© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 – 085/20 Gewährung von Bundesfinanzhilfen iSv Art. 104c GG für unbefristete Ausgaben der Länder Sachstand Wissenschaftliche Dienste Gewährung von Bundesfinanzhilfen iSv Art. 104c GG für unbefristete Ausgaben der Länder Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Können Finanzhilfen nach Art. 104c GG unbefristet aufgrund eines landesrechtlichen Anspruchs gewährt werden? 6 3.1. Ermessen 6 3.2. Zweckbestimmung des Art. 104c GG 7 3.3. Befristete Ausgaben der Länder 7 4. Welche Bundesgesetze müssten angepasst werden, um Finanzhilfen des Bundes für unbefristete Ausgaben der Länder im Schul- und Bildungsbereich zu ermöglichen? 8 5. Zusammenfassung 9 Gewährung von Bundesfinanzhilfen iSv Art. 104c GG für unbefristete Ausgaben der Länder Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 085/20 Seite 4 1. Einleitung Der Fragestellung liegt ein Gesetzesentwurf des Bayrischen Landtages zur Änderung des Bayrischen Schulfinanzierungsgesetzes vom 17.06.2020 zugrunde.1 Dieser Entwurf sieht u.a eine Anpassung der Lernmittelfreiheit aufgrund der Corona-Krise vor. Der Grundsatz der Lernmittelfreiheit besagt, dass Schülerinnen und Schüler an öffentlichen Schulen Schulbücher und zum Teil auch andere Lernmittel kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen dieser Lernmittelfreiheit sollen Schülerinnen und Schüler in Bayern nunmehr einen Anspruch auf bedarfsgerechte Versorgung mit einem digitalen Endgerät zur schulischen Nutzung haben.2 Dieser Anspruch soll nach dem Bayrischen Gesetzesentwurf über die Corona-Krise hinaus, unbefristet gelten . Vor diesem Hintergrund erkundigt sich der Auftraggeber, ob nach der geltenden Rechtslage die Finanzierung von digitalen Endgeräten an Schulen aufgrund eines derartigen landesrechtlichen Anspruchs mit Bundesmitteln verfassungsrechtlich zulässig ist. Falls dies unzulässig wäre, bittet der Auftraggeber um eine Darstellung, mit welchem Inhalt einzelne Normen auf Bundesebene (einschließlich des Grundgesetzes) angepasst werden müssten, um eine solche Mittelverwendung zu ermöglichen. 2. Finanzverfassungsrechtlicher Rahmen 2.1. Konnexitätsprinzip Nach Art. 104a Abs. 1 GG tragen Bund und Länder gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben. Dieser in Art. 104a Abs. 1 GG verankerte Zusammenhang zwischen der sachlicher Zuständigkeit und der Finanzierungsverantwortung wird als Konnexitätsprinzip bezeichnet.3 Die Ausgabenlast folgt damit der Aufgabenwahrnehmung. Das Konnexitätsprinzip beinhaltet zudem im Verhältnis der Länder zueinander das Verbot, die fremden Ausgaben eines anderen Landes ganz oder teilweise zu übernehmen.4 Wer die Ausgabenlast trägt, hängt gemäß Art. 104a Abs. 1 GG von der Aufgabenverteilung des Grundgesetzes ab. Art. 30 GG statuiert den Grundsatz, dass die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben eine den Ländern obliegende Angelegenheit ist, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Die Art. 70 ff. GG weisen dem Bund für den Bereich allgemeines Schul- und Bildungswesen keine Gesetzgebungskompetenz zu. Daher haben die Länder für diesen Bereich die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz. 1 vgl. BayLT-Drs. 18/8347. 2 BayLT-Drs. 18/8347, S. 3. 3 Schwarz, in: Maunz/Dürig, 90 EL Februar 2020, GG Art. 104a Rn. 30. 4 Heun, in: Dreier, 3. Aufl. 2018, GG Art. 104a Rn. 21. Gewährung von Bundesfinanzhilfen iSv Art. 104c GG für unbefristete Ausgaben der Länder Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 085/20 Seite 5 Die Erweiterung der Lernmittelfreiheit dergestalt, dass Schülerinnen und Schüler einen landesrechtlichen Anspruch auf bedarfsgerechte Versorgung mit einem digitalen Endgerät zur schulischen Nutzung haben, fällt in den ausschließlichen Kompetenzbereich der Länder. Daraus folgt gemäß Art. 104a Abs. 1 GG, dass die Länder zur Tragung der Kosten für die Erweiterung der Lernmittelfreiheit – bspw. Anschaffung von digitalen Endgeräten und ihre Wartung – verpflichtet wären . Eine etwaige finanzielle Unterstützung durch den Bund oder andere Länder bei der Umsetzung der Erweiterung der Lernmittelfreiheit verbietet sich grundsätzlich wegen des Konnexitätsprinzips . 2.2. Finanzhilfen als Ausnahme vom Konnexitätsprinzip Abweichend von Art 104a Abs. 1 GG erlaubt das Grundgesetz in bestimmten Bereichen eine Verschiebung der Lastentragung. Die Art. 104b, 104c und 104d GG geben dem Bund die Möglichkeit, gezielte Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) durch Finanzhilfen zu unterstützen. Finanzhilfen stellen insoweit eine Ausnahme vom Konnexitätsprinzip dar.5 Finanzhilfen sind von Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91a, 91b GG abzugrenzen. Anders als bei Gemeinschaftsaufgaben steht dem Bund bei Finanzhilfen die gemeinsame Investitionsplanung und Investitionsdurchführung der Vorhaben nicht zu.6 Der Einfluss des Staates beschränkt sich im Rahmen von Finanzhilfen auf eine rein finanzielle Unterstützung. Aus dem Begriff „Finanzhilfen“ folgt, dass eine vollständige Kostenübernahme für eine Investition durch den Bund ausgeschlossen ist.7 Die Erbringung eines Eigenanteils der Länder bei Finanzhilfen des Bundes ist deshalb verfassungsrechtlich zwingend. 2.3. Finanzhilfen nach Art. 104c GG Mit Blick auf die Fragstellung kommt als verfassungsrechtliche Grundlage für die Finanzierung von digitalen Endgeräten für Schülerinnen und Schüler mit Bundesmitteln Art. 104c GG in Betracht . Diese Vorschrift wurde im Jahr 2017 erstmals ins Grundgesetz eingefügt und zuletzt im April 2019 geändert.8 Gemäß Art. 104c Abs. 1 GG kann der Bund den Ländern Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen sowie besondere mit diesen unmittelbar verbundene, befristete Ausgaben der 5 Hellermann, in: von Mangoldt/Klein/Starck, 7. Aufl. 2018, GG Art. 104a Rn. 70. 6 vgl. BVerfGE 39, 96 (111) – zu Art. 104a Abs. 4 GG aF. 7 Kube, in: BeckOK GG, 43 Ed. 15.05.2020, GG Art 104b Rn. 16. 8 Gesetz zur Änderungen des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) v. 19.07.2017, BGBl. Teil I, Nr. 47 S. 2347; Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 104b, 104c, 104d, 125c, 143e) v. 03.04..2019, BGBl. Teil I, Nr. 11 S. 404. Gewährung von Bundesfinanzhilfen iSv Art. 104c GG für unbefristete Ausgaben der Länder Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 085/20 Seite 6 Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren. Sinn und Zweck von Art. 104c GG ist es, „dem bundesweit zu verzeichnenden erheblichen Sanierungs- und Modernisierungsbedarf im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur Rechnung [zu] tragen.“9 Im Verhältnis zu Art. 104b GG handelt es sich bei Art. 104c GG um einen Ausnahmetatbestand.10 Nach Art. 104b Abs. 1 S. 1 GG ist die Gewährung von Finanzhilfen im Bildungssektor aufgrund der insoweit gegebenen ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder nicht zulässig. Art. 104c GG ermöglicht dem Bund dagegen eine durch Geld vermittelte direkte Einflussnahme in einem Bereich, in dem er keine Sachkompetenz hat.11 Die Kultushoheit der Länder bleibt durch die Möglichkeit, dass der Bund Investitionen in das Bildungswesen mitfinanzieren kann, gleichwohl unberührt.12 Nach Art. 104c S. 3 GG kann die Bundesregierung zur Gewährleistung der zweckentsprechenden Mittelverwendung Berichte und anlassbezogen die Vorlagen der Akten von dem jeweils betroffenen Land verlangen. Die Einführung des Art. 104c GG war vor dem Hintergrund der Kompetenzordnung des Grundgesetzes umstritten. Es wird kritisiert, dass Art. 104c GG die Staatlichkeit der Länder aushöhle und den Weg zu einer bundeseinheitlichen Schulpolitik eröffne.13 3. Können Finanzhilfen nach Art. 104c GG unbefristet aufgrund eines landesrechtlichen Anspruchs gewährt werden? Finanzhilfen des Bundes im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur können unter den Voraussetzungen des Art. 104c GG gewährt werden. 3.1. Ermessen Die Hilfeleistung steht im Ermessen des Bundes. Der Bund ist nicht zur Gewährung von Finanzhilfen verpflichtet; die Länder haben keinen entsprechenden Anspruch („kann“). Im Rahmen seines Ermessensspielraums hat der Bund den Grundsatz föderaler Gleichbehandlung zu beachten.14 9 BT-Drs. 18/11131, S. 17. 10 BT-Drs. 18/11131, S. 17. 11 Kube, in: BeckOK GG, 43. Ed. 15.05.2020, GG Art. 104c Rn. 1. 12 BR-Drs. 165/18, S. 5. 13 Vgl. Siekmann, in: Sachs, 8. Aufl. 2018, GG Art. 104c GG Rn. 4; Kube, in: BeckOK GG, 43 Ed. 15.05.2020, GG Art 104c Rn. 1. 14 Siekmann, in: Sachs, 8. Aufl. 2018, GG Art. 104c Rn. 6. Gewährung von Bundesfinanzhilfen iSv Art. 104c GG für unbefristete Ausgaben der Länder Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 085/20 Seite 7 3.2. Zweckbestimmung des Art. 104c GG Nach Art. 104c GG müssen die Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Bildungsinfrastruktur bestimmt sein. Investitionen in diesem Sinne umfassen nur Sachanlagen , nicht jedoch Finanzanlagen.15 Dazu zählen insbesondere der Neubau und die Sanierung bzw. Modernisierung von Gebäuden (einschließlich notwendiger Einrichtung und Ausstattung) sowie die Errichtung einer bildungsbezogenen digitalen Infrastruktur.16 Es muss in die kommunale Bildungsinfrastruktur investiert werden. Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass Investitionen in die Bildungsinfrastruktur stets das Kriterium der gesamtstaatlichen Bedeutsamkeit erfüllen.17 Die Anschaffung von mobilen Endgeräten im Rahmen der Lernmittelfreiheit stellt eine Investition in Sachanlagen dar. Durch die Versorgung von Schülerinnen und Schülern mit digitalen Endgeräten kann insbesondere das „Lernen Zuhause“ erleichtert und eine digitale Unterrichtsform vorangetrieben werden. Mithilfe mobiler Endgeräte können Schülerinnen und Schüler am Unterricht teilnehmen, selbst wenn es wegen der Corona-Krise zu weiteren Einschränkungen des Schulbetriebes kommen sollte. Die Ausstattung von Schulen mit digitalen Endgeräten führt zu einer Modernisierung der regionalen Infrastruktur an Schulen und ihrer Unterrichtsform. Bei der Versorgung von Schülerinnen und Schülern mit digitalen Endgeräten handelt es sich folglich um eine gesamtstaatlich bedeutsame Investition zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Bildungsinfrastruktur im Sinne von Art. 104c GG. 3.3. Befristete Ausgaben der Länder Nach dem Wortlaut des Art. 104c GG werden die Finanzhilfen des Bundes ausschließlich für „befristete Ausgaben“ der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) gewährt. Art. 104c S. 2 GG verweist zudem auf Art. 104b Abs. 2 S. 6 GG, der ebenfalls eine befristete Mittelgewährung des Bundes an die Länder vorschreibt. Die Vorgaben über die Befristung von Finanzhilfen im kommunalen Bildungssektor sollen die „schematisch verfestigte Förderungen“ der Länder durch den Bund vermeiden.18 Unbefristete Finanzhilfen aus dem Bundeshaushalt an die Länder für Landesaufgaben schaffen die Gefahr von Abhängigkeiten der Länder vom Bund, in einem ihnen ausschließlich zustehenden Kompetenzbereich . Solche Abhängigkeiten sind mit dem in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Bundesstaatsprinzip und der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes nicht vereinbar. Unbefristete Finanzhilfen können die verfassungsrechtlich garantierte Eigenständigkeit der Länder, denen das Grundgesetz 15 Kube, in: BeckOK GG, 43 Ed. 15.05.2020, GG Art. 104c Rn. 3. 16 Schwarz, in Maunz/Dürig, 90. EL Februar 2020, GG Art. 104c Rn. 12. 17 BT-Drs. 19/3440, S. 17. 18 BT-Drs. 16/813, S. 19. Gewährung von Bundesfinanzhilfen iSv Art. 104c GG für unbefristete Ausgaben der Länder Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 085/20 Seite 8 die volle Sach- und Finanzverantwortung für die ihnen obliegenden Aufgaben einräumt, gefährden .19 Die „Finanzverfassung“ des 10. Abschnitts des Grundgesetzes zielt darauf ab, eine der Aufgabenverteilung gerecht werdende Finanzausstattung der Länder zu erreichen.20 Durch Finanzhilfen einen Nebenfinanzausgleich zu erschaffen, ist finanzverfassungsrechtlich nicht vorgesehen.21 Im Übrigen stellt eine wesentliche Wirkung der föderalen Gliederung der Bundesrepublik Deutschland die sog. vertikale Gewaltenteilung dar.22 Sie bedeutet, dass die Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern der Konzentration der staatlichen Macht in der Hand einer politischen Gruppierung entgegenwirkt.23 Bundesfinanzhilfen für unbefristete Ausgaben der Länder im kommunalen Bildungsbereich können dieses föderale Gewaltenteilungsprinzips gefährden. Der diesem Sachstand zugrundliegende Bayrische Gesetzesentwurf (Bayerischer Landtag-Drs. 18/8347) sieht eine Befristung für die Erweiterung der Lernmittelfreiheit auf digitale Endgeräte zugunsten der Schülerinnen und Schüler nicht vor. Es ist weder ein Endtermin für den Anspruch auf bedarfsgerechte Versorgung mit einem digitalen Endgerät zur schulbezogenen Nutzung vorgesehen , noch ist der Anspruch durch ein Ereignis, bspw. das Ende der Corona-Krise, falls es dies überhaupt gibt, zeitlich beschränkt. Die Auslegung eines Gesetzes findet ihre Schranke regelmäßig dort, wo ihr ein klarer, unmissverständlicher Wortlaut entgegensteht. Folglich erfüllt ein landesrechtlicher Anspruch auf Versorgung mit digitalen Endgeräten zugunsten von Schülerinnen und Schüler, solange er keine Befristung enthält, die Voraussetzungen des Art. 104c GG nicht. 4. Welche Bundesgesetze müssten angepasst werden, um Finanzhilfen des Bundes für unbefristete Ausgaben der Länder im Schul- und Bildungsbereich zu ermöglichen? Um das Wort „befristet“ aus Art. 104c GG bzw. den Verweis in Art 104c S. 2 GG auf Art. 104b Abs. 2 S. 6 GG zu streichen, wäre eine Grundgesetzänderung nach Maßgabe des Art. 79 GG erforderlich . Gemäß Art. 79 Abs. 1 GG kann das Grundgesetz nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Gemäß Art. 79 Abs. 2 GG bedarf ein solches Gesetz der Zustimmung von zwei Drittel der Mitglieder des Bundestages und zwei Drittel der Stimmen des Bundesrates. Neben diesen formellen Voraussetzungen beinhaltet Art. 79 Abs. 3 GG eine materielle Schranke für eine Grundgesetzänderung, die sog. Ewigkeitsklausel.24 Demnach ist die Änderung der in Art. 20 Abs. 1 GG niedergelegten Grundsätze unzulässig. Es genügt, wenn diese Grundsätze 19 BVerfGE 39, 96 (108) – Ausführungen zu Art. 104a Abs. 4 GG aF. 20 Ebd. 21 Schwarz, in: Maunz/Dürig, 90. EL Februar 2020, GG Art. 104c Rn. 35. 22 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, 90. EL Februar 2020, GG Art. 20 Rn. 20. 23 Ebd. 24 Dietlein, in: BeckOK GG, 43. Ed. 15.05.2020, GG Art. 79 Rn 15. Gewährung von Bundesfinanzhilfen iSv Art. 104c GG für unbefristete Ausgaben der Länder Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 – 085/20 Seite 9 durch eine Grundgesetzänderung berührt werden (sog. Berührungsverbot). Es darf somit keine Verfassungsnorm erlassen werden, die den normativen Gehalt der in Art. 79 Abs. 3 GG aufgezählten Bereiche auch nur mittelbar tangiert.25 Das Bundesstaatsprinzip stellt einen in Art. 20 GG niedergelegten Grundsatz dar, der von der Ewigkeitsklausel des Art. 79 Abs. 3 GG umfasst ist. Die Vorgaben zu der Befristung in Art. 104c GG schützen die grundgesetzliche Kompetenzordnung im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur und tangieren jedenfalls mittelbar das Bundesstaatsprinzip (siehe unter 3.3). Die Berührungspunkte könnten einer Änderung des Art. 104c GG entgegenstehen, Art. 79 Abs. 3 GG. 5. Zusammenfassung Die Anpassung bzw. Erweiterung der Lernmittelfreiheit stellt eine ausschließlich den Ländern zustehende Aufgabe dar. Daraus folgt gemäß Art. 104a Abs. 1 GG, dass die Länder im Grundsatz auch die Kosten dafür tragen müssen. Unter den Voraussetzungen des Art. 104c GG sind ausnahmsweise Finanzhilfen des Bundes im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur zulässig . Der eindeutige Wortlaut des Art. 104c GG setzt allerdings „befristete Ausgaben“ der Länder voraus, die der Bund mitfinanzieren kann. Mit den Vorgaben über die Befristung werden die Länder in ihrer Eigenständigkeit geschützt und damit letztlich das Bundesstaatsprinzip gewahrt. Daher ist die Finanzierung von digitalen Endgeräten an Schulen aufgrund einer temporär unbegrenzten , landesrechtlichen Erweiterung der Lernmittelfreiheit mit Finanzhilfen iSv Art. 104c GG verfassungsrechtlich nicht möglich. Eine Änderung des Art. 104c GG dürfte mit Blick auf die Ewigkeitsklausel des Art. 79 Abs. 3 GG verfassungswidrig sein. *** 25 Dietlein, in: BeckOK GG, 43. Ed. 15.5.2020, GG Art. 79 Rn. 17.