© 2017 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 072/17 Finanzsanktionslisten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 072/17 Seite 2 Finanzsanktionslisten Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 072/17 Abschluss der Arbeit: 14. September 2017 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 072/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Vorbemerkung 4 3. Die SDN-Liste des US-amerikanischen Office of Foreign Assets Control 4 3.1. Rechtsgrundlagen 4 3.2. Zustandekommen und Verwaltung der SDN-Liste 5 3.3. Sanktionen gegenüber Gelisteten 5 3.4. Adressatenkreis der OFAC-Vorgaben 6 3.5. Folgen gegenüber Dritten 6 4. Finanzsanktionen in Deutschland 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 072/17 Seite 4 1. Fragestellung Der Auftraggeber möchte wissen, welche Sanktionsmöglichkeiten durch sogenannte schwarze Listen in den USA und Deutschland gegenüber Personen und Organisationen bestehen, die der Geldwäsche verdächtigt werden. Dabei wird um eine Darstellung gebeten, ob juristische und natürliche Personen gelistet werden können sowie welche Sanktionen unter welchen Voraussetzungen gegenüber den gelisteten Personen selbst und Dritten angeordnet werden können. 2. Vorbemerkung Im Folgenden wird zunächst die Sanktionsliste des US-amerikanischen Finanzministeriums dargestellt , mit der auch der Geldwäsche verdächtige Personen, Unternehmen und Organisationen sanktioniert werden.1 Die Liste ist lediglich ein Teil der amerikanischen Politik zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die Anti-Geldwäsche-Politik beruht insgesamt auf einer Vielzahl von Rechtsgrundlagen und wird von zahlreichen Behörden ausgeübt.2 Anschließend werden die deutschen Finanzsanktionen gegenüber Personen, Unternehmen und Organisationen erläutert. Die strafrechtliche Verfolgung von Geldwäsche ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. 3. Die SDN-Liste des US-amerikanischen Office of Foreign Assets Control Das US-amerikanische Office of Foreign Assets Control (OFAC) ist die Exportkontrollbehörde des Finanzministeriums der USA. Die Behörde verwaltet die in den USA geltenden Finanzsanktionen gegenüber Terrorverdächtigen und ihren Unterstützern. In diesem Zusammenhang führt sie eine Specially Designated Nationals and Blocked Persons List, SDN-Liste, die Namen von natürlichen Personen, Unternehmen und sonstigen Organisationen enthält, mit denen jegliche geschäftliche Aktivitäten untersagt sind. Die aktuelle Liste umfasst mehr als 1.000 Seiten.3 3.1. Rechtsgrundlagen Zentrale rechtliche Grundlage für das Existieren der SDN-Liste ist die Executive Order Nr. 13.224 (Blocking Property and Prohibiting Transactions With Persons Who Commit, Threaten to Commit , or Support Terrorism) vom 23. September 2001. Diese Executive Order stützt sich ausdrücklich auf den International Emercency Economic Powers Act (IEEPA) von 1977, mit dem bestimmte Staaten sanktioniert werden konnten. Der IEEPA gilt jedoch auch als Rechtsgrundlage 1 Die nachfolgenden Ausführungen stammen, sofern nicht anders erwähnt, aus: Allwörden, Sebastian von: US- Terrorlisten im deutschen Privatrecht, Tübingen 2014. 2 Siehe die Auflistung in folgendem Report: Financial Action Task Force (FATF); Asia/Pacific Group on Money Laundering (APG): Anti-money laundering and counter-terrorist financing measures - United States, Fourth Round Mutual Evaluation Report, Dezember 2016, Seite 23ff., unter: http://www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents /reports/mer4/MER-United-States-2016.pdf, abgerufen am 14. September 2017. 3 OFAC: Specially Designated Nationals and Blocked Persons List, unter https://www.treasury.gov/ofac/downloads /sdnlist.pdf, abgerufen am 14. September 2017. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 072/17 Seite 5 für finanzielle Individualsanktionen gegen Mitglieder und Unterstützer terroristischer Vereinigungen , die keinem bestimmten Staat zugeordnet werden können. 3.2. Zustandekommen und Verwaltung der SDN-Liste Die Zuständigkeit des OFAC für die Verwaltung der SDN-Liste ergibt sich aus der Executive Order Nr. 13.224, die den US-Finanzminister ermächtigt, in Absprache mit dem Justiz- und dem Außenminister verdächtige Personen, Unternehmen und Organisationen neben der bereits im Anhang der Executive Order genannten zu bestimmen, die von den Sanktionen erfasst werden. Die SDN-Liste basiert auf derzeit 29 verschiedenen Sanktionsprogrammen, die wiederum auf verschiedenen Executive Orders beruhen. Diese Programme richten sich neben dem Anti-Terror- Kampf und speziellen Länderprogrammen (unter anderem Iran, Kuba, Sudan) auch dem Kampf gegen Aktivitäten, die die USA als Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit ansehen. Dazu gehören zum Beispiel „Counter Narcotics Traffiking Sanctions“, „Diamond Trading Sanctions“ und „Transnational Criminal Organizations“.4 Im Zusammenhang solcher Programme belegen die USA auch Personen, Unternehmen und Organisationen, die der Geldwäsche verdächtigt sind, mit Sanktionen. „Über das konkrete Zustandekommen der Liste ist wenig bekannt, da die vom OFAC für eine Aufnahme in die SDN-Liste genutzten Informationen zumeist der Geheimhaltung unterliegen.“5 Nur Personen und Organisationen innerhalb der USA werden mit einem Hinweis („Blocking Notice “) über ihre Aufnahme in die SDN-Liste informiert. Eine Beschwerde beim OFAC mit dem Ziele des Delisting ist möglich, der Bescheid muss aber nicht ausführlich begründet werden. In mindestens einem Fall hat jedoch ein Gericht dem OFAC untersagt, sich bei der Begründung pauschal auf Geheimhaltungspflichten zu berufen, sondern hat es zu einer Interessenabwägung im Einzelfall verpflichtet. Die Möglichkeit, sich über einen Gerichtsbeschluss Informationen über die Gründe der Aufnahme in die SDN-Liste zu verschaffen, dürfte Personen, Unternehmen und Organisationen ohne (Wohn-)Sitz in den USA verwehrt sein. 3.3. Sanktionen gegenüber Gelisteten Die Aufnahme in die SDN-Liste bedeutet für die betroffenen Personen, Unternehmen und Organisationen zunächst die sofortige Blockade aller Vermögenswerte ohne vorherige Ankündigung. Zu den Vermögenswerten gehören vor allem Bankguthaben, Finanzinstrumente und sonstige Buchwerte. Die Blockade gilt solange, bis das OFAC die Freigabe der Vermögenswerte genehmigt oder diese endgültig beschlagnahmt werden. Neben der Blockade aller Vermögenswerte ist damit ein Verbot jeglicher direkter oder indirekter Transaktionen und Geschäfte mit Gelisteten (Transaktions- und Geschäftsverbot) verbunden. Verboten sind insbesondere die Entgegennahme und Bereitstellung jeglicher Gelder, Waren oder 4 OFAC Legal Library, unter: https://www.treasury.gov/resource-center/sanctions/Pages/legal-index.aspx, abgerufen am 8. September 2017. 5 Allwörden, Sebastian von: US-Terrorlisten im deutschen Privatrecht, Tübingen 2014, Seite 45. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 072/17 Seite 6 Dienstleistungen. Die Gelisteten werden somit vom täglichen Wirtschaftsleben komplett ausgeschlossen . So darf eine gelistete Person zum Beispiel keinen Arbeitsvertrag abschließen, keine Wohnung anmieten und ist von Sozial- und Krankenversicherungsleistungen ausgeschlossen. 3.4. Adressatenkreis der OFAC-Vorgaben Die Vorgaben der OFAC (Blockade aller Vermögenswerte der Gelisteten und das Transaktionsund Geschäftsverbot mit Gelisteten) richten sich zum einen an „United States persons“. „United States persons“ sind alle US-Bürger, alle Ausländer mit dauerndem Aufenthalt in den USA, alle Organisationen und Unternehmen, die US-Recht unterstehen, und deren ausländische Zweigstellen sowie sämtliche sich in den USA aufhaltende Personen.6 Zum anderen erstrecken sich die Vorgaben der OFAC auf jegliche Sachverhalte innerhalb der USA. Die Definitionen der Anwendungsbereiche „alle Organisationen und Unternehmen, die US-Recht unterstehen“ und „jegliche Sachverhalte innerhalb der USA“ bergen die Gefahr in sich, dass international agierende Unternehmen auch bei ihren Aktivitäten außerhalb der USA in Konflikt mit der Liste geraten können:7 So wird ein im Ausland abgeschlossenes Finanzgeschäft zu einem „Sachverhalt innerhalb der USA“, wenn es unter anderem US-Dollar-Transaktionen zum Gegenstand hat. Grundsätzlich werden nämlich weltweit alle US-Dollar-Transaktionen – auch wenn sie ohne eigentliche Beteiligung von US-Finanzinstituten stattfinden – über zentrale Abwicklungssysteme in den USA durchgeführt. 3.5. Folgen gegenüber Dritten Die IEEPA, die Rechtsgrundlage für die Executive Order 13.224, sieht bei einer Verletzung der Vorschriften Geldstrafen in einer Höhe bis zu 1 Mio. US-Dollar (bis 2007: 50.000 US-Dollar)8 und, sofern natürliche Personen verantwortlich gemacht werden können, Gefängnisstrafen von bis zu 20 Jahren (bis 2007: 10 Jahre) vor. Neben diesen Strafen sieht das Präsidentendekret theoretisch auch vor, Personen, Unternehmen oder Organisation, die mit Gelisteten zusammenarbeiten oder sie mittelbar unterstützen, selbst auf die SDN-Liste zu setzen. 6 Section 3 (c) Executive Order 13.224, abrufbar unter: https://www.state.gov/j/ct/rls/other/des/122570.htm, abgerufen am 7. September 2017. 7 Allwörden, Sebastian von: US-Terrorlisten im deutschen Privatrecht, Tübingen 2014, Seite 59. 8 Die Höhe der von der OFAC verhängten Geldbußen sind unter https://www.treasury.gov/resource-center/sanctions /CivPen/Pages/civpen-index2.aspx abrufbar (letzter Abruf 7. September 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 072/17 Seite 7 4. Finanzsanktionen in Deutschland In Deutschland sind Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs gegenüber bestimmten Personen, Unternehmen und Organisationen auf der Grundlage von Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der nationalen Behörden möglich. Die Verordnungen der Europäischen Union9 gelten in allen Mitgliedsstaaten unmittelbar, ohne dass nationale Umsetzungsmaßnahmen erforderlich wären und sind von allen Stellen zu beachten. Daneben kann Deutschland in Ausnahmefällen bei Vorliegen schwerwiegender außen- und sicherheitspolitischer Umstände10 aus Gründen der Dringlichkeit einseitige Maßnahmen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs treffen, solange der (Minister-)Rat keine Maßnahmen getroffen hat. Das insoweit in Deutschland zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat von dieser Möglichkeit in der Vergangenheit mehrfach Gebrauch gemacht und im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium der Finanzen sowie im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank auf der Grundlage von § 4 und § 6 des Außenwirtschaftsgesetzes beschränkende (Eil-)Maßnahmen erlassen. Diese (Eil-)Maßnahmen dienen in der Regel der zeitnahen Umsetzung von Sanktionsmaßnahmen und ergehen im Vorgriff auf Maßnahmen der Europäischen Union. Diese nationalen Beschränkungen auf der Grundlage des Außenwirtschaftsgesetzes werden regelmäßig nach Inkrafttreten entsprechender europarechtlicher Maßnahmen wieder aufgehoben , sofern sie nicht von selbst durch Zeitablauf außer Kraft treten.11 Derzeit gibt es keine nationalen Finanzsanktionslisten. * * * 9 Vgl. Sachstand des Fachbereichs Europa: „Sanktionierung von Geldwäsche nach EU-Recht“ vom 14. September 2017 (PE 6 – 3000 – 57/17). 10 Generalzolldirektion: Embargomaßnahmen, unter: http://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Aussenwirtschaft-Bargeldverkehr /Embargomassnahmen/embargomassnahmen_node.html, abgerufen am 11. September 2017. 11 Deutsche Bundesbank: Finanzsanktionen – Allgemeine Informationen, unter: https://www.bundesbank.de/Navigation /DE/Service/Finanzsanktionen/Allgemeine_Informationen/allgemeine_informationen.html, abgerufen am 8. September 2017.