtliche Zuordnung Für die Zuordnung einer Maßnahme zur GASP oder zu einer Gemeinschaftskompetenz ist grundsätzlich die im Grundbeschluss des Rates angegebene Rechtsgrundlage maßgeblich. Operatives Handeln i.S.d. Art. 41 Abs. 2 EUV liegt vor, wenn eine Ratsverordnung dies vorsieht, die bspw. ihrerseits auf einer Maßnahme oder einem Standpunkt der Union im Rahmen der GASP beruhen kann.20 Die Zuordnung erfolgt nach bestimmten Verfahrensregeln. Zunächst wird geprüft, ob für eine Maßnahme eine Gemeinschaftskompetenz vorliegt. Sofern dies der Fall ist, wird die Maßnahme aus Gemeinschaftsmitteln finanziert. Ist dies nicht der Fall, kann die Maßnahme aus GASP-Mitteln finanziert werden. Die Zuordnung wird nach objektiven Kriterien, insbesondere nach Zweck und Inhalt des Vorgehens vorgenommen.21 Wie bereits erörtert, liegt im Falle der Forschung mit dual-use-Charakter die gem. Art. 179 Abs. 3 AEUV ausschließliche Gemeinschaftskompetenz des Art. 179 AEUV nahe. Wird Forschung im GSVP-Kontext mit doppeltem Verwendungszweck somit auf den Kompetenztitel des Art. 179 AEUV gestützt, greift das Verbot aus Art. 41 Abs. 2 EUV nicht. Auch Bestimmungen des Forschungstitels selbst oder sonstige Vorschriften des AEUV verbieten eine Förderung der dual-use-Forschung im GSVP-Kontext nicht.22 17 Eikenberg, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 179 AEUV, Rn. 128 ff. 18 Mönig, in: Lenz-Borchardt, EU-Verträge, 6. Auflage 2012, Vorb. Art. 179-190, Rn. 21 19 Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 179 AEUV, Rn. 131. 20 Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 41 EUV, Rn. 16 21 Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 41 EUV, Rn. 17 f. 22 Mönig, in: Lenz-Borchardt, EU-Verträge, 6. Auflage 2012, Vorb. Art. 179-190, Rn. 21 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 090/15 Seite 9 3.2.4. Fazit Für Maßnahmen im GSVP-Kontext mit doppeltem Verwendungszweck ist Art. 179 AEUV Kompetenzgrundlage . In diesem Falle gilt das Verbot des Art. 41 Abs. 2 EUV nicht. Ob ein Forschungsprojekt den doppelten Verwendungszweck aufweist und deshalb unter Art. 179 AEUV fällt, stellt eine Einzelfallfrage dar.23 4. Welche Maßnahmen im Zusammenhang mit einem künftigen Anschubfonds gem. Art. 41 Abs. 3 EUV dürfen unter Berücksichtigung von Art. 41 Abs. 2 EUV nicht aus dem EU- Haushalt bestritten werden? Durch den Vertrag von Lissabon wurde im Jahre 2007 in Art. 41 Abs. 3 EUV u.a. die Bereitstellung von Sondermitteln in einem sog. Anschubfonds eingefügt für den Fall, dass dringliche Maßnahmen der GASP zu finanzieren sind und diese nicht dem EU-Haushalt entnommen werden können.24 Der Anschubfonds bildet sich daher aus Mitteln der Mitgliedsstaaten. Durch den Anschubfonds sollen also Tätigkeiten zur Vorbereitung von Maßnahmen gem. Art. 42 Abs. 1 und Art. 43 EUV finanziert werden, die, wenn sie militärischer oder verteidigungspolitischer Natur sind, nicht aus EU-Mitteln finanziert werden können.25 Es handelt sich hierbei insbesondere um Vorbereitungen von dringenden Krisenbewältigungsmissionen.26 Der Zugriff auf die Mittel aus dem Fonds erfolgt durch den Hohen Vertreter der EU für Außenund Sicherheitspolitik (HV GASP), der hierfür eine Ermächtigung durch den Rat benötigt (Art. 41 Abs. 3 UAbs. 4 EUV). Der EUV lässt die Frage offen, ob die Ermächtigung jeweils im Einzelfall erteilt werden muss oder im Vorhinein generell erteilt werden kann, bspw. für bestimmte Fallgruppen oder bis zu einer bestimmten Höchstbetragsgrenze. Denkbar ist auch eine Mittelverwaltung durch die Kommission.27 Grundsätzlich ist der sog. Anschubfonds also gerade für diejenigen Fälle vorgesehen, in denen eine Finanzierung über EU-Mittel wegen Art. 41 Abs. 2 EUV nicht möglich ist. Demnach kann es regelmäßig nicht zu der in der Fragestellung behandelten Situation kommen, dass Maßnahmen im Zusammenhang mit einem Anschubfonds aus EU-Mitteln finanziert werden. Allerdings ist im Vertrag von Lissabon unklar, ob eine vorläufige Finanzierung durch EU-Mittel dann gestattet ist, 23 So wurde z.B. das Pilotprojekt zur Forschung im GSVP-Kontext mit doppeltem Verwendungszweck im Haushalt 2015, Band III Kommission, als ein dual-use-Projekt qualifiziert und auf Art. 179 AEUV gestützt, vgl. Titel 02, Kapitel 0204 Nr. 77, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/budget/data/LBL/2015/en/SEC03.pdf, abgerufen am 11. Juni 2015 24 Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 41 EUV, Rn. 2 25 Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 41 EUV, Rn. 30 26 Marquardt/Gaedtke in: Groeben, von der/Schwarze, EUV, 7. Aufl. 2015, Art. 41 Rn. 9 27 Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 41, Rn. 31 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 090/15 Seite 10 wenn zivile und militärische Maßnahmen anstehen und die Mittel aus dem Anschubfonds zunächst nicht verfügbar sind. Sofern dies bejaht wird, darf durch Inanspruchnahme von EU-Mitteln die endgültige Kostentragung allerdings nicht präjudiziert werden. Im Übrigen kann nach dem Lissabon-Vertrag der Rat per Durchführungsbeschluss auf Grundlage eines Vorschlags des HV GASP Fragen des Zugriffs und weiterer Modalitäten des Anschubfonds regeln.28 28 Kaufmann-Bühler/Meyer-Landrut, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 41, Rn. 31