© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 066/19 Einzelfrage zum Finanzföderalismus Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 066/19 Seite 2 Einzelfrage zum Finanzföderalismus Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 066/19 Abschluss der Arbeit: 29. April 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 066/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Vorbemerkung 4 3. Verfassungsrechtliche Vorgaben 4 4. Bundesgesetze 5 4.1. Maßstäbegesetze (MaßstäbeG): 5 4.2. Finanzausgleichsgesetz (FAG) 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 066/19 Seite 4 1. Fragestellung Der Auftraggeber bittet um Zusammenstellung der einschlägigen Gesetze, die den Länderfinanzausgleich regeln. 2. Vorbemerkung Die zurzeit geltenden Regelungen zum Länderfinanzausgleich gelten bis zum 31.12.2019. Für den Zeitraum ab 01.01.2020 gelten die von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Gesetzesänderungen , die am 19. Juli 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet worden sind.1 Demnach wird der Länderfinanzausgleich (LFA) in seiner jetzigen Form abgeschafft. Dies gilt auch für den Umsatzsteuervorwegausgleich .2 3. Verfassungsrechtliche Vorgaben Im Anschluss an die primäre vertikale (Art. 106 GG) und primäre horizontale (Art. 107 Abs. 1 GG) Verteilung des Steueraufkommens, durch die die Steuererträge den Gebietskörperschaften als originär Eigenes zugeordnet werden, sieht Art. 107 Abs. 2 GG – bei materieller Betrachtung – einen sekundären Finanzausgleich im engeren Sinne vor, der sich seinerseits in zwei Stufen aufgliedert : den sekundären horizontalen (Art. 107 Abs. 2 S. 1–4 GG) und den sekundären vertikalen (Art. 107Abs. 2 S. 5 u. 6 GG) Finanzausgleich. Dieser – verfassungsrechtlich gebotene – Ausgleich ist kein Mittel, um das Ergebnis der primären Ertragsverteilung durch ein neues System zu ersetzen , sondern dient der Korrektur der Ergebnisse der primären Steuerverteilung, soweit sie auch unter Berücksichtigung der Eigenstaatlichkeit der Länder aus dem Gedanken des bündischen Einstehens füreinander unangemessen erscheinen, insbesondere im Hinblick auf das Ziel, die Erfüllung der verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgaben in allen Ländern zu gewährleisten. Der angemessene Ausgleich erfordert danach „eine den ländereigenen Aufgaben entsprechende hinreichende Annäherung der Finanzkraft der Länder“ (§ 8 S. 1 MaßstäbeG).3 Der sekundäre Finanzausgleich beruht auf dem Prinzip des bundesstaatlichen Einstehens füreinander und hat die angemessene Mitte zwischen bundesstaatlicher Autonomie und bundesstaatlicher Solidarität zu finden. Denn während Solidarität den finanziellen Ausgleich fordert, bedeutet Autonomie gerade auch Eigenverantwortung für in der Vergangenheit getroffene Entscheidungen .4 1 BGBl, Teil 1, Nr. 47, 19. Juli 2017, S. 2347ff. 2 Einen ausführlichen Überblick erhalten Sie im Aktuellen Begriff „Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen“ vom 07. März 2017, im Internet unter: https://www.bundestag.de/resource /blob/496376/bcadcbeb806ad16576b79350dbb72049/Reform-der-Bund-Laender-Finanzbeziehungendata .pdf . 3 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG; Art. 107, Rn. 11. 4 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG; Art. 107, Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 066/19 Seite 5 Der sekundäre Finanzausgleich darf die finanzstarken Länder deshalb nicht entscheidend in ihrer Leistungsfähigkeit schwächen und ihre Leistungsbereitschaft nicht hemmen (§ 8 S. 3 Maßstäbe G). Ausgeschlossen ist eine Nivellierung der Finanzkraft der Bundesländer. Ebenso wenig darf es durch den sekundären Finanzausgleich zu einer Änderung der Finanzkraftreihenfolge unter den Bundesländern kommen. Ausnahmen gelten insoweit nur für Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen . Eine absolute oder relative Garantie der Finanzkraft eines Bundeslandes ist ausgeschlossen.5 Art. 107 Abs. 2 GG und das konkretisierende Gesetzesrecht regeln den sekundären Finanzausgleich abschließend. Ergänzende Ausgleichsregelungen, auch in Gestalt freiwilliger Vereinbarungen zwischen den Ländern, sind unzulässig. Soweit sich derartige Vereinbarungen auf die finanzielle Beteiligung einzelner Länder an den Ausgaben anderer Länder beziehen, scheitern sie darüber hinaus am Konnexitätsgrundsatz nach Art. 104a Abs. 1 GG.6 4. Bundesgesetze Als konkretisierendes Gesetzesrecht können folgende Gesetze benannt werden: 4.1. Maßstäbegesetze (MaßstäbeG): Gemäß § 1 Abs. 1 MaßstäbeG benennt dieses Gesetz „Maßstäbe für die Festsetzung der Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer (vertikale Umsatzsteuerverteilung) nach Artikel 106 Abs. 3 Satz 4 und Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes, für die Vergabe von Ergänzungsanteilen der Länder an der Umsatzsteuer (horizontale Umsatzsteuerverteilung) nach Artikel 107 Abs. 1 Satz 4 zweiter Halbsatz des Grundgesetzes, für die Voraussetzungen und die Höhe der Ausgleichsansprüche und Ausgleichsverbindlichkeiten (Länderfinanzausgleich) nach Artikel 107 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Grundgesetzes sowie für die Gewährung von Bundesergänzungszuweisungen nach Artikel 107 Abs. 2 Satz 3 des Grundgesetzes.“ Nach Absatz 2 konkretisieren die Maßstäbe „die in Absatz 1 genannten Normen des Grundgesetzes. Die Anwendung der Maßstäbe stellt sicher, dass Bund und Länder die verfassungsrechtlich vorgegebenen Ausgangstatbestände in gleicher Weise interpretieren und ihnen dieselben Indikatoren zugrunde legen. Sie gewährleistet auch haushaltswirtschaftliche Planbarkeit und Voraussehbarkeit der finanzwirtschaftlichen Grundlagen sowie Transparenz der Mittelverteilung im Gesamtstaat.“ Ab 01.01.2020 benennt dieses Gesetz nach § 1 Abs. 1 „Maßstäbe für die Festsetzung der Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer (vertikale Umsatzsteuerverteilung) nach Artikel 106 Absatz 3 und Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes, für die Festsetzung der Anteile der einzelnen Länder an dem den Ländern insgesamt zustehenden Anteil an der Umsatzsteuer und für den Finanzkraftausgleich (horizontale Umsatzsteuerverteilung) nach Artikel 107 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 2 Satz 1 bis 4 des Grundgesetzes sowie für die Gewährung von Zuweisungen nach Artikel 107 Absatz 2 Satz 5 und 6 des Grundgesetzes.“7 5 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG; Art. 107, Rn. 13. 6 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG; Art. 107, Rn. 14. 7 BGBl, Teil 1, Nr. 57, 17.08.2017, S. 3122. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 066/19 Seite 6 4.2. Finanzausgleichsgesetz (FAG) Das FAG regelt den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern. „Das Gesetz regelt fünf Elemente des bundesstaatlichen Finanzausgleichs (FA): - die Verteilung der Umsatzsteuer zwischen Bund und Ländern; - die Verteilung des Länderanteils an der Umsatzsteuer und an der Gewerbesteuerumlage unter den Ländern; - den FA zwischen den Ländern; - sowie die Gewährung von Ergänzungszuweisungen vom Bund an bestimmte Länder; - den kommunalen FA regeln die Länder im Bundesstaat des GG in eigener Verantwortung.“8 Ab dem 01.01.2020 entfällt der Finanzausgleich zwischen den Ländern. Künftig regelt Abschnitt zwei des Gesetzes den angemessenen Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft.9 *** 8 Hidien, Jürgen W., Finanzausgleichsgesetz, 3. Auflage 2015, Rn. 1. 9 BGBl, Teil 1, Nr. 57, 17.08.2017, S. 3124.