© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 075/20 Einzelfragen zur Integration der Kraftfahrzeugsteuer in die Energiesteuer Darstellung von Rechenmodellen zur Anpassung von Energiesteuersätzen Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 075/20 Seite 2 Einzelfragen zur Integration der Kraftfahrzeugsteuer in die Energiesteuer Darstellung von Rechenmodellen zur Anpassung von Energiesteuersätzen Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 075/20 Abschluss der Arbeit: 17. Juli 2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 075/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Refinanzierung durch Erhöhung des Energiesteuersatzes auf handelsüblichen Dieseltreibstoff 4 3. Refinanzierung durch Erhöhung des Energiesteuersatzes auf handelsüblichen Benzintreibstoff 5 4. Refinanzierung durch Erhöhung der Energiesteuersätze auf handelsüblichen Benzin- und Dieseltreibstoff 5 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 075/20 Seite 4 1. Einleitung Die Kraftfahrzeugsteuer steht in der Kritik, weder dem Leistungsfähigkeits- noch dem Äquivalenzprinzip als steuersystematische Rechtfertigung gerecht zu werden.1 Ebenso wird in der Fachliteratur die Eignung als Lenkungsabgabe zur Senkung von Schadstoffbelastungen und CO2-Emissionen bezweifelt.2 Diskutiert wird daher, ob es sachgerechter wäre, die Kraftfahrzeugsteuer ersatzlos abzuschaffen und stattdessen die Energiesteuersätze für Benzin- und Dieseltreibstoffe entsprechend anzuheben um das Steueraufkommen zu sichern. Für die Frage, welche konkreten Anpassungen von Steuersätzen für eine aufkommensneutrale Integration der Kraftfahrzeugsteuer in die Energiesteuer erforderlich wären, sei darauf verwiesen, dass die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages nicht die Kapazitäten haben, eigenständig Rechenmodelle zu entwerfen. Die Darstellung erschöpft sich daher in der Vorstellung bereits vorhandener Rechenmodelle und Schätzungen, soweit diese existieren. 2. Refinanzierung durch Erhöhung des Energiesteuersatzes auf handelsüblichen Dieseltreibstoff Hinsichtlich eines Rechenmodells zur Anpassung des Energiesteuersatzes auf handelsüblichen Dieseltreibstoff sei zunächst auf eine Darstellung von Prof. Dr. Fritz Söllner (Professor für Finanzwissenschaft an der Technischen Universität Ilmenau) von 2018 verwiesen.3 Söllner geht davon aus, dass die Energiesteuer als zweckmäßige Lenkungsabgabe an Stelle der Kraftfahrzeugsteuer treten und diese in Folge ersatzlos gestrichen werden sollte. Ausgehend von den für den Kraftfahrzeugverkehr wesentlichen Steuersätzen von 0,6545 Euro pro Liter Benzin (schwefelarm) nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 b) Energiesteuergesetz (EnergieStG) und 0,4704 Euro pro Liter Diesel (schwefelarm) nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 b) EnergieStG wird vorgeschlagen , den Energiesteuersatz für Dieseltreibstoff den spezifischen CO2-Emissionen entsprechend proportional anzupassen. Bei Verbrauch von 1 l Benzin werden 2,33 kg CO2 freigesetzt, bei Verbrauch von 1 l Diesel 2,63 kg CO2.4 Pro kg freigesetztem CO2 fallen somit beim Benzintreibstoff 0,2809 Euro Steuern an, beim Dieseltreibstoff lediglich 0,1789 Euro.5 Um beim Dieseltreibstoff den proportional gleichen Steuersatz von 0,2809 Euro/kg zu erreichen, müsste der Energiesteuersatz auf 0,7388 Euro/l erhöht werden. Aus fiskalischer Sicht hätte dies zur Konsequenz, dass, bei einer Überwälzung von 100%, der Dieselpreis sich netto um 0,2684 Euro/l erhöhen würde. Brutto, also unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer, erhöhte sich der Preis dann um 0,3194 1 Vgl. Söllner, „Die Dieselkrise und die die Besteuerung des Kraftfahrzeugverkehrs“ in Wirtschaftsdienst 8/2018, 411; Gawel, „CO 2-basierte Kfz-Steuer – eine Klimaschutzsteuer?“ in Zeitschrift für Umweltrecht 1/2010, 3, 4. 2 Vgl. Gawel, „KfZ-Steuer-Reform und Klimaschutz“ in Wirtschaftsdienst 2/2011 91, 137; Söllner, „Die Dieselkrise und die die Besteuerung des Kraftfahrzeugverkehrs“ in Wirtschaftsdienst 8/2018, 411. 3 Söllner, „Die Dieselkrise und die die Besteuerung des Kraftfahrzeugverkehrs“ in Wirtschaftsdienst 8/2018, 411. 4 Verband der Automobilindustrie, „Die Diesel-Technologie: Fragen und Antworten“ 2016, 3. 5 Söllner, „Die Dieselkrise und die die Besteuerung des Kraftfahrzeugverkehrs“ in Wirtschaftsdienst 8/2018, 411, 415. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 075/20 Seite 5 Euro/l. Bei einer Absatzmenge von 44,321 Mrd. Liter (Absatzmenge von 2016) stiege das Energiesteueraufkommen um 11,896 Mrd. Euro. Söllner geht ferner davon aus, dass der Dieselverbrauch ca. 75 % gewerblicher Art ist und sich dementsprechend die Einnahmen aus der Umsatzsteuer um 0,565 Mrd. Euro erhöhte.6 Die Mehreinnahmen in Höhe von insgesamt 12,461 Mrd. Euro würden den Ausfall der Einnahmen aus der weggefallenen Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 8,952 Mrd. Euro (2016) überkompensieren. Diese Berechnungen erfassen aber zunächst noch nicht die Auswirkungen des höheren Marktpreises auf die Nachfrage. Um diese zu berücksichtigen geht Söllner von -0,35 als Mittelwert für die Preiselastizität von Kraftstoffen aus und kommt dementsprechend zum Ergebnis, dass die Dieselnachfrage um 8,9% zurückginge, die Mehreinnahmen betrügen folglich nur noch 9,409 Mrd. Euro. 7 Diese überstiegen aber weiterhin die Einnahmen aus den weggefallenen Kraftfahrzeugsteuereinnahmen um 0,457 Mrd. Euro. 3. Refinanzierung durch Erhöhung des Energiesteuersatzes auf handelsüblichen Benzintreibstoff Rechenmodelle oder Schätzungen zur Refinanzierung des fehlenden Aufkommens der Kraftfahrzeugsteuer durch alleinige Erhöhung des Energiesteuersatzes auf handelsüblichen Benzintreibstoff sind nicht bekannt. 4. Refinanzierung durch Erhöhung der Energiesteuersätze auf handelsüblichen Benzin- und Dieseltreibstoff Eine Untersuchung des Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) aus dem Jahr 2009 schätzt, dass für eine aufkommensneutrale Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Energiesteuer eine Steuererhöhung von 17 Cent pro Liter Benzin, beziehungsweise 12 Cent pro Liter Diesel erforderlich und ausreichend wäre.8 Diese Schätzung unterstellt aber ausdrücklich eine vollkommen unelastische Kraftstoffnachfrage.9 Im Rahmen eines Petitionsverfahrens von 2013 schätzte der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages unter Bezugnahme auf das Bundesministerium der Finanzen (BMF), allerdings ohne 6 Söllner, „Die Dieselkrise und die die Besteuerung des Kraftfahrzeugverkehrs“ in Wirtschaftsdienst 8/2018, 411, 416. 7 Vgl. Boysen-Hogrefe, „Der Einfluss des Erdölpreises auf die Energiesteuerprognose“ in ifw Working Paper 1849 2013. 8 Ketterer/Wackerbauer, „Die Kraftfahrzeugsteuer als Instrument der Klimaschutzpolitik“ in ifo-Schnelldienst 4/2009, 15. 9 Ketterer/Wackerbauer, „Die Kraftfahrzeugsteuer als Instrument der Klimaschutzpolitik“ in ifo-Schnelldienst 4/2009, 15. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 4 - 3000 - 075/20 Seite 6 weitergehende Begründung oder Nennung einer Berechnungsgrundlage, die zu erwartende Erhöhung der Energiesteuer zur Kompensation fehlenden Aufkommens durch die Kraftfahrzeugsteuer auf durchschnittlich etwa 15 Cent pro Liter.10 *** 10 Beschluss des Deutschen Bundestages vom 16.05.2013, 2 (https://epetitionen.bundestag.de/petitionen /_2011/_08/_10/Petition_19281.abschlussbegruendungpdf.pdf) letzter Zugriff: 14.07.2020.