© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 072/19 Einzelfrage zur Grunderwerbsteuer Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 072/19 Seite 2 Einzelfrage zur Grunderwerbsteuer Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 072/19 Abschluss der Arbeit: 24. Mai 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 072/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Grunderwerbsteuer 4 3. Freibetrag 4 4. Länderfinanzausgleich 4 5. Fazit 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 072/19 Seite 4 1. Fragestellung Die Auftraggeberin bittet um Darstellung der Auswirkungen eines möglichen Freibetrags bei der Grunderwerbsteuer im Länderfinanzausgleich. 2. Grunderwerbsteuer Die Grunderwerbsteuer (GrESt) ist eine Verkehrsteuer, die auf den Übergang der rechtlichen und wirtschaftlichen Verfügungsmacht an einem Grundstück (dazu gehören gemäß § 2 GrESt u.a. Wohnungen und Häuser) im Inland erhoben wird. Das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer steht den Ländern zu (Landessteuer). 3. Freibetrag Die Gesetzgebungskompetenz (konkurrierende Gesetzgebung) gemäß Art. 105 Abs. 2 GG über die Grunderwerbsteuer hat seit 1983 der Bund. Die Verwaltungskompetenz (Art. 108 Abs. 2 GG) als auch die Ertragskompetenz (Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG) haben die Bundesländer. Gemäß Art. 105 Abs. 2 a S. 2 GG dürfen die Länder seit der Föderalismusreform I (in Kraft getreten zum 1.9.2006) den Steuersatz bei der Grunderwerbsteuer bestimmen (deren Erträge ihnen nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG zustehen). Als ausschließliche Länderkompetenz versperrt diese Steuersatzautonomie jede Neuregelung durch den Bund.1 Aufgrund der dem Bund zustehenden Gesetzgebungskompetenz kann dieser die Bemessungsgrundlage in einem entsprechenden Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, normieren.2 Die Einführung eines Freibetrags kann über eine entsprechende Änderung der Bemessungsgrundlage erfolgen. 4. Länderfinanzausgleich Für die aufgeworfene Fragestellung mit Bezug auf die Auswirkungen eines Freibetrags bei der Grunderwerbsteuer im Länderfinanzausgleich ist die Finanzkraftmesszahl für die einzelnen Bundesländer entscheidend. § 7 Abs. 1 Satz 2-4 Finanzausgleichsgesetz (FAG) erfasst die Steuerkraftzahlen der Grunderwerbsteuer. Die aus der Steuersatzautonomie resultierenden Folgen müssen aus gleichheitsrechtlichen Gründen berücksichtigt und für den Verbund bereinigt werden. „Dies folgt aus der Auslegung der dortigen Leitbegriffe „Einnahmen“ und „Finanzkraft“. Eine besondere Regelung im Maßstäbegesetz (MaßstG) war deshalb nicht notwendig.“3 Somit wird „zur Berechnung der Finanzkraft eines Bundeslandes– anders als bei den anderen relevanten Steuerarten – nicht die tatsächlichen Steuereinnahmen eines Landes herangezogen. Vielmehr wird eine fik- 1 Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Art. 105 GG, September 2016, Rn. 178. 2 Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Art. 105 GG, September 2016, Rn. 179. 3 Nomos-BR/Hidien, FAG, Jürgen W. Hidien, FAG § 7, Rn. 9. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 072/19 Seite 5 tive Steuerkraft ermittelt, indem der Anteil eines Bundeslandes am bundesweiten Transaktionsvolumen als Bemessungsgrundlage mit dem bundesweiten, effektiven Durchschnittssteuersatz multipliziert wird. Der bundesweite, effektive Durchschnittssteuersatz wächst mit jeder einzelnen Steuersatzanhebung eines Bundeslandes. Sofern der Steuersatz eines Bundeslandes oberhalb des effektiven Durchschnittssatzes liegt, werden weniger als die tatsächlichen Grunderwerbsteuereinnahmen in den Länderfinanzausgleich eingerechnet. Mehreinnahmen aufgrund eines überdurchschnittlich hohen Steuersatzes verbleiben fast gänzlich im jeweiligen Bundesland. Der Grund dafür ist, dass der aus der einzelnen Erhöhung folgende, leicht höhere Durchschnittssteuersatz für alle Bundesländer gilt und dadurch die Finanzkraft aller Bundesländer steigt, auch wenn die anderen Bundesländer de facto keine Zusatzeinnahmen verbuchen. Die Auswirkungen der Steuersatzerhöhung werden folglich nicht vollständig neutralisiert. Einnahmen aus anderen Steuerarten gehen dagegen stets in ihrer tatsächlichen Höhe in die Berechnung der Finanzkraft eines Bundeslandes ein.“4 Bei der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen für den Zeitraum ab 01.01.2020 wurde § 7 Abs. 1 S. 2-4 FAG nicht geändert. Durch die Einführung eines Freibetrags reduziert sich das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer . Für Bundesländer mit einem niedrigeren Steuersatz im Vergleich zum bundesweiten Durchschnittssteuersatz könnte dies eine weitere Schlechterstellung bedeuten, da für diese Länder eine höhere Finanzkraftmesszahl angewendet wird, als es kassenmäßig der Fall ist. 5. Fazit Aufgrund der dargestellten Auswirkungen im Länderfinanzausgleich, ist eine Erhöhung der Grunderwerbsteuereinnahmen für die Länder besonders attraktiv, da sie nicht vollständig bei der Finanzkraftermittlung einfließen und folglich über diese Einnahmeerhöhung keine Mittel im Länderfinanzausgleich verloren gehen. Nach Einschätzung von Hentze würde ein Anreiz zur Steuersatzsenkung entstehen, wenn die tatsächlichen Einnahmen berücksichtigt würden.5 *** 4 Hentze, Tobias: Fehlanreize bei der Grunderwerbsteuer im Länderfinanzausgleich, IW Kurzbericht, 31. Januar 2017, im Internet unter: https://www.iwkoeln.de/studien/iw-kurzberichte/beitrag/tobias-hentze-fehlanreize-beider -grunderwerbsteuer-im-laenderfinanzausgleich-320403.html [23.05.19]. 5 Ebenda.