© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 064/16 Schutzbereich von § 4d Abs. 6 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 064/16 Seite 2 Schutzbereich von § 4d Abs. 6 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 064/16 Abschluss der Arbeit: 2. Juni 2016 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 064/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Geltungsbereich des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes 4 3. Maßgebliche Vorschriften für Finanzdienstleister 4 3.1. MaRisk und Kreditwesengesetz 4 3.2. Versicherungsaufsichtsgesetz 5 3.3. Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz 6 3.4. Kapitalanlagegesetzbuch 6 4. Ergebnis 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 064/16 Seite 4 1. Fragestellung Die künftige Vorschrift § 4d Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz sieht vor, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ein System zur Annahme von Meldungen über Gesetzesverstöße für die von ihr beaufsichtigten Unternehmen und Personen einrichtet. Angesichts des in Luxemburg laufenden Prozesses gegen einen Whistleblower aus der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC bittet der Auftragsteller um die Beantwortung der Frage, ob Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bei Abschlussprüfungen oder ähnlichen Dienstleistungen ausgelagerte Aufgaben im Sinne von § 4d Abs. 6 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) neuer Fassung wahrnehmen, mithin deren Mitarbeiter vom Schutzbereich der Norm umfasst sind. 2. Geltungsbereich des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes § 4 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz - FinDAG) regelt die Aufgaben der BaFin. Danach übernimmt die BaFin die Aufgaben, die dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, dem Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen und dem Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel übertragen wurden , das heißt, sie beaufsichtigt Institute und andere Unternehmen insbesondere nach dem Kreditwesengesetz (KWG), dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB). Im Folgenden wird geprüft, ob es im KWG, VAG, ZAG und KAGB Definitionen und Vorschriften zur Auslagerung von Tätigkeiten der unter dieses Gesetze fallenden Unternehmen gibt1 und ob die Abschlussprüfung eine ausgelagerte Tätigkeit sein kann. 3. Maßgebliche Vorschriften für Finanzdienstleister 3.1. MaRisk und Kreditwesengesetz Die Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk - beinhalten auch die Anforderungen an Auslagerungen durch ein Kreditinstitut. Nach Nr. 9 des Allgemeinen Teils liegt eine Auslagerung vor, wenn ein anderes Unternehmen mit der Wahrnehmung solcher Aktivitäten und Prozesse im Zusammenhang mit der Durchführung von Bankgeschäften, Finanzdienstleistungen oder sonstigen institutstypischen Dienstleistungen beauftragt wird, die ansonsten vom Institut selbst erbracht würden. § 25b KWG formuliert in Bezug auf Auslagerungen und Prozessen, dass ein Institut abhängig von Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt einer Auslagerung von Aktivitäten und Prozessen, die für die Durchführung von Bankgeschäften, Finanzdienstleistungen oder sonstigen institutstypischen Dienstleistungen wesentlich sind, angemessene Vorkehrungen treffen muss, um übermäßige zusätzliche Risiken zu vermeiden. Das Institut muss unter anderem sicherstellen, dass durch die Auslagerung auf ein anderes Unternehmen sowohl die BaFin als auch die Prüfer des Instituts an der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht gehindert werden. 1 Das WphG wird nicht berücksichtigt, weil es auf die Tätigkeit - Erbringung von Wertpapierdienstleistungen - und nicht auf Unternehmen anzuwenden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 064/16 Seite 5 Die Abschlussprüfung der Kreditinstitute in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft erfolgt grundsätzlich nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (§§ 340, 340k Handelsgesetzbuch – HGB), sofern es sich nicht um eine Sparkasse oder eine Genossenschaft handelt. Der Abschlussprüfer des Jahresabschlusses wird von den Gesellschaftern gewählt (§ 318 Abs. 1 HGB). § 319 HGB bestimmt, dass Abschlussprüfer im Sinne des Gesetzes Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sein können, in jedem Fall müssen sie eine wirksame Bescheinigung über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle nach § 57a Wirtschaftsprüferordnung (WPO) verfügen. § 319 Abs. 3 HGB zählt die Gründe auf, warum ein Wirtschaftsprüfer von einer Prüfung ausgeschlossen sein kann. Zu den Ausschlussgründen zählen neben anderen ein Anteilsbesitz oder andere nicht nur unwesentliche finanzielle Interessen an dem zu prüfenden Institut und die Mitwirkung bei der Führung der Bücher oder der Aufstellung des zu prüfenden Jahresabschlusses. § 319 Abs. 4 ergänzt, dass eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von der Prüfung ausgeschlossen ist, wenn die unter Abs. 3 genannten Ausschlussgründe auf einen ihrer gesetzlichen Vertreter, einen maßgeblichen Gesellschafter, eine verbundene Gesellschaft oder mit der Prüfung beschäftige Personen zutreffen. Der 6. Unterabschnitt des Zweiten Abschnitts des KWG (§§ 27ff.) ist mit „Prüfung und Prüferbestellung “ überschrieben. Die diesbezüglichen Regelungen stellen lediglich eine Ergänzung der einschlägigen handelsrechtlichen Vorschriften dar.2 Allein die Wortwahl „Prüferbestellung“ weist darauf hin, dass es sich um eine externe und nicht um eine auslagerbare Tätigkeit handelt. Dies unterstreicht auch der Inhalt von § 28 KWG. Danach können die BaFin und die Bundesbank einen Prüfer bestellen oder Prüfer auswechseln oder beim Gericht am Sitz des Instituts die Bestellung eines Prüfers verlangen. § 29 KWG regelt die besonderen Pflichten des Prüfers. Nach § 29 Abs. 3 KWG hat der Prüfer unverzüglich der BaFin und der Deutschen Bundesbank anzuzeigen, wenn ihm bei der Prüfung Tatsachen bekannt werden, welche die Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerkes rechtfertigen. Das gilt auch für Tatsachen, die den Bestand des Instituts gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können, ferner für Tatsachen, die einen erheblichen Verstoß gegen die Vorschriften über die Zulassungsvoraussetzungen des Instituts oder die Ausübung einer Tätigkeit nach diesem Gesetz darstellen oder die schwerwiegende Verstöße der Geschäftsleiter gegen Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag erkennen lassen. 3.2. Versicherungsaufsichtsgesetz Für Versicherungsunternehmen gelten von der Struktur her die gleichen Bedingungen wie für Kreditinstitute in Bezug auf Ausgliederung und Abschlussprüfung. Nach § 32 Abs. 1 VAG bleibt ein Versicherungsunternehmen, das Funktionen oder Versicherungstätigkeiten ausgliedert, für die Erfüllung aller aufsichtsrechtlichen Vorschriften und Anforderungen verantwortlich. Die Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten des Vorstands sowie die 2 Winter, Anna Maria, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kommentar zu KWG, § 28 Rn. 1-2, beck-online. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 064/16 Seite 6 Prüfungs- und Kontrollrechte der Aufsichtsbehörde dürfen nach Abs. 2 Satz1 durch die Ausgliederung nicht beeinträchtigt werden. Satz 2 führt zudem noch explizit aus, dass sichergestellt sein muss, dass das Unternehmen selbst, seine Abschlussprüfer und die Aufsichtsbehörde auf alle Daten zugreifen können. Für die Prüfung des Jahresabschlusses eines Versicherungsunternehmens in Form einer Kapitalgesellschaft gilt ebenfalls das HGB (§ 341k HGB) und damit die in Kapitel 3.1 erläuterten Anforderungen . Anders als bei Kreditinstituten wird der Abschlussprüfer des Versicherungsunternehmens vom Aufsichtsrat bestimmt (§ 341k Abs. 2 HGB). § 35 VAG bestimmt die Pflichten des Abschlussprüfers. Danach hat er der Aufsichtsbehörde neben anderen Tatbeständen unverzüglich alle Verletzungen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften , die die Zulassungsbedingungen regeln oder auf die Ausübung der Tätigkeit des Unternehmens Anwendung finden. Auch das VAG sieht vor, dass die BaFin bei Bedenken einen anderen Abschlussprüfer verlangen oder selbst bestimmen kann (§ 36 Abs. 1 VAG). 3.3. Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz Die Vorschriften für Zahlungsinstitute bezüglich einer Auslagerung sind an das KWG angelehnt. Nach § 20 Abs. 1 Satz 6 und 7 ZAG dürfen weder die Aufsichtsbehörde noch die Prüfer an der Wahrnehmung ihrer Aufgaben durch die Ausgliederung gehindert werden. Abs. 2 schreibt zudem bei der Auslagerung wesentlicher betrieblicher Aufgaben die Verpflichtung vor, die BaFin und die Deutsche Bundesbank davon in Kenntnis zu setzen. Eine betriebliche Aufgabe ist dann wesentlich, wenn die unzureichende oder unterlassene Wahrnehmung die dauerhafte Einhaltung der Zulassungsanforderungen oder der anderen Verpflichtungen des Instituts wesentlich beeinträchtigen würde. Auch die finanzielle Leistungsfähigkeit oder die Solidität oder die Kontinuität der Zahlungsdienste oder des E-Geld-Geschäfts dürfen nicht wesentlich beeinträchtigt sein. Für Zahlungsinstitute und für E-Geld-Institute gelten dieselben Vorschriften des HGB wie für Kreditinstitute (§ 340 Abs. 5 HGB). Es ist ebenfalls möglich, dass die BaFin einen anderen Prüfer verlangt oder vom Registergericht des Sitzes des Instituts einen Prüfer bestellen lässt (§ 17a ZAG). Die besonderen Pflichten des Prüfers sind in § 18 ZAG geregelt. Auch bei der Prüfung dieser Institute muss der Prüfer der BaFin und der Deutschen Bundesbank unter anderem unverzüglich Tatsachen anzeigen, die einen erheblichen Verstoß gegen die Vorschriften über die Zulassungsvoraussetzungen des Instituts oder die Ausübung einer Tätigkeit nach diesem Gesetz darstellen oder die schwerwiegende Verstöße der Geschäftsleiter gegen Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag erkennen lassen. 3.4. Kapitalanlagegesetzbuch Das KAGB als Regelwerk für Investmentvermögen und Verwaltungsgesellschaften listet in § 36 die Bedingungen für eine Auslagerung auf. Insbesondere muss die Kapitalverwaltungsgesell- Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 064/16 Seite 7 schaft in der Lage sein, ihre gesamte Auslagerungsstruktur anhand von objektiven Gründen rechtfertigen zu können. Objektive Gründe für eine Auslagerung sind nach Art. 76 AIFM-VO3 die Optimierung von Geschäftsfunktionen- und –verfahren, Kosteneinsparungen, Fachkenntnisse des Beauftragten im Bereich der Verwaltung oder auf bestimmten Märkten oder mit bestimmten Anlagen und Zugang des Beauftragten zu den globalen Handelsmöglichkeiten. Die Auslagerung ist anzuzeigen beziehungsweise durch die BaFin zu genehmigen, wenn es bei einer OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Portfolioverwaltung und bei einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Portfolioverwaltung oder das Risikomanagement betrifft. Bei einer externen Kapitalverwaltungsgesellschaft sind gemäß § 38 Abs. 1, 2 und 4 KAGB für die Prüfung, die Bestellung des Prüfers und seine besonderen Pflichten dieselben Vorschriften wie für Kreditinstitute anzuwenden (somit §340ff. HGB, §§28, 29 KWG). Ein weiterer Anhaltspunkt für die Nichtauslagerung von Prüfungstätigkeiten stellt dar, dass die gesamte Auslagerungsstruktur der Kapitalverwaltungsgesellschaft Bestandteil der Prüfung der Auslagerung des Abschlussprüfers gemäß § 38 Abs. 3 KAGB ist.4 4. Ergebnis Das FinDAG regelt die Aufgaben der BaFin. Die BAFin beaufsichtigt Finanzdienstleistungsinstitute insbesondere nach dem KWG, VAG, ZAG und KAGB. Nach dem KWG, VAG, ZAG und KAGB können ausschließlich institutstypische, interne Dienstleitungen ausgelagert werden. Die Abschlussprüfung von Jahresabschlüssen der Finanzdienstleistungsinstitute ist keine ausgelagerte Tätigkeit, weil sie – ebenfalls nach den oben genannten Gesetzen - nur von externen und unabhängigen Wirtschaftsprüfern oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durchgeführt werden darf. Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften fallen bei der Prüfung von Abschlüssen nicht in den Anwendungsbereich des FinDAG. - Ende der Bearbeitung - 3 Verordnung (EU) Nr. 231/2013. 4 Dies gilt analog auch für Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital und offene Investmentkommanditgesellschaften . Vgl. zu Auslagerung auch: BaFin: Häufige Fragen zum Thema Auslagerung gemäß § 36 KAGB, unter: http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/FAQ/faq_kagb_36_auslagerung _130710.html, abgerufen am 27. Mai 2016.