© 2017 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 084/17 Wesentliche rechtliche Vorschriften für die Erlaubnis zur Gewinnung von Alkohol aus landwirtschaftlichen Rohstoffen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 084/17 Seite 2 Wesentliche rechtliche Vorschriften für die Erlaubnis zur Gewinnung von Alkohol aus landwirtschaftlichen Rohstoffen Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 084/17 Abschluss der Arbeit: 12. Oktober 2017 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 084/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Rechtslage bis 31. Dezember 2017 - Das Branntweinmonopol 4 3. Rechtslage ab 1. Januar 2018 5 3.1. Verschlussbrennerei 5 3.2. Abfindungsbrennerei 5 3.3. Stoffbesitzer 7 4. Steuerentstehung und Höhe der Steuer 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 084/17 Seite 4 1. Fragestellung Welche Möglichkeiten gibt es für landwirtschaftliche Betriebe in den neuen Bundesländern, Brennrechte für die Produktion von Alkohol aus selbst angebauten Produkten (z.B. Kartoffeln, Getreide und Obst) zu erwerben bzw. welche Voraussetzungen müssen sie dafür erfüllen? Zum Hintergrund erläutert der Auftraggeber: Die Frage zielt auf die rechtlichen Möglichkeiten zur Produktion und die Festlegung, welche Menge an Alkohol landwirtschaftliche Betriebe unter welchen Bedingungen und aus welchen Rohstoffen produzieren dürfen. Bisher scheint diese Möglichkeit nur wenig genutzt zu werden, was vermutlich auch darauf zurückzuführen ist, dass in den neuen Bundesländern bei der Privatisierung im Zuge der deutschen Wiedervereinigung bestehende Brennrechte mit veräußert wurden und nicht mehr von den einzelnen Betrieben genutzt werden konnten. 2. Rechtslage bis 31. Dezember 2017 - Das Branntweinmonopol In Deutschland wurde Agraralkohol traditionell bis 2013 zu einem beachtlichen Anteil von Landwirten im Rahmen des seit 1919 bestehenden Branntweinmonopols hergestellt. Kleine landwirtschaftliche Verschlussbrennereien erzeugten im Rahmen von Brennkontingenten einen Rohalkohol aus Getreide oder Kartoffeln, der an die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BfB) zur weiteren Verwertung abgeliefert wurde. Die BfB reinigte und entwässerte den übernommenen Rohalkohol und vermarktete ihn als Neutralalkohol. Weil der in Deutschland von Landwirten hergestellte Alkohol rohstoff- und strukturbedingt teurer ist als Alkohol aus industriellen Großanlagen, benötigte die BfB bis 2013 einen jährlichen Zuschuss von rund 80 Mio. Euro, um den Alkohol im freien Wettbewerb mit Konkurrenten aus Deutschland, den anderen EU-Mitgliedstaaten oder Drittstaaten zum EU-Marktpreis absetzen zu können.1 Diese staatlichen Beihilfen sind jedoch grundsätzlich nicht mit dem EU-Beihilferecht vereinbar. Nach dem daraus resultierenden Gesetz zur Abschaffung des Branntweinmonopols (Branntweinmonopolabschaffungsgesetz )2 durften landwirtschaftliche Verschlussbrennereien (Kartoffel- und Getreidebrennereien) nur noch bis zum 30. September 2013 im Rahmen des Branntweinmonopols Alkohol herstellen. Nach dem Ausscheiden aus dem Branntweinmonopol erhalten alle im Betriebsjahr 2012/13 noch im Monopol befindlichen 525 landwirtschaftliche Verschlussbrennereien mit regelmäßigen Brennrechten jeweils zum Ende der Kalenderjahre 2013 bis 2017 Ausgleichsbeträge in Höhe von jährlich 51,50 Euro je Hektoliter regelmäßiges Brennrecht. 1 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Das Branntweinmonopol läuft aus, unter: https://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Markt-Handel-Export/_Texte/Branntweinmonopol.html, abgerufen am 12. Oktober 2017. 2 Bundesgesetzblatt (BGBl.) I, 2017, Seite 1650. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 084/17 Seite 5 Obstgemeinschaftsbrennereien, Abfindungsbrennereien und Stoffbesitzer dürfen noch bis Ende 2017 im Rahmen des Branntweinmonopols Alkohol produzieren, allerdings nimmt die ablieferungsfähige Erzeugungsmenge jährlich ab.3 3. Rechtslage ab 1. Januar 2018 Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen für die Erlaubnis, Alkohol zu gewinnen, sind das Alkoholsteuergesetz (AlkStG) und die Verordnung zur Durchführung des Alkoholsteuergesetzes (Alkoholsteuerverordnung – AlkStV), die beide am 01. Januar 2018 in Kraft treten. Alkohol darf nach § 4 Abs. 2 AlkStG grundsätzlich nur in einer Verschlussbrennerei gewonnen werden, Ausnahmen sind die Gewinnung von Alkohol in einer Abfindungsbrennerei oder durch Stoffbesitzer, die zudem auch weiterhin verbrauchsteuerrechtlich begünstigt werden. Zudem wird dieses privilegierte Brennen nicht mehr auf bestimmte Bezirke begrenzt, sondern auf ganz Deutschland ausgedehnt.4 3.1. Verschlussbrennerei Eine Verschlussbrennerei muss so eingerichtet sein, dass sämtliche alkoholhaltigen Dämpfe innerhalb einer Anlage zu Alkohol verdichtet werden und der gesamte Alkohol in die zu seiner Erfassung bestimmte Vorrichtung fließt. Solche Vorrichtungen sind Sammelgefäße oder amtliche Messuhren. Die Menge des erzeugten Alkohols ist durch eine Abnahme amtlich festzustellen. Das zuständige Hauptzollamt regelt die Einzelheiten der Sicherungsmaßnahmen zur Gewährleistung der Verschlusssicherheit und der Abnahme (§ 4 Abs. 4 AlkStV). Wer eine Verschlussbrennerei errichten will, hat den Antrag vor Beginn der Errichtung der Brennerei beim zuständigen Hauptzollamt zu stellen (§ 5 AlkStV). 3.2. Abfindungsbrennerei In Abfindungsbrennereien (§ 9 AlkStG) wird Alkohol ohne Verschlüsse hergestellt. Der Alkohol darf ausschließlich aus folgenden Rohstoffen gewonnen und gereinigt werden: – Obst, einschließlich Obstmost und Obsttrester, – Beeren, – Wein, einschließlich Weinhefe und Weintrester, – Wurzeln, einschließlich deren Knollen, – Topinambur, – Getreide, – Bier, – Kartoffeln 3 Bundesmonopolverwaltung für Branntwein: Abschaffung des Branntweinmonopols, unter: http://www.bfbbund .de/pages/weiter.htm, abgerufen am 12. Oktober 2017. 4 Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Abschaffung des Branntweinmonopols, Bundestags-Drucksache 17/12301, Seite 29. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 084/17 Seite 6 – oder den jeweiligen Rückständen davon. Die Jahreserzeugung in einer Abfindungsbrennerei darf 3 Hektoliter reinen Alkohols (hl A) pro Kalenderjahr nicht überschreiten. Der gewonnene Alkohol wird pauschal aus der Menge der Rohstoffe , die zur Alkoholgewinnung eingesetzt wird, und aus einem festgelegten amtlichen Ausbeutesatz 5 ermittelt. Der in einer Abfindungsbrennerei gewonnene Alkohol darf nicht zu gewerblichen Zwecken in einen anderen Mitgliedstaat, ein Drittland oder ein Drittgebiet befördert werden. Wer eine Abfindungsbrennerei betreiben will, muss beim zuständigen Hauptzollamt einen Antrag nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck stellen und unter anderem Lagepläne beifügen. Die Erlaubnis wird Personen erteilt, – die ein wirtschaftliches Bedürfnis zum Betrieb einer Abfindungsbrennerei nachweisen, (Dieses liegt vor, wenn der Antragsteller über einen landwirtschaftlichen Betrieb als selbständige wirtschaftliche Einheit in einer bestimmten Mindestgröße verfügt und wenn bei ihm ausreichend zulässige Rohstoffe anfallen. Die Mindestgröße und der ausreichende Anfall zulässiger Rohstoffe werden als erreicht angesehen, wenn der landwirtschaftliche Betrieb = eine Größe von mindestens 3,0 Hektar hat oder = im Falle von Intensivobstbau, einschließlich Weinbau, eine Größe von mindestens 1,5 Hektar hat (§ 19 AlkStV)). – gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen und – die, soweit sie nach dem Handelsgesetzbuch oder der Abgabenordnung dazu verpflichtet sind, ordnungsmäßig kaufmännische Bücher führen und rechtzeitig Jahresabschlüsse aufstellen . Die Gewinnung von Alkohol und dessen Reinigung in einer Abfindungsbrennerei bedürfen jeweils einer Genehmigung. Sie ist durch den Abfindungsbrenner beim Hauptzollamt rechtzeitig vorher zu beantragen. Will der Abfindungsbrenner in einem Abschnitt brennen, hat er dies dem Hauptzollamt rechtzeitig vorher anzuzeigen. Ein Abschnitt umfasst drei Jahre. Der erste Abschnitt beginnt am 1. Januar 2018 und endet am 31. Dezember 2020. Innerhalb dieses Abschnitts dürfen Abfindungsbrennereien insgesamt 9 hl A gewinnen und reinigen. 5 Grundsätzlich ist der amtliche Ausbeutesatz die Menge reiner Alkohol, die bei mehligen Stoffen aus 100 Kilogramm der Rohstoffe und bei nichtmehligen Stoffen aus einem Hektoliter der Rohstoffe gewonnen wird (§ 24 AlkStV). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 084/17 Seite 7 3.3. Stoffbesitzer Stoffbesitzer (§ 10 AlkStG) sind natürliche Personen, die – kein eigenes Brenngerät besitzen, – Alkohol ausschließlich aus den selbst gewonnenen Rohstoffen = Obst, einschließlich Obstmost und Obsttrester, = Beeren, = Wein, einschließlich Weinhefe und Weintrester, = Wurzeln, einschließlich deren Knollen, = Topinambur = oder den jeweiligen Rückständen davon gewinnen und – den gewonnenen Alkohol anschließend reinigen dürfen. Stoffbesitzer dürfen nur in einer Abfindungsbrennerei Alkohol gewinnen und reinigen. Die Jahreserzeugung darf 0,5 hl A pro Kalenderjahr nicht überschreiten. Der von einem Stoffbesitzer gewonnene Alkohol wird pauschal aus der Menge der Rohstoffe, die zur Alkoholgewinnung eingesetzt wird, und aus einem festgelegten Ausbeutesatz (vgl. Fußnote 5) ermittelt. Der Alkohol darf nicht zu gewerblichen Zwecken in einen anderen Mitgliedstaat, ein Drittland oder ein Drittgebiet befördert werden. Die Gewinnung von Alkohol und dessen Reinigung durch einen Stoffbesitzer bedürfen jeweils einer Genehmigung. Sie ist durch den Stoffbesitzer beim Hauptzollamt rechtzeitig vorher zu beantragen . Will der Stoffbesitzer in einem Abschnitt brennen, hat er dies dem Hauptzollamt rechtzeitig vorher anzuzeigen. Ein Abschnitt umfasst drei Jahre. Der erste Abschnitt beginnt am 1. Januar 2018 und endet am 31. Dezember 2020. Innerhalb dieses Abschnitts dürfen Stoffbesitzer insgesamt 1,5 hl A gewinnen und reinigen. 4. Steuerentstehung und Höhe der Steuer Nach § 18 AlkStG entsteht die Steuer zum Zeitpunkt der Überführung der Alkoholerzeugnisse in den steuerrechtlich freien Verkehr. Dazu gehört insbesondere die Entnahme aus dem Steuerlager. Alkohol, der in einer Abfindungsbrennerei gewonnen wird, wird mit seiner Gewinnung in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt, es sei denn, der Abfindungsbrenner oder der Stoffbesitzer beantragen beim Hauptzollamt, dass der gesamte gewonnene Alkohol als unter Steueraussetzung in einem Steuerlager gewonnen gelten soll (§ 43 AlsStV). Ein Steuerlager umfasst die Gesamtheit der baulich zueinander gehörenden Räume, in denen sich die Einrichtungen zur Gewinnung, zur Herstellung, zur Reinigung, zur Vergällung, zur Be- oder Verarbeitung, zum Um- und Abfüllen sowie zum verkaufsfertigen Herrichten und zur Lagerung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 084/17 Seite 8 von Alkoholerzeugnissen befinden. Nur dort dürfen Alkoholerzeugnisse unter Steueraussetzung hergestellt, gereinigt, vergällt, be- oder verarbeitet, um- und abgefüllt, verkaufsfertig hergerichtet und gelagert werden (§ 4 Abs. 1 und 2 AlkStV). Der Antrag auf Erlaubnis, als Steuerlagerinhaber tätig zu sein, ist beim zuständigen Hauptzollamt nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck unter Hinzufügung unter anderem von Lageplänen zu stellen. Die Steuer nach § 2 AlkStG beträgt für 1 hl A 1.303 Euro. Die Steuer ermäßigt sich für Alkohol, der – in einer Abfindungsbrennerei oder von einem Stoffbesitzer innerhalb der zulässigen Jahreserzeugung gewonnen worden ist, auf 1.022 Euro je hl A, – in einer Verschlussbrennerei mit einer Jahreserzeugung von bis zu 4 hl A gewonnen worden ist, zum Ausgleich der in einer Abfindungsbrennerei zulässigen steuerfreien Überausbeute auf 730 Euro je hl A. Die Steuerermäßigungen sind auf den Erzeuger des Alkohols beschränkt und setzen voraus, dass die Brennerei rechtlich und wirtschaftlich unabhängig von einer anderen Brennerei und kein Lizenznehmer ist. Alkoholerzeugnisse sind unter anderem von der Steuer befreit, wenn sie der Herstellung von Arzneimitteln dienen (§ 27 AlkStG). * * *