© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 073/16 Cum-ex und Cum-cum Geschäfte im europäischen Ausland Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 073/16 Seite 2 Cum-ex und Cum-cum Geschäfte im europäischen Ausland Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 073/16 Abschluss der Arbeit: 21.12.2016 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 073/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung und Problemaufriss 4 1.1. Cum-ex-Geschäfte 4 1.2. Cum-cum-Geschäfte 4 2. Verbreitung der Steuermodelle im europäischen Ausland 5 2.1. Bosnien-Herzegowina 5 2.2. Dänemark 5 2.3. Estland 5 2.4. Finnland 6 2.5. Frankreich 6 2.6. Griechenland 7 2.7. Kroatien 7 2.8. Litauen 7 2.9. Mazedonien 7 2.10. Montenegro 7 2.11. Niederlande 7 2.12. Norwegen 8 2.13. Österreich 8 2.13.1. Cum-ex-Geschäfte 8 2.13.1.1. Vorgehen der österreichischen Behörden 8 2.13.2. Cum-cum-Geschäfte 9 2.14. Polen 9 2.15. Portugal 10 2.16. Schweden 11 2.17. Slowakei 11 2.18. Slowenien 11 2.19. Spanien 11 2.20. Türkei 11 2.21. Ungarn 12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 073/16 Seite 4 1. Fragestellung und Problemaufriss Die Auftraggeber möchten eine Darstellung über die Verbreitung der aggressiven Steuermodelle der Cum-ex und Cum-cum-Geschäfte im europäischen Vergleich erhalten. Die Darstellung beruht auf Antworten der Wissenschaftlichen Dienste der jeweiligen nationalen Parlamente sowie den im Weiteren angegebenen Fundstellen. 1.1. Cum-ex-Geschäfte Von Cum-ex-Geschäften spricht man, wenn im zeitlichen Zusammenhang zum Dividendenstichtag der Aktiengesellschaft Aktien verkauft und wieder zurück gekauft werden, um hierdurch eine doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer zu erlangen, obwohl tatsächlich nur einmal Steuern an die Finanzbehörden gezahlt wurden. Beispiel: Leerverkäufer „LV“ veräußert vor dem Dividendenstichtag Aktien (Cum) zum Kurswert von 100 € an den Leerkäufer „LK“. Die Aktiengesellschaft beschließt eine Bruttodividende je Aktie in Höhe von 10 € zu zahlen. Nach dem Dividendenstichtag erwirbt LV die Aktien ohne Dividende (Ex) von X zum geminderten Kaufpreis in Höhe von 90 € und überträgt diese an LK. Zusätzlich leistet er an LK eine Kompensationszahlung in Höhe der Nettodividende von 7,50 €. LK erhält genauso wie X eine Steuerbescheinigung in Höhe von 2,50 € und wird damit so gestellt, als habe er wie vereinbart die Aktie mit Dividendenanspruch erworben. Im Ergebnis macht LV einen Gewinn in Höhe der doppelt bescheinigten Kapitalertragsteuer. Hätte LK die Aktien direkt von X erworben, wäre durch einen Sperrvermerk im Depot des X die doppelte Bescheinigung verhindert worden. Im Fall des Leerverkaufs war aus Sicht der bescheinigenden Depotbanken die Dividenden-Kompensationszahlung nicht von einer Nettodividende zu unterscheiden. 1.2. Cum-cum-Geschäfte Hierbei ist die Vermeidung der 15%igen Kapitalertragsteuer für ausländische Investoren das Ziel. Dafür verleihen ausländische Investoren ihre Aktien (Wertpapierleihe) vorübergehend kurz vor dem Dividendenstichtag an einen in Deutschland ansässigen Finanzdienstleister, der sich die Kapitalertragsteuer vom Staat erstatten lassen kann. Kurz nach dem Dividendenstichtag werden die Aktien an den bisherigen ausländischen Besitzer zurückgegeben. Die Kursrisiken werden währenddessen abgesichert, die Partner teilen sich die gesparte Steuer. Nur der deutsche Fiskus wird dabei umgangen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 073/16 Seite 5 2. Verbreitung der Steuermodelle im europäischen Ausland 2.1. Bosnien-Herzegowina Es konnten keinerlei Hinweise auf Cum-ex- oder Cum-cum-Geschäfte ermittelt werden. 2.2. Dänemark Dänemark hat in den vergangenen Jahren einen umfangreichen Steuerbetrug wegen mehrfacher Erstattungen von Quellensteuer auf Dividenden erlebt. Der Betrug war darauf zurückzuführen, dass mehrere Parteien die Verrechnungssteuer auf Dividenden auf dänische Aktien zurückfordern , obwohl diese Parteien tatsächlich keine wirtschaftlichen Eigentümer der Dividenden waren . Infolgedessen wurden alle Erstattungen vorübergehend ausgesetzt, und die Behörden untersuchen derzeit den Betrug. Es ist unbekannt, ob Cum-ex- oder Cum-cum-Geschäfte, die denen ähneln, die in Deutschland abliefen auch in Dänemark durchgeführt wurden. Laut Einschätzung des Ministeriums für Steuern seien solche Geschäfte kein Problem im Verhältnis zum dänischen Steuerrecht, da nur der wirtschaftliche Eigentümer Anspruch auf Erstattungen haben könne. Wenn Rückzahlungen an Steuerpflichtige erfolgt sein sollten, die mehrere Erstattungen für ein und dieselbe Verrechnungssteuerzahlung erhalten haben, so wurden diese Erstattungen gesetzeswidrig beantragt. Eine zwischenstaatliche Arbeitsgruppe prüft derzeit, ob die dänische Steuerregelung ausreichend robust ist. Darüber hinaus wurde eine neue Task Force unter den Finanzbehörden eingerichtet, um die Besteuerung von Dividenden zu kontrollieren und die Einhaltung der Steuervorschriften zu gewährleisten.1 2.3. Estland In Estland sind bislang keine Cum-ex- oder Cum-cum-Geschäfte bekannt geworden. Es wurde jedoch mit dem Income Tax Act im Juli 2006 eine Regelung eingeführt, die die Verlustverrechnung für Transaktionen 30 Tage vor und 30 Tage nach dem Dividendenstichtag unterbindet . Damit soll die Aktienkursreduzierung infolge der Dividendenzahlung neutralisiert und negative steuerliche Effekte in Form von Gewinnverringerungen ausgeschlossen werden. Dies wird im estnischen Steuersystem damit begründet, dass die Dividendenzahlungen selbst steuerfrei sind. Eine ähnliche Regelung wurde zudem für Investmentkonten geschaffen. 1 Siehe hierzu auch den Bericht auf https://www.propublica.org/article/denmark-is-big-victim-of-wall-street-taxavoidance -deals Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 073/16 Seite 6 2.4. Finnland Aus Finnland sind keine Cum-Ex-Fälle bekannt. Es gab Fälle des Dividendenstrippings (vergleichbar Cum-Cum-Geschäften). Insbesondere sind einige Steuervereinbarungen vorhanden, die eine 0%-Steuer auf den Dividendenbezug für ausländische Investoren vorsehen. Es wird allerdings auf die generelle Schwierigkeit der rechtzeitigen Entdeckung dieser Gestaltungsmodelle hingewiesen. Grundsätzlich könnten sie in Finnland einer Missbrauchsbekämpfungsvorschrift unterliegen. 2.5. Frankreich Cum-ex-Geschäfte sind aus Frankreich nicht bekannt. Es gibt jedoch Hinweise auf den Cum-cum-Geschäften ähnliche Fälle von Dividendenstripping. Das International Bureau of Fiscal Documentation (IBFD)2 berichtete am 14.09.2010 von einer Anfrage französischer Steuerbehörden an den französischen Conseil d` Etat bezüglich Dividendenstripping . Die französischen Steuerbehörden baten demnach den Gerichtshof um eine rechtliche Einschätzung zum Verbot oder der Beschränkung derartiger missbräuchlicher Dividendenausschüttungen durch Körperschaften. Die Stellungnahme des Gerichts enthielt laut IBFD-Bericht a) eine Klarstellung über die Verwendungsbeschränkung von ausländischen Steuergutschriften ("Règle du butoir"). Nach Art. 220 der Allgemeinen Abgabenordnung ist die Verwendung einer Steuergutschrift durch eine in Frankreich ansässige Gesellschaft auf den "Betrag der französischen Körperschaftsteuer, der auf das entsprechende Einkommen entfällt ", begrenzt. Die Gutschrift kann nur von jenem Teil der französischen Steuer abgezogen werden, der den Einkünften entspricht, die in diesem bestimmten fremden Land anfallen . b) eine Klarstellung über die Anwendung der Klausel "wirtschaftliches Eigentum". Der Gerichtshof stellte fest, dass es den französischen Steuerbehörden gestattet sei, die Anwendung der reduzierten Quellensteuersätze unter bestimmten Bedingungen zu verweigern. Es sei den Steuerbehörden aber nicht gestattet, die Verwendung von Steuergutschriften für fremdfinanzierten Dividendencoupons zu verbieten oder zu begrenzen. 2 IBFD-Bericht: “Limitation or denial of FTC following repo transactions on shares – Administrative Supreme Court opinion”, 14. September 2010 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 073/16 Seite 7 2.6. Griechenland Es konnten keinerlei Hinweise auf Cum-ex- oder Cum-cum-Geschäfte ermittelt werden. Die Kapitalertragsteuer auf Dividenden und andere Gewinnausschüttungen inländischer Kapitalgesellschaften ist bereits 1992 entfallen, da Ausschüttungen nur noch auf der Ebene der Kapitalgesellschaften besteuert werden.3 2.7. Kroatien Über Cum-ex- oder Cum-cum-Geschäfte wird nicht berichtet. 2.8. Litauen Es konnten keinerlei Hinweise auf Cum-ex- oder Cum-cum-Geschäfte ermittelt werden. 2.9. Mazedonien Es konnten keinerlei Hinweise auf Cum-ex- oder Cum-cum-Geschäfte ermittelt werden. Einkünfte aus Kapitalvermögen werden seit 2013 bis voraussichtlich Ende 2018 nicht der Besteuerung unterworfen. 2.10. Montenegro Es konnten keinerlei Hinweise auf Cum-ex- oder Cum-cum-Geschäfte ermittelt werden. 2.11. Niederlande Zu den Niederlanden liegen keine Erkenntnisse über Fälle von Cum-ex- oder Cum-cum-Geschäften vor. Obwohl es in den Niederlanden keine Kapitalertragsteuer gibt, wird eine Quellensteuer auf Dividenden erhoben. Hierbei zahlt die ausschüttende Gesellschaft die Steuern auf die Dividenden, der Dividendenempfänger erhält eine Gutschrift für seine (Unternehmens-)Einkommensteuer. Es 3 Mennel/Förster, Steuern in Europa, Amerika und Asien, 101. Lieferung, Griechenland Band I, Rn. 126 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 073/16 Seite 8 gibt gesonderte Regelungen um doppelte Steueranrechnungen sowie missbräuchliche Steuergestaltungen von ausländischen Investoren zu verhindern. Zur Verhinderung von Geschäftsmodellen, bei denen ausländische Investoren zur doppelten Steuererstattung einbezogen werden, stellt das niederländische Steuerrecht auf den wirtschaftlichen Eigentümer der Beteiligung ab. Nur der wirtschaftliche Eigentümer kann die Steuergutschrift erhalten. Wer wirtschaftlicher Eigentümer ist, richtet sich nach der jeweiligen Vertragskonstruktion . In den meisten Fällen von Wertpapierleihe sei der ausländische Investor der wirtschaftliche Eigentümer. Ist der ausländische Investor nicht zugleich wirtschaftlicher Berechtigter, so hat er keinen Steueranspruch aus der Dividendenausschüttung. Die niederländischen Behörden berichten jedoch von praktischen Vollzugsproblemen, da die Transaktionen von ausländischen Beteiligten oftmals schwer einsehbar seien. Die Aufarbeitung dieser Problematik sei teuer und arbeitsintensiv. Über das Ausmaß der Problematik und die Auswirkungen für den niederländischen Fiskus lägen keine Erkenntnisse vor. 2.12. Norwegen Aus Norwegen wird über keine Cum-ex- oder Cum-cum-Geschäfte berichtet. 2.13. Österreich 2.13.1. Cum-ex-Geschäfte Derzeit ist nicht mit hinreichender Sicherheit bekannt, ob in bestimmten Fällen Cum-ex-Gestaltungen praktiziert wurden. Es wird darauf hingewiesen, dass nationale und internationale Finanzdienstleister im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes laufend Geschäfte rund um den Dividendenstichtag tätigen. Derzeit liefen in Österreich verschiedene Ermittlungen, ob es zu Mehrfachanrechnungen bzw. –auszahlungen von Kapitalertragsteuern kam und ob daraus Schäden für den Fiskus resultierten. 2.13.1.1. Vorgehen der österreichischen Behörden Nach den ersten Presseberichten in Deutschland Ende 2012 über Cum-ex-Geschäfte habe man in Österreich rasch reagiert und informiert, um mögliche Doppelauszahlungen von Kapitalertragsteuer (KESt) zu verhindern. Es wurden Gesetzesänderungen vorgenommen und die Formulare für KESt-Erstattungen geändert. Im zweiten Halbjahr 2013 wurde ein Auszahlungsstopp für Cum-ex-Verdachtsfälle verhängt, sodass es nicht zu KESt-Erstattungen kommen konnte. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 073/16 Seite 9 Ab dem Jahr 2014 sei in den überarbeiteten Erstattungsformularen vorgesehen, dass zur Überprüfung der Anträge auf Dividendenrückerstattung ein Nachweis des Einlieferungszeitpunktes anhand entsprechender Bankbestätigungen zu erfolgen habe. Eine Rückerstattung der einbehaltenen KESt an den Erwerber sei nicht möglich, wenn die erworbene Aktie nicht bereits vor dem Ex-Tag (spätestens am cum-Tag) am Depot des Steuerpflichtigen eingeliefert wurde (BMF-Information zur Rückerstattung der KESt auf Dividenden an beschränkt Steuerpflichtige, BMF-010203/0314- VI/1/2014). Das österreichische Finanzministerium geht davon aus, dass aufgrund der getroffenen Maßnahmen eine mehrfache Anrechnung bzw. Auszahlung von Kapitalertragsteuer so gut wie ausgeschlossen werden könne. Ferner wurden folgende Maßnahmen ergriffen: - Gesetzliche Änderung: Anpassung der verfahrensrechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich des Zeitpunkts der Antragsstellung - Detaillierte Darstellung der Rechtsansicht der Finanzverwaltung in einem Erlass - Neue Formulare für die Rückerstattungsanträge - Schulungen durch finanzinterne Experten für Wertpapierhandel - Aufstockung der Personalreserven - Planung einer Verbesserung der IT-Infrastruktur 2.13.2. Cum-cum-Geschäfte Die österreichischen Finanzbehörden betonen bei Cum-cum-Geschäften, dass es in diesen Fällen, im Gegensatz zu Cum-ex-Geschäften, zu keiner mehrfachen Anrechnung bzw. Auszahlung von Kapitalertragsteuer kommen könne. Es lägen daher keine von vornherein rechtswidrigen Vorgänge , sondern allenfalls missbräuchliche Gestaltungen im Einzelfall vor. 2.14. Polen Es konnten keinerlei Hinweise auf Cum-ex- oder Cum-cum-Geschäfte ermittelt werden. Seit dem 15. Juli 2016 ist eine allgemeine Steuervermeidungsklausel nach Artikel 119 § 1 des Steuergesetzes eingeführt worden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 073/16 Seite 10 2.15. Portugal Das portugiesische Parlament hat die Regierung im Jahr 2002 beauftragt, gesetzliche Regelungen zur Bekämpfung der Steuergestaltungen “bond washing“ und des Dividendenstrippings zu entwickeln . Dabei sollte der Fokus insbesondere auf grenzüberschreitende Transaktionen gelegt werden. Daraus entstand das Gesetz Nr. 16-A/2002.4 Zuvor wurde “bond washing“ von den Gerichten als zulässige Interpretation der bestehenden Steuergesetze angesehen. Die gesetzlichen Änderungen sahen daher auch eine rückwirkende Anwendbarkeit vor. Bis 1992 wurde “bond washing“ extensiv als Steuer-Arbitrage-Technik verwendet. Es bestand im Wesentlichen daraus, dass Anleihen, vor jeder Kuponzahlung, von Inländern an Ausländer (oder Inländer, die für die Steuerfreistellung in Betracht kamen) transferiert wurden. Ziel war es, einen Betrag in Höhe der aufgelaufenen Zinsen durch den Verkäufer als Gewinn aus Kapitaleinkünften qualifizieren zu lassen und sodann von der damals bestehenden Steuerfreiheit für In- und Ausländer zu profitieren. Die steuerlichen Regelungen für Anleihen wurden auch auf öffentliche Schuldverschreibungen angewandt. Allerdings sind die Übertragung und der Rückkauf von öffentlichen Schuldtitel oder deren Coupons, sowie die darauf gezahlten Zinsen steuerfrei, wenn sie von ausländischen Investoren gehalten werden. Die Steuerpflichtigen haben diesen speziellen Befreiungstatbestand zur Steuervermeidung genutzt. Dabei wurden die öffentlichen Schuldverschreibungen vor der Zinszahlung an steuerbefreite Ausländer übertragen, um sie nach der Zinszahlung von diesen zurückzukaufen . 1992 änderte die portugiesische Regierung die Einkommensteuerregelungen dahingehend, dass bei jedem Anleihenverkauf eine Quellensteuer auf Zinszahlungen erhoben wird, soweit der Verkäufer einen Rechtsanspruch auf die Zinsen hat. Bis 2002 wurden Transaktionen zum Dividendenstripping von den spezifischen Regelungen zur Bekämpfung aggressiver Steuergestaltungen nicht erfasst. Die 2002 geschaffene Regelungskompetenz für die Regierung war bezogen auf die Thematik Dividendenstripping weitreichender als die Ermächtigung für das Thema “bond washing“. Die Regierung wurde ermächtigt, „Dividendenstripping zu bekämpfen, mit Hilfe aller hierfür zur Verfügung stehenden gesetzgeberischen, exekutiven oder rechtsgeschäftlichen Maßnahmen. Dabei sollten sowohl Steuerpflichtige, nicht in Portugal Steuerpflichtige sowie diejenigen, die einem ermäßigten Steuersatz unterlägen, einbezogen werden.“5 Später wurde das Gesetz-Nr. 39A/2005 geschaffen, das verschiedene Regelungen zur Ausweitung des Quellensteuerabzugsverfahrens auch auf ausländische Firmen, insbesondere US-amerikani- 4 Law no. 16-A/2002, of 31st May 5 Law no. 16-A/2002, of 31st May Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 073/16 Seite 11 sche (IRS-Steuerpflichtige) enthält. So wurde in das Gesetz bspw. die Einführung eines einheitlichen Steuersatzes auf im Quellenabzugsverfahren erhobene Einkommen- und Körperschaftsteuer von max. 25% aufgenommen, die auch für bei der US-amerikanischen IRS steuerpflichtige Unternehmen gilt, die eine Betriebsstätte in Portugal haben. 2.16. Schweden Es gibt keine Erkenntnisse über Cum-ex oder Cum-cum-Geschäfte. 2.17. Slowakei Die Slowakei verfügt derzeit über keine Dividendenbesteuerung. Es gibt Planungen zur Einführung einer Steuer für 2017, wobei dann in 2018 die Ausschüttungen von 2017 besteuert werden sollen. Bezüglich Cum-cum-Geschäften wird darauf verwiesen, dass der Aktienmarkt in der Slowakei nicht sonderlich liquide sei. Es gäbe nur sehr begrenzte Möglichkeiten solche Transaktionen überhaupt an der Börse in Bratislava ausführen zu lassen. Gegenwärtig würden keine ausländischen Aktien an der Börse in Bratislava geführt. 2.18. Slowenien Es gibt keine Erkenntnisse über Cum-ex oder Cum-cum-Geschäfte. 2.19. Spanien Es gibt keine Erkenntnisse über Cum-ex oder Cum-cum-Geschäfte. Entsprechende Steuermindereinnahmen aus der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen würden auch nicht öffentlich mitgeteilt . 2.20. Türkei Seit 2010 gibt es keine Quellensteuer auf Dividenden oder Derivatgeschäfte. Der Steuersatz von 0 % gilt sowohl für inländische als auch für ausländische Investoren. Auf die übrigen Transaktionen werden 15 % Quellensteuer erhoben. Diese Quellensteuer kann jedoch nur von inländischen natürlichen Personen gegen die Einkommensteuer angerechnet werden. Für ausländische Personen besteht somit keine steuerliche Anrechnungsmöglichkeit. Zur Verhinderung unfairer Gewinnverlagerungen wurden Regelungen gegen Steuervermeidung für Verrechnungspreise eingeführt. Wenn ein Geschäft zwischen (verbundenen oder fremden) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 073/16 Seite 12 Geschäftspartnern nicht zu marktüblichen Konditionen durchgeführt wird, werden die aus dieser Transaktion erzielten Gewinne als „konstruktive Dividenden“ behandelt. Sie werden sowohl der Körperschaftsteuer als auch der Quellensteuer auf Dividenden unterworfen. Mittels Dokumentationspflichten zu den Verrechnungspreisen werden die Steuerpflichtigen zur Kooperation mit den Finanzbehörden verpflichtet. Unternehmen, die von der Finanzbehörde für große Steuerpflichtige betreut werden, sind verpflichtet , jährlich Reports über ihre in- und ausländischen Geschäfte zu erstellen. Bei den übrigen Unternehmen bezieht sich diese Verpflichtung nur auf die ausländischen Geschäftsvorfälle. Die sogenannten „großen Steuerpflichtigen“, müssen ihre Transaktionen mit nahe stehenden Personen (einschließlich Niederlassungen) in Freihandelszonen und mit ihren Auslandsniederlassungen in ihrem jährlichen Verrechnungspreisbericht aufnehmen. Die Unternehmen „normaler“ Größe, die in Freihandelszonen tätig sind, müssen eine jährliche Verrechnungspreisdokumentation in Bezug auf inländische Transaktionen mit verbundenen Unternehmen erstellen. 2.21. Ungarn Es gibt keine Erkenntnisse über Cum-ex oder Cum-cum-Geschäfte. * * *