© 2017 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 071/17 Kommunale Abgaben auf die Ausbringung von Gülle in der Landwirtschaft Rechtliche Rahmenbedingungen und Grenzen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Anwendungsvorrang für Gebühren und Beiträge, § 3 Absatz 2 KAG NRW 7 3.2. Delegierte Steuergesetzgebungskompetenz der Gemeinden aus Art. 105 Abs. 2a GG 8 3.3. Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu kommunalen Lenkungsteuern 8 3.3.1. Die Grundkonzeption der Düngeverordnung zur Gülleausbringung 10 3.3.2. Auswirkungen der Düngeverordnung auf eine kommunale Güllesteuer 11 3.4. Verfassungsrechtliche Vorgaben für eine kommunale Güllesteuer 11 3.4.1. Der Bestimmtheitsgrundsatz 12 3.4.2. Gleichheitssatz 12 3.4.3. Äquivalenzprinzip 13 3.4.4. Eigentumsgarantie 13 3.5. Einfachgesetzliche Vorgaben für eine kommunale Güllesteuer 13 3.5.1. Steuerschuldner 13 3.5.2. Steuertatbestand 14 3.5.3. Abgabemaßstab 14 4. Zusammenfassung 14 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 071/17 Seite 4 1. Fragestellung Die Ausarbeitung befasst sich mit der Frage, ob eine kommunale Steuer auf die Ausbringung von Gülle in einem Gemeindegebiet erhoben werden könnte. Hierzu sollen die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen für ein derartiges kommunales Finanzierungsinstrument dargestellt werden. Es soll auch darauf eingegangen werden, ob eine Besteuerung ausschließlich für in das Gemeindegebiet „importierte“ Gülle rechtlich zulässig wäre. 2. Kommunales Abgabenrecht im Rahmen der föderalen (Finanz-)Verfassung Um eine Abgabe zu erheben, muss die Kommune die Kompetenz zur Abgabenerhebung haben. Nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) umfasst die Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle . 2.1. Kompetenzverteilung nach dem Grundgesetz Das Grundgesetz regelt das Verhältnis von Bundes- und Landeskompetenzen, Gesetze über Abgaben zu beschließen: Die Kompetenz zur Steuergesetzgebung steht den Ländern subsidiär nach Art. 105 Abs. 2 GG zu, soweit der Bund nicht von seiner konkurrierenden Zuständigkeit Gebrauch macht. Ausschließlich die Länder sind nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG dafür zuständig, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu beschließen, die nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Für alle Abgaben, die keine Steuern sind, also für Gebühren1, Beiträge2 sowie Abgaben eigener Art (z. B. Sonderabgaben3 oder der Kurbeitrag als Mischform zwischen Beitrag und Gebühr4), bestimmt sich die Gesetzgebungskompetenz als Annex zur Sachkompetenz nach den Art. 70 ff. GG. Danach dürfen die Länder nach Art. 70 Abs. 1 GG nichtsteuerbezogene Abgabengesetze beschließen , soweit dem Bund keine Gesetzgebungskompetenz dafür zusteht5. 1 Mohr, Kommunale Steuer-Zeitschrift 1997, 170. 2 Beushausen, Kommunale Steuer-Zeitschrift 1998, 41, 42 f. 3 W. Schmidt, NVwZ 1991, 36. 4 VGH Mannheim, Urteil vom 19.3.1998 - 2 S 669/94 http://www.jura.uni-saarland.de/Entscheidungen /pressem98/VGH_BW/kurtaxe.html; Oehler, in: Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar zum Bayr. Kommunalabgabengesetz, Erläuterung 1 zu Art. 7. 5 BVerfG NJW 1965, 435, 436 f.; BVerfG NJW 1974, 1317, 1318; BVerfG 1981, 329, 330; BVerfG 1988, 2529, ebenda. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 071/17 Seite 5 2.2. Kompetenzverteilung nach dem Kommunalverfassungsrecht Das Verhältnis zwischen Land und Gemeinden ist eine Frage des Kommunalverfassungsrechts6 des jeweiligen Bundeslandes. Das Grundgesetz sieht allein in Art. 106 Abs. 6 GG vor, dass den Gemeinden das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern zusteht7. Die bloße Ertragszuständigkeit ist aber von der Rechtsetzungszuständigkeit zu trennen8: Auch das durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantierte Recht der Gemeinden, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, gilt nur „im Rahmen der Gesetze “. Die darin liegende Garantie gemeindlicher Selbstverwaltung bedarf also der gesetzlichen Ausgestaltung und Formung9,dies gilt auch für ihre Finanzierung. Die Erhebung von Steuern und anderen Abgaben stellt zudem einen Grundrechtseingriff beim Abgabeschuldner dar. Zumindest der Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 GG wird durch eine öffentlich -rechtliche Zahlungspflicht berührt, so dass es einer formell-gesetzlichen, hinreichend bestimmten Ermächtigung bedarf, Abgaben zu erheben10. Eine ohne landesgesetzliche Grundlage erlassene kommunale Steuersatzung genügt dem Gesetzesvorbehalt daher nicht11. Der Gesetzesvorbehalt ist eine grundsätzliche Regel des Rechtsstaatsprinzips, die unter anderem besagt, dass Steuern und andere Abgaben nur soweit eingeführt werden dürfen, wie ein parlamentarisch beschlossenes Gesetz es zulässt. 2.3. Besondere Ermächtigung der Gemeinden Um die finanzielle Eigenverantwortlichkeit der Gemeinden zu würdigen und ihnen eine Steuerquelle zu sichern, können Länder jedoch ihr Steuerfindungsrecht nach Art. 105 Abs. 2 und 2a GG 6 Das allerdings den Maßstäben von Art. 28 Abs. 2 GG entsprechen muss. 7 Nach Art. 106 Abs. 5, 5a bzw. 6 Satz 1 1. HS GG steht zwar den Gemeinden das gesamte Aufkommen der Grund- und Gewerbesteuer sowie ein Anteil des Umsatz- und Einkommensteueraufkommens zu. Doch ist dafür allein der Bund zur Gesetzgebung befugt. 8 Henneke, in Praxis der Kommunalverwaltung, Bayern, Die Kommunen in der Finanzverfassung des Bundes und der Länder, Kapitel 2.1. 9 So BVerfG NVwZ 1989, 347, 348. 10 Tipke/Lang, Steuerrecht, § 4 Rn. 202; Beushausen, KStZ 1998, 41, 43; BVerfG NJW 1966, 150, 151. 11 Henneke, in Praxis der Kommunalverwaltung, Bayern, Die Kommunen in der Finanzverfassung des Bundes und der Länder, Kapitel 5.7 (Anlage 2); Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rn. 11; Pahlke/Koenig, AO § 3 Rn. 56; BVerwG NVwZ 2000, 933, 934. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 071/17 Seite 6 auf die Gemeinden übertragen12. So enthalten die Kommunalabgabengesetze oft eine Ermächtigung an die Gemeinden, Steuern durch Erlass besonderer Satzungen zu erheben13. Doch müssen der die Abgabe begründende Tatbestand, der Maßstab, die Schuldner und der Satz der Abgabe sowie die Entstehung und die Fälligkeit der Abgabeschuld darin bestimmt sein14. Das bayrische Kommunalabgabengesetz (KAG) z.B. erlaubt es in Art. 3 Abs. 1 und 3, durch entsprechende Satzung örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu erheben, solange und soweit diese nicht bundesrechtlich geregelten Steuern gleichartig sind und es sich nicht um Getränkesteuer , eine Jagdsteuer, eine Speiseeissteuer oder eine Vergnügungssteuer handelt. Neuartige Verbrauch - und Aufwandsteuern sind zudem nach Art. 2 Abs. 3 KAG zuvor durch das Staatsministerium des Inneren zu genehmigen. Das Kommunalabgabengesetz des Landes NRW (KAG NRW) gestattet in § 3 Absatz 1 den Gemeinden die Erhebung von Steuern. § 3 Absatz 2 KAG NRW schränkt dieses Recht dahingehend ein, dass die Gemeinden und Kreise Steuern nur erheben sollen, soweit die Deckung der Ausgaben durch andere Einnahmen, insbesondere durch Gebühren und Beiträge, nicht in Betracht kommt. Es wird dadurch ein Anwendungsvorrang für Gebühren und Beiträge vor kommunalen Steuern statuiert. Beiträge und Gebühren sowie Mischformen werden nicht ohne Gegenleistung verlangt. Diese (und Sonderabgaben) unterfallen daher nicht dem Steuerbegriff des § 3 Abs. 1 AO15. Deshalb bedürfen sie einer gesonderten gesetzlichen Rechtsgrundlage16. Wie bei den Steuern können die Gemeinden ebenfalls ermächtigt werden, gesetzlich ausdrücklich zugelassene Abgaben durch Satzung zu erheben17. Diese müssen denselben Anforderungen genügen18. Im bayrischen Kommunalabgabengesetz sind allerdings nur die Erhebung von bestimmten Beiträgen, insbesondere Er- 12 Tipke/Lang, a.a.O; BVerfG NJW 1997, 573, 574; BVerfG NJW 1979, 859, 860 f.; VG Köln NWVBl 2007, 491; BVerwG NVwZ 2004, 1128; BVerwG NVwZ 2000, 933, 934. 13 Oehler, in: Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar zum Bayr. Kommunalabgabengesetz, Erläuterung 1 zu Art. 1. 14 So z.B. Art. 2 Bayr. KAG 15 Oehler, in: Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar zum Bayr. Kommunalabgabengesetz, Erläuterung 2.2 zu Art. 1. 16 Beushausen, KStZ 1998, 41, 43. 17 Henneke, in Praxis der Kommunalverwaltung, Bayern, Die Kommunen in der Finanzverfassung des Bundes und der Länder, Kapitel 5.7; Zur Kurabgabe: Oehler, a.a.O., Erläuterung 1 zu Art. 7. 18 Art. 2 des bayrischen KAG unterscheidet nicht zwischen Steuern und sonstigen Abgaben. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 071/17 Seite 7 schließungsbeitrag, Fremdenverkehrsbeitrag, Kurbeitrag, sowie Benutzungsgebühren und Erstattung von Kosten für Grundstücksanschlüsse durch Satzung eröffnet (Artikel 3 bis 9 KAG Bayern )19. Daran ist die Gemeinde gebunden (Artikel 20 Abs. 3 GG). 2.4. Zwischenergebnis Die Erhebung von Abgaben steht zum einen unter dem Gesetzesvorbehalt. Zum anderen zwingt der Vorrang des Gesetzes dazu, den durch die Kommunalabgabengesetze vorgegebenen Rahmen einzuhalten20. Eine Satzung, die eine nicht vorgesehene oder über die Vorgaben hinausgehende Abgabe erhebt, wäre danach nichtig21. Eine Gemeinde kann Abgaben daher nicht ohne landesgesetzliche Grundlage und nur im dort vorgegebenen Rahmen erheben. 3. Rechtliche Rahmenbedingungen für eine kommunale Besteuerung der Gülleausbringung Die nachfolgenden Ausführungen nehmen beispielhaft das Kommunalabgabengesetz NRW zum Prüfungsmaßstab. § 3 Absatz 2 KAG NRW sieht vor, dass die Gemeinden und Kreise Steuern nur erheben sollen, soweit die Deckung der Ausgaben durch andere Einnahmen, insbesondere durch Gebühren und Beiträge, nicht in Betracht kommt. 3.1. Anwendungsvorrang für Gebühren und Beiträge, § 3 Absatz 2 KAG NRW Gebühren sind Geldleistungen, die als Gegenleistung für eine besondere Leistung - Amtshandlung oder sonstige Tätigkeit - der Verwaltung (Verwaltungsgebühren) oder für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen und Anlagen (Benutzungsgebühren) erhoben werden, § 4 Absatz 2 KAG NRW. Für die Umweltbelastungen die durch die Ausbringung von Gülle auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen verursacht werden, kommt weder eine Verwaltungsgebühr noch eine Benutzungsgebühr in Betracht. Es liegt keine Verwaltungsleistung vor noch werden öffentliche Einrichtungen in Anspruch genommen. Die problematische Belastung des Grundwassers mit Nitrat aus der Gülleausbringung kann nicht durch die öffentlichen Klärwerke gelöst werden, da die landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht an das kommunale Abwassernetz angeschlossen sind. Zu hohe Nitratwerte aus einer übermäßigen Gülleausbringung könnten direkt ins Grund- und somit auch ins Trinkwasser gelangen. Beiträge sind Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung und Erweiterung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im Sinne des § 4 Abs. 2 KAG NRW, bei 19 Sonstige Gebühren sind dagegen im bayrischen Kostengesetz geregelt, ebenso eine staatliche Kurtaxe für die Staatsbäder nach der Kurtaxenordnung. 20 BVerfG NJW 1966, 149, 150; BVerwG NVwZ 2004, 1128, 1130 21 Oehler, in: Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar zum Bayr. Kommunalabgabengesetz, Erläuterung 6 zu Art. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 071/17 Seite 8 Straßen, Wegen und Plätzen auch für deren Verbesserung, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung, dienen. Sie werden von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden, § 8 Absatz 2 KAG NRW. Indem bereits die Nutzung öffentlicher Einrichtungen verneint wurde, scheidet auch eine Beitragserhebung für die Herstellung oder Erweiterung dieser Einrichtungen aus. Zwischenergebnis: Die kommunalen Mehrausgaben für die Gemeinkosten der Folgenbeseitigung der Gülleausbringung können nicht mittels Gebühren oder Beiträgen refinanziert werden. Es kommt somit nur eine steuerliche Regelung in Betracht. 3.2. Delegierte Steuergesetzgebungskompetenz der Gemeinden aus Art. 105 Abs. 2a GG Den Ländern steht im Rahmen der föderalen Finanzverfassung die Gesetzgebungskompetenz für örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG. Die Länder haben diese Regelungskompetenz in ihren Kommunalabgabegesetzen (KAG) regelmäßig an die Gemeinden weitergegeben . Eine kommunale Güllesteuer würde die Steuerpflicht an die Ausbringung der Gülle auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen innerhalb der Gemeinde anknüpfen. Damit würde die Verwendung der Gülle durch den gemeindeansässigen Landwirt besteuert. Es würde sich insoweit um eine kommunale Aufwandsteuer handeln, die sich nicht mit der bundesrechtlich geregelten Umsatzsteuer bezüglich des Besteuerungsgegenstands in Konkurrenz begeben würde. Der notwendige Gemeindebezug ergäbe sich aus der Anknüpfung der Steuerpflicht an die Belegenheit der landwirtschaftlichen Flächen im Gemeindegebiet. 3.3. Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu kommunalen Lenkungsteuern Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil vom 7. Mai 199822 Vorgaben für (kommunale ) Lenkungsteuern aufgestellt. Dabei betonte das BVerfG zunächst, dass ein Auseinanderfallen der Steuergesetzgebungskompetenz und der Sachgesetzgebungskompetenz grundsätzlich statthaft sei: „Eine steuerrechtliche Regelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, setzt keine zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretende Sachkompetenz voraus. Das Grundgesetz trennt die Steuer- und die Sachgesetzgebungskompetenz als jeweils eigenständige Regelungsbereiche und verweist auch die Lenkungsteuer wegen ihres verbleibenden Finanzierungszwecks und der ausschließlichen Verbindlichkeit ihrer Steuerrechtsfolgen in die Zuständigkeit des Steuergesetzgebers. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungsteuern zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein.“23 Das BVerfG betonte zugleich, dass „die Ausübung der Steuergesetzgebungskompetenz zur Lenkung in einem anderweitig geregelten Sachbereich jedoch nur zulässig ist, wenn dadurch die 22 BVerfG – Urteil vom 7. Mai 1998, Az: 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95, BVerfGE 98, 106-134 23 BVerfG: siehe Fn. 22, Rn. 56 (juris) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 071/17 Seite 9 Rechtsordnung nicht widersprüchlich wird. Greift die steuerliche Lenkung auf eine Sachmaterie über, darf der Steuergesetzgeber nicht Regelungen herbeiführen, die den vom zuständigen Sachgesetzgeber getroffenen Regelungen widersprechen.“ Diese Grundsätze wären auch bei der beabsichtigten Güllesteuer zu beachten. Mit der Güllesteuer soll zumindest im Nebenzweck ein Anreiz für die Reduzierung der Gülleausbringung auf landwirtschaftlichen Flächen gesetzt werden. Eine übermäßige Nitratbelastung des Bodens und des Grundwassers soll verhindert werden. Die Güllesteuer würde somit eine Lenkungswirkung aufweisen . Diese steuerliche Lenkungswirkung dürfte der Grundkonzeption des Sachgesetzgebers im Düngemittelrecht nicht zuwiderlaufen. „Die Verpflichtung zur Beachtung der bundesstaatlichen Kompetenzgrenzen und zur Ausübung der Kompetenz in wechselseitiger bundesstaatlicher Rücksichtnahme wird durch das Rechtsstaatsprinzip in ihrem Inhalt verdeutlicht und in ihrem Anwendungsbereich erweitert. Das Rechtsstaatsprinzip verpflichtet alle rechtsetzenden Organe des Bundes und der Länder, die Regelungen jeweils so aufeinander abzustimmen, dass den Normadressaten nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die Rechtsordnung widersprüchlich machen. Welche der einen Widerspruch begründenden Regelungen zu weichen hat, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Rang, der Zeitenfolge und der Spezialität der Regelungen. Sachkompetenz und Steuerkompetenz werden vom Grundgesetz bereits in der Weise aufeinander abgestimmt, dass grundsätzlich der Sachgesetzgeber Verhaltenspflichten, der Steuergesetzgeber Zahlungspflichten regelt. Das Nebeneinander dieser Kompetenzen und ihre Wahrnehmung führen insoweit nicht zu sachlichen Widersprüchen . Begründet der Steuergesetzgeber aber Zahlungspflichten, die den Adressaten zur Vermeidung des steuerbelasteten Tatbestandes veranlassen sollen, so kann diese Lenkung Wirkungen erreichen, die den vom zuständigen Sachgesetzgeber getroffenen Regelungen widersprechen. Der Gesetzgeber darf deshalb aufgrund einer Steuerkompetenz nur insoweit lenkend und damit mittelbar gestaltend in den Kompetenzbereich eines Sachgesetzgebers übergreifen, als die Lenkung weder der Gesamtkonzeption der sachlichen Regelung noch konkreten Einzelregelungen zuwiderläuft.“24 „Diese rechtsstaatlichen Vorgaben begründen im Rahmen der bundesstaatlichen Ordnung der Gesetzgebungskompetenzen zugleich Schranken der Kompetenzausübung. Der Steuergesetzgeber darf die vom Sachgesetzgeber getroffenen Entscheidungen nicht durch Lenkungsregelungen verfälschen , deren verhaltensbestimmende Wirkungen dem Regelungskonzept des Sachgesetzgebers zuwiderlaufen. Sobald der Sachgesetzgeber für einen Sachgegenstand Regelungen trifft, muß der Gesetzgeber diese bei steuerlichen Lenkungen beachten. Würde der Bundesgesetzgeber etwa durch eine Lenkungsteuer mit Lenkungsdruck in einem vom Landesgesetzgeber geregelten Bereich des Kultusrechts gestaltend einwirken, überschritte er seine Steuerkompetenz, wenn er dadurch zu einer dem Regelungskonzept oder einer Einzelaussage des Landesgesetzgebers zuwiderlaufenden Verhaltensweise veranlassen würde. Umgekehrt dürfte der Landesgesetzgeber oder der kommunale Satzungsgeber nicht durch eine Lenkungsteuer in den Regelungsbereich des 24 BVerfG: siehe Fn. 22, Rn. 58 (juris) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 071/17 Seite 10 Bundesgesetzgebers einwirken, wenn dieser den steuerlich verfolgten Lenkungszweck ausgeschlossen oder gegenläufige Lenkungswirkungen oder Handlungsmittel vorgeschrieben hat.“25 3.3.1. Die Grundkonzeption der Düngeverordnung zur Gülleausbringung Die Einführung einer kommunalen Güllesteuer dürfte somit nicht der Grundkonzeption des Düngemittelrechts zum Einsatz von Gülle in der Landwirtschaft zuwiderlaufen. § 6 Absatz 8 der Düngeverordnung enthält Aufbringungsverbote für Düngemittel mit wesentlichem Gehalt an Stickstoff. Hierzu wird auch die Gülle gezählt. Demnach dürfen gemäß § 6 Absatz 8 Nr. 1 der Düngeverordnung auf Ackerland ab dem Zeitpunkt, ab dem die Ernte der letzten Hauptfrucht abgeschlossen ist, bis zum Ablauf des 31. Januar, keine Düngemittel mit wesentlichem Gehalt an Stickstoff aufgebracht werden. Gemäß § 6 Absatz 8 Nr. 2 der Düngeverordnung dürfen weiterhin auf Grünland, Dauergrünland und auf Ackerland mit mehrjährigem Feldfutterbau bei einer Aussaat bis zum 15. Mai in der Zeit vom 1. November bis zum Ablauf des 31. Januar keine Düngemittel mit wesentlichem Gehalt an Stickstoff aufgebracht werden. § 6 Absatz 9 Düngeverordnung enthält Ausnahmetatbeständen zu den allgemeinen Ausbringungsverboten des Absatz 8. Mit den zeitlich begrenzten Ausbringungsverboten hat der Sachgesetzgeber zum Ausdruck gebracht , dass für die übrigen Zeiträume eines Kalenderjahres die Ausbringung von Gülle grundsätzlich zulässig ist. § 8 der Düngeverordnung erlegt dem Betriebsinhaber zusätzlich auf, dass er jährlich spätestens bis zum 31. März einen betrieblichen Nährstoffvergleich für Stickstoff und für Phosphat für das abgelaufene Düngejahr als 1. Vergleich von Zu- und Abfuhr für die landwirtschaftlich genutzte Fläche insgesamt oder 2. Zusammenfassung der Ergebnisse der Vergleiche für jeden Schlag, jede Bewirtschaftungseinheit oder eine nach § 3 Absatz 2 Satz 3 zusammengefasste Fläche zu erstellen und zu einem jährlich fortgeschriebenen mehrjährigen Nährstoffvergleich zusammenzufassen hat. § 9 Absatz 2 der Düngeverordnung legt fest, dass der im Rahmen des betrieblichen Nährstoffvergleiches nach § 8 Absatz 1 für Stickstoff nach Anlage 6 Zeile 10 im Durchschnitt der drei letzten Düngejahre ermittelte Kontrollwert möglichst niedrig sein soll. Der Betriebsinhaber hat sicherzustellen , dass der in Satz 1 genannte Kontrollwert 60 Kilogramm Stickstoff je Hektar und Jahr, in den 2018, 2019 und 2020 und später begonnenen Düngejahren 50 Kilogramm Stickstoff je Hektar und Jahr nicht überschreitet. § 9 Absatz 4 der Düngeverordnung sieht als Rechtsfolge einer Überschreitung des Kontrollwertes vor, dass die nach Landesrecht zuständige Stelle sodann anzuordnen hat, dass der Betriebsinha- 25 BVerfG: ebenda Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 071/17 Seite 11 ber im Jahr der Feststellung an einer von der zuständigen Stelle anerkannten Düngeberatung teilzunehmen hat. Die Teilnahme ist der zuständigen Stelle vom Betriebsinhaber innerhalb von zwei Wochen nach der Teilnahme nachzuweisen. Die Düngeberatung ist auf die Einhaltung der zulässigen Kontrollwerte auszurichten. Der Bund hat sich als Sachgesetzgeber somit für ein differenziertes Regelungskonzept entschieden , bei dem das Verbot der Gülleausbringung nur in festgelegten Zeiträumen zu beachten ist. Bei den festgeschriebenen Kontrollwerten zieht ein Verstoß gegen diese Werte auch kein Ausbringungsverbot oder ähnlich einschneidende Sanktionen nach sich. Der Landwirt, der die Kontrollwerte überschreitet, hat zunächst lediglich verpflichtend an einer Düngeberatung teilzunehmen . 3.3.2. Auswirkungen der Düngeverordnung auf eine kommunale Güllesteuer Eine pauschale kommunale Güllesteuer würde dieses verhaltensorientierte ausdifferenzierte Regelungssystem des Sachgesetzgebers konterkarieren. Würden die einzelnen Gemeinden die Ausbringung von Gülle pauschal besteuern, so würde vom Steuergesetzgeber ein allgemeiner Vermeidungsanreiz zur Güllenutzung gesetzt. Dies wäre jedoch ein Wertungswiderspruch zu dem auf Beratung und auf einen bewussteren Umgang mit Düngemitteln setzenden Regelungsansatz in der Düngeverordnung. Es entspricht der düngerechtlich anerkannten Praxis, dass eine Gülleausbringung , die den Stickstoffbedarf der jeweiligen Fläche beachtet nicht zu beanstanden ist. Eine kommunale Güllesteuer, die die oben genannten Grundsätze des BVerfG beachten wollte, müsste die Kontrollgrenzen der Düngeverordnung berücksichtigen, das heißt Gülle unterhalb der Kontrollgrenze steuerfrei stellen. Ferner ist davon auszugehen, dass die verhaltenslenkende Wirkung der Güllesteuer erst dann einsetzen dürfte, wenn die Düngeberatung erfolglos blieb. Eine Steuerpflicht wäre somit erst nach wiederholten Verstößen gegen die Kontrollwerte in Einklang mit dem Düngerecht umsetzbar. 3.4. Verfassungsrechtliche Vorgaben für eine kommunale Güllesteuer „In erster Linie haben jedoch die Kommunen bei der Abfassung kommunaler Abgabensatzungen Vorgaben des einfachen Landesrechts, namentlich der einschlägigen Kommunalabgabengesetze zu beachten. Hinzu kommen Vorgaben aus dem Grundgesetz und den insoweit weitgehend inhaltsgleichen Bestimmungen der Landesverfassungen sowie den daraus hergeleiteten verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Dabei geht es […] um erstens den Grundsatz der Bestimmtheit, zweitens den Gleichheitssatz, drittens das Äquivalenzprinzip (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und viertens (von geringer Relevanz) die Eigentumsgarantie.“26 Mangels einer konkret zu beurteilenden Steuersatzung sind die nachfolgenden Ausführungen zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben abstrakt formulierte Vorgaben. 26 Driehaus: Abgabensatzungen, § 7 Rn. 2 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 071/17 Seite 12 3.4.1. Der Bestimmtheitsgrundsatz „Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verlangt, dass Ermächtigungen zur Vornahme belastender Verwaltungsakte nach Inhalt, Gegenstand und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sind. Dies gilt mit Blick auf Abgabenbescheide als belastende Verwaltungsakte selbstverständlich auch für Abgabensatzungen; […]. Insbesondere der räumliche Geltungsbereich, der Abgabentatbestand , der Maßstab als Bemessungsgrundlage und der Abgabensatz sollen so bestimmt sein, dass das Entstehen und die Höhe der Abgabenschuld für den Abgabenpflichtigen jedenfalls ansatzweise voraussehbar sind.“27 Die Vorgaben des Bestimmtheitsgrundsatzes wären grundsätzlich durch eine hinreichend präzise Formulierung in der Satzung zu erfüllen. 3.4.2. Gleichheitssatz „Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG belässt dem Gesetzgeber und damit auch dem Ortsgesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Er verbietet auf der Grundlage der ursprünglich vom Bundesverfassungsgericht vertretenen “Willkürformel“ lediglich eine willkürliche Gleichbehandlung (im Wesentlichen) ungleicher und eine willkürliche Ungleichbehandlung (im Wesentlichen ) gleicher Sachverhalte; er verlangt nach dieser Formel – verkürzt ausgedrückt – nicht mehr und nicht weniger als die Abwesenheit von Willkür.“28 Der allgemeine Gleichheitssatz könnte in Bezug auf die angefragte differenzierte Besteuerung von Gülle aus dem Gemeindegebiet einerseits und “gemeindefremder“ Gülle anderseits, verletzt sein. Wenn nur die “gemeindefremde“ Gülle besteuert würde, so läge eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vor. Die Eigenschaften und Probleme, die sich bei dem Einsatz von Gülle in der Landwirtschaft stellen, sind nicht von deren Herkunft abhängig. Vielmehr ist das Charakteristikum der Herkunft der Gülle eine Eigenschaft die dem Güllestoff von außen zugeordnet wird. An einem rechtfertigenden Grund für die steuerliche Ungleichbehandlung sind Zweifel angebracht . Im Hinblick auf den Lenkungszweck kann zwar argumentiert werden, dass insbesondere die massiven Gülleimporte zur Verschärfung der Nitratbelastung in den Böden und dem Grundwasser führen. Es erscheint jedoch wenig plausibel, warum die intensive Gülleausbringung beispielsweise aus einer Massentierhaltung auf den benachbarten Äckern steuerfrei sein sollte, die Gülle aus der Nachbargemeinde aber steuerpflichtig. Die Umweltbelastung ist unabhängig von der Herkunft der Gülle. Zudem dürfte sich ein Nachweisproblem für die Herkunft der Gülle ergeben. Da von einer Steuerfreiheit grundsätzlich eine hohe Anreizwirkung ausgeht, muss damit gerechnet werden, dass jeder steuerpflichtige Landwirt möglichst große Mengen an gemeindeeigener Gülle deklarieren wollen würde. Der Herkunftsort der Gülle wird nicht lückenlos dokumentiert. Daraus könnte 27 Driehaus: ebenda, § 7 Rn. 3 28 Driehaus: ebenda, § 7 Rn. 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 071/17 Seite 13 sich ein potentielles Vollzugsdefizit ergeben, wenn die Steuerpflicht von der Eigendeklaration des steuerpflichtigen Landwirts abhängig wäre. Zwischenergebnis: Bei einer Steuerpflicht nur für gemeindefremde Gülle ist von einer willkürlichen Ungleichbehandlung auszugehen, die verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre. 3.4.3. Äquivalenzprinzip „Das Äquivalenzprinzip ist der in erster Linie auf die Gebühr und überdies den Beitrag als Gegenleistung für die Leistung einer Kommune bezogene Ausdruck des allgemeinen, auf Art. 20 Abs. 3 GG beruhenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Während der Gleichheitssatz das Verhältnis der Abgabenschuldner untereinander betrifft, bezieht sich das Äquivalenzprinzip auf das Leistungsverhältnis zwischen der kommunalen Körperschaft und dem Gebühren- bzw. Beitragsschuldner .“29 Da es sich bei der Güllesteuer um keine Gebühr und keinen Beitrag handelt, gelten die Maßstäbe des Äquivalenzprinzips insoweit nicht. 3.4.4. Eigentumsgarantie Art. 14 Abs. 1 GG kann „bei Steuersatzungen von Belang sein, z.B. wenn die Höhe eines Steuersatzes eine “erdrosselnde“ Wirkung hat.“30 Da die Höhe einer kommunalen Güllesteuer bislang nicht feststeht, können zur “erdrosselnden“ Wirkung des Steuersatzes keine Aussagen getroffen werden. 3.5. Einfachgesetzliche Vorgaben für eine kommunale Güllesteuer 3.5.1. Steuerschuldner „Im Abgabenrecht gilt anknüpfend an § 38 AO weithin der Grundsatz, dass persönlicher Abgabenschuldner derjenige ist, der Rechtsinhaber im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes ist. Ob allerdings ein Ortsgesetzgeber berechtigt ist, bei seiner Satzungsregelung auf diesen Grundsatz abzuheben, richtet sich wiederum nach den Vorgaben des jeweiligen Kommunalabgabengesetzes .“31 „In Nordrhein-Westfalen hat der Landesgesetzgeber darauf verzichtet zu regeln, in welchem Zeitpunkt jemand Grundeigentümer sein muss, um persönlich beitragspflichtig zu werden. Er hat diese Entscheidung durch § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW dem Ortsgesetzgeber übertragen. Der Rat der Gemeinde kann daher im Rahmen seines ortsgesetzgeberischen Ermessens als persönlichen 29 Driehaus: ebenda, Rn. 20 30 Driehaus: ebenda, Rn. 25 31 Driehaus: Abgabensatzungen, § 8 Rn. 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 071/17 Seite 14 Schuldner bestimmen denjenigen, der im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten Eigentümer ist, oder denjenigen, der im Zeitpunkt der Zustellung des Beitragsbescheids der maßgebende Rechtsinhaber ist.“32 3.5.2. Steuertatbestand „Die Steuertatbestände knüpfen an den jeweiligen Steuergegenstand an, z.B. an die entgeltliche Abgabe von Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle bei der Getränkesteuer […]. Sie sind in den jeweiligen Steuersatzungen zu fixieren.“33 Problematisch erscheint bei der Beurteilung des Steuertatbestands “Gülle“ die Tatsache, dass nicht jede Ausbringung von Gülle in der Landwirtschaft zu problematischen Umweltauswirkungen führt. Bleibt die Güllemenge innerhalb des Nährstoffbedarfs der landwirtschaftlichen Nutzfläche , ergeben sich keine weiteren Belastungswirkungen für das Grundwasser. Der kommunale Satzungsgeber einer Güllesteuer könnte die Erhebung der Steuer somit nur dann mit umweltbezogenen Lenkungszwecken rechtfertigen, wenn er eine flächenbezogene am Nährstoffbedarf orientierte Güllemenge von der Steuerpflicht freistellen würde. 3.5.3. Abgabemaßstab „Zu den unverzichtbaren Regelungen einer Abgabensatzung gehört ferner die Festsetzung des Abgabenmaßstabs. Das Erfordernis, in der Satzung den Maßstab der Abgabe zu regeln, trägt dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit, insbesondere den Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung , der Rechtssicherheit und der Rechtsgleichheit Rechnung. Durch die Bestimmung des Abgabenmaßstabs soll gewährleistet werden, dass die Höhe der Abgabe für den Betroffenen berechenbar und damit voraussehbar ist.“34 Mangels einer konkreten Satzungsregelung können keine Aussagen zur Rechtmäßigkeit des Abgabemaßstabs getroffen werden. 4. Zusammenfassung Die kommunale Güllesteuer kann nur unter sehr engen Voraussetzungen als Aufwandsteuer realisiert werden. Es sind die bundesrechtlichen Vorgaben des Düngerechts, insbesondere die differenzierenden Vorgaben zur Kontrollmenge der Gülleausbringung zu beachten. Die kommunale Besteuerung der Gülleausbringung dürfte das auf verhaltensorientierte Beratung ausgerichtete Rechtsfolgensystem der Düngeverordnung bei einer Kontrollmengenüberschreitung nicht konterkarieren . Um der Tatsache gerecht zu werden, dass auch eine fachgerechte Gülledüngung, die keine nachteiligen Umweltbelastungen hervorruft, möglich ist und vom Sachgesetzgeber der Düngeverordnung als Leitbild angestrebt wird, wäre zudem eine Besteuerung der Gülle nur mit flächenspezifischen steuerfreien Kontrollmengen zulässig. 32 Driehaus: ebenda, § 8 Rn. 20 33 Driehaus: ebenda, § 8 Rn. 22 34 Driehaus: ebenda, § 8 Rn. 34 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 071/17 Seite 15 Eine Differenzierung des Besteuerungsgegenstands hinsichtlich der Herkunft der Gülle aus dem Gemeindegebiet als steuerfrei und aus gemeindefremden Quellen als steuerpflichtig dürfte gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Hierin läge eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung eines identischen Besteuerungsgegenstands. Derartige Differenzierungen wären zudem missbrauchsanfällig. ***