© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 087/16 Probleme und Risiken der Kreditvergabe an kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) im europäischen Vergleich Kreditausfallraten und Rolle der Bankensysteme Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 2 Probleme und Risiken der Kreditvergabe an kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) im europäischen Vergleich Kreditausfallraten und Rolle der Bankensysteme Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 087/16 Abschluss der Arbeit: 09. August 2016 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Vorbemerkung 4 3. Hauptfinanzierungsquellen von kleinen und mittelständischen Unternehmen 5 4. Ausfallraten bei Krediten an kleinere und mittlere Unternehmen 6 4.1. Bericht der EBA mit Daten für Frankreich, Italien, Rumänien und Spanien 6 4.2. Studie der Central Bank of Ireland vom September 2012 9 4.3. SME Market Report der Central Bank of Ireland seit 2014 10 4.4. Niederlande: Studie bei Netspar mit Daten der Niederländischen Zentralbank 13 4.5. Deutschland: Analyse der Deutschen Kreditwirtschaft von 2012 14 4.6. Slowakei: Studie aus 2009 15 5. Einfluss der Bankenstruktur auf die Kreditvergabe an KMUs 16 5.1. Bericht der European Bank Authority 16 5.2. Diskussionspapier der EU-Kommission 18 5.3. OECD: Vorteile kleinerer Banken bei „evergreening“ and „patience“ 18 5.4. Studie des European Investment Fund zur Rolle kleiner Banken und Genossenschaftsbanken bei der Finanzierung von KMUs 19 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 4 1. Fragestellung Wie riskant sind Kredite an kleine und mittelständische Unternehmen im europäischen Vergleich ? Wie hoch sind die Ausfallquoten z.B. in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Spanien und Polen oder Tschechien im Vergleich in den vergangenen 10 Jahren? Welche Rolle spielen die in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlichen Bankensysteme für die Chancen und Kompetenzen, mit den jeweiligen Risiken bei der Kreditvergabe und der Durchführung der Kreditbeziehungen zurecht zu kommen? Sind es auch - ähnlich den deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken - in den anderen Ländern eher kleinere und regionale Banken, die die Kreditvergabe an KMU tragen? Oder spielen Großbanken dort eine viel größere Rolle? Werden die Kreditanträge von KMU bei Großbanken überwiegend von den Filialen/Niederlassungen in der Nähe der kreditnachsuchenden Unternehmen bearbeitet und entschieden, oder findet ein hohes Maß an zentralen Kreditvergabeentscheidungen an den Hauptsitzen der Großbanken statt? 2. Vorbemerkung Die tatsächlichen Ausfälle beziehungsweise die Ausfallquoten von Krediten an KMU in den Mitgliedstaaten der EU oder im Euroraum stehen nur rudimentär zur Verfügung. Es existiert keine Datenbank, es werden keine einheitlichen Begriffe verwendet (vgl. dazu Kapitel , Bericht der European Bank Authority), bei den absoluten Zahlen kann es sich um die Anzahl der Kunden oder die Anzahl der Kredite handeln, die Quoten werden unter anderem auch als Relation zum wirtschaftlichen Wachstum berechnet. Insofern liefern die nachfolgenden Daten keine vollständige Information bezüglich der Fragestellung und sie sind nicht miteinander zu vergleichen. Am 18. Mai 20161 billigte der EZB-Rat die Verordnung (EU) der Europäischen Zentralbank über die Erhebung granularer Kreditdaten und Kreditrisikodaten. Ziel des Beschlusses ist die Einführung von: – von allen Nationalen Zentralbanken des Eurosystems nach gemeinsamen Mindeststandards geführten nationalen granularen Datensätzen zu Krediten und – einer gemeinsamen analytischen granularen Mehrzweckdatenbank zu Krediten (Analytical Credit Datasets - „AnaCredit“). Nach Auskunft der Deutschen Bundesbank wird AnaCredit monatlich statt bisher nur quartalsweise aktualisierte Informationen zu den Kreditausfällen deutscher nicht-finanzieller Unternehmen zur Verfügung stellen.2 Es besteht jedoch eine Meldegrenze (Artikel 5 der Verordnung): Die 1 Verordnung (EU) 2016/867 der Europäischen Zentralbank vom 18. Mai 2016 über die Erhebung granularer Kreditdaten und Kreditrisikodaten (EZB/2016/13), Amtsblatt der Europäischen Union L144/44 vom 1. Juni 2016. 2 Deutsche Bundesbank: Das ESZB-Projekt „Analytical Credit Datasets“ (AnaCredit): Die wichtigsten Fragen und Antworten, Seite 9, unter: https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Service/Meldewesen/Bankenstatistik /Anacredit/anacredit_faq.pdf?__blob=publicationFile, abgerufen am 3. August 2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 5 Kreditdaten sind zu melden, wenn der Betrag des Engagements des Schuldners zu irgendeinem Meldestichtag innerhalb des Referenzzeitraums mindestens 25.000 Euro beträgt. Die Verordnung gilt ab dem 31. Dezember 2017. Die erste Phase der Einrichtung beginnt am 1. September 2018 (Artikel 2 der Verordnung). 3. Hauptfinanzierungsquellen von kleinen und mittelständischen Unternehmen Kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) finanzieren sich überwiegend durch Bankkredite . Aufgrund ihrer organisatorischen Eigenschaften und der Tatsache, dass sie ihre Geschäftsstrategien nur selten öffentlich darlegen, sind sie in der Regel weniger transparent als Großunternehmen . Daher ist ihr Zugang zu den standardisierten, öffentlichen Eigen- und Fremdkapitalmärkten beschränkt.3 Die Europäische Zentralbank veröffentlich halbjährlich die Ergebnisse der Umfrage „Survey on Access to Finance“ (SAFE). Die Frage, ob sie in den letzten 6 Monaten einen Bankkredit (bank loan) zur Finanzierung eingesetzt haben, haben folgende Anteile an den befragten KMUs im Euroraum bejaht:4 Die Analyse von Deutsche Bank Research verweist außerdem darauf, dass diverse Nichtbanken- Finanzinstitute (sogenannte Schattenbanken) öffentlich ihr Interesse an einer Kreditvergabe an KMU bekundet haben. Sie würden zunehmend im Peer-to-Peer-Kreditgeschäft und weiteren Formen der Kreditvergabe aktiv werden. Mangels Daten könne dieser Trend nicht im Detail unter- 3 Kaya, Orçun: Mittelstandsfinanzierung im Euroraum, Deutsche Bank Research, vom 13. Januar 2015, unter: https://www.dbresearch.de/PROD/DBR_INTERNET_DE-PROD/PROD0000000000348811/Mittelstandsfinanzierung _im_Euroraum%3A_Neue_L%C3%B6sunge.PDF, Seite 5, abgerufen am 27. Juli 2016. 4 Europäische Zentralbank: Survey on the access to finance of enterprises (SAFE), unter: https://www.ecb.europa .eu/stats/money/surveys/sme/html/index.en.html, abgerufen am 28. Juli 2016. Bei gezielten Abfragen zu bestimmten Daten erfolgt eine Weiterleitung zum Statistical Data Warehouse. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 6 sucht werden. Allerdings lägen Hinweise aus den Ergebnissen des „Euro area bank lending survey “ (BLS) der europäischen Zentralbank vor. In dieser Umfrage werden Banken auch gefragt, ob die Konkurrenz durch Nichtbanken dazu führe, dass sie ihre Kreditvergabebedingungen für KMUs straffen beziehungsweise lockerten. Im Rahmen des BLS gehören Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds, Dienstleister für Finanzinstitute sowie sonstige Finanzintermediäre zum Nichtbankensektor. In den vergangenen Quartalen scheine der Wettbewerb vonseiten der Schattenkreditgeber zugenommen zu haben, was im Endeffekt zu einer moderaten Lockerung der Kreditstandards beitrug. Das, so die Analyse von Deutsche Bank Research, könnte bedeuten, dass KMU-Kredite mittlerweile in gewissem Umfang von kaum oder überhaupt nicht regulierten Schattenbanken finanziert würden.5 4. Ausfallraten bei Krediten an kleinere und mittlere Unternehmen 4.1. Bericht der EBA mit Daten für Frankreich, Italien, Rumänien und Spanien Nach Einführung der strengeren Eigenkapitalvorschriften durch die Capital Requirements Regulation (CRR) und Capital Requirements Directive (CRD) IV und im Zusammenhang mit der Kreditverknappung nach der Finanzkrise wurde durch die CRR ein Faktor zur Reduzierung der Eigenkapitalanforderungen für Kredite an KMUs eingeführt (SME Supporting Factor - SME SF). Die European Bank Authority (EBA) muss der Europäischen Kommission über einen vollen Konjunkturzyklus hinweg eine Analyse der Entwicklung der Kreditvergabe an KMUs und die Risiken dieser Kreditvergabe vorlegen. Der „EBA Report on SMEs and SME Supporting Factor“ wurde am 23. März 2016 veröffentlicht.6 Der Bericht führt im Abschnitt 3.2 aus, dass die Kreditausfallraten das Risiko unmittelbar messen , allerdings stehen dafür auf EU-Ebene nur beschränkt Daten zur Verfügung. Die nachfolgenden Daten wurden nur von vier Staaten - Frankreich, Italien, Rumänien und Spanien - auf einer Best-Effort-Basis für einen gesamten Konjunkturzyklus zur Verfügung gestellt, sodass keine allgemeinen Rückschlüsse auf die gesamte EU zu ziehen sind. Sie müssen auch deshalb mit Vorsicht betrachtet werden, weil sie keine Informationen über den Sektor Industrie enthalten und zum Teil auf Indizes beruhen. Darüber hinaus nutzen die Staaten verschiedene KMU-Definitionen, weil es keine einheitliche KMU-Definition im CRR gibt. Vor diesem Hintergrund zeigen sich folgende Ergebnisse:7 5 Kaya, Orçun: Mittelstandsfinanzierung im Euroraum, Deutsche Bank Research, vom 13. Januar 2015, unter: https://www.dbresearch.de/PROD/DBR_INTERNET_DE-PROD/PROD0000000000348811/Mittelstandsfinanzierung _im_Euroraum%3A_Neue_L%C3%B6sunge.PDF, Seite 14, abgerufen am 27. Juli 2016. 6 European Bank Authority: EBA Report on SMEs and SME Supporting Factor, EBA/OP/2016/04, vom 26. März 2016, unter: https://www.eba.europa.eu/documents/10180/1359456/EBA-Op-2016-04++Report +on+SMEs+and+SME+supporting+factor.pdf, abgerufen am 28. Juli 2016. 7 EBA Report, vgl. Fußnote 6, Seite 32f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 9 Die Graphiken zeigen aus Sicht der EBA, dass in allen Staaten zwar alle Unternehmen eine Zyklizität in Bezug auf die durch das BIP-Wachstum dargestellten Konjunktureinbrüche aufweisen, dass es aber Unterschiede zwischen KMUs und Großunternehmen gibt. Für Rumänien und Spanien ist die negative Korrelation zwischen Ausfallraten und dem BIP-Wachstum für KMU höher als für große Unternehmen. In Italien und Frankreich ist das Verhältnis umgekehrt: KMU zeigen eine geringere Korrelation im Vergleich zu großen Unternehmen. Die EBA warnt jedoch nochmals davor, allgemeine Schlüsse aus dieser Betrachtung zu ziehen. 4.2. Studie der Central Bank of Ireland vom September 2012 Im September 2012 befasste sich eine Studie der Central Bank of Ireland mit den Determinanten für den Ausfall von Krediten an KMUs.8 Dazu wurden im Herbst 2010 Daten von 6.000 KMUs in Irland gesammelt und ausgewertet. Zwei Grafiken zeigen den Anteil der ausgefallenen Kredit an allen Krediten, bezogen auf die Anzahl und das Volumen, jeweils getrennt nach Sektoren: 8 McCann, Fergal; McIndoe-Calder, Tara (Central Bank of Ireland): Determinants of SME Loan Default - The Importance of Borrower-Level Heterogeneity, Research Technical Paper 06/RT/12 vom 13. September 2012, Seite 9, unter: https://www.centralbank.ie/publications/Documents/06RT12.pdf, abgerufen am 29. Juli 2016. In der Einleitung der Studie heißt es: „The study is one of very few papers to have access to micro-level data on SME loans.“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 10 4.3. SME Market Report der Central Bank of Ireland seit 2014 Seit 2014 veröffentlich die Central Bank of Ireland im Internet halbjährlich den SME Market Report 9 mit einer ausführlichen Darstellung auch der „SME outstanding balance and default rates“. Im neuesten Bericht vom 1. Halbjahr 2016 sind die bisherigen Ergebnisse seit Dezember 2013 in Grafiken aufbereitet. Sie zeigen zum einen die Kreditausfälle und zum anderen den Wandel von bedienten Krediten zu Kreditausfällen im Sinne der Definition der Central Bank of Ireland, aber auch umgekehrt (siehe Fußnote in der Grafik zur Definition eines ausgefallenen Kredits). 9 Central Bank of Ireland: SME Market Report, unter: http://www.centralbank.ie/publications/Pages/SMEMarket Reports.aspx, abgerufen am 27. Juli 2016 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 12 Beigefügt sind im Hinblick auf die frühere Studie der Central Bank of Ireland nachfolgend auch die Ausfallraten von Krediten an KMUs, halbjährlich für den Zeitraum Dezember 2013 bis Dezember 2015, wiederum getrennt nach Sektoren.10 10 Die Sektoren werden wie folgt gebildet: „Sectors with small exposures are subsumed into larger sectors for exposition purposes. The Electricity, Gas, Steam and Air Conditioning Supply, and Water Supply, Sewerage, Waste Management and Remediation Activities sectors are included with the Manufacturing sector; the Transportation and Storage sector is included with Wholesale and Retail; the Human Health and Social Work, and Education sectors are included with the Other Community, Social and Personal sector; the Information and Communication sector is included in Services. The Personal sector involves lending for the purposes of house purchase, property investment and consumer lending that is managed in the business banking units of the subject banks.“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 13 4.4. Niederlande: Studie bei Netspar mit Daten der Niederländischen Zentralbank Im Jahr 2013 erhob die Niederländische Zentralbank (De Nederlandsche Bank – DNB) die Daten für ca. 4,5 Millionen Kredite an KMUs, die in den Niederlanden aufgenommen wurden. Dies entspricht ca. 80 Prozent des gesamten KMU-Kreditmarktes. Der Beobachtungszeitraum begann 2005 und endete 2012. Anhand einer Stichprobe aus den beobachteten Krediten an KMUs und den Ausfällen kommt Netspar11 zu folgenden jährlichen Ausfallraten: 11 Veurink, Jan Hessel: Credit Risk Model for SME Loans in the Netherlands, Netspar Network for Studies on Pensions , Aging and Retirement, MSc Thesis 2014-062, Seite 10ff., unter: https://www.netspar.nl/publicatie/creditrisk -model-for-sme-loans-in-the-netherlands/, abgerufen am 2. August 2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 14 Eine weitere Auswertung erfolgt in Bezug auf die verschiedenen Sektoren: 4.5. Deutschland: Analyse der Deutschen Kreditwirtschaft von 2012 Die aktuellste Zusammenstellung über Ist-Ausfallraten in Deutschland erstellte die Deutsche Kreditwirtschaft im März 2012 für den Zeitraum 2004 bis 2010. Die Ist-Ausfallrate bildet das Verhältnis ab zwischen der Anzahl der ausgefallenen Kunden zur Gesamtzahl der Kunden. Für die Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 15 Analyse wurden durchschnittlich 469 Banken mit ca. 138.000 gerateten Kunden pro Jahr betrachtet . Dabei kam es zu folgenden Ergebnissen:12 4.6. Slowakei: Studie aus 2009 Eine ältere Studie aus der Slowakei legt die Daten von 1.496 Krediten an 667 KMUs in der Zeit zwischen 2000 und 2005 zugrunde. 90 Kredite sind in diesem Zeitraum ausgefallen, das entspricht im Verhältnis zur gesamten Anzahl der Kredite 6 Prozent.13 12 Die Deutsche Kreditwirtschaft: Analyse zu Indikatoren für die Risikoentwicklung von Krediten an kleine und mittlere Unternehmen (KMU), März 2012, Seite 14f., unter: https://die-dk.de/themen/stellungnahmen/analysezu -indikatoren-fur-die-risikoentwicklung-von-krediten-an-kleine-und-mittlere-unternehmen-kmu-e3665d/, abgerufen am 3. August 2016. Auf die Zahlen nimmt die Deutsche Kreditwirtschaft auch noch im Oktober 2015 Bezug, vgl. Stellungnahme des Verbands Öffentlicher Banken: Comments EBA Discussion Paper and Call for Evidence on SMEs and the SME Supporting Factor - Register of Interest Representatives Identification number in the register: 52646912360-95, unter: https://www.bvr.de/p.nsf/0/1D0A70989E3F2CF8C1257F22003A5918/$file/Comments_GBIC_EBA-DP-2015- 02.pdf, abgerufen am 3. August 2016. 13 Fidrmuc, Jarko; Hainz, Christa: Default Rates in the Loan Market for SMEs: Evidence from Slovakia, Ifo Working Paper No. 72, Juni 2009, unter: https://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/publications/working-papers /ifoWP.html?ifoWPlist.query=*:*&ifoWPlist.facet_author=Fidrmuc,+Jarko, abgerufen am 1. August 2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 16 5. Einfluss der Bankenstruktur auf die Kreditvergabe an KMUs 5.1. Bericht der European Bank Authority Die EBA untersucht in ihrem Bericht auch, ob der KMU SF den Banken nutzt. Zum einen hat sie aber keine Informationen über die Geschäftsmodelle der Banken, zum anderen sind kleine Institute von der Meldepflicht bei der EBA ausgenommen. Es gebe allerdings Anzeichen dafür, dass kleinere Institute eher auf die Vergabe von Krediten an KMUs ausgerichtet sein könnten, weil sie in der Lage seien, die Verhältnisse vor Ort besser zu beurteilen.14 Für ihren Bericht hat die EBA von den zuständigen Behörden der 29 Mitgliedstaaten Daten über die Kapitalentlastung der Banken angefordert, die nicht an die EBA berichten. 23 Mitgliedstaaten haben geantwortet. Auch in diesem Fall sind bei der Interpretation der Daten Einschränkungen zu beachten. Die „kleineren“ Banken können in einem Staat einen erheblichen Anteil am gesamten Bankensektor aufweisen. Zudem sind ihre Geschäftsmodelle sehr unterschiedlich. Es sei eigentlich eine separate, detailliertere Datenerhebung erforderlich, um die Auswirkungen des KMU SF auf diese Banken zu beurteilen. 14 „…as they may overcome opaqueness through relationship-based lending, …“, EBA Report, vgl. Fußnote 6, Seite 72. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 17 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 18 Die vorstehende Tabelle weist aus, dass die Erhöhung der Kernkapitalquote durch den KMU SF bei den kleineren Banken in 12 Fällen höher war als diejenige, die für die bei der EBA meldepflichtigen Banken ermittelt wurde, in zehn Fällen fiel sie niedriger aus. Der Unterschied zwischen den Bankengruppen trat besonders deutlich in Dänemark, Deutschland und in der Tschechischen Republik hervor. In diesen Staaten war der Anstieg für kleinere Banken mehr als viermal höher als im Vergleich zu den der EBA berichtenden Banken.15 Die Sonderabfrage ergab somit , dass kleine Banken überproportional vom KMU SF profitieren. Das legt den Schluss nahe, dass kleine Banken mehr als größere Banken Kredite an KMUs vergeben. 5.2. Diskussionspapier der EU-Kommission Das Diskussionspapier vom September 2015, veröffentlicht von der EU-Kommission16, geht anhand einer Modellrechnung unter anderem der Frage nach, ob Regionen oder Staaten mit vielen KMUs die Eurokrise schlechter überwinden konnten. Eine Schlüsselvariable in ihrem Modell ist die inländische Bankabhängigkeit, definiert als der Anteil der inländischen Privatkredite, die bei inländischen Banken aufgenommen wurden. Es sei zu beobachten, dass sich bis 2008 die grenzüberschreitende Kreditvergabe zwischen den Banken deutlich erhöht hat, während die ausländischen Kredite an den realen Sektor vergleichsweis niedrig blieben. Deshalb bestehe eine Abhängigkeit der KMUs von den inländischen Banken. Volkswirtschaften mit vielen kleinen Unternehmen wären weniger anfällig für Krisen, wenn die KMUs auch Kredite von ausländischen Banken aufnehmen könnten. Die Verfasser sprechen sich zudem dafür aus, KMUs, wie von der Europäischen Kommission im Rahmen der Kapitalmarktunion angestrebt, Zugang zum Wertpapiermarkt zu verschaffen. 5.3. OECD: Vorteile kleinerer Banken bei „evergreening“ and „patience“ Im Papier der OECD17 wird auf Studien mit großen Datensätzen, zum Beispiel aus Italien, Bezug genommen. Ein Ergebnis dieser Studien war, dass sich größere, weniger kapitalisierte Banken von der Kreditvergabe an Unternehmen mit hohen Risiken abgewandt haben. Bei kleineren, wenig kapitalisierten Banken sei diese Entwicklung zur Qualität („a flight to quality“) nicht zu beobachten . Neben der Tatsache, dass Basel II zur Zeit der Studien noch nicht vollständig implementiert war, spielen bei diesem Verhalten offenbar „evergreening“ und „patience“ eine Rolle. Unter „evergreening“ versteht der Verfasser die Bereitstellung billiger Kredite an einen riskanten Kreditnehmer, um einen Ausfall eines anderen Kredits zu vermeiden. Dies ist für eine kleinere Bank vermutlich einfacher, weil ihr Ermessensspielraum bei der Kreditvergabe-Entscheidung hö- 15 EBA-Report, vgl. Fußnote 6, Seite 72f. 16 Hoffmann, Mathias; Sørensen, Bent E.: Small Firm and Domestic Bank Dependence in Europe’s Great Recession, European Commission Economic and Financial Affairs, Discussion Paper 012/September 2015, Seite 3, 23unter: http://ec.europa.eu/economy_finance/publications/eedp/pdf/dp012_en.pdf, abgerufen am 29. Juli 2016. 17 Wehinger, Gert: SMEs and the credit crunch: Current financing difficulties, policy measures and a review of literature, OECD Journal: Financial Market Trends, Volume 2013/2, Seite 16, unter: http://www.oecdilibrary .org/docserver/download/2713021ec006.pdf?expires=1469795300&id=id&accname =ocid177634&checksum=C7E4A81DEB04FC1F314F2D92FEB7E7BA, abgerufen am 29. Juli 2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 19 her und das Gewicht des Kredit-Scoring geringer ist als bei einer größeren Bank, bei der die Kreditvergabe -Entscheidung mehr auf automatischen Verfahren basiert. "Patience" heißt potenziell profitablen Kreditnehmern durch vorübergehende Schwierigkeiten zu helfen und ihre Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen. Auch dies ist für kleinere Banken einfacher, die sich nicht nur auf (aktuelle) Bilanzinformationen und das Kredit-Scoring des Unternehmens verlassen müssen , sondern zum Beispiel auch zukunftsweisende Maßnahmen eines Unternehmens und andere "weiche" Informationen berücksichtigen können. 5.4. Studie des European Investment Fund zur Rolle kleiner Banken und Genossenschaftsbanken bei der Finanzierung von KMUs Die Studie des European Investment Fund (EIF) untersucht die Rolle kleiner Banken bei der Finanzierung von KMUs.18 Unter kleinen inländischen Banken sind gemäß der Definition der Consolidated Banking Data der Europäischen Zentralbank Banken mit einer Bilanzsumme von weniger als 0,005 Prozent der gesamten konsolidierten Aktiva der Banken in der EU zu verstehen. Auf der Grundlage der verfügbaren Daten weise eine kleine Bank eine Bilanzsumme von ungefähr 1,6 Mrd. Euro aus. Der EIF berichtet auch über die Bankenstruktur in den EU-Mitgliedstaaten, wie sie die Consolidated Banking Data ausweisen. Danach finden sich große Banken in erster Linie in Belgien, Deutschland, Dänemark, Spanien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Schweden und dem Vereinigten Königreich, während es in Bulgarien, Estland, Litauen, Malta und der Slowakei ausschließlich kleine Banken gibt. Die übrigen Länder haben vor allem mittelgroße Banken. Trotz der starken Präsenz von größeren Banken in großen Ländern wie Deutschland, Frankreich und Italien seien diese Bankensysteme stärker fragmentiert, zudem verfügen diese Staaten über einen starken Sparkassen- und Genossenschaftsbankensektor. Im Gegensatz dazu neigen die Banksysteme in kleineren Ländern eher zur Konzentration. Bemerkenswerte Ausnahmen bildeten Österreich und Luxemburg. Österreich verfüge über einen Bankensektor ähnlich wie in großen Staaten , Luxemburg sei durch die Anwesenheit einer großen Zahl ausländischer Kreditinstitute geprägt . Bezüglich der Geschäftsmodelle der verschiedenen Banken-Größenklassen lasse sich für kleinere Banken ein Anstieg des Anteils der Kredite an der Bilanzsumme von 54 auf 59 Prozent im Jahr 2013 ermitteln. Diese Ergebnisse bestätigten, dass die Geschäftsmodelle der kleineren Banken tendenziell eher auf traditionelle Retail-Banking-Aktivitäten ausgerichtet seien. Die Aussagen, die die Consolidated Banking Data über die kleinen Banken trifft, scheinen in hohem Maße auch für Genossenschaftsbanken zuzutreffen, darüber hinaus ist auch die weitere Datenlage für Genossenschaftsbanken besser, sodass sich die Studie des EIF im Folgenden auf Genossenschaftsbanken konzentriert. Dabei kommt sie in Bezug auf die Kreditfinanzierung von KMUs zu den nachstehenden Ergebnissen:19 18 Lang, Frank u. a.: The role of cooperative banks and smaller institutions for the financing of SMEs and small midcaps in Europe, European Investment Fund (EIF), Research & Market Analysis, Working Paper 2016/36, unter : http://www.eif.org/news_centre/publications/eif_wp_36.pdf, abgerufen am 1. August 2016. 19 EIF-Report, vgl. Fußnote 18, Seite 6ff., Seite 28 und Seite 41. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 20 – Genossenschaftsbanken sind für die Kreditfinanzierung von KMUs von besonderer Bedeutung . Unter Berücksichtigung der relativen Größe der verschiedenen europäischen Märkte vergeben sie an ein Drittel der KMUs in Europa Kredite. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den Staaten beachtlich: In Frankreich beträgt der Anteil der Genossenschaftsbanken an der Kreditvergabe an KMUs mehr als 50 Prozent, in Portugal dagegen nur 3,9 Prozent (Daten von 2014). – Für viele Genossenschaftsbanken ist ihr Marktanteil am KMU-Geschäft höher als ihr allgemeiner Marktanteil. Auch sehr kleine Banken mit einem kleinen Anteil am Markt für Kreditgeschäfte halten einen großen Anteil an KMU-Krediten in ihren Bilanzen. – Die Bedeutung der KMU-Kredite für das Gesamtgeschäft der einzelnen genossenschaftlichen Bankengruppen kann ganz unterschiedlich sein. Zum Beispiel entfielen im Jahr 2012 70,0 Prozent aller Kredite der Genossenschaftsbanken Griechenlands auf Kredite an KMUs, in den Niederlanden hingegen beliefen sich nur 13,9 Prozent aller Kredite auf Kredite an KMUs. Die nachfolgende Tabelle enthält detaillierte Zahlen für die EU für diejenigen Genossenschaftsbanken , die Mitglied in der European Association of Cooperative Banks (EACB) sind. Die Daten stammen aus 2012, weil zum Beispiel der Anteil der Kredite an KMU in Relation zu den gesamten Krediten der Genossenschaftsbanken in den neueren Berichten der EACB nicht mehr ausgewiesen ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 087/16 Seite 21 Die Genossenschaftsbanken werden oft als Institute mit geringem Risiko charakterisiert. Sie kennen ihre Kunden, deren Risikoprofile und deren Bonität relativ gut. Die starke lokale Präsenz und Nähe der Genossenschaftsbanken zu ihren Kunden verringert die asymmetrische Information, die ansonsten der Kreditgeber-Kreditnehmer-Beziehung inhärent ist. Die Kenntnis auch sogenannter weicher Informationen macht Fehler bei der Kreditvergabe weniger wahrscheinlich.20 - Ende der Bearbeitung - 20 EIF-Report, vgl. Fußnote 18, Seite 15.