© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 088/14 Degressive Abschreibung auf angespannten Wohnungsmärkten in Ballungsgebieten Finanzverfassungsrechtlicher Rahmen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 088/14 Seite 2 Degressive Abschreibung auf angespannten Wohnungsmärkten in Ballungsgebieten Finanzverfassungsrechtlicher Rahmen Verfasser: Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 088/14 Abschluss der Arbeit: 16. April 2014 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 088/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Regelungsgehalt der degressiven Abschreibung 4 3. Finanzverfassungsrechtliche Einordnung 5 3.1. Gleichheitssatz 6 3.1.1. Grundsätzliches 6 3.1.2. Im Anwendungsfall 7 3.2. Sonstige Grundrechte 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 088/14 Seite 4 1. Fragestellung Die Anfrage ist gerichtet auf die rechtlichen Möglichkeiten der Einführung einer Abschreibung für den Wohnungsbau in Ballungszentren. Es ist dabei zu klären unter welchen Voraussetzungen eine geografische Beschränkung der Regelung auf Ballungszentren mit einem angespannten Wohnungsmarkt , insbesondere unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, möglich erscheint. Da der Anfrage kein konkreter Gesetzentwurf zugrunde liegt, wird der Sachstand unter der Annahme dargestellt, dass beabsichtigt ist die auslaufende Regelung des § 7 Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) mit der Maßgabe einer geographischen Beschränkung aufleben zu lassen. Näheren Fragen der konkreten Ausgestaltung kann jedoch im Sinne eines wissenschaftlich fundierten Sachstandes nicht abstrakt vorgegriffen werden. Eine gesonderte Ausarbeitung des Fachbereichs PE 6 (Europa) wird sich mit der europarechtlichen Perspektive, insbesondere unter Beachtung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) befassen. Vorab sei darauf hingewiesen, dass sich hieraus selbstständige Hindernisse für eine beabsichtigte Regelung ergeben können. 2. Regelungsgehalt der degressiven Abschreibung Die aktuellen Regelungen zu Abschreibungen finden sich in §§ 7 ff. EStG. Das Gesetz spricht insofern von einer Absetzung für Abnutzung (AfA). Sie erlaubt es die Aufwendungen für die Herstellung oder Anschaffung von abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens über mehrere Jahre der Nutzung zu verteilen, § 6 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 7 EStG. Für Gebäude gilt dabei grundsätzlich eine lineare Abschreibung in Abhängigkeit der Nutzung und des Baujahrs, § 7 Abs. 4 EStG.1 Konkret sind Gebäude, welche Wohnzwecken dienen und nach dem 31. Dezember 1924 fertiggestellt wurden, mit jährlich 2 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzuschreiben, § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG. Derzeit ist eine degressive Abschreibung nur noch für Altfälle vorgesehen, welche vor dem 1. Januar 2006 angeschafft oder errichtet wurden, § 7 Abs. 5 EStG.2 Es handelte sich dabei im Grundsatz um die Möglichkeit einer zeitlich begrenzten und gestaffelten, degressiven Abschreibung.3 Diese war gekennzeichnet durch eine zunächst im Vergleich zur linearen Abschreibung erhöhten Abschreibungsmöglichkeit in den ersten Jahren, welche dann schrittweise (degressiv) abnahm. Sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt waren, verringerte sich hierdurch insgesamt 1 Birk, Dieter/Desens, Marc/Tappe, Henning, Steuerrecht, 16. Auflage 2013, Rn. 898. 2 Zu Einzelheiten siehe Brandis, Peter, in: Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesezu, Gewerbesteuergesetz , 121. Ergänzungslieferung 2014, § 7 Rn. 455 ff; Hennrichs, Joachim, in: Tipke, Klaus/Lang, Joachim, Steuerrecht, 21. Auflage 2013, § 9 Rz. 300 ff. 3 Kulosa, Egmont, in: Schmidt, Ludwig, Einkommenssteuerrecht, 32. Auflage 2013, § 7 Rn. 160. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 088/14 Seite 5 die steuerliche Veranlagung der Betroffenen. Dies diente in der Vergangenheit oftmals als ein Mittel der Konjunkturpolitik.4 3. Finanzverfassungsrechtliche Einordnung Die Möglichkeit der degressiven Abschreibung stellt im Kern eine Steuervergünstigung für die Betroffenen dar.5 Die Zuständigkeit zu deren Regelung ist Bestandteil der Steuergesetzgebungskompetenz . Eine ähnliche Vorschrift für regional beschränkte Steuerbegünstigungen gab es bereits in Form des Fördergebietsgesetzes,6 welches besondere Abschreibungen für Investitionen in den neuen Bundesländer bis einschließlich 1998 ermöglichte. Verfolgt der Gesetzgeber vordergründig Lenkungsmotive, so zielt die Steuer nicht auf die allgemeine Finanzierung von Staatsaufgaben ab, sondern fördert in erster Linie den Eintritt der Lenkungsziele .7 Zwar werden die Betroffenen nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, aber es werden gewisse Anreize für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen gesetzt .8 Hierzu wird eine ungleiche Belastung regelmäßig in Kauf genommen. Dies kann insbesondere zu Konflikten mit dem Gleichheitssatz des Artikel 3 GG führen sowie, je nach Ausgestaltung , auch andere Grundrechte tangieren. 4 Birk/Desens/Tappe (Fn. 1), Rn. 898. 5 Brandis, in: Blümich (Fn. 2), § 7 EStG, Rn. 456; siehe auch die Antwort der Bundesregierung auf die schriftliche Frage des Abgeordneten Binding (SPD), BT-Drs. 17/1695, S. 12. 6 Gesetz über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet (Fördergebietsgesetz), vom 23. September 1993, BGBl. I S. 1654, zuletzt geändert durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 (StBereinG 1999) vom 22. Dezmeber 1999, BGBl. I 1998, 2601 und die Siebente Zuständigkeitsanpassungs-Verordnung vom 29. Oktober 2001, BGBl. I 2001, 2785. 7 Birk/Desens/Tappe (Fn. 1), Rn. 205; Weber-Grellet, Heinrich, Lenkungssteuern im Rechtssystem, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2001, 3657 ff.; kritisch hierzu Kirchhof, Paul, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul, Handbuch des Staatsrechts V, 3. Auflage 2007, § 118 Rn. 46 ff.; Spindler, Wolfgang, Werte im Steuerrecht, Die Steuerberatung (Stbg) 2010, 49 (51); differenzierend Wernsmann, Rainer, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem 2005, S. 120 ff., 485 ff. 8 BVerfG, 07. Mai 1998 - 2 BvR 1991/95; 2 BvR 2004/95, BVerfGE 98, 106 (117), NJW 1998, 2341; BVerfG, 07. November 2006 - 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (31 f.), NJW 2007, 573; dies wird besonders im Bereich des Umweltschutzes kontrovers diskutiert, etwa aus Anlass der sogenannten Ökosteuer, siehe BVerfG, 20. April 2004 - 1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 ff, NJW 2004, 2297. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 088/14 Seite 6 3.1. Gleichheitssatz 3.1.1. Grundsätzliches Im Kern verlangt Art. 3 GG die Gleichbehandlung von wesentlich Gleichem, sowie die Ungleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, durch die Entwicklung und Anwendung gerechter Maßstäbe .9 Daraus folgt für den Gesetzgeber eine sogenannte abgestufte Bindungsintensität. Diese reicht von einem bloßen Willkürverbot bis hin zu einem strengen Verhältnismäßigkeitsmaßstab, jeweils in Abhängigkeit der Nähe der betroffenen Regelung zu den personenbezogenen Merkmalen des Art. 3 Abs. 3 GG.10 Ist die Unterscheidung im Kern verhaltensbezogen, so hängt der Maßstab davon ab, inwiefern Betroffene ihr Verhalten zumutbar beeinflussen können und dabei insbesondere wie sich die Verhaltenslenkung auf die Ausübung anderer Grundrechte auswirkt. Näher konkretisiert wird der Gleichheitssatz im Steuerrecht durch das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Leistungsfähigkeitsprinzip). Das Leistungsfähigkeitsprinzip fordert eine unterschiedliche Belastung je nach individueller wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit 11 und gilt nach Auffassung des BVerfG in besonderem Maße im, hier einschlägigen , Einkommensteuerrecht.12 Es wirkt dabei relativ (horizontal), indem es eine steuerliche Belastungsgleichheit wesentlich gleich leistungsfähiger Steuerpflichtiger sowie vice versa eine ungleiche Belastung wesentlich ungleich leistungsfähiger Steuerpflichtiger verlangt.13 Dies gilt auch für die Gleich- bzw. Ungleichbehandlungen bei Begünstigungen.14 Überdies hat das Prinzip auch eine absolute (vertikale ) Dimension, indem es eine gewisse Grundleistungsfähigkeit überhaupt erst voraussetzt bevor 9 Ständige Rechtsprechung, BVerfG, 15. Juli 1998 - 1 BvR 1554/89 - 1 BvR 963/94 - 1 BvR 964/94, BVerfGE 98, 365 (385), NJW 1999, 1243; BVerfG, 04. April 2001 - 2 BvL 7/98, BVerfGE 103, 310 (318), NVwZ 2002, 199; BVerfG, 16. März 2005 - 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 (278), NJW 2005, 2448; BVerfG, 21. Juni 2006 - 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (180), NJW 2006, 2757; Bundesgerichtshof (BGH), 30. Juli 1990 - NotZ 2/90, BGHZ 112, 163 (173), NJW 1991, 2290; Bundessozialgericht (BSG), 25. August 1999 - B 6 KA 14/98 R - B 6 KA 17/98 R, BSGE 84, 235 (238); Birk/Desens/Tappe (Fn. 1), Rn. 186 ff. 10 Ständige Rechtsprechung seit BVerfG, 26. Januar 1993 - 1 BvL 38/92 - 1 BvL 40/92 - 1 BvL 43/92, BVerfGE 88, 87 (96 f.), NJW 1993, 1517 (1518). 11 BVerfG, 29. Mai 1990 - 1 BvL 20/84 - 1 BvL 26/84 - 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60 (86), NJW 1990, 2869; Birk, Dieter , Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 169 ff. 12 BVerfG, 03. November 1982 - 1 BvR 620/78 - 1 BvR 1335/78 - 1 BvR 1104/79 - 1 BvR 363/80, BVerfGE 61, 319 (351), NJW 1983, 271; BVerfG, 22. Februar 1984 - 1 BvL 10/80, BverfGE 66, 214 (223), NJW 1984, 2453. 13 Ständige Rechtsprechung BVerfG, 20. April 2004 - 1 BvR 1748/99 - 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (293); BVerf GE 35, 324 (335), NJW 2004, 2297. 14 BVerfG, 08. Juni 2004 - 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412 (431), NJW-RR 2004, 1657; BVerfG, 21. Juni 2006 - 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (180), NJW 2006, 2757. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 088/14 Seite 7 eine Besteuerung stattfinden darf.15 Es ist grundsätzlich schwierig ohne einen zugrunde liegenden Einzelfall nähere Aussagen über die konkreten Maßstäbe für eine Verletzung des Gleichheitssatzes zu treffen.16 3.1.2. Im Anwendungsfall Die ungleiche Behandlung der Steuerpflichtigen würde bei der angedachten degressiven Abschreibung in der Beschränkung der Steuervergünstigung auf Gebäude in näher zu bezeichnenden 17 Ballungsgebieten liegen. Somit würden etwa wirtschaftlich gleich leistungsfähigen Steuerpflichtigen , trotz Erfüllung desselben Steuertatbestandes unterschiedliche Abschreibungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, jeweils in Abhängigkeit von der Belegenheit des betroffenen Gebäudes . Dies ist, prima facie, eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung. Der Gesetzgeber könnte sich diesbezüglich auf eine zulässige Lenkungsabsicht berufen. Lenkungssteuern und die damit korrespondierenden lenkungssteuerlichen Begünstigungen sind grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig.18 Aus dem Umstand alleine, dass eine Subvention in Form einer Steuervergünstigung erfolgt, ergeben sich keine strengeren verfassungsrechtlichen Voraussetzungen .19 Bei der Einführung von Steuervergünstigung aus wirtschafts-, sozial-, umweltoder gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten ist dem Gesetzgeber bei der Bestimmung der be- 15 BVerfG, 29. Mai 1990 - 1 BvL 20/84 - 1 BvL 26/84 - 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60 (89), NJW 1990, 2869 (2872); Birk (Fn. 11), S. 170. 16 Ständige Rechtsprechung, BVerfG, 06. März 2002 - 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (111), NJW 2002, 1103; BVerfG, 04.12.2002 - 2 BvR 400/98 - 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27 (45 f.), NJW 2003, 2079; BVerfG, 16. März 2005 - 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 (279), NJW 2005, 2448. 17 Hier würde sich etwa eine Anknüpfung an durch § 577a BGB vorgesehene und durch die Rechtsverordnungen der Länder präzisierten Gebiete anbieten. 18 Ständige Rechtsprechung BVerfG, 02. Oktober 1973 - 1 BvR 345/73, BVerfGE 36, 66 (70 f); BVerfG, 27. Juni 1991 - 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (274), NJW 1991, 2129; BVerfG, 07. Mai 1998 - 2 BvR 1991/95 - 2 BvR 2004/95, BVerfGE 98, 106 (117), NJW 1998, 2341; BVerfG, 07. November 2006 - 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (31), NJW 2007, 573. 19 BVerfG, 20. April 2004 - 1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (293), NJW 2004, 2297; andere Ansicht Schön, Wolfgang, Besteuerungsgleichheit und Subventionsgleichheit, in: Mellinghof, Rudolf/Schön, Wolfgang /Viskorf, Heermann-Ulrich (Hrsg.), Festschrift für Wolfgang Spindler, 2011, S. 189 ff.; Hey, Johanna, in: Tipke, Klaus/Lang, Joachim, Steuerrecht, 21. Auflage 2013, § 19 Rz. 76. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 088/14 Seite 8 günstigten Personen und den anzuknüpfenden Tatbeständen eine große Gestaltungsfreiheit zuzubilligen .20 Diese ermöglicht auch Typisierungen, solange hierfür gewichtige Gründe bestehen.21 Rein fiskalische Erwägungen genügen allerdings regelmäßig nicht.22 Der Gesetzgeber ist daher grundsätzlich auch bei regional differenzierenden Reglungen frei in seiner Entscheidung, welche Differenzierungen er für zweckmäßig hält. Die auf die im Zuge der deutschen Einigung beigetretenen Bundesländer begrenzte Reglung über reduzierte Notargebühren verstieß nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht gegen das Willkürverbot. 23 Dieses werde erst dann verletzt, wenn sich kein sachlich vertretbarer Grund für eine Unterscheidung anführen lässt. Der Gesetzgeber handele nicht schon dann willkürlich, wenn er unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat, vielmehr nur dann, wenn sich ein sachgerechter Grund für eine gesetzliche Bestimmung nicht finden lasse. Teilweise werden in der Literatur erheblich strengere Voraussetzungen formuliert.24 So wird etwa ein besonders gewichtiger Subventionsgrund gefordert, welcher die Durchbrechung der getroffenen Belastungsentscheidung rechtfertige. Dem ist das BVerfG indes nicht gefolgt. Dementsprechend soll es für eine zulässige Begünstigung im Regelfall genügen,25 wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: - Der Lenkungszweck wird von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen ,26 was erfordern soll, dass der Zweck zumindest in der Gesetzesbegründung angelegt ist.27 20 BVerfG, 12. Februar 1964 - 1 BvL 12/62, BVerfGE 17, 210 (216), NJW 1964, 587; BVerfG, 07. November 1995 - 2 BvR 413/88 - 2 BvR 1300/93, BVerfGE 93, 319 (350), NJW 1996, 2296; Hey, Johanna, in: Tipke/Lang (Fn. 19), § 19 Rz. 70. 21 BVerfG, 15. Januar 2008 - 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (54 f.), NVwZ 2008, 1102 (1103). 22 BVerfG, 08. April 1987 - 1 BvL 8/84 - 1 BvL 16/84, BVerfGE 75, 40 (72), NJW 1987, 2359 (2363). 23 BVerfG, 28. Juni 1995 – 1 BvR 420/94 24 Hey, Johanna, in: Tipke/Lang (Fn. 19), § 19 Rz. 76; Schön, in: Mellinghof/Schön/Viskorf (Fn. 19), 189 ff. 25 Die Rechtsprechung befürwortend von Mangoldt, Hermann/Klein, Friedrich/Stark, Christian, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Auflage 2010, Art. 3 GG Rz. 203; Bilgery, Wolfgang, Die steuerliche Vergünstigungsnorm im Lichte der Theorie vom Stufenbau, 1988, S. 99; Kischel, Uwe, in: Epping, Volker/Hillgruber, Christian, Beck’scher Online Kommentar Grundgesetz, 19. Edition 1. November 2013, Art. 3 Rn. 167. 26 Dies dient der Abgrenzung zu lediglich zufälligen Lenkungszwecken, siehe BVerfG, 06. März 2002 - 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (112 f.), NJW 2002, 1103; BVerfG, 20. April 2004 - 1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00, BVerf GE 110, 274 (293), NJW 2004, 2297; BVerfG, 21. Juni 2006 - 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164(182), NJW 2006, 2757. 27 BVerfG, 20. April 2004 - 1 BvR 1748/99 - 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (296 f.), NVwZ 2004, 846 (848); BVerfG, 21. Juni 2006 - 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (191 ff.), NJW 2006, 2757 (2761 ff.); BVerfG, 14. Oktober 2008 - 1 BvF 4/05, BVerfGE 122, 1 (36 f.), NVwZ-RR 2009, 655 (660); demgegenüber forderte BVerfG, 11. November 1998 - 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (296 f.), NJW 1999, 1457 (1459) noch eine tatbestandliche Festlegung . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 088/14 Seite 9 - Die getroffene Regelung muss zudem geeignet sein28 den Lenkungszweck zu fördern,29 wobei das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich nicht überprüft, ob die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gewählt wurde.30 - Schließlich muss die Ausgestaltung ihrerseits dem Gleichheitssatz Rechnung tragen, was lediglich erfordern soll, dass o die Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten verteilt werden (Willkürverbot ), sowie o die verwendeten Gesichtspunkte nicht „auf eine[r] der Lebenserfahrung geradezu widersprechenden Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte“ beruhen.31 Die Betroffenen können bei Einführung einer degressiven Abschreibung im erheblichen Maße und in grundsätzlich zumutbarer Weise32 auf ihr Verhalten einwirken. So bliebe es etwa Steuerpflichtigen unbenommen ihre Bautätigkeit auf die vorgesehenen Ballungszentren zu verlagern und damit von der degressiven Abschreibungs- und Erwerbsmöglichkeit in den Regionen zu profitieren . Dies wäre zugleich geeignet dem mutmaßlichen Lenkungszweck, der Förderung des Wohnungsbaus bzw. –erwerbs in Ballungszentren, zu entsprechen. 3.2. Sonstige Grundrechte Darüber hinaus können, je nach Ausgestaltung, noch weitere Grundrechte durch eine Steuerbegünstigung betroffen sein. Zu beachten gilt es dabei in Bezug auf die Lenkungszwecke insbesondere Verhaltenszwänge und deren Auswirkungen auf die Freiheitsrechte der Steuerpflichtigen. Insofern kann eine Steuerbegünstigung insbesondere die Artikel 2 Abs. 1 (Allgemeine Handlungsfreiheit ), Artikel 12 Abs. 1 (Berufsfreiheit) und Artikel 14 (Eigentum) GG tangieren. 28 BVerfG, 09. Dezember 2008 - 2 BvL 1/07 - 2 BvL 2/07 - 2 BvL 1/08 - 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (232), NJW 2009, 48. 29 Es ist allerdings im Ergebnis nur ein Instrument der Annäherung an das Lenkungsziel, siehe BVerfG, 07. Mai 1998 - 2 BvR 1991/95 - 2 BvR 2004/95, BVerfGE 98, 106 (121), NJW 1998, 2341; BVerfG, 20. April 2004 - 1 BvR 1748/99 - 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (293), NJW 2004, 2297 und fordert nur ein Mindestmaß an zweckgerechter Ausgestaltung, Kischel, in: Epping/Hillgruber (Fn. 25), Art. 3 Rn. 167. 30 BVerfG, 05. Februar 2002 - 2 BvR 305/93 - 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17 (47), NJW 2002, 3009 (3014). 31 BVerfG, 20. April 2004 - 1 BvR 1748/99 - 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (293), NJW 2004, 2297; BVerfG, 12.02.1964 - 1 BvL 12/62, BVerfGE 17, 210 (216), NJW 1964, 587; BVerfG, 17. Mai 1961 - 1 BvR 561/60 - 1 BvR 579/60 - 1 BvR 114/61, BVerfGE 12, 354, NJW 1961, 1107. 32 Siehe hierzu, mit Bezug zu Abschreibungen, Wernsmann, Rainer, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Einführung und Ausgestaltung von Steuervergünstigungen, NJW 2000, 2078 (2079). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 088/14 Seite 10