© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 069/18 Zur Umsatzsteuerbefreiung von Kleinunternehmen in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 069/18 Seite 2 Zur Umsatzsteuerbefreiung von Kleinunternehmen in Deutschland Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 069/18 Abschluss der Arbeit: 12. April 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 069/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Grundlegendes zur Umsatzsteuerbefreiung von Kleinunternehmen nach § 19 UStG 4 3. Entwicklung der Umsatzgrenzen des § 19 Absatz 1 UStG 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 069/18 Seite 4 1. Fragestellung Angefragt wurde der Zeitpunkt der erstmaligen Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer gemäß § 19 Umsatzsteuergesetz (UStG) sowie deren weitere gesetzliche Anpassung. Zusätzlich wurde eine kurze Darstellung des wesentlichen Inhalts der sogenannten Kleinunternehmerregelung vorangestellt. 2. Grundlegendes zur Umsatzsteuerbefreiung von Kleinunternehmen nach § 19 UStG § 19 UStG bewirkt, dass Kleinunternehmer unter den dort genannten Voraussetzungen für ihre an sich steuerpflichtigen Umsätze keine Umsatzsteuer abführen müssen bzw. diese nicht erhoben wird.1 Durch die Anwendung der Kleinunternehmerregelung des § 19 Absatz 1 UStG verlieren sie gleichzeitig für den Zeitraum der Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung das Recht zum Vorsteuerabzug sowie die Berechtigung, die Umsatzsteuer in ihren Rechnungen offen auszuweisen .2 Diese Sonderregelung des § 19 UStG führt zu einer Verwaltungsvereinfachung, die eine stärkere Gründung und Tätigkeit von Kleinunternehmen ermöglichen und deren Wettbewerbsfähigkeit stärken soll.3 Die unionsrechtliche Grundlage des § 19 UStG wird durch die Art. 281 bis 292 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL)4 gebildet. Danach können die Mitgliedstaaten für Kleinunternehmen eine vereinfachte Besteuerung, Steuerbefreiung oder degressive Steuerermäßigung ermöglichen .5 Voraussetzung für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ist zurzeit ein Gesamtumsatz im Gesamtunternehmen, der im Vorjahr die Grenze von 17 500 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird. Außerdem muss der Unternehmer im Inland oder in den Zollfreigebieten i.S.v. § 1 Absatz 3 UStG ansässig sein. Bei Nichterfüllung einer dieser Voraussetzungen kann die Regelung nicht zur Anwendung kommen. Nach § 19 Absatz 1 Satz 2 UStG ist Umsatz im Sinne des Satzes 1 der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Von der Nichterhebung der Umsatzsteuer ausgenommen sind verschiedene Sondertatbestände, wovon einige in § 19 Absatz 1 Satz 3 UStG geregelt sind, während sich zu anderen – wie beispielsweise die besonderen Vorschriften für die Einfuhrumsatzsteuer in § 21 UStG – Regelungen 1 Bunjes/Korn, 16. Auflage 2017, UStG § 19 Rn. 16 2 A.a.O., § 19 Rn. 3 3 Sölch/Ringleb/Schüler-Täsch, 81. Ergänzungslieferung Oktober 2017, UStG § 19 Rn. 1-2 4 Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 5 BT-Drs. 17/7133 vom 22.09.2011, S. 2 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 069/18 Seite 5 in weiteren Paragraphen des UStG finden lassen. Davon abgesehen ergibt sich durch die Kleinunternehmerregelung die volle Steuerfreiheit für alle Lieferungen und sonstigen Leistungen einschließlich aller unentgeltlichen Wertabgaben.6 Der Unternehmer kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 19 Absatz 2 UStG auf die Kleinunternehmerregelung verzichten. An diese Erklärung ist er für mindestens fünf Kalenderjahre gebunden. Die Wahl der Option zur Regelbesteuerung kann beispielsweise in Fällen der Existenzgründung vorteilhaft sein, um bei den für das Unternehmen getätigten Anfangsinvestitionen die gesondert in Rechnung gestellten Steuerbeträge als Vorsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen geltend machen zu können. 3. Entwicklung der Umsatzgrenzen des § 19 Absatz 1 UStG7 Vor der Einführung der Kleinunternehmerregelung wurden die Umsätze dieser Unternehmer mit einem Steuersatz von 4 % ohne Vorsteuerabzug besteuert. Auch der Verzicht auf diese Option zugunsten der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs war möglich. Die Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer in der jetzigen Ausgestaltung durch § 19 UStG wurde durch das Umsatzsteuergesetz 1980 eingeführt. Die für die Kleinunternehmerregelung mit Wirkung vom 1. Januar 1980 relevanten Umsätze zuzüglich der darauf entfallenden Steuer betrugen 20 000 Deutsche Mark für das vorangegangene beziehungsweise 100 000 DM für das laufende Kalenderjahr.8 Bis zum 1. Januar 1990 war des Weiteren in § 19 Absatz 3 UStG eine degressive Steuerermäßigung für Unternehmer enthalten, die die Vorjahresgrenze überschritten hatten und im laufenden Kalenderjahr Umsätze bis zu 60 000 DM erzielten. Mit dem Steuerreformgesetz 19909 wurde die degressive Steuerermäßigung abgeschafft sowie die Vorjahresumsatzgrenze auf 25 000 DM angehoben. Zum 1. Januar 1996 wurde die Umsatzgrenze für das vorangegangene Kalenderjahr durch das Jahressteuergesetz 199610 erneut angehoben. Diese betrug daraufhin 32 500 DM. Durch das Steuer-Euroglättungsgesetz erfolgte zum 1. Januar 2002 die Umstellung der Umsatzgrenzen auf den Euro mit nunmehr 16 620 Euro bzw. 50 000 Euro.11 6 Bunjes/Korn, 16. Auflage 2017, UStG § 19 Rn. 16 7 Sölch/Ringleb/Schüler-Täsch, 81. Ergänzungslieferung Oktober 2017, UStG § 19 Rn. 3 8 BGBl. I 1979, Nr. 69 vom 29.11.1979, S. 1968 9 BGBl. I 1988, Nr. 36 vom 2.8.1988, S. 1126 10 BGBl. I 1995, Nr. 53 vom 20.10.1995, S. 1398 11 BGBl. I 2000, Nr. 57 vom 23.12.2000, S. 1800 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 069/18 Seite 6 Letztmalig angehoben wurde die Vorjahresumsatzgrenze ab dem Jahr 2003 durch das Kleinunternehmerförderungsgesetz .12 Sie beträgt zurzeit 17 500 Euro. ***** 12 BGBl. I 2003, Nr. 39 vom 8.8.2003, S. 1551