© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 067/19 Steuerliche Behandlung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bei Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 067/19 Seite 2 Steuerliche Behandlung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bei Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 067/19 Abschluss der Arbeit: 2. Mai 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 067/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Vorbemerkung 4 3. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Steuerrecht 4 4. Ermittlung der Einkünfte der Gesellschaft bürgerlichen Rechts 5 5. Gesondertes und einheitliches Verfahren zur Zurechnung der Einkünfte auf die Gesellschafter 6 6. Weitere Steuern 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 067/19 Seite 4 1. Fragestellung Welche steuerrechtlichen Konsequenzen ergeben sich aus der Vermietung einer Wohnung durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts? 2. Vorbemerkung Die Fragestellung wird im Folgenden aus der Sicht der vermietenden Gesellschaft gesehen.1 Für einen privaten Mieter einer Wohnung spielt die Rechtsform des Vermieters steuerlich keine Rolle. 3. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Steuerrecht Die zivilrechtlichen Grundlagen für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) finden sich in §§ 705ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach entsteht eine GbR, wenn mindestens zwei Gesellschafter übereinstimmend erklären, dass sie gemeinsam ein beliebiges, gesetzlich erlaubtes Ziel beziehungsweise einen Zweck verfolgen wollen. Dieser Zweck der GbR wird in einem Gesellschaftsvertrag niedergelegt. Im Steuerrecht hingegen gibt es keine ausschließlich für eine GbR geltenden Vorschriften. Die ertragsteuerliche Behandlung richtet sich nach den allgemeinen Besteuerungsrichtlinien für Personengesellschaften .2 Gemäß § 1 Einkommensteuergesetz (EStG) kann nur eine natürliche Person steuerpflichtig sein. Deshalb werden im Steuerrecht die Einkünfte einer GbR zwar ermittelt, diese Einkünfte werden aber nicht ihr, sondern den Gesellschaftern in einem besonderen Verfahren zugerechnet . Die Gesellschafter müssen diese Einkünfte, gegebenenfalls neben anderen Einkünften, ihrem persönlichen Steuersatz unterwerfen. Wie bei allen Einkunftsarten ist auch bei den Einkünften nach § 21 EStG das Vorliegen der Überschusserzielungsabsicht als Voraussetzung steuerbarer Einkünfte erforderlich. Die Absicht muss sowohl bei der GbR als auch bei den einzelnen Gesellschaftern gegeben sein. Fallen Verluste an, die im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell entstehen, gilt eine Verlustverrechnungsbeschränkung .3 Die Rechtform der GbR wird oftmals für Vermögensverwaltungen gewählt. Vermögensverwaltung liegt dann vor, solange die Betätigung der GbR als Nutzung des Vermögens im Sinne einer 1 Dabei wurden folgende Quellen verwendet: Schallmoser, Ulrich: EStG § 21 Vermietung und Verpachtung, Randziffer 46ff, in Blümich Einkommensteuer Körperschaftsteuer Gewerbesteuer, beck-online, 146. Ergänzungslieferung , Februar 2019. Lindberg, Klaus: § 21 EStG, in Frotscher/Geurts, Stand: 22. Februar 2019. Wittlinger, Jürgen K.: Beitrag: Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Haufe Steuer Office Kanzlei-Edition Online, HI11961292, Stand: 31. August 2018. Stratz, Felix: Lexikonstichwort: Vermögensverwaltung, Haufe Steuer Office Kanzlei- Edition Online, HI1638351, Stand: 10. April 2018. Bur, Helmut: Beitrag: Werbungskosten Vermietung und Verpachtung – Überblick, Haufe Steuer Office Kanzlei-Edition Online, HI2347285, Stand: 12. November 2018. 2 Dazu gehören neben der GbR die Offene Handelsgesellschaft (OHG), die Kommanditgesellschaft (KG bzw. GmbH & Co. KG), die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) und die Stille Gesellschaft. 3 § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG mit Hinweis auf § 15b EStG. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 067/19 Seite 5 Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten angesehen werden kann. Die Vermietung einer Wohnung fällt deshalb unter § 21 EStG (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung), die GbR übt in solchen Fällen keine gewerbliche Tätigkeit aus. Indem die Gesellschafter der GbR gemeinschaftlich eine Wohnung vermieten, ist die GbR insoweit Steuerrechtssubjekt als sie den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG erfüllt (sogenannte Teil-Steuerrechtsfähigkeit der GbR). Bei einer GbR mit Gesamthandsvermögen sind die Einkünfte allen Gesellschaftern zuzurechnen, die in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit den Tatbestand der Einkunftsart verwirklichen. Ein Gesellschafter verwirklicht den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung jedoch auch dann, wenn er keine Einlage geleistet hat und auch nicht am Gesamtvermögen beteiligt ist, aber nach außen die persönliche Haftung für die Schulden der Gesellschaft übernommen und dadurch zum Erreichen des Gesellschaftszweck beigetragen hat. Wegen der oben genannten Teil-Steuerrechtsfähigkeit ist eine GbR, die als Vermieterin auftritt, in Bezug auf das Prozessrecht beteiligten-, einspruchs- und klagebefugt. Die gewisse eigene Rechtssubjektivität, die einer GbR durch die Teil-Steuerrechtsfähigkeit zugesprochen wird, ändert aber nichts daran, dass die Gesellschafter einer GbR grundsätzlich persönlich und unbeschränkt für Schulden der GbR haften. Wird die Haftung zum Beispiel durch Vertrag eingeschränkt, käme § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG mit der Bestimmung zum Tragen, das §§ 15a EStG sinngemäß anzuwenden ist. In diesem Fall dürften negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur noch beschränkt mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen werden oder wären von diesen nach § 10d EStG als Sonderausgaben abzuziehen . Im Erbfall geht der Nachlass des Erblassers unentgeltlich auf den oder die Rechtsnachfolger über. Wird daher ein vermietetes Grundstück vererbt, erzielt entweder der einzelne Erbe oder eine Miterbengemeinschaft Einkünfte aus § 21 EStG. 4. Ermittlung der Einkünfte der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der GbR werden als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt. Zu den Einnahmen gehören im Falle einer Wohnungsvermietung insbesondere Mieteinnahmen zuzüglich vereinbarten Nebenentgelte und Umlagen sowie gegebenenfalls eine Entschädigung für entgangene Mieteinnahmen. Als Werbungskosten sind im Falle einer Wohnungsvermietung insbesondere Schuldzinsen, Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge, Erhaltungsaufwendungen und Abschreibungen abziehbar. Für die zeitliche Erfassung der Einnahmen und Werbungskosten gilt das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG. Allerdings sind bei der Ermittlung der Einnahmen und der Werbungskosten der GbR folgende Besonderheiten zu beachten: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 067/19 Seite 6 – Bringt ein Gesellschafter ein bislang von ihm vermietetes Grundstück in einen GbR ein, sind die Einkünfte nur dann allen Gesellschafter zuzurechnen, wenn in die GbR in die Mietverträge eintritt. – Sonderwerbungskosten, die der einzelne Gesellschafter getragen hat, zum Beispiel eigene Finanzierungskosten oder Fahrtkosten, sind dem Gesellschafter zuzurechnen, der die Aufwendungen getragen hat. – Trägt der Gesellschafter einer GbR deren Werbungskosten über den seiner Beteiligung entsprechenden Anteil hinaus, sind ihm diese Aufwendungen im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte (siehe unten) aus Vermietung und Verpachtung der Gesellschaft ausnahmsweise dann allein zuzurechnen, wenn insoweit weder eine Zuwendung an Mitgesellschafter beabsichtigt ist noch gegen diese ein durchsetzbarer Ausgleichsanspruch besteht. – Absetzungen für Abnutzung (AfA) oder erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen können nur demjenigen Miteigentümer zugerechnet werden, der die Anschaffungs- oder Herstellungskosten getragen hat. (R 21.6 Einkommensteuer-Richtlinien - EStR). Ausnahmen können Sonderabschreibung nach einem bestimmten Gesetz, zum Beispiel dem Gesetz über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet (Fördergebietsgesetz) sein: Solche Abschreibungen kann die GbR gegebenenfalls selbst in Anspruch nehmen. – Gewährt der Gesellschafter der GbR ein Darlehen oder vermietet er ihr ein Grundstück, sind Darlehen und Grundstück steuerrechtlich dem Gesellschafter zuzurechnen. Die Regelung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 EStG, wonach eine Zurechnung als Sonderbetriebsvermögen zum Vermögen der Gesellschaft erfolgt, gilt bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht entsprechend. Dementsprechend führt die Einlage von Grundstücken in eine personen- und beteiligungsidentische Vermietungsgesellschaft nur dann zu einem Anschaffungsvorgang , wenn sich die Beteiligungsquote eines Gesellschafters durch die Einbringung erhöht hat. Beim Gesellschafter sind daher die Zinszahlungen Einnahmen aus Kapitalvermögen, die Mietzahlungen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Bei der Gesellschaft sind die Zahlungen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Möglich ist aber, dass ein Grundstück nicht an die Gemeinschaft vermietet wird, sondern auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage in die Gesellschaft zur Nutzung eingebracht wird. In diesem Fall ist der Mietzins Teil des Überschusses, den die Gesellschaft erzielt. 5. Gesondertes und einheitliches Verfahren zur Zurechnung der Einkünfte auf die Gesellschafter Die erzielten Einkünfte der GbR stellt das Finanzamt in einem gesonderten und einheitlichen Verfahren fest (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a Abgabenordnung – AO). Mit diesem Verfahren wird sichergestellt, dass bei jedem Gesellschafter die gleiche Einkunftsart und die gleichen Grundsätze der Einkünfteermittlung zum Zuge kommen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 067/19 Seite 7 Außerdem werden im Feststellungsbescheid die ermittelten Besteuerungsgrundlagen auf die einzelnen Gesellschafter aufgeteilt. Die Verteilung erfolgt grundsätzlich im Verhältnis der zivilrechtlichen Beteiligung der einzelnen Gesellschafter (§§ 742, 748 BGB). Abweichende Vereinbarungen sind maßgebend, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam sind und hierfür wirtschaftlich vernünftige Gründe vorliegen. Eine solche Vereinbarung ist steuerrechtlich bei der Zurechnung der Einkünfte anzuerkennen, soweit in ihr keine Verwendung des Einkommens zu sehen ist (§ 12 Nr. 2 EStG, zum Beispiel freiwillige Zuwendungen), sondern sie ihren Grund im Gesellschafts- oder Gemeinschaftsverhältnis hat. Bei den einzelnen Gesellschaftern werden die oben festgestellten anteiligen Einkünfte aus der GbR zusammen mit ihren übrigen Einkünften ihrer persönlichen Einkommensteuer unterworfen. Der Feststellungsbescheid als Grundlagenbescheid stellt die Besteuerungsgrundlagen bindend für die Einkommensteuer als Folgebescheid fest (§ 182 Abs. 1 AO). Bestehen gegen die festgestellten Werte Einwendungen, sind diese zwingend durch einen Einspruch (und gegebenenfalls Klage) gegen den Feststellungsbescheid geltend zu machen, nicht gegen den Einkommensteuerbescheid als Folgebescheid. 6. Weitere Steuern Die Einkünfte unterliegen nicht der Gewerbesteuer, weil die GbR nicht gewerblich tätig wird (siehe oben). Nach § 4 Nr. 12 Umsatzsteuergesetz (UStG) sind Umsätze aus Vermietung von der Umsatzsteuer befreit. Steuerschuldner bei der Grundsteuer sind die Personen, denen das Steuerobjekt bei der Feststellung des Einheitswerts zugerechnet wird (§ 10 Abs. 1 Grundsteuergesetz - GrStG). Steht das Grundstück im Eigentum mehrerer Personen, sind diese Gesamtschuldner (§ 10 Abs. 3 GrStG). Gesamtschuldnerschaft bedeutet, dass jeder der Gesamtschuldner die gesamte Leistung schuldet; die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Gesamtschuldner (§ 44 AO). * * *