© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 066/20 Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Beschränkungen der Verlustverrechnung bei Termingeschäften und Ausfällen von Kapitalforderungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Einleitung Zusätzlich zu § 20 Abs. 6 S. 1 EStG, wonach der Ausgleich von Verlusten aus Kapitalvermögen mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeschlossen ist, führen § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG zusätzliche Beschränkungen des Verlustausgleichs innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen ein. Diese haben sogenannte Termingeschäfte und uneinbringlich gewordene Kapitalforderungen zum Gegenstand. Nach § 20 Abs. 6 S. 5 EStG dürfen Verluste aus Kapitalvermögen bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt oder bei der Veräußerung eines als Termingeschäft ausgestalteten Finanzinstruments nur in Höhe von 10 000 Euro mit Gewinnen aus Kapitalvermögen bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt oder bei der Veräußerung eines als Termingeschäft ausgestalteten Finanzinstruments und mit Einkünften in Form von Stillhalterprämien, die für die Einräumung von Optionen vereinnahmt werden, ausgeglichen werden. Der Verlustvortrag ist zwar möglich, aber je Folgejahr auf die Höhe von 10 000 Euro und auf die genannten Arten von Kapitaleinkünften beschränkt. § 20 Abs. 6 S. 6 EStG enthält die Regelung für Verluste aus Kapitalvermögen aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung, aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter , aus der Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter auf einen Dritten oder aus einem sonstigen Ausfall von Wirtschaftsgütern, deren Verluste zwar mit Verlusten aus allen Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden dürfen, der Höhe nach aber auch auf 10 000 Euro p.a. beschränkt sind. Nicht verrechnete Verluste dürfen je Folgejahr nur bis zur Höhe von 10 000 Euro verrechnet werden. Diese Beschränkungen wurden in der Fachliteratur kritisch zur Kenntnis genommen und weitgehend als systemwidrig eingeschätzt.1 Aus verfassungsrechtlicher Sicht begegnen § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG insofern Bedenken, als dass sie gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verstoßen könnten. 2. Ungleichbehandlung von Verlusten aus Termingeschäften und Ausfällen von Kapitalforderungen und anderen Verlusten Eine Ungleichbehandlung von Verlusten verschiedener Arten von Kapitaleinkünften könnte zunächst einen Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit darstellen. Das Gebot der Folgerichtigkeit besagt, dass der Gesetzgeber sich, sobald er sich für ein System für die Verteilung der Steuerlast auf die Steuerpflichtigen entschieden hat, dieses nicht durchbrechen könnte, ohne eine Un- 1 Vgl. Jachmann-Michel, Neue Verlustverrechnungsbeschränkungen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, jM 2020, 120-123; Bron, Übermaßbesteuerung durch neue Verrechnungsbeschränkungen für Verluste aus Kapitalanlagen (§ 20 Abs. 6 EStG) BB 2020, 535-540; Dahm/Hoffmann, Die neue Beschränkung der Verlustverrechnung nach § 20 Abs. 6S. 5 und 6 EStG – Schlimmer geht immer!, DStR 2020, 81. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 066/20 Seite 5 gleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG vorzunehmen, die erhöhter Rechtfertigung bedarf .2 Demnach genüge ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung nicht mehr, unstreitig ist aber, dass auch nach dem Gebot der Folgerichtigkeit ein Systembruch zur Verfolgung außerfiskalischer Lenkungszwecke zulässig sein kann.3 Ob das Gebot der Folgerichtigkeit derzeit noch aufrecht erhalten wird, kann in Zweifel gezogen werden, da durch das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich klargestellt wurde, dass das steuerrechtliche Gebot der Folgerichtigkeit nicht über die sich ohnehin aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen hinausgehe.4 Das Gebot der Folgerichtigkeit diene daher vor allem der Disziplinierung des Gesetzgebers, indem es ihn zwinge, Durchbrechungen und Abweichungen vom bestehenden System zu begründen.5 Eine Bindung an das einfachgesetzliche System des Einkommensteuerrechts ist aus verfassungsrechtlicher Sicht somit wohl nicht geboten, die Möglichkeit der Durchbrechung ist somit dem einfachen Gesetzgeber grundsätzlich gegeben. Eine unterschiedliche Gestaltung des Verlustabzugs bestimmter Arten von Kapitaleinkünften steht aus verfassungsrechtlicher Sicht demnach nicht entgegen, dass sie anderen Beschränkungen unterliegt als bei anderen Arten von Kapitaleinkünften . Der Maßstab der Folgerichtigkeit dürfte kein anderer sein, als der nach Art. 3 Abs. 1 GG. Somit erübrigt sich eine Erörterung hinsichtlich des Gebots der Folgerichtigkeit, hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Art. 3 Abs. 1 GG und dessen Prüfungsmaßstab kann auf die Ausführungen zur Vereinbarkeit mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip verwiesen werden.6 3. Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit Anknüpfungspunkt einer Steuer ist, vornehmlich wegen Art. 3 Abs. 1 GG, die Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners.7 Daraus folgt, dass bei gleicher Leistungsfähigkeit die Steuerlast gleich auszufallen hat.8 Nach dem Nettoprinzip soll nur das tatsächlich verfügbare Einkommen zur Grundlage der Besteuerung herangezogen werden, unter Abzug von Erwerbsaufwendungen und privater existenzsichernder Aufwendungen.9 2 Kischel in Epping/Hillgruber (Hrsg.) BeckOK Grundgesetz, 43. Edition Stand: 15.05.2020, Art. 3, Rn. 153. 3 Gersch in Klein (Hrsg.), AO 15. Auflage 2020, § 3, Rn. 17. 4 BVerfG, NJW 2018, 2542, Rn. 70. 5 Kloepfer, Finanzverfassungsrecht, München 2014, § 2, Rn. 113. 6 Siehe 4. 7 BVerfGE 61, 319; BVerfGE 82, 60; BVerfGE 93, 121. 8 Gersch in Klein (Fußn. 3), § 3, Rn. 14. 9 Gersch in Klein (Fußn. 3), § 3, Rn. 18. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 066/20 Seite 6 Fraglich ist, inwiefern das Nettoprinzip angesichts seiner Ausrichtung auf private (subjektives Nettoprinzip) und erwerblicher (objektives Nettoprinzip) Aufwendungen,10 auch Verluste erfasst, da es sich hierbei um unfreiwillige Vermögenseinbuße handelt. Ob der Aufwendungsbegriff im Sinne des EStG nur bewusste und gewollte Einkommensverwendungen,11 oder alle Vermögensabflüsse in Geld oder Geldeswert im Rahmen einer gesetzlichen Einkunftsart erfasst,12 kann mangels entsprechender gesetzlichen Definition nicht abschließend beurteilt werden. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht die Frage, ob das Nettoprinzip Verfassungsrang hat, ausdrücklich offengelassen.13 Eine gesetzgeberische Pflicht zur Berücksichtigung privater oder gewerblicher Aufwendungen ergibt sich jedenfalls nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes nicht aus dem Nettoprinzip allein, sondern nur im Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen .14 Aus sich selbst heraus entfaltet das sogenannte Nettoprinzip daher keine Bedeutung über das Leistungsfähigkeitsprinzip hinaus und bedarf daher keiner tiefergehenden Erörterung. Fraglich ist der verfassungsrechtliche Maßstab für die Rechtfertigung einer Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips. Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichtes sind steuerliche Ungleichbehandlungen aus Gründen, die nicht an die Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners anknüpfen , zulässig.15 Ob die Lastengleichheit ein fundamentales verfassungsrechtliches Prinzip, dessen Durchbrechung besonderer Rechtfertigung bedarf,16 oder ein sachlicher Differenzierungsgrund neben anderen, die nach Art. 3 Abs. 1 GG zu berücksichtigen sind, darstellt,17 ist umstritten . Wortlaut und Dogmatik des Grundgesetzes dürften für letzteres sprechen, eine abschließende Entscheidung ist aber an dieser Stelle nicht möglich. Je nachdem, welcher Ansicht man folgt, sind andere Anforderungen an einen Rechtfertigungsgrund zu stellen. Nach erster Ansicht bedarf es eines besonderen sachlichen Grundes, nach zweiter Ansicht dürfte ein sachlicher Grund genügen, was letztlich ein Willkürverbot bedeutet. Entscheidend dürfte insoweit sein, dass der Gesetzgeber jedenfalls berechtigt ist, abweichende Regelungen zu treffen. Die Beschränkungen des Verlustabzuges nach § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG dürften eine Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips darstellen. Mit der Möglichkeit des Verlustabzugs erkennt 10 Kischel in Epping/Hillgruber (Fußn. 2), Art. 3, Rn. 149. 11 K. Heger in Blümich (Hrsg.) EStG, KStG, GewStG, Werkstand: 151. EL März 2020, § 33, Rn. 48. 12 Thürmer in Blümich (Fußn. 11), § 9, Rn. 103. 13 BVerfG, NJW 2003, 2079, (2080 f); bestätigt in BVerfGE 126, 268 (279 f). 14 Kischel in Epping/Hillgruber (Fußn. 2), Art. 3, Rn. 150-151. 15 BVerfGE 110, 274 (299); BVerfGE 85, 238 (244) BVerfGE 84, 239 (274). 16 Vgl. Hey in Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 3 Rn. 121, 131. 17 Vgl. Kischel in Epping/Hillgruber (Fußn. 2), Art. 3, Rn. 148. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 066/20 Seite 7 der Gesetzgeber an, dass die genannten Fälle als Verluste für die Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners zu berücksichtigen sind. Damit bedarf die Beschränkung des Verlustabzugs gleichermaßen der Rechtfertigung. Zum einen, weil durch die Beschränkung der Höhe nach der zu versteuernde Gewinn nicht dem tatsächlichen Gewinn aus den genannten Arten der Kapitaleinkünfte entspricht und zum anderen, weil sich die Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners nicht nur aus den Kapitaleinkünften zusammen setzt, diese aber nicht umfassend berücksichtigt werden können. Der Gesetzgeber begründet seine Entscheidung bezüglich § 20 Abs. 6 S. 5 EStG damit, dass es sich um Geschäfte handelt, die „spekulativ“ seien, bei denen „einerseits hohe Gewinne und andererseits der Totalverlust der Anlage eintreten könnten“.18 Daneben schützt § 20 Abs. 6 S. 5 EStG auch den öffentlichen Haushalt vor finanziellen Risiken, da der Haushaltsgesetzgeber damit fehlende Steuereinkünfte wegen zu berücksichtigender Verluste ausschließen kann. Die entsprechende Begründung war wohl schon in Bezug auf § 20 Abs. 6 S. 4 EStG tragfähig.19 Willkür kann dem Gesetzgeber somit wohl nicht vorgeworfen werden. Sowohl die Gewährleistung der Planungs - und Gestaltungsfreiheit als auch die Eindämmung von Spekulationsgeschäften sind sachliche Erwägungen.20 Ob es sich dabei um „besondere sachliche Gründe“ handelt, erscheint nicht unwahrscheinlich, kann aber nicht abschließend beantwortet werden. Die Gesetzesbegründung für § 20 Abs. 6 S. 6 EStG beschränkt sich darauf, wieso die Wertlosigkeit im Sinne der Vorschrift als Verlust anzuerkennen ist, aber nicht auf die Beschränkung der Höhe nach.21 Insofern beschränkt sich die gesetzgeberische Erwägung wohl auf den Schutz des öffentlichen Haushaltes vor fehlenden Steuereinkünften. Ob dies als sachlicher Grund genügt, erscheint fraglich. Dass finanzielle Erwägungen grundsätzlich rechtfertigend für eine Ungleichbehandlung wirken können, ist im Grundsatz durch das Bundesverfassungsgericht bejaht worden,22 allerdings seien regelmäßig rein fiskalische Erwägungen nicht ausreichend.23 § 20 Abs. 6 S. 6 EStG führt außerdem zu einer qualitativen Unterscheidung von Forderungen und Anteilen, die bei Realisierung völlig wertlos sind und solchen, die noch einen Restwert haben. Diese Unterscheidung erscheint bei wirtschaftlicher Betrachtung wenig tragfähig. Im Extremfall ist der Verlust durch die Realisierung einer Kapitalforderung, die zu 99 % an Wert verloren hat, voll abziehbar, weil die Beschränkung von § 20 Abs. 6 S. 6 EStG keine Anwendung findet. Diese Ungleichbehandlung, von Forderungsinhabern, deren Kapitalforderungen aus wirtschaftlicher Sicht nahezu gleich stehen, erscheint ungerechtfertigt. 18 BT-Drs. 19/15876, 61. 19 BT-Drs. 16/5491, 19. 20 So auch Ratschow in Blümich (Fußn. 11), § 20 EStG, Rn. 496a. 21 BT-Drs. 19/15876, 61. 22 BVerfGE 3, 4 (11). 23 BVerfGE 75, 40 (72); BVerfGE 126, 268 (281); Vgl. Kischel in Epping/Hillgruber (Fußn. 2), Art. 3, Rn. 153. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 066/20 Seite 8 4. Ungleichbehandlung von Verlusten von Kapitalvermögen zwischen Einkommen- und Körperschaftsteuer Wegen der Verweisung von § 8 Abs. 1 S. 1 KStG, welche auch § 20 EStG erfasst, findet § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG auch auf körperschaftsteuerpflichtige Rechtssubjekte grundsätzlich Anwendung . Die Nichtanwendbarkeit des § 2 Abs. 2 Abs. 5b S. 1 EStG nach § 8 Abs. 10 S. 1 KStG bei Körperschaften, die auch Einkünfte aus Kapitalvermögen haben können, führt nicht zu einer Unanwendbarkeit von § 20 Abs. 6 EStG. 24 Eine Ungleichbehandlung von Einkommen- und Körperschaftsteuer ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Allerdings findet nach § 8 Abs. 2 KStG bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG eine Umqualifizierung aller Einkünfte in Einkünfte aus Gewerbebetrieb statt. Somit handelt es sich bei Einkünften von Rechtssubjekten, die im Anwendungsbereich von § 8 Abs. 2 KStG liegen, nicht mehr um Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Beschränkungen des Verlustabzuges nach § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG dürften unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des KStG somit nicht treffen.25 § 15 Abs. 4 S. 3 EStG regelt den Verlustabzug bei Verlusten aus Termingeschäften für Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Hiernach wird die Möglichkeit des Verlustabzuges, wie in § 20 Abs. 6 S. 5 EStG, auf die gleiche Einkunftsart beschränkt. Allerdings enthält § 15 Abs. 4 S. 3 EStG keine Beschränkung der Höhe nach, innerhalb von Einkünften aus Termingeschäften ist ein Verlustabzug gemäß § 15 Abs. 4 S. 3 EStG somit vollumfänglich möglich. Ob diese Privilegierung dem gesetzgeberischen Ziel gerecht wird, ist insbesondere hinsichtlich des Regelungszwecks des § 20 Abs. 6 S. 5 EStG zur Einschränkung spekulativer Geschäfte fraglich , denn solche werden typischerweise auch von Kapitalgesellschaften oder sonstigen unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG betrieben. Auch hinsichtlich der Vermeidung fiskalischer Risiken zur Sicherung haushälterischer Planung lässt sich nicht erkennen , wieso dieser Regelungszweck auf unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG keine Anwendung finden sollte. Allerdings wird wegen der rechtlichen Selbstständigkeit der Körperschaft dieser auch eine eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zuerkannt , womit eine gesonderte und verschiedenartige Besteuerung im Vergleich zu natürlichen Personen grundsätzlich zulässig ist.26 Aus verfassungsrechtlicher Sicht dürfte die Prüfung im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG stattfinden, welcher seinem Wesen nach gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen anwendbar ist.27 Insofern ist fraglich, ob die gewerbliche Tätigkeit einen hinreichend sachlichen Differenzierungsgrund für die Nichtanwendung von § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG darstellt. Ein innerer Zusammen- 24 Frotscher in Frotscher/Drüen (Hrsg.), KStG (Stand 28.08.2018), § 8, Rn. 677. 25 Vgl. Frotscher in Frotscher/Drüen (Fußn. 24), § 8, Rn. 119. 26 BVerfGE 127, 224; Vgl. Frotscher in Frotscher/Drüen (Fußn. 24), § 8, Rn. 29. 27 BVerfGE 3, 383 (390). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 066/20 Seite 9 hang der von § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG erfassten Einkunftsarten und nicht-gewerblicher Tätigkeit lässt sich allerdings nicht erkennen. Die Gefahr einer Verlagerung spekulativer Geschäfte vom privaten in den gewerblichen Bereich wurde auch vom Gesetzgeber gesehen. § 15 Abs. 4 S. 3 EStG hat deshalb gerade die Funktion, die Umgehung von Verlustausgleichsbeschränkungen zu verhindern.28 Konsequenterweise müsste somit auch hinsichtlich der neu eingefügten Beschränkungen nach § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG ein Gleichlauf stattfinden. Sollte man dementsprechend zu dem Ergebnis kommen, eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG liege vor, könnte der Gesetzgeber diesen Missstand wohl entweder durch die Anpassung von Art. 20 Abs. 6 EStG oder § 15 Abs. 4 EStG beseitigen. *** 28 BFH, DStR 2016, 1462, Rn. 23.