© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 071/18 Baukindergeld Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 071/18 Seite 2 Baukindergeld Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 071/18 Abschluss der Arbeit: 08. Mai 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 071/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Bewertungen des Baukindergelds durch unabhängige Institute 4 2.1. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin) 4 2.2. Institut der deutschen Wirtschaft (IW) 5 2.3. Pestel-Institut 5 3. Alternativen der Fraktionen SPD, FDP und AfD in ihren jeweiligen Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2017 6 3.1. SPD 6 3.2. FDP 7 3.3. AfD 7 4. Maßnahmen der KfW Bankengruppe 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 071/18 Seite 4 1. Einführung Laut Koalitionsvertrag 20181, geschlossen zwischen CDU, CSU und SPD, sollen die Eckpunkte des Gesetzespaketes „Wohnraumoffensive“ im Rahmen eines „Wohngipfels 2018“ vereinbart werden. Unter anderem soll dabei die Eigentumsbildung für Familien finanziell unterstützt werden durch ein Baukindergeld für den Ersterwerb von Neubau und Bestand als Zuschuss aus dem Bundeshaushalt in Höhe von 1.200 Euro je Kind und pro Jahr. Das Baukindergeld wird über einen Zeitraum von zehn Jahren gezahlt und flächendeckend bis zu einer Einkommensgrenze von 75.000 Euro zu versteuerndem Haushaltseinkommen pro Jahr, plus 15.000 Euro pro Kind, gewährt . Der geplante „Wohngipfel 2018“, an dem Vertreter der Länder und Kommunen, der Bau- und Immobilienwirtschaft , der Mieter- und Vermieterverbände und der Gewerkschaften teilnehmen, soll nach der Sommerpause, möglicherweise im Herbst, stattfinden.2 Anspruchsberechtigt in Bezug auf das geplante Baukindergeld könnten laut Bundesregierung etwa 200.000 Familien mit ca. 300.000 Kindern sein.3 Dies würde ein direktes Fördervolumen von rund 400 Mio. Euro p. a. und Förderjahrgang bedeuten. Da das Fördervolumen im Laufe der Zeit sukzessive ansteigt, wäre unter Berücksichtigung eines unterstellten Förderzeitraums von 10 Jahren im Jahr der vollen Wirksamkeit von jährlichen Gesamtausgaben für den Bund von bis zu 4 Mrd. Euro auszugehen. 2. Bewertungen des Baukindergelds durch unabhängige Institute 2.1. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin) Das Institut bezieht sich in seiner Publikation „DIW aktuell: Zum Erwerb von Wohneigentum: Eigenkapitalschwelle für immer mehr Haushalte zu hoch“ auf die Vorschläge der Parteien in den Bundestagswahlprogrammen 2017. Das Baukindergeld ist in der jetzigen Ausgestaltung bereits im Wahlprogrammen der CDU als auch der CSU enthalten. Dazu schreibt das DIW Berlin: „(…) das Eigenkapital für den Immobilienkauf zusammenzubekommen ist die weitaus größere Hürde, als später die laufenden Kosten zu schultern, die meist nicht höher ausfallen als eine monatliche Mietzahlung. Die Parteien – in erster Linie SPD, CDU und FDP – versprechen in ihren Wahlprogrammen Unterstützung für den Erwerb von Wohneigentum. Doch erstens sind die Vorschläge zu wenig konkret, um die Wirkungen genau abschätzen zu können, und zweitens besteht die Gefahr von Fehlentwicklungen. Denn die Immobilienmärkte sind regional zu verschieden, als dass ein Instrument überall zielgenau funktionieren würde. […] Eine Alternative, die aus Sicht der SteuerzahlerInnen günstiger wäre und gleichzeitig nicht zu Fehlinvestitionen verleiten würde, wären sogenannte Nachrangdarlehen. Das Prinzip ist einfach: Der Staat verleiht günstig 1 https://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2018/03/2018-03-14-koalitionsvertrag.html, abgerufen am 08.05.2018 2 http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/19/19025.pdf, S. 2262 (D), abgerufen am 08.05.2018 3 http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/012/1901276.pdf, S. 2, abgerufen am 08.05.2018 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 071/18 Seite 5 Geld und stellt sich in der Schlange der GläubigerInnen ganz hinten an. Die Darlehen könnten von Banken als Eigenkapitaläquivalent anerkannt werden (…). Die Förderung richtet sich daher vor allem an Haushalte, die über ein mittleres Einkommen verfügen, aber keine ausreichenden Ersparnisse bilden konnten. […] Ein weiterer Vorteil läge im geringen Verwaltungsaufwand des Instruments. Förderbedingungen ließen sich schnell anpassen und nachjustieren. Mit der staatlichen KfW Bankengruppe stünde eine erfahrene Institution für die Umsetzung bereit. Diese Form der Unterstützung könnte vielen Haushalten den Weg ins Eigenheim ebnen und wäre gleichzeitig eine kostengünstige Alternative zu allen anderen Vorschlägen.“4 2.2. Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Auch das IW beurteilt das geplante Baukindergeld kritisch in ihrer Bewertung des Koalitionsvertrags von CDU, CSU und SPD. So wird dort angeführt: „Neben den hohen Kosten ist vor allem die Anreizwirkung des Baukindergelds kritisch. Aufgrund des festen Betrags ist die Wirkung in ländlichen Räumen und strukturschwachen Städten deutlich größer als in den gefragten Ballungsräumen. Ebenso wie die Eigenheimzulage wird das Baukindergeld damit vor allem den Neubau in Regionen anregen, in denen nur wenig Baubedarf vorliegt. Hierdurch können sich Leerstandsprobleme verstärken. Daher wäre es zumindest erforderlich , die Förderung in demografisch belasteten Märkten nur für den Kauf einer Bestandsimmobilie zu gewähren. In Ballungsgebieten mit geringem Baulandangebot und wenig Möglichkeiten zur Ausweitung des Angebots wird das Baukindergeld hingegen zu höheren Preisen beitragen , da Bauträger das Baukindergeld einpreisen können. Zudem drohen Mitnahmeeffekte, da auch viele Haushalte eine Förderung erhalten werden, die ohne sie auch Eigentum erworben hätten .“5 Des Weiteren wird angemerkt: „Vielfach scheitert ein Erwerb heute nicht an den laufenden Kosten aus Zins, Tilgung und Instandsetzung , sondern an dem hohen Kapitalbedarf, bestehend aus Eigenkapital und Erwerbsnebenkosten . Eine Förderung ist aber der teuerste Weg zur Lösung dieser Problematik, besser wäre es die Nebenkosten durch eine Reform der Grunderwerbsteuer zu reduzieren und den Eigenkapitaleinsatz durch Bürgschaften und Kreditausfallgarantien zu senken.“6 2.3. Pestel-Institut In seiner Studie „Eigentumsbildung 2.0 – Stand und Entwicklung der Wohneigentumsbildung auf der Ebene der Länder und der Kreise und kreisfreien Städte“ hebt das Pestel-Institut hervor, dass die Gewährung maximaler oder fester absoluter Zuschüsse in Regionen mit niedrigen Prei- 4 https://www.diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.564029.de, S. 6, abgerufen am 08.05.2018 5 https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Gutachten/PDF/2018/IW-Gutachten_Bewertung _KoaV2018.pdf, S. 17, abgerufen am 08.05.2018 6 ebd. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 071/18 Seite 6 sen zur höchsten Förderung führt. Als Beispiel dafür werden die ehemalige Eigenheimzulage sowie das Baukindergeld genannt, die „auch als Subvention für das Wohnen im ländlichen Raum galten“7. Es wird darauf hingewiesen, dass sichergestellt werden solle, dass keine „Überförderung “ im ländlichen Raum erfolgt.8 Weiterhin wird Folgendes ausgeführt: „Die größten Chancen zur Wohneigentumsbildung bieten die Regionen mit dem höchsten Zuzugsdruck , also die Städte und Ballungsräume. In diesen Regionen ist auch im Neubau die geringste Flächenintensität zu erwarten, da die Eigentumsbildung vorwiegend in Form von Eigentumswohnungen , Reihen- und Doppelhäusern erfolgt.“9 Positiv sieht das Pestel-Institut in ihrer Studie die Einbeziehung von Bestandskäufen, da ohne die Privatisierung bisheriger Mietwohnungen eine spürbare Steigerung der Wohneigentumsquote nicht erreichbar sei. Des Weiteren vermutet das Institut, dass Festzinsdarlehen über Laufzeiten von 25 bis 30 Jahren durch ihre angenommene höchste Sicherheit und Akzeptanz am ehesten geeignet sind, um gezielt Haushalte mit niedrigen bis mittleren Einkommen anzusprechen.10 Dazu führt es weiter aus, dass mit günstigen Kreditkonditionen tendenziell eher untere Einkommen gefördert werden, deren im Vergleich zu Haushalten mit höheren Einkommen in der Regel geringere Bonität bei der Aufnahme eines Hypothekendarlehens bei einer Geschäftsbank zu schlechteren Konditionen führt oder die Kreditaufnahme verhindert.11 3. Alternativen der Fraktionen SPD, FDP und AfD in ihren jeweiligen Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2017 3.1. SPD Speziell den Erwerb von Wohneigentum für Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen wollte die SPD durch ein sozial gestaffeltes Familienbaugeld erleichtern. Außerdem sollten zusätzliche Belastungen beim Kauf reduziert werden, indem das Prinzip „Wer bestellt, bezahlt“ auch für Maklerkosten beim Kauf von Wohneigentum eingeführt und weitere Nebenkosten gesenkt werden sollten. Um zu verhindern, dass Wohnungen in den Ortskernen des ländlichen Raums leer stehen und verfallen, wollte die SPD Familien beim Erwerb von Bestandsbauten mit 7 http://ivd.net/wp-content/uploads/2017/01/2017_01_23-Regionale-Wohneigentumsbildung-FINAL.pdf, S. 16, abgerufen am 08.05.2018 8 a. a. O., S. 18 9 ebd. 10 ebd. 11 a. a. O., S. 16 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 071/18 Seite 7 einem Programm „Jung kauft Alt“ unterstützen.12 Grundsätzlich hielt die SPD zur Entlastung beim erstmaligen Kauf eines Eigenheims einen Freibetrag in Höhe von etwa 150.000 bis 200.000 Euro bei der Grunderwerbsteuer für sinnvoll. Damit stand sie nicht allein da, denn auch die Union hat Grunderwerbsteuer-Freibeträge für Erwachsene und Kinder für den erstmaligen Erwerb selbst genutzten Wohneigentums in ihr Wahlprogramm aufgenommen, allerdings nur in Höhe von 100.000 Euro.13 3.2. FDP Einen Grunderwerbsteuer-Freibetrag von 500.000 Euro für den Erwerb von Wohnimmobilien, der für alle natürlichen Personen gelten soll, wurde von der FDP in ihrem Bundestagswahlprogramm 2017 vorgeschlagen.14 3.3. AfD Nicht nur einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer, sondern auch bei der Grundsteuer wurde von der AfD befürwortet. Eine konkrete Höhe wurde in ihrem Wahlprogramm nicht benannt.15 Darüber hinaus sollte der Erwerb von Wohneigentum durch Familien z.B. durch zinslose Darlehen sowie Zuschüsse erleichtert werden.16 Die Fraktionen Die Linke und Bündnis90/Die Grünen machten keine Vorschläge zur Verbesserung der Wohneigentumsbildung in ihren jeweiligen Wahlprogrammen 2017. 4. Maßnahmen der KfW Bankengruppe Die Eigentumsbildung wird bereits heute mit dem KfW-Wohneigentumsprogramm gefördert. Das Baukindergeld wird daher die bestehenden KfW-Förderkredite für die Wohnungsbaufinanzierung ergänzen. Ansonsten befindet sich die KfW mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat in Gesprächen, wie die Eigentumsbildung von Familien durch haftungsfreigestellte Förderkredite der KfW unterstützt werden kann. Zurzeit befinden sich die Gespräche noch in einer sehr frühen Phase, sodass zu einer konkreten Produktausgestaltung keine Aussagen getroffen werden können. *** 12 https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Regierungsprogramm/SPD_Regierungsprogramm _BTW_2017_A5_RZ_WEB.pdf, S. 56, abgerufen am 08.05.2018 13 http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/grunderwerbsteuer-spd-will-freibetrag-bis-zu-200-000- euro/20021798.html, abgerufen am 08.05.2018 14 https://www.fdp.de/sites/default/files/uploads/2017/03/31/170330-entwurf-bundestagswahlprogramm-fdp.pdf, S. 65, abgerufen am 08.05.2018 15 https://www.afd.de/wp-content/uploads/sites/111/2017/06/2017-06-01_AfD-Bundestagswahlprogramm_Onlinefassung .pdf, S. 70, abgerufen am 08.05.2018 16 a. a. O., S. 56