© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 070/15 Erweiterung des Katalogs der gemeinnützigen Zwecke in § 52 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) Auswirkungen auf andere Gesetze Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 2 Erweiterung des Katalogs der gemeinnützigen Zwecke in § 52 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) Auswirkungen auf andere Gesetze Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 070/15 Abschluss der Arbeit: 21. Mai 2015 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Einleitung 4 2.1. Das Gemeinnützigkeitsrecht in den §§ 51 ff. AO 4 2.2. Gemeinnützigkeit im Sinne des § 52 Abs. 1 AO 5 2.3. § 52 Abs. 2 AO: Abschließender Katalog und Öffnungsklausel 5 2.4. Möglichkeit der Erweiterung des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO 6 2.5. Die Gemeinnützigkeit der Förderung von Menschenrechten nach geltender Rechtslage 6 2.6. Mehrwert einer Katalogerweiterung 7 3. Folgen einer Erweiterung des Katalogs auf andere gesetzliche Vorschriften (zu Fragestellung a) und b)) 8 3.1. Auswirkungen auf Bundesgesetze 8 3.1.1. Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 9 3.1.2. Umsatzsteuer 10 3.1.3. Erbschaft- und Schenkungsteuer 11 3.1.4. Grundsteuer 11 3.1.5. Behandlung von Spenden und Mitgliedsbeiträgen 12 3.1.6. Auflistung sämtlicher tangierter Bundesgesetze 13 3.2. Auswirkungen auf Landesgesetze 13 3.3. Auswirkungen auf Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder 14 3.4. Anforderungen an steuerliche Vergünstigungen bei Verwirklichung von Zwecken im Ausland 15 3.4.1. Allgemeines und Entwicklung der Rechtslage 15 3.4.2. Der sog. „Inlandsbezug“ in § 51 Abs. 2 AO 17 3.4.2.1. Unionsrechtswidrigkeit der Indizwirkung in § 51 Abs. 2 Alt. 2 AO 17 3.4.2.2. Unwirksamkeit des § 51 Abs. 2 Alt. 2 AO 18 3.4.3. Zusätzliche Voraussetzung des Amtshilfeabkommens 19 3.4.4. Zusammenfassender Überblick über die Problematik bei Auslandssachverhalten 19 4. Querverweisungen in anderen Gesetzen (zu Fragestellung c)) 20 Anlagen: Anlage 1: WD 4 – 3000 – 011/14 Anlage 2: Liste der tangierten bundesgesetzlichen Vorschriften Anlage 3: Liste der tangierten landesgesetzlichen Vorschriften (Beispiele) Anlage 4: Liste der relevanten Verwaltungsvorschriften (Beispiele) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 4 1. Fragestellung Der Fachbereich WD 4 wurde um die Beantwortung folgender Fragestellungen gebeten: a) Auf welche gesetzlichen Vorschriften würde sich eine Erweiterung des Katalogs der gemeinnützigen Zwecke in § 52 Absatz 2 Abgabenordnung (hier um „Förderung der Menschenrechte“) auswirken? b) Trifft es zu, dass dadurch Organisationen, die Menschenrechte fördern, von - der Körperschaftsteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 9 KStG) - der Umsatzsteuer (§ 4 Nr. 18 und Nr. 22 UStG) - der Erbschaftsteuer (§ 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG und § 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) - der Grundsteuer (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b GrStG) - und der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 6 und Nr. 10 GewStG) befreit und Zuwendungen an solche Organisationen steuerlich begünstigt würden gem. - § 9 Abs. 1 Nr. 3 EStG, § 10b Abs. 1 EStG, - § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG, - und § 9 Nr. 5 GewStG? c) Welche Querverweisungen in anderen Gesetzen würde eine solche Änderung nötig machen? 2. Einleitung 2.1. Das Gemeinnützigkeitsrecht in den §§ 51 ff. AO § 52 gehört zum Dritten Abschnitt der Abgabenordung (AO), der in den §§ 51 bis 68 die „Steuerbegünstigten Zwecke“ normiert. Diese Vorschriften sind anzuwenden, wenn Steuergesetze Vergünstigungen gewähren, weil eine Körperschaft1 ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt. Ausschließlichkeit liegt vor, wenn eine Körperschaft nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt (§ 56 AO). Von Unmittelbarkeit spricht man, wenn die Körperschaft selbst diese Zwecke verfolgt.2 Der Dritte Abschnitt AO formuliert zudem unter anderem bestimmte Anforderungen an die Satzung und an die tatsächliche Geschäftsführung (§§ 60, 63 AO); zudem dürfen keine Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes gefördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwidergehandelt werden (§ 51 Abs. 3 S. 1 AO). 1 Unter Körperschaften sind die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes zu verstehen (§ 51 Absatz 1 Satz 2 AO). 2 Weitere Voraussetzungen der Unmittelbarkeit s. § 57 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 AO Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 5 Das für die Körperschaft zuständige Finanzamt stellt die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen fest. Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit erfolgt auf Antrag der Körperschaft oder von Amts wegen bei der ersten Veranlagung zur Körperschaftsteuer (§ 60a AO). Es ergeht ein sog. Feststellungsbescheid als eigenständiger Verwaltungsakt, sodass die Körperschaft, der die Feststellung der Gemeinnützigkeit versagt wurde, gerichtlich gegen die Versagung vorgehen kann.3 Der Feststellungsbescheid ist für die Besteuerung der Körperschaft und der Steuerpflichtigen , die Zuwendungen in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen an die Körperschaft erbringen , bindend (§ 60a Abs. 1 S. 2 AO). 2.2. Gemeinnützigkeit im Sinne des § 52 Abs. 1 AO In § 52 Abs. 1 AO sind „gemeinnützige Zwecke“ legaldefiniert. Danach verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem , geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 S. 1 AO). Die „Allgemeinheit“ im Sinne des § 52 AO wird in den Sätzen 2 und 3 negativ abgegrenzt. So ist eine Förderung der Allgemeinheit nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens, oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann. Das letzte Kriterium betrifft vor allem Vereine, deren Förderung ausschließlich den Mitgliedern zugutekommt. Gemeinnützigkeit ist hier nur möglich, wenn im Grundsatz jedermann freien Zutritt zur Körperschaft hat, sodass die Mitglieder einen Ausschnitt der Allgemeinheit darstellen. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt auch nicht allein deswegen vor, weil eine Körperschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts finanzielle Mittel bereitstellt. Vielmehr müssen diese Mittel dazu dienen, die Körperschaft bei einer gemeinnützigen Tätigkeit zu unterstützen.4 2.3. § 52 Abs. 2 AO: Abschließender Katalog und Öffnungsklausel Die Förderung muss sich auf die Verwirklichung eines Zwecks aus der abschließenden Aufzählung in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 25 AO beziehen. Sofern der von der Körperschaft verfolgte Zweck nicht unter einen der Katalogpunkte fällt, aber die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet in entsprechender Weise selbstlos gefördert wird, kann dieser Zweck für gemeinnützig erklärt werden (§ 52 Abs. 2 S. 2 und 3 AO, sog. „Öffnungsklausel“). Die Entscheidung hierüber wird von einer Finanzbehörde vorgenommen, die jeweils von der obersten Finanzbehörde der Länder hierzu bestimmt wird. Trotz des Wortlauts („kann dieser Zweck für gemeinnützig erklärt werden“) handelt es sich nicht um eine sog. Ermessensvorschrift, d.h. die Behörde muss Zwecke als gemeinnützig anerkennen, 3 BT-Drs. 17/11316, S. 13 4 Gersch, in: Klein, AO, § 52, Rz. 11, 12. Auflage 2014, abrufbar bei Beck Online, abgerufen am 11. Mai 2015 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 6 wenn sie denjenigen im Katalog vergleichbar sind.5 Gegen eine Versagung der Anerkennung kann die betroffene Körperschaft gerichtlich im Wege der Verpflichtungsklage vorgehen.6 Zu den im Katalog genannten Zwecken gehören nach einer Zusammenfassung der Oberfinanzdirektion Niedersachsen unter anderem - die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, Kunst und Kultur, der Religion, der Völkerverständigung, der Entwicklungshilfe, des Umwelt - und Denkmalschutzes, der Heimatpflege und Heimatkunde, - die Förderung der Jugendhilfe, der Altenhilfe, des öffentlichen Gesundheitswesens, des Wohlfahrtswesens und des Sports, - die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens in der Bundesrepublik Deutschland.7 2.4. Möglichkeit der Erweiterung des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO Der Beispielkatalog der gemeinnützigen Zwecke unter § 52 Abs. 2 Satz 1 AO wurde 2007 in die AO aufgenommen. Er war zuvor in Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV enthalten.8 Die Abgabenordnung ist ein Bundesgesetz und kann jederzeit im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens geändert werden. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich unmittelbar aus Art. 108 Abs. 5 S. 1 GG.9 Initiativen für ein Bundesgesetz können von der Bundesregierung, dem Bundesrat und den Mitgliedern des Bundestages ausgehen, Art. 76 Abs. 1 GG. Für Gesetzentwürfe von Mitgliedern des Deutschen Bundestages ist Voraussetzung, dass die Initiative entweder von einer Fraktion oder von fünf Prozent der Abgeordneten eingebracht wird (§ 76 Abs. 1 GO-BT). 2.5. Die Gemeinnützigkeit der Förderung von Menschenrechten nach geltender Rechtslage Fraglich ist, ob die Erweiterung des Katalogs um den Punkt „Förderung der Menschenrechte“ notwendig ist, um die Anerkennung solcher Zwecke als gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO zu erreichen . Bereits nach derzeitiger Rechtslage werden Organisationen, die im Bereich der Menschenrechtsförderung tätig sind, als gemeinnützig anerkannt. Mangels eines eigenen Katalogpunktes werden sie in der Praxis unter andere, jeweils einschlägige Katalogpunkte eingeordnet. Dies zeigen folgende Beispiele: 5 Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, Rz. 357, 16. Auflage 2013 6 Koenig, in: ders, AO, § 52, Rz. 67, 3. Auflage 2014 7 Oberfinanzdirektion Niedersachen: Merkblatt zur Gemeinnützigkeit und zum Spendenrecht, Stand April 2013, unter: http://www.ofd.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=17514&article_id=67744&_psmand=110, abgerufen am 11. Mai 2015 8 Leisner-Egensperger, in: Hübschmann, Hepp, Spitaler: AO und FGO, § 52 AO, Rz. 105 9 BT-Drs. 117/07, S. 12, König, in: ders., AO, 3. Auflage 2014, Rz. 5 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 7 - Die „Kindernothilfe e.V.“ fällt unter Nr. 4 „Förderung der Jugend- und Altenhilfe“10 - „Amnesty International“ fällt unter Nr. 10 „Die Förderung der Hilfe für politisch, rassisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler, Kriegsopfer , Kriegshinterbliebene, Kriegsbeschädigte und Kriegsgefangene, Zivilbeschädigte und Behinderte sowie Hilfe für Opfer von Straftaten; Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer; Förderung des Suchdienstes für Vermisste“11 - Das aus dem Bundeshaushalt finanzierte „Deutsche Institut für Menschenrechte e.V.“ gibt in seiner Satzung an, Zwecke der Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie von Bildung und Erziehung im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung zu verwirklichen.12 Insgesamt erfassen zahlreiche Katalogpunkte inhaltlich die Förderung von Menschenrechten, so etwa - Nr. 1 (Förderung von Wissenschaft und Forschung) - Nr. 2 (Religion) - Nr. 3 (öffentliches Gesundheitswesen) - Nr. 4 (Jugend- und Altenhilfe) - Nr. 7 (Erziehung, Volks- und Berufsbildung) - Nr. 9 (Wohlfahrtswesen) - Nr. 10 (Flüchtlinge, Kriegsopfer) - Nr. 11 (Rettung aus Lebensgefahr) - Nr. 13 (Völkerverständigung) - Nr. 15 (Entwicklungszusammenarbeit) - Nr. 18 (Gleichberechtigung von Frauen und Männern). Menschenrechtsorganisationen können demnach grundsätzlich schon nach geltendem Recht als gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO eingestuft werden. 2.6. Mehrwert einer Katalogerweiterung Ein eigener Katalogpunkt kann aber zu einer einheitlicheren und praktikableren Handhabe in der Praxis der Finanzverwaltung führen. Diese müsste Menschenrechtsorganisation nicht mehr unter andere, im Einzelfall mehr oder weniger passende Katalogpunkte einordnen. Zudem wären Tätigkeiten im Bereich Menschenrechtsförderung, die unter keinen der bislang bestehenden Punkte subsumiert werden könnten, von dem neuen Punkt erfasst. Auf den Mechanismus der Öffnungsklausel müsste dann ebenfalls nicht mehr zurückgegriffen werden. Schließlich würde ein eigener 10 Vgl. den Freistellungsbescheid des Finanzamtes Duisburg-Süd vom 03.12.2013, abrufbar unter http://www.kindernothilfe .de/multimedia/KNH_DE/Neue+Webseite/Aktuelle+Download_Dokumente/Freistellungsbescheid +.pdf, abgerufen am 15. Mai 2015 11 § 2 Abs. 2 Satzung Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., zuletzt geändert 2014 12 Vgl. § 4 Satzung des Deutschen Instituts für Menschenrechte e.V., Stand 25. September 2014, http://www.institut -fuer-menschenrechte.de/das-institut/struktur/satzung/, abgerufen am 18.5.2015 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 8 Punkt dem besonderen Gewicht der Menschenrechtsförderung als gemeinnütziger Tätigkeit Ausdruck verleihen. Um den Mehrwert eines von den anderen Punkten sauber abgegrenzten Katalogpunktes zu erzielen , könnte allerdings eine Konkretisierung des Begriffs „Förderung der Menschenrechte“ notwendig werden. „Förderung der Menschenrechte“ ist sehr weit formuliert. „Die Menschenrechte“ sind nicht in nur einer bestimmten Rechtsquelle festgeschrieben, der Menschenrechtsschutz setzt sich vielmehr aus zahlreichen nebeneinander bestehenden und sich stetig weiter entwickelnden Kodifikationen zusammen.13 Es existieren mehrere universelle Verträge wie die internationale „Bill of Rights“ der UNO sowie verschiedene regionale Kodifikationen in Europa (EMRK), Amerika , Afrika und der Arabischen Liga. Darüber hinaus bestehen neben den Menschenrechtskatalogen zahlreiche Institutionen zur Überwachung und zum Rechtsschutz wie etwa der ständige Internationale Strafgerichtshof.14 Die Tätigkeiten, die als Förderung von Menschenrechten in Frage kommen können, sind ebenso mannigfaltig. Dementsprechend groß ist der Kreis der potenziell unter den neuen Katalogpunkt fallenden nationalen und internationalen Organisationen. Erfolgt keine Konkretisierung der förderungswürdigen Tätigkeiten und dessen, was genau unter „Menschenrechte “ zu verstehen sein soll, würde die Neueinfügung des Katalogpunktes gerade nicht zur Erleichterung der Zuordnung unter einen Punkt des § 52 Abs. 2 AO beitragen. Die Konkretisierung des neuen Punktes kann rechtstechnisch - in § 52 Abs. 2 AO selbst (wie etwa zum Punkt „Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege“ in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO) - und/oder im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (§ 52 unter Pt. 2 AEAO), der jeden einzelnen Katalogpunkt inhaltlich konkretisiert, erfolgen. 3. Folgen einer Erweiterung des Katalogs auf andere gesetzliche Vorschriften (zu Fragestellung a) und b)) 3.1. Auswirkungen auf Bundesgesetze Zahlreiche bundesgesetzliche Vorschriften verweisen auf die Rechtsvorschriften über steuerbegünstigte Zwecke in den §§ 51 ff. AO. Die Verweise dienen überwiegend folgenden Zwecken: - Steuervergünstigung oder -befreiung bei Förderung gemeinnütziger Zwecke i.S.d. §§ 51 ff. AO 13 Buergenthal/Thürer, Menschenrechte, 2010, S. 7 14 Buergenthal/Thürer, Menschenrechte, 2010, S. 143, 411 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 9 - Anerkennung einer Organisation als Träger eines Dienstes unter der Voraussetzung, dass die Organisation Zwecke i.S.d. §§ 51 ff. AO verfolgt. Würde der Katalog in § 52 Abs. 2 S. 1 AO um den Punkt „Förderung der Menschenrechte“ erweitert , träte die in der verweisenden Vorschrift angeordnete Rechtsfolge automatisch auch für solche Körperschaften ein, deren gemeinnütziger Zweck die Förderung der Menschenrechte ist und die die weiteren Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO erfüllen. Es bedarf weiterhin einer gesonderten Feststellung der Gemeinnützigkeit durch Feststellung gem. § 60a AO (s.o. Pt. 2.1.). Eine Anerkennung als gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO über den Umweg der Öffnungsklausel (s.o. Pt. 2.3., also per Einzelfallanerkennung durch die Finanzbehörde gem. § 52 Abs. 2 S. 2 und 3 AO), wäre nicht notwendig. Die die Menschenrechte fördernden Körperschaften fielen ohne weiteres unter die Befreiung von der Körperschaft-, Umsatz-, Erbschaft-, Grund- und Gewerbesteuer. Zuwendungen an solche Organisationen wären bei der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer begünstigt. Wie bereits erwähnt, müssen hierfür aber auch die sonstigen Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO erfüllt sein. Für die vorliegende Anfrage ist diesbezüglich insbesondere § 51 Abs. 2 AO zu beachten . Im Menschenrechtsbereich werden Hilfstätigkeiten vornehmlich im Ausland verwirklicht oder wird sogar die Organisation selbst ihren Sitz im Ausland haben. In diesen Fällen hat der Gesetzgeber verschärfte Anforderungen für eine Steuervergünstigung in § 51 Abs. 2 AO aufgestellt. Diese weitgehend umstrittene und unklare Vorschrift wird unten eigens erörtert (s.u. Pt. 3.4.). Abseits der Problematik bei Auslandssachverhalten gibt die in Anlage 1 beigefügte Dokumentation : Frage zu § 52 Abgabenordnung (AO) – WD 4 – 3000 – 011/14, einen Überblick über den Wortlaut der in Fragestellung b) explizit angesprochenen Steuervorschriften. Eine kurze Umschreibung des jeweiligen Inhalts dieser Normen folgt im nächsten Punkt. 3.1.1. Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer15 Grundsätzlich unterliegen die als gemeinnützig anerkannten Körperschaften nicht der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 KStG und § 3 Nr. 6 GewStG). Allerdings gilt dies nur für die sogenannte ideelle Sphäre der Körperschaft. Das Körperschaftsteuergesetz (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 KStG) und das Gewerbesteuergesetz (§ 3 Nr. 6 S.2 GewStG) schließen jedoch die Steuervergünstigung insoweit aus, als die Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält, soweit dieser kein Zweckbetrieb16 ist. Im Falle eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs enthält § 64 AO weitere Bestimmungen. Nach § 14 S. 1 und 2 AO ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über 15 Baden-Württemberg, Ministerium für Finanzen und Wirtschaft: Steuertipps für gemeinnützige Vereine, unter: http://mfw.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikation/did/steuertipps-fuer-gemeinnuetzige-vereine/, abgerufen am 2. Juli 2014 16 Ein Zweckbetrieb ist unter den Voraussetzungen des § 65 AO gegeben. Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege, Krankenhäuser oder zum Beispiel Werkstätten für behinderte Menschen können unter bestimmten Bedingungen Zweckbetriebe sein (§§ 66 ff. AO). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 10 den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Übersteigen allerdings die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben , die keine Zweckbetriebe sind, insgesamt nicht 35.000 Euro im Jahr, so unterliegen sie nicht der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer (§ 64 Abs. 3 AO). Alle steuerbegünstigten Körperschaften, deren Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben die Freigrenze in Höhe von 35.000 Euro überschreiten, können bei der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer einen Freibetrag von 5.000 Euro jährlich in Anspruch nehmen (§ 24 KStG und § 11 Abs. 1 Nr. 2 GewStG). Verbleibt nach Abzug des Freibetrags ein zu versteuerndes Einkommen, so beträgt die Körperschaftsteuer hierauf nach § 23 KStG 15 Prozent dieses Betrages (zzgl. Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 Prozent der Körperschaftsteuer ). Die Höhe der Gewerbesteuer hängt vom jeweiligen Hebesatz der Gemeinde ab. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG sieht eine Körperschaftssteuerbefreiung auch für nicht öffentlich-rechtliche Berufsverbände und kommunale Spitzenverbände auf Bundes- oder Landesebene einschließlich ihrer Zusammenschlüsse vor. Auch hier darf kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten werden und es dürfen nicht mehr als 10 Prozent der Verbandseinnahmen für unmittelbare oder mittelbare Parteienförderung verwendet werden. Körperschaften oder Personenvereinigungen, deren Hauptzweck in der Verwaltung eines solchen Berufsverbandes liegt, sind ebenfalls von der Gewerbesteuer befreit, wenn ihre Erträge im Wesentlichen aus der Vermögensverwaltung des Verbands stammen und ausschließlich dem Verband zufließen, § 3 Nr. 10 GewStG. 3.1.2. Umsatzsteuer Gemeinnützige Körperschaften sind Unternehmer, wenn sie entgeltliche Lieferungen oder entgeltliche sonstige Leistungen nachhaltig ausführen. Nachhaltigkeit bedeutet dabei grundsätzlich die Wiederholung von entgeltlichen Lieferungen oder sonstigen Leistungen.17 Die Steuerbefreiungen von der Umsatzsteuer sind im § 4 Umsatzsteuergesetz (UStG) geregelt. Eine gemeinnützige Körperschaft braucht keine Umsatzsteuer zu zahlen, wenn die steuerpflichtigen Einnahmen einschließlich der darauf entfallenden Steuer aus ihrer gesamten unternehmerischen Betätigung im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro nicht überstiegen haben und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen werden (§ 19 Absatz 1 UStG). Auf diese sogenannte Kleinunternehmerregelung kann die gemeinnützige Körperschaft gegenüber dem Finanzamt insgesamt verzichten. Macht sie von diesem Verzicht Gebrauch, werden die Umsätze der Besteuerung unterworfen18, gleichzeitig ist sie zum Vorsteuerabzug berechtigt . 17 Baden-Württemberg, Ministerium für Finanzen und Wirtschaft: Steuertipps für gemeinnützige Vereine, unter: http://mfw.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikation/did/steuertipps-fuer-gemeinnuetzige-vereine/, abgerufen am 2. Juli 2014 18 Baden-Württemberg, Ministerium für Finanzen und Wirtschaft: Steuertipps für gemeinnützige Vereine, unter: http://mfw.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikation/did/steuertipps-fuer-gemeinnuetzige-vereine/, abgerufen am 2. Juli 2014 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 11 Umsätze von gemeinnützigen Körperschaften, die gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken dienen, unterliegen grundsätzlich dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent. Die Steuerermäßigung gilt jedoch nicht für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die keine Zweckbetriebe sind (§ 12 Abs. 2 Nr. 8a) UStG), sofern sich ein ermäßigter Steuersatz nicht aus der Art beziehungsweise aus der Tätigkeit des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs selbst ergibt. 3.1.3. Erbschaft- und Schenkungsteuer Von der Erbschaftsteuer befreit sind Zuwendungen an Organisationen i.S.d. §§ 51 ff. AO, wobei die Befreiung unter bestimmten Voraussetzungen rückwirkend entfällt, wenn die Anerkennung als gemeinnützig i.S.d. AO innerhalb von zehn Jahren nach der Zuwendung entfällt (§ 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG). Gem. § 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erlischt die Erbschaftsteuer mit Wirkung für die Vergangenheit für solche Vermögensgegenstände, die innerhalb von 24 Monaten nach Entstehung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer unter anderem einer nach den §§ 52 bis 54 AO, jedoch nicht nach § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO, gemeinnützigen Organisation zugeführt werden. Die Steuer erlischt jedoch nicht, wenn die Stiftung dem Erwerber (dies kann eine natürliche Person oder bspw. eine Körperschaft sein) ihr gehörende Räume zur Nutzung zu steuerbegünstigten Zwecken überlassen muss (vgl. Verweis in § 29 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 ErbStG auf § 58 Nr. 5 AO). Erhält der Erwerber für seine Spende bereits einen Spendenabzug nach § 10b EStG oder, im Falle einer Spende durch eine Körperschaft , eine Körperschaftsteuervergünstigung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG oder aber eine Gewerbesteuervergünstigung gem. § 9 Nr. 5 GewStG, erlischt die Erbschaftsteuer ebenfalls nicht, § 29 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 ErbStG. Erhält eine gemeinnützige Körperschaft durch Erbanteil, Vermächtnis oder Schenkung Geld oder Sachwerte zugewendet, hat sie Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu entrichten, falls die Zuwendungen den maßgeblichen Freibetrag von 20.000 Euro übersteigen (§ 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG). 3.1.4. Grundsteuer Gemeinnützige Körperschaften sind von der Grundsteuer befreit, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3b und Satz 2 GrStG): 1. Der Grundbesitz muss einer gemeinnützigen Körperschaft gehören. 2. Der Grundbesitz muss von dem Eigentümer selbst oder von einem anderen begünstigten Rechtsträger für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke genutzt werden. Grundstücke einer gemeinnützigen Körperschaft unterliegen der Grundsteuer, wenn sie einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dienen oder zu Wohnzwecken genutzt werden.19 19 Baden-Württemberg, Ministerium für Finanzen und Wirtschaft: Steuertipps für gemeinnützige Vereine, unter: http://mfw.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikation/did/steuertipps-fuer-gemeinnuetzige-vereine/, abgerufen am 2. Juli 2014 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 12 3.1.5. Behandlung von Spenden und Mitgliedsbeiträgen Alle als steuerbegünstigt anerkannten Körperschaften sind berechtigt, steuerbegünstigte Spenden entgegenzunehmen und hierüber Zuwendungsbestätigungen auszustellen. Voraussetzung ist, dass die Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit ist und die Anforderungen des § 63 Abs. 5 AO erfüllt sind. Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke kann der Spender bis zur Höhe von 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte als Sonderausgaben abziehen (§ 10 b Abs. 1 EStG). Spenden zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke in das zu erhaltende Vermögen einer Stiftung des öffentlichen Rechts können auf Antrag des Steuerpflichtigen im Jahr der Zuwendung und in den folgenden neun Jahren bis zu einem Betrag von 1 Mio. Euro als Sonderausgaben geltend gemacht werden (§ 10 b Abs. 1a EStG). Dabei ist zu beachten, dass die Spenden in keinem Fall einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der steuerbegünstigten Körperschaft zufließen dürfen.20 Die Ausgaben müssen für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke bestimmt sein. Die empfangende Körperschaft muss eine Zuwendungsbescheinigung nach amtlichen Muster ausfüllen. Mitgliedsbeiträge sind als Sonderausgaben nach § 10 b Abs. 1 EStG abziehbar, allerdings nur, wenn die gemeinnützige Körperschaft Kunst und Kultur im Sinne des § 52 Abs. 2 Nr. 5 AO fördert . Echte Mitgliedsbeiträge und Spenden unterliegen bei der empfangenden gemeinnützigen Körperschaft weder der Körperschaftsteuer noch der Gewerbesteuer oder der Umsatzsteuer. Gem. § 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStG sind zudem Beiträge an Berufsstände oder Berufsverbände, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, als Werbungskosten steuerlich absetzbar. Auch im Falle einer Spende durch eine Körperschaft an eine gemeinnützige Körperschaft kann diese Zuwendung als abziehbare Aufwendung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG die Körperschaftsteuer verringern, allerdings vorbehaltlich des § 8 Abs. 3 KStG. Voraussetzung ist, dass die Spende Zwecke i.S.d. §§ 52 – 54 AO fördert. Die Zuwendung kann bis zur Höhe von insgesamt 20 Prozent des Einkommens oder 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter abgezogen werden. Zu beachten sind hinsichtlich des Zuwendungsempfängers, insbesondere wenn dieser seinen Sitz im EU- oder EWR-Ausland hat, die weiteren Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 – 6 KStG sowie die speziellen Anforderungen und Ausnahmen für den Abzug von bestimmten Mitgliedsbeiträgen in § 9 Abs. 1 Nr. 2 S. 7 und 8 KStG. Wird aus Mitteln eines Gewerbebetriebs eine Spende oder ein Mitgliedsbeitrag zur Förderung von Zwecken i.S.d. 52 ff. AO geleistet, so wird die Summe des Gewinns gem. § 9 Nr. 5 GewStG 20 Baden-Württemberg, Ministerium für Finanzen und Wirtschaft: Steuertipps für gemeinnützige Vereine, unter: http://mfw.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikation/did/steuertipps-fuer-gemeinnuetzige-vereine/, abgerufen am 2. Juli 2014 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 13 um die Zuwendungsbeträge gekürzt bis zu einer Höhe von 20 Prozent des um die Hinzurechnungen gem. § 8 Nr. 9 GewStG erhöhten Gewinns aus Gewerbebetrieb oder 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Wirtschaftsjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter. Weitere Voraussetzungen und Ausnahmen bei gewissen Beiträgen und Zwecken finden sich in den Sätzen 2 ff. des § 9 Nr. 5 GewStG. 3.1.6. Auflistung sämtlicher tangierter Bundesgesetze Eine Auflistung sämtlicher Bundesgesetze, die für Fälle i.S.d. §§ 51 ff. AO eine Vergünstigung gewähren oder sonstige Rechtsfolgen an die Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO knüpfen und die somit von einer Erweiterung des Katalogs in § 52 Abs. 2 AO tangiert wären, findet sich in Anlage 2. Die Liste beinhaltet sämtliche Vorschriften, die explizit auf §§ 51 ff. AO oder § 52 AO verweisen . Zu beachten ist, dass es über 150 weitere Bundesvorschriften21 mit heutigem Stand gibt, welche sich ihrem Wortlaut nach auf „gemeinnützige Zwecke“ oder „gemeinnützige Einrichtungen “ beziehen, ohne ausdrücklich die AO zu erwähnen. Aufgrund des großen Umfangs und der gesetzgeberischen Entscheidung, hier auf einen ausdrücklichen Verweis auf die Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO zu verzichten, werden diese Vorschriften in der vorliegenden Ausarbeitung nicht einzeln ausgegeben. Das Gleiche gilt für Vorschriften, die nicht direkt auf §§ 51 ff. AO, sondern bspw. auf § 10b Abs. 1 EStG oder § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG verweisen, welche wiederum auf §§ 51 ff. AO Bezug nehmen. 3.2. Auswirkungen auf Landesgesetze Neben den bundesgesetzlichen Vorschriften enthalten zahlreiche Landesgesetze Verweise auf §§ 51 ff. AO. Hier gilt ebenso wie für Bundesrecht, dass durch die Erweiterung des Katalogs des § 52 Abs. 2 AO die im jeweiligen Landesgesetz angeordnete Rechtsfolge automatisch auch Körperschaften zur Förderung der Menschenrechte i.S.d. § 52 Abs. 2 AO n.F. träfe. Unter den 50 aktuellsten die §§ 51 ff. AO zitierenden Landesgesetzen finden sich überwiegend Verweisungen folgenden Inhalts: - Vorschriften hinsichtlich Stiftungen oder Naturschutzfonds, welche den Stiftungszweck als ausschließlich gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO einordnen - Schulgesetze, welche festlegen, dass auf Finanzhilfen des Landes an Träger von Ersatzschulen oder an die Ersatzschulen selbst nur dann Anspruch besteht, wenn der Träger eine Körperschaft mit Zwecken i.S.d. § 52 AO ist - Vorschriften über die Gewährung von Landesmitteln an Betreuungsvereine, sofern sie Zwecke i.S.d. § 52 AO verfolgen - Gesetze über die Anerkennung von Einrichtungen als bspw. Betreuungsverein bei Vorliegen gemeinnütziger Zwecke i.S.d. §§ 51 ff. AO - Kommunalabgabengesetze, welche vorsehen, dass die Vorschriften der §§ 51 ff. AO für Kommunalabgaben entsprechend anzuwenden sind 21 Eine Liste dieser Vorschriften ist abrufbar unter http://www.juris.de/jportal/portal/t/gxx/page/jurisw .psml/js_peid/Trefferliste/media-type/html?action=portlets.jw.ResultListFormAction&tl=true&IG- NORE=true¤tNavigationPosition=26&numberofresults=194&sortmethod=standard&sortiern =OK&eventSubmit_doSkipback=1&forcemax=0001, abgerufen am 20. Mai 2015 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 14 - Gesetze über die Befreiung gemeinnütziger Körperschaften von Gerichtskosten oder Reduzierung von Rundfunkgebühren - Vorschriften über die Zuständigkeit für die Besteuerung von Körperschaften i.S.d. §§ 51 ff. AO in der Steuerverwaltung Eine Liste mit entsprechenden Beispielgesetzen findet sich in Anlage 3. 3.3. Auswirkungen auf Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder Auswirkungen einer Katalogänderung auf Verwaltungsvorschriften des Bundes sind nicht ersichtlich . Auswirkungen auf Verwaltungsvorschriften der Länder sind bis auf wenige Ausnahmen ebenfalls nicht ersichtlich, da sich diejenigen Verwaltungsvorschriften, welche auf §§ 51 ff. AO verweisen, inhaltlich auf andere Bereiche als auf den Menschenrechtsbereich beziehen. Es handelt sich bspw. um Vorschriften über - Zuwendungen an private Träger, die gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO sind, für Vorhaben zur Stärkung der Wirtschafts-, Technologie- und Innovationskraft in bestimmten Gebieten 22 oder der regionalen Wirtschaftsstruktur23 - Vorschriften über die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe bei Vorliegen von Gemeinnützigkeit nach §§ 51 ff. AO24 Relevant ist die Zufügung des neuen Katalogpunktes für folgende Landesverwaltungsvorschriften , indem – wie bereits beschrieben – die Menschenrechte fördernde Körperschaften automatisch von der hier angeordneten Rechtsfolge erfasst wären: a) Die länderübergreifende Richtlinie zur Konkretisierung von Art und Umfang der nach § 5 Abs. 1 bis 3 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) erlaubten Werbung (Werberichtlinie) legt fest, dass im Gegensatz zu Werbung reine Informationen eines Glücksspielanbieters über die Förderung gemeinnütziger Zwecke erlaubt sind, soweit im Rahmen dieser Information kein Bezug zum Glücksspielprodukt hergestellt wird. Letztere Einschränkung gilt jedoch nicht für Veranstaltungen, die im Sinne der §§ 51 ff. AO durchgeführt werden. Die Norm findet sich abgedruckt in Anlage 4. b) Die Drittmittelrichtlinien - DMRL zu §§ 13 und 41 Landeshochschulgesetz (LHG Baden- Württemberg) ist eine Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst BW. Sie betrifft u.a. das hochschulinterne Verfahren zur Annahme und 22 Vgl. Pt. 5 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums und des Wissenschaftsministeriums BW zur Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur und Eigenkapitalbasis von Unternehmen, des Technologietransfers und der Clusterbildung, AZ 2-4305.0/ 122 23 Vgl. bspw. Richtlinien des Landes Hessen zur Förderung der regionalen Entwicklung und zur Innovationsförderung ; Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, AZ II 6-069-c-42-07-14 und IV 6 - 074 h 02 07 # 002 24 Richtlinien für die Anerkennung von Trägern der freien Jugendhilfe (Anerkennungsrichtlinien) des Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit Schleswig-Holstein, AZ VIII 322 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 15 Verwendung von Mitteln Dritter. Dieses Verfahren unterliegt bei Mitteln von Privaten Gebern strengeren Voraussetzungen als bei solchen der öffentlichen Hand. Die Vorschrift legt allerdings unter Pt. 2 fest, dass Drittmittel von Privaten ausnahmsweise nach dem weniger strengen Verfahren zur Einholung von öffentlichen Drittmitteln genehmigt werden können, wenn der Drittmittelgeber ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke i.S.d. §§ 51 ff. AO fördert. Die Norm findet sich abgedruckt in Anlage 4. 3.4. Anforderungen an steuerliche Vergünstigungen bei Verwirklichung von Zwecken im Ausland Problematische Menschenrechtssituationen finden sich gemäß dem aktuellen Amnesty International Report 2013 zur weltweiten Lage der Menschenrechte überwiegend in Nicht-EU-Staaten.25 Die Förderung von Menschenrechten als gemeinnütziger Zweck wird demnach zum überwiegenden Teil im Ausland verwirklicht. Daher sind hier die erhöhten Anforderungen zu bedenken, die der Gesetzgeber an die steuerliche Vergünstigung bei Auslandssachverhalten gestellt hat. Es ist zunächst zwischen folgenden denkbaren Sachverhalten zu unterscheiden: - Eine in einem Drittstaat (d.h. weder EU- noch EWR-Staat) ansässige Menschenrechtsorganisation , die in Deutschland Kapitaleinkünfte erzielt und daher beschränkt steuerpflichtig ist, ist in keinem Falle steuerbegünstigt. § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG sieht die Befreiung nur für Organisationen mit Sitz im EU- oder EWR-Ausland vor (Ausnahme: ausdrückliche Regelung in DBA).26 Auch Spenden an Organisationen aus Drittstaaten (auch Schweiz) sind nicht abzugsfähig, vgl. § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 KStG.27 - Daneben können Organisationen mit Sitz in Deutschland oder in einem EU- oder EWR- Staat im Ausland tätig werden. In beiden Fällen kann eine Steuervergünstigung gewährt werden. Zwei Problemkreise hierzu sollen im Folgenden näher dargestellt werden: Bei Auslandstätigkeit muss gem. § 51 Abs. 2 AO ein sog. „Inlandsbezug“ bestehen, damit eine Steuervergünstigung gewährt wird. Die Ausgestaltung dieser Voraussetzung in § 51 Abs. 2 Alt. 2 AO wird aber als europarechtswidrig angesehen (hierzu unten Pt. 3.4.2.1.). In der Praxis stellt die Vorschrift die Finanzverwaltung zudem vor derartige Umsetzungsprobleme , dass § 51 Abs. 2 Alt. 2 AO als unwirksam angesehen wird (hierzu unten Pt. 3.4.2.2.). 3.4.1. Allgemeines und Entwicklung der Rechtslage Durch die Gewährung von Steuervergünstigungen für gemeinnützige Körperschaften und ihre Spender schafft der Staat einen Anreiz für die Zivilgesellschaft, gemeinnützig tätig zu werden. So erfolgt eine Entlastung des Sozialstaates, auf die dieser durchaus angewiesen ist.28 Er kann Aufgaben , für die er grundsätzlich selbst Mittel aufwenden müsste, an Private abgeben und honoriert 25 Vgl. https://www.amnesty.de/2013/5/22/amnesty-report-2013-zivilgesellschaft-global-staerken?destination =node%2F2777, abgerufen am 21. Mai 2015 26 Gersch, in: Klein, AO, § 51, Rz. 9, 12. Auflage 2014 27 Heinicke, in: Schmidt, EStG, § 10b, Rz. 27, 32. Auflage 2013 28 Seer, in: Tipke/Kruse, AO, Vor § 51, Rz. 4 (Loseblatt, Stand: 139. Lieferung März 2015) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 16 deren Tätigwerden mit Steuervorteilen. Aufgrund dieser Rechtfertigung des Gemeinnützigkeitsrechts waren Steuervergünstigungen bis 2008 nur auf Inlandssachverhalte anwendbar, d.h. die gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorteile wurden nur inländischen Körperschaften gewährt – dies aber unabhängig davon, ob sie im Inland oder Ausland tätig wurden.29 In Deutschland beschränkt steuerpflichtige Körperschaften mit Sitz im EU-Ausland, die gemeinnützige Zwecke im Ausland verwirklichten, waren in Deutschland nicht steuerbegünstigt. Ein Spendenabzug war in diesem Falle ebenfalls nicht vorgesehen.30 Der EuGH entschied zur damaligen deutschen Rechtslage in den Urteilen Stauffer31 und Persche 32. Er erachtete im Stauffer-Urteil die Verwehrung von Steuervergünstigungen für eine italienische , in Deutschland beschränkt steuerpflichtige Stiftung als Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit .33 Auch der verwehrte Spendenabzug bei einer Spende an eine in Portugal ansässige und dort tätige Organisation verstieß im Fall Persche gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Spenders .34 In der Folge änderte der deutsche Gesetzgeber die § 51 Abs. 2 AO, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und mit Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben (StEUVUmsG) vom 8.4.10 auch § 10 b I 2 Nr 3, I 3–6 EStG. Steuerliche Vergünstigungen für beschränkt steuerpflichtige Körperschaften und ein Spendenabzug bei Zuwendungen an weder beschränkt noch unbeschränkt steuerpflichtige Organisationen mit Sitz im EU- bzw. EWR-Ausland sind seitdem unter bestimmten Voraussetzungen möglich (hierzu s.u. Pt. 3.4.2. ff.). Abseits dieser Entwicklungen ist zu beachten, dass eine Organisation bei Auslands- wie auch bei Inlandstätigkeit ihre Zwecke durch eigene oder durch Hilfspersonen verwirklichen kann (§ 57 Abs. 1 S. 2 AO). Die Verwirklichung von Zielen im Ausland ist in § 58 Nr. 1 AO - mit Einschränkungen - auch per Weitergabe von Mitteln an Körperschaften im Ausland erlaubt. Liegt ein Auslandsbezug vor, treffen die steuerbegünstigte Körperschaft Beweispflichten hinsichtlich der Gemeinnützigkeit ihrer Tätigkeit (§ 90 Abs. 2 AO), für die die Finanzverwaltung umfangreiche Vorgaben gemacht hat (OFD Frankfurt StEd 13, 652). 29 Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Auflage 2015, Rz. 1.130 30 Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Auflage 2015, Rz. 1.122 31 EuGH v. 14.9.2006, Rs. C‑386/04, Slg. 2006 I-8203 - Stauffer 32 EuGH v. 27.1.2009, Rs. C-318/07, Slg. 2009, I-359 - Persche 33 Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Auflage 2015, Rz. 1.123 34 Seer, in: Tipke/Kruse, AO, Vor § 51, Rz. 9 (Loseblatt, Stand: 139. Lieferung März 2015) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 17 3.4.2. Der sog. „Inlandsbezug“ in § 51 Abs. 2 AO § 51 Abs. 2 AO stellt die Steuervergünstigung bei Verwirklichung von Zwecken im Ausland (auch in Drittstaaten) unter zwei Voraussetzungen, die sowohl für Organisationen mit Sitz im Inland als auch für solche (zumal beschränkt steuerpflichtige) mit Sitz im EU- oder EWR-Ausland gelten35 und von denen mindestens eine erfüllt sein muss: - Entweder muss die Förderung natürliche Personen betreffen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben (§ 51 Abs. 2 Alt. 1 AO) - und/oder die Tätigkeit muss neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke zusätzlich zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland beitragen können (§ 51 Abs. 2 Alt 2 AO). Liegt eine der beiden Voraussetzungen vor, so besteht ein sog. Inlandsbezug, der zur steuerlichen Berücksichtigung notwendig ist. Da die Förderung von Menschenrechten im Ausland in der Regel keine natürlichen Personen betreffen wird, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben36, wird in den allermeisten Fällen auf die zweite Alternative zurückzugreifen sein. Die dort geforderte „Ansehenssteigerung“ muss nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 2 AO („…zum Ansehen […] beitragen kann“) nicht nachgewiesen werden, sie darf nur nicht völlig ausgeschlossen sein. 3.4.2.1. Unionsrechtswidrigkeit der Indizwirkung in § 51 Abs. 2 Alt. 2 AO Das Erfordernis der „Ansehenssteigerung“ ist heftig umstritten. Gem. der Gesetzesbegründung37 soll nämlich bei Körperschaften mit Inlandssitz ein Indiz dafür bestehen, dass ihr Tätigwerden das Ansehen Deutschlands steigert, sofern sie sich „personell, finanziell, planend, schöpferisch oder anderweitig an der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke im Ausland beteiligen“38. Bei ausländischen Körperschaften dagegen muss der Inlandsbezug eigens geprüft werden, hier besteht keine Indizwirkung (§ 51 Abs. 2 Nr. 7 AEAO). Ein großer Teil der Literatur bewertet diese Ungleichbehandlung im Verfahren als unionsrechtlich nicht haltbar.39 Zumindest dann, wenn die ausländische Körperschaft alle Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit i.S.d. §§ 51 ff. AO erfülle, könne dies nicht zu einer geringeren Indizwirkung führen als bei einer 35 Seer, in: Tipke/Kruse, AO, § 51, Rz. 6 (Loseblatt, Stand: 139. Lieferung März 2015) 36 Seer, in: Tipke/Kruse, AO, § 51, Rz. 7 (Loseblatt, Stand: 139. Lieferung März 2015) 37 BT-Drucks. 16/10189, S. 79 f. 38 BT-Drucks. 16/11108, S. 45 f. 39 Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Auflage 2015, Rz. 1.135; Unger, DStZ 2010, 154, 164; Förster, BB 2011, 663, 665 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 18 inländischen Körperschaft.40 Diese Ungleichbehandlung stelle eine unionsrechtswidrige Diskriminierung ausländischer Körperschaften dar.41 3.4.2.2. Unwirksamkeit des § 51 Abs. 2 Alt. 2 AO Maßgeblich für die Beurteilung einer potenziellen Ansehenssteigerung Deutschlands ist nach AEAO Nr. 7 zu § 51 Abs. 2 AO die inländische Sicht. Selbst wenn die Tätigkeit gegen Wertevorstellungen im betreffenden Ausland verstößt, ist eine Ansehenssteigerung im Sinne des § 51 Abs. 2 Alt. 2 AO nicht ausgeschlossen. Als Beispielsfälle für eine Ansehenssteigerung durch Tätigkeiten von ausländischen Organisationen nennt § 51 Abs. 2 Nr. 7 AEAO die Förderung von Personen im Ausland, die „auch im Inland “ leben sowie eine sowohl im Inland als auch im Ausland verwirklichte Tätigkeit. Von diesen Beispielen wäre eine ausländische Menschenrechtsorganisation, die ausschließlich im Ausland lebende Personen fördert und nebenher auch keine Tätigkeiten im Inland verrichtet, nicht erfasst. Weitere Beispiele in der Literatur sind die „Förderung der deutschen Kunst, Kultur, Literatur oder Sprache, bei einem Förderverein für ein deutsches Museum oder Theater, bei der Pflege des Heimatgedankens bei deutschen Auswanderern, bei der Förderung der Völkerverständigung zwischen Sitzstaat und Deutschland, aber eventuell auch bei einer Beteiligung an einem von einer deutschen Körperschaft geförderten Projekt, das dem steuerbegünstigten Zweck der deutschen Körperschaft dient“ 42. Die Förderung der Menschenrechte im Ausland hätte auch nach dieser Beispielliste keinen Inlandsbezug. Über das Vorliegen einer Ansehenssteigerung entscheidet die Finanzbehörde. Nach Literaturansicht sei der einzelne Veranlagungsbeamte hiermit gänzlich überfordert, da der Begriff „Steigerung des Ansehens der Bundesrepublik im Ausland“ sehr unbestimmt ist und zudem oft Uneinigkeit darüber herrschen wird, welche Tätigkeiten zum Ansehen Deutschlands beitragen.43 Im Bereich internationaler Katastrophen- und Entwicklungshilfe sei zwar unproblematisch eine Ansehenssteigerung Deutschlands zu bejahen. Unklar sei jedoch, ob kleine Projekte, bspw. ein einzelnes privat betriebenes Waisenhaus in Nepal das Ansehen Deutschlands i.S.d. § 51 Abs. 2 AO fördere. Hier komme es darauf an, nach welchem Maßstab die „Ansehenssteigerung“ gemessen werden solle. Setze man hierfür eine positive Aufnahme oder Förderung des betreffenden ausländischen Staates voraus, werde bei kleinen Projekten eine Förderungswürdigkeit kaum gegeben sein. Erkenne man die Ansehenssteigerung dagegen bei jedweder Hilfsmaßnahme aus Deutschland an, die der ausländischen Bevölkerung zugutekommt, wäre § 51 Abs. 2 Alt. 2 AO gänzlich überflüssig.44 40 Seer, in: Tipke/Kruse, AO, § 51, Rz. 8 (Loseblatt, Stand: 139. Lieferung März 2015) 41 Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Auflage 2015, Rz. 3.12 42 Gersch, in: Klein, AO, § 51, Rz. 10, 12. Auflage 2014 43 Seer, in: Tipke/Kruse, AO, § 51, Rz. 8 (Loseblatt, Stand: 139. Lieferung März 2015) 44 König, in: ders., AO, § 51, Rz. 22, 3. Auflage 2014 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 19 Aufgrund dieser Unklarheiten wird die Norm als nicht einheitlich vollzugsfähig, „untauglich“45, gar als unwirksam angesehen.46 3.4.3. Zusätzliche Voraussetzung des Amtshilfeabkommens Gem. § 10 b Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG und § 9 Abs. 1 S. 2 a) KStG sind Spenden an juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Dienststellen mit Belegenheit in einem EU- oder EWR-Staat ebenfalls abzugsfähig. Voraussetzung hierfür und auch für den Spendenabzug bei Zuwendungen an weder beschränkt noch unbeschränkt steuerpflichtige private Organisationen im EU- und EWR-Ausland ist, dass durch den Sitzstaat Amtshilfe und Unterstützung bei der Beitreibung geleistet werden, § 10 b Abs. 1 S. 3 EStG und § 9 Abs. 1 S. 3 KStG. Die Notwendigkeit eines Amtshilfeabkommens ergibt sich daraus, dass zunächst der Einkommensteuerpflichtige die Beweislast für die Gemeinnützigkeit des ausländischen Zuwendungsempfängers trägt.47 Ist er nicht in der Lage, die Abzugsvoraussetzungen nachzuweisen, muss das Finanzamt von Amts wegen ermitteln.48 Auch hier existieren Rechtsunsicherheiten und Klärungsbedarf , da die Rechtsprechung bisher noch keinen einheitlichen Maßstab für die Nachweisanforderungen aufgestellt hat. Grundsätzlich muss der Steuerpflichtige die Satzung, ein Zertifikat über die rechtliche Persönlichkeit und über den gemeinnützigkeitsrechtlichen Status der Empfänger -Einrichtung sowie dessen Geschäftsbericht mit einem Überblick über die Tätigkeiten und Verwendung der Spendengelder vorlegen; darüber hinausgehende Fragen muss die Finanzbehörde per Amtshilfe einholen. Wenn auch dann kein eindeutiges Ergebnis hinsichtlich der Gemeinnützigkeit der Empfängerorganisation herrscht, kann die Behörde den Steuerabzug versagen .49 § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG verlangt für die Steuerbefreiung von nach den §§ 51 ff. AO gemeinnützigen Körperschaften, die nach dem Recht eines EU- oder EWR-Mitgliedsstaates gegründet sind und deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich innerhalb des Hoheitsgebiets eines dieser Staaten befindet, dass mit dem betreffenden Staat ein Amtshilfeabkommen besteht. 3.4.4. Zusammenfassender Überblick über die Problematik bei Auslandssachverhalten Ein neuer Katalogpunkt „Förderung der Menschenrechte“ in § 52 Abs. 2 S. 2 AO wird zahlreiche Sachverhalte erfassen, bei denen Hilfstätigkeiten im Ausland verwirklicht werden. Hier sind die problematischen Fälle zu berücksichtigen, dass - eine Organisation in einem Drittstaat ansässig ist und somit nach geltendem Recht weder Spendenabzug noch Steuerbefreiung möglich sind 45 König, in: ders., AO, § 51, Rz. 22, 3. Auflage 2014 46 Seer, in: Tipke/Kruse, AO, § 51, Rz. 9 (Loseblatt, Stand: 139. Lieferung März 2015) 47 Seer, in: Tipke/Kruse, AO, § 51, Rz. 10 (Loseblatt, Stand: 139. Lieferung März 2015) 48 Heinicke, in: Schmidt, EStG, § 10b, Rz. 27, 32. Auflage 2013 49 Seer, in: Tipke/Kruse, AO, § 51, Rz. 10 (Loseblatt, Stand: 139. Lieferung März 2015) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 20 - die Organisation zwar in einem EU- oder EWR- Staat ansässig ist, aber nicht die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 AO erfüllt, weil weder ein Inlandsbezug nach Alt. 1 noch nach Alt. 2 festgestellt werden kann - die Organisation in einem EU- oder EWR- Staat ansässig ist und ein Inlandsbezug nach der Alt. 2 des § 51 Abs. 2 AO zwar gegeben ist, diese Norm einer gerichtlichen Überprüfung aber nicht standhält und der Gesetzgeber angehalten sein wird, die Vorschrift zu überarbeiten. 4. Querverweisungen in anderen Gesetzen (zu Fragestellung c)) Für die Frage nach der Notwendigkeit von Querverweisungen bei Neueinfügung eines Katalogpunktes ist nach der Art der Querverweisungen auf §§ 51 ff. AO zu unterscheiden: Zunächst gibt es solche, die bei Gemeinnützigkeit i.S.d. §§ 51 ff. AO eine Steuervergünstigung vorsehen (hierzu a.). Darüber hinaus gibt es Querverweise, die einzelne Katalogpunkte des § 52 Abs. 2 AO von der grundsätzlich gewährten Vergünstigung wieder ausnehmen (hierzu b.). Schließlich enthält das Einführungsgesetz zur Abgabenordnung einen Querverweis hinsichtlich der anzuwendenden Fassung des § 52 AO (hierzu c.). Im Folgenden wird dargelegt, ob und inwiefern neue bzw. geänderte Querverweisungen nötig werden. a) Alle Einzelsteuergesetze, die Vergünstigungen für Körperschaften i.S.d. §§ 51 ff. AO sowie für Zuwendungen an solche vorsehen, verweisen ihrem Wortlaut nach auf die §§ 51 ff. AO oder §§ 52 ff. AO in ihrer Gänze. Sämtliche – auch neu einzufügende – Punkte innerhalb des Katalogs sind demnach automatisch von den Querverweisen erfasst, ohne dass eine Änderung im Wortlaut vorgenommen werden müsste. b) Vorschriften, die einen Ausschluss von Vergünstigungen per Querverweis auf einzelne Katalogpunkte des § 52 Abs. 2 AO enthalten, sind - § 10b Abs. 1 S. 8 EStG - § 9 Nr. 5 S. 12 GewStG (hierzu unten Pt. aa.) - § 9 Abs. 1 Nr. 2 S. 8 KStG sowie - § 29 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 ErbStG (hierzu unten Pt. bb.) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 21 aa. Die drei erstgenannten Vorschriften schließen eine Vergünstigung für Mitgliedsbeiträge an Körperschaften aus, die die Katalogpunkte § 52 Abs. 2 AO Nr. 21 (Sport), Nr. 22 (Heimatpflege und Heimatkunde), Nr. 23 (Förderung der Tierzucht, Pflanzenzucht etc.) oder kulturelle Betätigungen fördern, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. Fraglich ist, ob hier auch der neue Punkt „Förderung der Menschenrechte“ aufzunehmen wäre. Grund für die vier genannten Ausnahmen ist, dass es sich bei denjenigen Mitgliedsbeiträgen um solche handelt, die mehrheitlich Leistungen an die Mitglieder oder die Freizeitgestaltung der Mitglieder oder ihrer Angehörigen fördern.50 Bei Mitgliedsbeiträgen an Organisationen, die der Förderung der Menschenrechte dienen, ist aber gerade nicht davon auszugehen, dass diese für Leistungen an Mitglieder oder deren Freizeitgestaltung eingesetzt würden. Ein Querverweis auf den neuen Punkt „Förderung der Menschenrechte“ dürfte demnach nicht in diese Vorschriften einzufügen sein. bb. Gem. § 29 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 ErbStG entfällt die Erbschaftsteuer, soweit Vermögensgegenstände , die von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erworben worden sind, innerhalb von 24 Monaten nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (…) einer inländischen Stiftung zugewendet werden, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar als gemeinnützig anzuerkennenden steuerbegünstigten Zwecken im Sinne der §§ 52 bis 54 AO mit Ausnahme der Zwecke, die nach § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO gemeinnützig sind, dient. Fraglich ist, ob der neue Katalogpunkt „Förderung der Menschenrechte“ als Ausnahme neben dem Katalogpunkt Nr. 23 in § 29 I Nr. 4 Satz 1, letzter Halbsatz ErbStG, eingefügt werden müsste. Dies erscheint kaum angezeigt, da Nr. 23 (Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei, des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals , der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Modellflugs und des Hundesports) inhaltlich mit dem neuen Punkt „Förderung der Menschenrechte“ nicht vergleichbar ist und die gesetzgeberische Intention für die Ausnahme des Nr. 23 somit kaum auch auf den neuen Punkt zuträfe. c) Art. 97 § 1d I EGAO legt fest, dass „die §§ 52, 58, 61, 64 und 67a der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 5 des Gesetzes vom 10. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2332) (…) ab 1. Januar 2007 anzuwenden“ sind. Dieser Querverweis müsste entsprechend angepasst werden. 50 Gosch, in: Blümich, GewStG, § 9 Rz. 249, 126. Auflage 2015; Brandl, in: Blümich, KStG § 9, Rz. 80, 126. Auflage 2015; Hofmeister, in: Blümich, EStG § 10,b Rz. 25, 126. Auflage 2015 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 070/15 Seite 22