© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 – 087/19 Verfassungsmäßigkeit von Steuerbegünstigungen im Gesetzesentwurf zur Reform der Grundsteuer Zur Frage der Vereinbarkeit steuerlicher Begünstigungen aus § 15 Abs. 2 bis 4 des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Grundsteuerund Bewertungsrechts (Drs. 19/11085) mit dem Gleichheitsgebot Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende , geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig . Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 087/19 Seite 2 Verfassungsmäßigkeit von Steuerbegünstigungen im Gesetzesentwurf zur Reform der Grundsteuer Zur Frage der Vereinbarkeit steuerlicher Begünstigungen aus § 15 Abs. 2 bis 4 des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Drs. 19/11085) mit dem Gleichheitsgebot Aktenzeichen: WD 4 - 3000 – 087/19 Abschluss der Arbeit: 3. Juni 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 087/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Vorbemerkungen 4 2.1. Das Grundsteuerurteil des BVerfG und der aktuelle Reform- Entwurf des BMF 4 2.2. § 15 GrStG-E – Einordnung und Begründung des BMF 5 2.3. Leitentscheidung des BVerfG zur Umsetzung von Lenkungszielen durch Steuergesetze (1 BvL 10/02) 6 3. Kein Verstoß gegen Gleichheitssatz durch § 15 Abs. 2-4 GrStG-E 7 3.1. Kein Verstoß gegen Gleichheitssatz durch ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Eigentümern und Mietern nach § 15 Abs. 2, 3 GrStG-E 8 3.2. Keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung durch Steuerermäßigung aufgrund der Rechtsformkonstruktion nach § 15 Abs. 4 GrStG-E 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 087/19 Seite 4 1. Fragestellung Gefragt ist nach der Verfassungsmäßigkeit des § 15 des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Drs. 19/11085), insbesondere in Bezug auf zwei Aspekte: Zum einen wird gefragt, ob die in § 15 Abs. 2, 3 GrStG in der Entwurfsfassung (GrStG-E) gewährten Steuerbegünstigungen begünstigte Mieter bzw. Eigentümer in nicht zu rechtfertigender Weise ungleich gegenüber den nicht Begünstigten bevorzugen und weiter, ob eine nicht zu rechtfertigende Bevorzugung darin liegt, dass Begünstigte nach § 15 Abs. 4 GrStG-E allein aufgrund ihrer Rechtsform in den Genuss der Begünstigung kämen. 2. Vorbemerkungen Zunächst sind zur Beantwortung der Fragestellung die Hintergründe aufzuzeigen, die ihr zugrunde liegen. Entsprechend wird kurz das die Reformbemühungen begründende Grundsteuerurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) dargestellt (2.1). Im Anschluss wird der die Fragestellung konkret begründende § 15 GrStG-E beschrieben (2.2), bevor letztlich die Entscheidung 1 BvL 10/02 des BVerfG erläutert wird, welche die maßgeblichen Leitlinien zur Beurteilung einer Ungleichbehandlung durch Steuergesetze, die Lenkungsziele verfolgen, aufzeigt (2.3). 2.1. Das Grundsteuerurteil des BVerfG und der aktuelle Reform-Entwurf des BMF Am 10.04.2018 entschied das BVerfG mit seinem Urteil 1 BvL 11/141 (Grundsteuer-Urteil), dass die aktuelle Erhebung der Grundsteuer auf Grundlage von Grundsteuergesetz (GrStG) und Bewertungsgesetz (BewG) verfassungswidrig ist. Die Erhebung auf der Grundlage völlig veralteter Einheitswerte führe zu einer unangemessenen, nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der Steuerschuldner.2 Das Gericht gab „dem Gesetzgeber“ daher auf, bis zum 31.12.2019 eine Neufassung zu verabschieden.3 Ab diesem Zeitpunkt können die alten Regeln dann noch für fünf weitere Jahre angewandt werden, um in der Zwischenzeit die Umsetzung der neuen Gesetzesfassung vorzubereiten.4 Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) am 20.06.2019 einen Gesetzesentwurf5 veröffentlicht, der die Vorlage für die notwendige Reform darstellen soll. 1 BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14. 2 Vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14 – dritter Leitsatz. 3 BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14 – Entscheidungsformel 2. 4 Vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14 – Entscheidungsformel 2. 5 Drs. 19/11085 - Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts – Grundsteuerreformgesetz (GrStRefG), im Internet: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/110/1911085.pdf (zuletzt abgerufen am 03.07.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 087/19 Seite 5 2.2. § 15 GrStG-E – Einordnung und Begründung des BMF Auch der neue Entwurf des BMF sieht vor, dass die Grundsteuer weiterhin in einem Drei-Schritt- System erhoben werden soll: Bewertung – Multiplikation mit der Steuermesszahl – Anpassung über den gemeindlichen Hebesatz. § 15 GrStG-E betrifft die Frage der zweiten Stufe und legt die Steuermesszahl für Grundstücke fest. Absatz 1 beschreibt die allgemeingültige Höhe der Steuermesszahl bei verschiedenen Gebäuden. Für bebaute Ein-, bzw. Zweifamilienhäuser, sowie für Mietgrundstücke und Wohneigentum im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2a GrStG-E gilt danach eine Steuermesszahl von 0,34 Promille. Die Absätze 2 - 4 enthalten dafür einzelfallbezogene Ausnahmen : „(2) Die Steuermesszahl nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a wird um 25 Prozent ermäßigt, wenn 1. für das Grundstück nach § 13 Absatz 3 des Wohnraumförderungsgesetzes vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2376), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 2. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1610) geändert worden ist, eine Förderzusage durch schriftlichen Verwaltungsakt erteilt wurde, und 2. die sich aus der Förderzusage ergebenden Bestimmungen im Sinne des § 13 Absatz 2 des Wohnraumförderungsgesetzes für jeden Erhebungszeitraum innerhalb des Hauptveranlagungszeitraums eingehalten werden. (3) Für nach Wohnraumförderungsgesetzen der Länder geförderte Grundstücke gilt Absatz 2 entsprechend . (4) Liegen für ein Grundstück weder die Voraussetzungen des Absatzes 2 noch des Absatzes 3 vor, wird die Steuermesszahl nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a um 25 Prozent ermäßigt, wenn das jeweilige Grundstück 1. einer Wohnungsbaugesellschaft zugerechnet wird, deren Anteile mehrheitlich von einer oder mehreren Gebietskörperschaften gehalten werden und zwischen der Wohnungsbaugesellschaft und der Gebietskörperschaft oder den Gebietskörperschaften ein Gewinnabführungsvertrag besteht, 2. einer Wohnungsbaugesellschaft zugerechnet wird, die als gemeinnützig im Sinne des § 52 der Abgabenordnung anerkannt ist; oder 3. einer Genossenschaft oder einem Verein zugerechnet wird, der seine Geschäftstätigkeit auf die in § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe a und b des Körperschaftsteuergesetzes genannten Bereiche beschränkt und von der Körperschaftsteuer befreit ist. Der Abschlag auf die Steuermesszahl nach Satz 1 wird auf Antrag für jeden Erhebungszeitraum innerhalb des Hauptveranlagungszeitraums gewährt, wenn nachgewiesen wird, dass die jeweiligen Voraussetzungen am Hauptveranlagungsstichtag vorlagen. Entfallen die Voraussetzungen des Satzes 1 während des Hauptveranlagungszeitraums, ist dies nach § 19 Absatz 2 anzuzeigen“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 087/19 Seite 6 Begründet werden diese Ausnahmen durch das BMF damit, dass das Wohnen ein existenzielles Grundbedürfnis sei und somit einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang darstelle, der auch steuerlich gefördert werden müsse. Insbesondere das Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) stelle eine außersteuerrechtliche Konkretisierung der Wohnraumförderwürdigkeit dar, an welche die Grundsteuer anknüpft. So sei eine Prüfung einzelner Wohnungen nicht nötig.6 Die Begründung bezieht sich dabei explizit auf den Beschluss des BVerfG v. 7.11.20067 (im Folgenden Leitentscheidung zur Umsetzung von Lenkungszielen), der als Leitentscheidung8 u.a. in Bezug auf die Verfolgung von Lenkungszielen durch den Steuergesetzgeber gilt. 2.3. Leitentscheidung des BVerfG zur Umsetzung von Lenkungszielen durch Steuergesetze (1 BvL 10/02) In jenem Beschluss führt das Bundesverfassungsgericht wie folgt zu dem dargestellten Thema aus: „Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands hat der Gesetzgeber die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne dieser Belastungsgleichheit umzusetzen . Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes […]. Das hindert den Gesetzgeber nicht daran, außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele zu verfolgen […]. Er darf nicht nur durch Ge- und Verbote, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen. Der Bürger wird dann nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, erhält aber durch Sonderbelastung eines unerwünschten oder durch steuerliche Verschonung eines erwünschten Verhaltens ein finanzwirtschaftliches Motiv, sich für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu entscheiden […]. Führt ein Steuergesetz zu einer steuerlichen Verschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, so kann eine solche Steuerentlastung vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten des Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will […]. Bei Vorliegen ausreichender Gemeinwohlgründe kann die Entlastung dabei im Ausnahmefall in verfassungsrechtlich zulässiger Weise sogar dazu führen, dass bestimmte Steuergegenstände vollständig von der Besteuerung ausgenommen werden. 6 Vgl. insgesamt: Begründung der Drs. 19/11085 zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts – Grundsteuerreformgesetz (GrStRefG), S. 117 f., im Internet: http://dipbt.bundestag .de/dip21/btd/19/110/1911085.pdf (zuletzt abgerufen am 03.07.2019). 7 BVerfG, Beschluß vom 7. 11. 2006 - 1 BvL 10/02, NJW 2007, 573. 8 Vgl. insoweit BeckOK Grundgesetz/Kischel GG Art. 3 Rn. 158-160.1., der die aufgestellten Grundsätze ebenfalls teilt; die Grundsätze der Entscheidung gelten als ständige Rechtsprechung und sind zuletzt in der Entscheidung des BVerfG 2 BvL 1/07 vom 9.12.2008 bestätigt worden. Die genannten Grundsätze sind damit von beiden Senaten anerkannt und angewandt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 087/19 Seite 7 Die Lenkung mit Hilfe des Steuerrechts nimmt in Kauf, dass das Lenkungsziel nicht in jedem Fall erreicht wird. Sie ist ein Instrument zur Annäherung an ein Ziel […]. Zwar bleibt er [der Gesetzgeber ] auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Das bedeutet aber nur, dass er seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen darf. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist […]. Außerdem muss der Lenkungszweck von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen […] und seinerseits wiederum gleichheitsgerecht ausgestaltet sein […]. Die Begünstigungswirkung muss den Begünstigungsadressaten daher möglichst gleichmäßig zugutekommen. Sie darf nicht von Zufälligkeiten abhängen und deshalb willkürlich eintreten, sondern muss sich direkt von der Entlastungsentscheidung des Gesetzgebers ableiten lassen. Erforderlich ist schließlich auch ein Mindestmaß an zweckgerechter Ausgestaltung des Vergünstigungstatbestands […].“ (Hervorhebungen hinzugefügt)9 3. Kein Verstoß gegen Gleichheitssatz durch § 15 Abs. 2-4 GrStG-E Nach diesem Beschluss ergibt sich für die Frage der Vereinbarkeit von lenkenden Steuergesetzen mit dem Gleichheitsgebot ein klares Prüfschema mit einem vordefinierten Maßstab. - Zunächst ist zu prüfen, ob eine Ungleichbehandlung vorliegt; dies bedeutet im Fall von § 15 GrStG-E konkret: Führt die Regelung zu einer steuerlichen Verschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb des Gesamtsystems der geplanten Grundsteuer widerspricht? - Falls ja, ist die Regelung dennoch gerechtfertigt, da der Gesetzgeber das Verhalten des Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will? - Maßstab für diese Frage ist, dass sachbezogene und keine willkürlichen Erwägungen die Entscheidung des Gesetzgebers leiten, dass der Lenkungszweck von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen wird, der Kreis der Begünstigten sachlich abgrenzbar ist und schlussendlich, dass dem Gesetzgeber bei jener Entscheidung ein großer Ermessensspielraum zur Verfügung steht In diesem Rahmen werden im Folgenden, die in der Fragestellung konkret aufgebrachten Aspekte , die eine Ungleichbehandlung begründen könnten, geprüft: zunächst, ob eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von nicht nach § 15 Abs. 2, 3 GrStG-E begünstigten Eigentümern bzw. Mietern vorliegt (3.1) und im Anschluss, ob es mit dem Gleichheitssatz vereinbar sein kann, dass die Begünstigung nach § 15 Abs. 4 GrStG-E allein aufgrund der Rechtsform gewährt wird (3.2). 9 Vgl. für die aufgezeigten Grundsätze auch Dreier GG/Heun, 3. Aufl. 2013, GG Art. 3 Rn. 78 m.w.N. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 087/19 Seite 8 3.1. Kein Verstoß gegen Gleichheitssatz durch ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Eigentümern und Mietern nach § 15 Abs. 2, 3 GrStG-E Die Absätze 2 und 3 des § 15 GrStG-E sehen eine Ermäßigung der Steuermesszahl um 25% für solche Grundstücke vor, denen im Sinne des WoFG, bzw. der Wohnfördergesetze der Länder durch schriftlichen Verwaltungsakt eine Förderungszusage erteilt worden ist. Damit behandelt die Norm davon begünstigte Eigentümer (bzw. nach entsprechender Umlage auch Mieter) besser als solche, die nicht von der Begünstigung profitieren. Darin liegt innerhalb der geplanten steuerlichen Belastung eine – ein Stück weit – ungleiche Belastung vor, die der Rechtfertigung bedarf. Die Voraussetzungen einer solchen Rechtfertigung sind aber erfüllt. Denn das Ziel die Wohnungsnot zu verringern, insbesondere den sozial und finanziell schwachen Schichten, die auf den ohnehin angespannten Wohnungsmärkten kaum Chancen haben sich durchzusetzen, weiterzuhelfen 10, stellt jedenfalls einen sachlichen und keinen willkürlichen Fördergrund dar. Ob das vom Gesetzgeber gewählte Mittel am Ende das Beste ist um den Lenkungszweck zu verwirklichen , ist für die Rechtfertigungsfrage nicht von Belang, da diese Frage dem Ermessensspielraum zuzuordnen ist. Jedenfalls – und das allein ist maßgeblich - kommt in der Norm die Umsetzung einer klaren gesetzgeberischen Entscheidung zum Ausdruck, die sich aus dem WoFG ergibt und die eine sachgerechte Abgrenzung des Kreises der Begünstigten ermöglicht. Durch den gezielten Verweis auf das WoFG und insbesondere das Erfordernis der Erteilung eines Verwaltungsaktes ist auch eine Gleichbehandlung innerhalb des Begünstigungsmechanismus gegeben. Weiter wird die sachliche Legitimation auch dadurch gestärkt, dass in § 15 Abs. 2 Nr. 2 GrStG-E eine laufende Prüfung der Voraussetzungen der Förderung nach dem WoFG vorgesehen ist, wovon auch die steuerliche Begünstigung abhängt. Insofern ist eine Ungleichbehandlung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Die Entscheidung, die der Gesetzgeber hier treffen würde, würde seinem weiten Ermessensspielraum unterfallen und wäre demnach nicht zu beanstanden. Etwas anderes gilt auch nicht für die in Abs. 3 bedachten Fälle. Auch hier sind die Fälle, die von einer etwaigen Begünstigung profitieren würden nach sachlichen Kriterien abgrenzbar und gewährleisten eine Gleichbehandlung innerhalb des Begünstigungsmechanismus. Auch hier kommt die bewusste Entscheidung, nämlich die Förderung des sozialen Wohnens nach den spezifischen Vorgaben der Länder, zum Ausdruck. 3.2. Keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung durch Steuerermäßigung aufgrund der Rechtsformkonstruktion nach § 15 Abs. 4 GrStG-E Ein ähnliches Bild zeichnet sich in den Fällen des § 15 Abs. 4 GrStG-E ab. In den Fällen der Nr. 1 ist das sachliche Kriterium, an das der Gesetzgeber seine Entscheidung anknüpft die Förderung von Gebietskörperschaften, also des Bundes, der Länder, sowie der Gemein- 10 Vgl. für diese Zielsetzung § 1 Abs. 2 des WoFG. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 087/19 Seite 9 den. Dies ist weder in Bezug auf die Gemeinden, noch in Bezug auf Bund und Länder zu beanstanden . Die gesamte Grundsteuer steht im Ergebnis ohnehin den Gemeinden zu, Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG. Und auch eine steuerliche Entlastung von Bund und Ländern, die wiederum mit ihren Grundstücksbeteiligungen für die Umsetzung sozialer Zwecke, u.a. nach dem WoFG zuständig sind, folgt sowohl sachlichen Rechtfertigungs- wie auch Abgrenzbarkeitskriterien. Da Gebietskörperschaften üblicherweise in privatrechtlich organisierter Form, bzw. über Beteiligungen an privaten Gesellschaften am Immobilienmarkt partizipieren, erscheint auch die Begünstigung für solche Organisationsformen mit Gewinnabführungsverträgen sachgerecht. Die steuerliche Begünstigung von solchen Körperschaften aus Nr. 2, die als gemeinnützig im Sinne der §§ 52 ff. AO einzustufen sind, entspricht einem feststehenden Grundsatz im deutschen Steuerrecht. Die Begünstigung rechtfertigt sich hier daraus, dass der Ertrag einer Besteuerung solcher Körperschaften sich für den Staat kaum lohnen würde. Eine Entlastung dieser gemeinnützigen Körperschaften führt aber zu Ersparnissen auf beiden Seiten, da die Aufgaben der Förderung des Gemeinwohls von den Begünstigten übernommen werden und der Staat insoweit keine eigenen Mittel mehr dafür aufbringen muss.11 Die Förderung gemeinnütziger Organisationsformen stellt somit ebenfalls einen sachlichen, rechtfertigenden Grund dar. Durch das erprobte System der §§ 51 ff. der AO ist auch eine sachgerechte Abgrenzbarkeit gewährleistet, die eine Grundentscheidung des Gesetzgebers verkörpert, womit eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung ausgeschlossen ist. In den Fällen der Nr. 4 ist es auch nicht so, dass die Begünstigung in willkürlicher Weise an die Form der Rechtsstruktur eines Steuersubjekts angeknüpft wird. Dies wäre verfassungswidrig, da die Frage der Rechtsstruktur des Steuersubjekts nicht geeignet ist, eine gesellschaftliche Lenkungsfrage umzusetzen. Allerdings sind die in Bezug genommenen Vereine und Genossenschaften nicht als solche ihrer Rechtsform wegen begünstigt, sondern nur, wenn sie die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 KStG erfüllen. Damit werden nur solche Genossenschaften und Vereine privilegiert, die mindestens 90% ihrer Einnahmen mit der Vermietung an eigene Mitglieder generieren. Damit soll der soziale Gedanke gefördert werden, nachdem die Mitglieder einer Genossenschaft sich gegenseitig wirtschaftlich und sozial stützen.12 Dieser sachlich nachvollziehbare Grundgedanke in Kombination mit der ganz erheblichen Einschränkung des Satzes 2 führt dazu, dass auch hier ein sachgerechter Förderungsgrund gegeben ist, der sachlich konkrete Abgrenzungen zulässt und die gesetzgeberische Intention aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 KStG umsetzt. *** 11 Vgl. Koenig/Koenig AO § 51, Rn. 2. 12 Gosch/Märtens, KStG, § 5 Rn. 257-258.