© 2016 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 063/16 Die aktuelle Diskussion um die Abgeltungsteuer und die Besteuerung von Kapitaleinkünften in europäischen Nachbarstaaten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 063/16 Seite 2 Die aktuelle Diskussion um die Abgeltungsteuer und die Besteuerung von Kapitaleinkünften in europäischen Nachbarstaaten Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 063/16 Abschluss der Arbeit: 31.05.2016 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 063/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Aktuelle Diskussionsbeiträge zur Abgeltungsteuer (Auswahl) 4 2. Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen in ausgewählten europäischen Staaten 4 2.1. Belgien 4 2.2. Frankreich 5 2.3. Dänemark 6 2.4. Großbritannien 6 2.5. Italien 7 2.6. Luxemburg 8 2.7. Niederlande 9 2.8. Österreich 9 2.9. Polen 10 2.10. Schweiz 11 2.11. Spanien 12 2.12. Tschechien 13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 063/16 Seite 4 1. Aktuelle Diskussionsbeiträge zur Abgeltungsteuer (Auswahl) Zur Dokumentation der aktuellen Debatte um die Abschaffung der Abgeltungsteuer übersenden wir Ihnen folgende Aufsatzsammlung: Abschaffung der Abgeltungsteuer – gerechter und steuersystematisch einheitlicher?; mit Beiträgen verschiedener Verfasser in: Wirtschaftsdienst: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik. - 96 (2016), 2, S. 83-100 2. Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen in ausgewählten europäischen Staaten 2.1. Belgien1 Zu den Kapitalerträgen zählen insbesondere Zinsen aus verbrieften und anderen Forderungsrechten , Beteiligungserträge jeder Art, sowie Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung, ferner bestimmte private Renten. Soweit die Erträge zum Betriebsvermögen gehören, fallen sie unter die normale Gewinnbesteuerung . Kapitalerträge aus Privatvermögen unterliegen einer endgültigen Quellensteuer oder wahlweise der Einbeziehung in die Veranlagung des Gesamteinkommens. In letzterem Fall sind nachgewiesene Kosten abzugsfähig. Zinsen auf Darlehen, die hinsichtlich des Erwerbs von Aktien oder Beteiligungen aufgenommen werden, sind jedoch nicht abzugsfähig. Gehören die Kapitalerträge zu den Berufseinkünften, müssen diese immer in die Steuererklärung aufgenommen werden . Ein Grundbetrag von 1.900 € der Zinsen aus bestimmten Sparguthaben bleibt steuerfrei (Sparerfreibetrag). Für Paare wird dieser Grundfreibetrag verdoppelt. Die Kapitalertragsteuer auf Dividenden beträgt im Allgemeinen 25 %. Ab dem 1.7.2013 gilt ein reduzierter Satz von 20 % bzw. 15 % für Dividenden, die durch klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) ausgeschüttet werden, insofern es sich um Dividenden aus gewöhnlichen neuen Anteilen handelt, die von Geldeinlagen ab dem 1.7.2013 stammen. Die Ausnahmen vom allgemeinen Quellensteuersatz von 25 % sind die Folgenden: - Dividenden ausgeschüttet aus Gewinnen des zweiten Buchführungsjahrs nach der Einlage : 25 % Quellensteuer; - Dividenden ausgeschüttet aus Gewinnen des dritten Buchführungsjahrs der Einlage: 20 % Quellensteuer; - Dividenden ausgeschüttet aus Gewinnen des vierten Buchführungsjahrs der Einlage: 15 % Quellensteuer. Die Kapitalertragsteuer auf Liquidationsboni beläuft sich auf 25 % seit dem 1.10.2014. 1 Mennel/Förster, Steuern 98. Lieferung 2014, Band I, Belgien Rn. 166 ff., 208 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 063/16 Seite 5 Die Kapitalertragsteuer auf Zinsen beträgt seit dem 1.1.2013 grundsätzlich 25 %. Für unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Personen, ist die Kapitalertragsteuer (Quellensteuer) auf Zinsen und Dividenden eine endgültige Steuer, sofern diese Kapitalerträge nicht über die Steuererklärung in das Gesamteinkommen einbezogen werden. 2.2. Frankreich2 Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören die Einkünfte aus Wertpapieren (Dividenden aus Aktien und Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Zinsen aus Schuldverschreibungen und ähnlichen) sowie die Einkünfte aus Forderungen, die nicht durch Wertpapiere verbrieft sind. Vor dem Jahr 2013 vereinnahmte Einkünfte aus Kapitalvermögen: Dividenden unterliegen im Prinzip dem Einkommensteuertarif. Zum 1.1.2005 ist das Teileinkünfteverfahren eingeführt worden. Von der Bemessungsgrundlage wird ein Abschlag von 40% (2005 noch 50%) gemacht. Das System der Steuergutschrift (avoir fiscal) in Höhe von 50% des Auszahlungsbetrages und der gegebenenfalls auf der Ebene der ausschüttenden Gesellschaft herauszustellenden Ausschüttungsbelastung (précompte mobilier) war letztmalig im Jahr 2004 anwendbar. Bei Dividenden aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderen der Körperschaftsteuer unterworfenen Gesellschaften galt ein Freibetrag von 1.525 € (3.050 € bei Ehegatten), sowie eine Steuergutschrift in Höhe von 50% der Dividenden, jedoch begrenzt auf 115 € (230 € bei Ehegatten ). Die Steuergutschrift ist aber durch das Finanzgesetz für 2011 abgeschafft worden, und der Freibetrag durch das Finanzgesetz für 2013 mit Wirkung vom 1.1.2012 abgeschafft worden. In Frankreich ansässige Privatpersonen könnten für eine 21-prozentige abgeltende Abzugsteuer (zzgl. Sozialabgaben von 15,5 %) auf Dividenden optieren, die ansonsten dem Teileinkünfteverfahren unterfallen. In diesem Fall ist jedoch der volle Dividendenbetrag zu versteuern. Zinsen unterlagen grundsätzlich dem Einkommensteuertarif. Auf Antrag fand aber eine abgeltende Pauschalsteuer von 24 %, zzgl. Sozialabgaben von 15,5 % ab dem 1.7.2012, Anwendung. Seit dem 1.1.2013 vereinnahmte Einkünfte aus Kapitalvermögen: Damit Kapitalerträge steuerlich wie Arbeitseinkommen behandelt werden, hat das Finanzgesetz für 2013 für in Frankreich ansässige Privatpersonen die Möglichkeit abgeschafft, für eine abgeltende Abzugsteuer auf Zinsen und Dividenden zu optieren. Die ab dem 1.1.2013 vereinnahmten 2 Mennel/Förster, Steuern 99. Lieferung 2014, Band I, Frankreich Rn. 142 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 063/16 Seite 6 Dividenden und Zinsen unterliegen somit dem progressiven Einkommensteuertarif (mit dem Höchststeuersatz von 45 %). Eine Abzugsteuer bleibt aber bis zum 15.Tag des auf den Monat der Zahlung folgenden Monats von den zahlenden Gesellschaften abzuführen, und zwar zum Satz von 39,5 % für Dividenden (inkl. Sozialbeiträgen). Diese Abzugsteuer hat allerdings keine abgeltende Wirkung mehr. Vielmehr ist sie als Vorauszahlung auf die Veranlagungsteuer anrechenbar und kann zu einer Erstattung bei niedrigerer Steuerlast führen. Nur Familienhaushalte, deren globale Einkommen unter einer bestimmten Grenze liegen, können von der Entrichtung der Abzugsteuer befreit werden. Da die Einkünfte dem progressiven Einkommensteuertarif unterliegen, sind die Sozialbeiträge zum Teil (i.H. von 5,1 %) von der einkommensteuerbaren Bemessungsgrundlage abzugsfähig. Für Dividenden wird weiterhin ein Abschlag von 40 % von der Bemessungsgrundlage gemacht (Teileinkünfteverfahren). Bei Zinsen kann ausnahmsweise die Abzugssteuer i. H. von 24 % (zzgl. Sozialbeiträgen) auf Antrag weiterhin befreiende Wirkung haben, soweit der jährliche Zinsertrag des Familienhaushalts höchstens bei 2.000 € liegt. 2.3. Dänemark3 Dividenden aus dem Inland werden als Einkünfte aus Beteiligungen behandelt, aber mit reduzierten Steuersätzen. Zinsen und Lizenzen sind ebenfalls steuerpflichtig. Aufwendungen für die Anschaffung dieser Vermögenswerte sind normalerweise abziehbar. Hypothekenzinsen und andere Zinsaufwendungen sind von den Kapitaleinkünften abziehbar. Einkünfte aus Beteiligungen, die 49.900 DKK nicht übersteigen werden zu 27 % besteuert. Einkünfte aus Beteiligungen über 49.900 DKK werden zu 42 % besteuert. Für Einkünfte aus Beherrschungen mit ein 30%iger Steuersatz Anwendung. 2.4. Großbritannien4 Zinsen unterliegen meist einer Kapitalertragsteuer von 10 %, die als Vorauszahlung auf die Einkommensteuer des Empfängers angerechnet wird. Zinserträge unbeschränkt Steuerpflichtiger mit Einkünften bis 34.370 Pfund werden bei der Veranlagung zur Einkommensteuer nur mit dem Tarif der savings income rate (20 %) besteuert. Bei Dividenden wirkt der damit verbundene Anrechnungsbetrag wie eine Kapitalertragsteuer, außerdem unterliegen Dividenden Sondertarifen. 3 Mennel/Förster, Steuern 105. Lieferung 2015, Band I, Dänemark Rn. 164, 188 4 Mennel/Förster, Steuern 94. Lieferung 2013, Band I, Großbritannien Rn. 135 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 063/16 Seite 7 Steuerpflichtige mit Dividenden aus dem Ausland erhalten ab dem 1.4.2007, wie bei inländischen Dividenden, eine Steuergutschrift von 10 %, sofern die ausländischen Dividendeneinkünfte nicht mehr als 5.000 Pfund im Jahr betragen. Ob ausländische Einkünfte im Sinne von Schedule D Cases IV und V steuerpflichtig werden, richtet sich nach den Merkmalen, die in der persönlichen Steuerpflicht des Empfängers liegen. Für britische und irische Staatsangehörige mit Wohnsitz im Inland gilt in der Regel das Welteinkommensprinzip . Ist ein Steuerpflichtiger (a) nicht domiciled oder (b) zwar resident, aber nicht ordinarily resident (z.B. ein Ausländer mit ständigem Wohnsitz im Staatsgebiet, der aber nicht die Absicht hat, dort seinen Wohnsitz zu nehmen), unterliegen seine ausländischen Kapitalerträge nur dann der britischen Steuerpflicht, wenn sie ins Inland transferiert worden sind (remittance basis). Bei Steuerpflichtigen, die nicht residents sind, werden ausländische Kapitalerträge unter Schedule D Case IV und V steuerlich nicht erfasst. Nicht steuerpflichtig sind Zinsen - bis 70 Pfund im Jahr aus Konten bei der National Savings Bank, - aus staatlichen Sparzertifikaten (National Savings Certificates), - aus bestimmten staatlich geförderten Sparplänen (save as you earn, SAYE), - aus besonderen steuerfreien Sparkonten (tax-exempt special savings accounts, TESSA) sowie Zins- und Dividendenerträge einschließlich der Veräußerungsgewinne im Rahmen eines individuellen Wertpapiersparplans (personal equity plan, PEP); diese beiden Formen der Sparförderung sind ab 6. April 1999 ausgelaufen und durch eine andere Art der Sparförderung ersetzt worden (Individual Savings Accounts). 2.5. Italien5 Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sind die Werbungskosten nicht abzugsfähig. Es gibt auch keine Pauschale oder Freibeträge. Zu den Dividenden zählen auch die Gewinne aus Wertpapieren und sonstigen Finanzierungsinstrumenten , deren Vergütung ausschließlich in der Gewinnbeteiligung an der ausgebenden Gesellschaft besteht (innovative und/oder hybride Finanzierungsinstrumente). Durch die Steuerreform 2004 ist – mit Wirkung ab dem Kalenderjahr 2004 – das Anrechnungsverfahren abgeschafft worden. Stattdessen kommt eine ermäßigte Besteuerung wie folgt zur Anwendung : - Dividenden aus einer qualifizierten Beteiligung: Diese sind zu 50,28 % ihres Betrags steuerfrei und zu 49,72 % steuerpflichtig. Der steuerpflichtige Teil ist in das laufende Einkommen mit einzubeziehen und es wird keine Kapitalertragsteuer erhoben. Die Freistellung gilt für Beteiligungen sowohl an inländischen als auch an ausländischen Gesellschaften; 5 Mennel/Förster, Steuern 101. Lieferung 2014, Band II, Italien Rn. 84 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 063/16 Seite 8 - Dividenden aus einer nicht qualifizierten Beteiligung, sowie aus innovativen/hybriden Finanzierungsinstrumenten: Anwendung einer Kapitalertragsteuer mit Definitivcharakter von 26 % auf den Bruttobetrag der Dividende. Gewinne aus typischen stillen Beteiligungen werden ebenfalls nur zu 50,28 % ihres Betrages der laufenden Einkommensbesteuerung unterworfen, sofern die Einbringung des Stillen 5 % (börsennotierte Gesellschaft) bzw. 25 % (nicht börsennotierte Gesellschaft) des Buchreinvermögens der Gesellschaft übersteigt. Bei Darlehen ohne schriftliche Zinsvereinbarung wird ein Zinssatz in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes (derzeit 1 % p.a.) unterstellt. Bei Zinsen aus Obligationen (auch Staatsobligationen) sowie aus Guthaben bei der Postsparkasse und den Kreditinstituten kommt eine Quellensteuer bzw. Ersatzsteuer mit Abgeltungscharakter obligatorisch zur Anwendung, soweit es sich nicht um Zinsen aus Betriebsvermögen handelt. 2.6. Luxemburg6 Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören im Wesentlichen, sofern sie nicht den Gewinneinkünften zuzurechnen sind, Dividenden, Gewinnanteile und sonstige Erträge aus Beteiligungen jeder Art an Kapitalgesellschaften, Gewinnanteile aus der Beteiligung an einem Gewerbebetrieb als stiller Gesellschafter und Zinsen jeder Art. Inländische Zinseinkünfte, die gemäß dem Gesetz vom 23.12.2005 einer 10 %igen Quellensteuer unterliegen, sind nicht in die Steuerveranlagung des Steuerpflichtigen aufzunehmen. Bei Privatpersonen , die lediglich im Rahmen der Verwaltung ihres Privatvermögens handeln, hat diese Quellenbesteuerung daher eine vollständige Abgeltungswirkung hinsichtlich der diesbezüglichen Einkommensteuer. Aufgrund einer formellen Stellungnahme der Europäischen Kommission im Jahr 2007 hat die luxemburgische Regierung das Gesetz abgeändert und insoweit auf Zinszahlungen und vergleichbare Einkünfte eine Gleichbehandlung von EU-Bürgern mit in Luxemburg ansässigen Personen eingeführt. Sämtliche durch Veranlagung zu besteuernde Einkünfte aus Kapitalvermögen sind bei Steuerpflichtigen in Steuerklasse 1 und 1a bis 1.500 € und in Steuerklasse 2 bis 3.000 € steuerfrei. Dividendeneinkünfte und bestimmte andere Einkünfte sind in Höhe von 50 % von der Einkommensteuer befreit. Hierfür muss es sich jedoch um Einkünfte handeln, die von Kapitalgesellschaften, die (i) entweder in Luxemburg ansässig sind, (ii) in einem Staat ansässig sind mit dem Luxemburg ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat und dort einer Steuer unterliegen, die der Luxemburger Körperschaftsteuer entspricht oder (iii) eine Gesellschaft ist, die unter Artikel 2 6 Mennel/Förster, Steuern 100. Lieferung 2014, Band II, Luxemburg Rn. 150 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 063/16 Seite 9 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates fällt. Als Werbungskosten wird ein Pauschbetrag von 25 Euro gewährt. 2.7. Niederlande7 Im niederländischen Einkommensteuerrecht gibt es keine Ermittlung eines einheitlichen zu versteuernden Einkommens. Die Bemessungsgrundlage in jeder Einkunftsart (Box), das zu versteuernde Einkommen (belastbaar inkomen), wird getrennt von den anderen Einkunftsarten ermittelt. Innerhalb einer Einkunftsart können jedoch Einkünfte aus mehreren Quellen entstehen; in diesem Fall werden zwar die Einkünfte aus den verschiedenen Quellen einzeln berechnet, dann aber als Gesamtheit besteuert. In einem geringen Umfang werden einige Ausgaben der Privatsphäre wie Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen steuerlich berücksichtigt. Das zu versteuernde Einkommen in Box 3 ist der Gesamtbetrag der (fiktiven) Erträge aus Sparen und Investieren, abzüglich des „personengebundenen Abzugs“, soweit nicht bereits in Box 1 berücksichtigt . Hierbei sind allerdings nicht die tatsächlichen Kapitalerträge anzusetzen, sondern ein Pauschalbetrag von 4 % des durchschnittlichen Reinvermögens (Bruttovermögen abzüglich der Schulden). Zinsen und Dividenden aus Portfolioanlagen, nichtbetriebliche Miet- und Pachterträge usw. werden also nicht direkt besteuert. Das Vermögen, dessen Ertrag schon in einer der anderen „Boxen“ erfasst wird, bleibt dabei außer Ansatz. Steuerfrei sind zahlreiche Gegenstände des Privatvermögens sowie Kapitaleinlagen in Unternehmensformen mit bestimmter Wirtschafts- und sozialpolitischer Zielsetzung (z.B. Umweltschutz, Risikokapitalinvestitionen u.a.). In der Box 3 gibt es einen allgemeinen Freibetrag von 21.139 €. Dieser erhöht sich um einen weiteren Freibetrag von max. 27.984 € für ältere Steuerpflichtige mit geringen Einkünften aus Box 1 und geringen Vermögen in Box 3. Der Wert dieses Reinvermögens wird zu Beginn des Veranlagungsjahres ermittelt. Diese Einkommensteuer ist somit eine Sollertragsteuer und ließe sich daher streng genommen als eine Vermögensteuer im deutschen Sinne klassifizieren. 2.8. Österreich8 Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen die Nutzungen von Kapital, aus der Veräußerung von Kapital, aus der Veräußerung von Kapitalvermögen sowie Einkünfte aus Derivaten, sofern die Erträgnisse nicht zu den Haupteinkunftsarten zu zählen sind (Subsidiaritätsprinzip). Steuerbefreit sind Erträge aus Genussscheinen und Gewinnanteilen aufgrund offener Ausschüttungen aus jungen Aktien, deren Anschaffung als Sonderausgabe begünstigt war. Ausschüttungen 7 Mennel/Förster, Steuern 100. Lieferung 2014, Band II, Niederlande Rn. 66, 193, 264 ff. 8 Mennel/Förster, Steuern 97. Lieferung 2013, Band II, Österreich Rn. 120 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 063/16 Seite 10 aus Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften sind bis zu einem Nennbetrag von max. 25.000 € befreit . Einkünfte aus Kapitalvermögen werden grundsätzlich im Wege der Veranlagung erfasst, bei bestimmten Kapitalerträgen wird jedoch eine Kapitalertragsteuer (KESt) einbehalten, welche zum Teil als Vorauszahlung auf die ESt wirkt, zum Teil die ESt zur Gänze abgilt. Als Werbungskosten können Depotkosten und Finanzierungskosten aus der Anschaffung geltend gemacht werden, sofern diese nicht im Zusammenhang mit endbesteuertem oder dem 25 %igem Sondersteuersatz unterliegenden Kapitalvermögen stehen. Inländische Kapitalerträge: Bei bestimmten inländischen und im Inland bezogenen Kapitalerträgen wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben. Die KESt-Pflicht knüpft derart an das neue System der Besteuerung von Kapitalvermögen an, dass sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem besonderen Steuersatz von 25 % unterliegen, von der KESt-Pflicht umfasst sind. Die erhobene KESt ist prinzipiell am 15. Tag nach Ablauf des folgenden Kalendermonats abzuführen . Grundsätzlich kommt für natürliche Personen und für Körperschaften, soweit diese Einkünfte aus Kapitalvermögen beziehen, dem KESt-Abzug von bestimmten Kapitalerträgen unter bestimmten Voraussetzungen „Endbesteuerungswirkung“ zu, d.h. die ESt ist mit dem KESt-Abzug abgegolten, eine Veranlagung ist nicht mehr erforderlich. Hat der KESt-Abzug keine Endbesteuerungswirkung , dann sind die betreffenden Einkünfte in die Veranlagung zur ESt aufzunehmen . Die KESt wird auf die Einkommensteuerschuld angerechnet. Ausländische Kapitalerträge aus auf ausländischen Depots befindlichen Direktveranlagungen oder Kapitalanlagefonds können i. d. R. nicht einem KESt-Abzug unterworfen werden. Sie unterliegen einem Sondersteuersatz von 25 %, der im Veranlagungswege erfolgt. Im Ergebnis entfaltet die Sondersteuer die gleiche Wirkung wie die Kapitalertragsteuer und unterscheidet sich von dieser nur im Hinblick auf die unterschiedliche Erhebungsform. Steuerpflichtige, deren Durchschnittssteuersatz unter 25 % liegt, erhalten die KESt bzw. die dem 25%igen Sondersteuersatz unterliegende Steuer – im Rahmen der Verlustausgleichs- oder Regelbesteuerungsoption – auf Antrag auf die Einkommensteuer angerechnet und den übersteigenden Betrag rückerstattet. 2.9. Polen9 Einkünfte aus Kapitalvermögen sind Einkünfte aus Zinsen von Darlehen, Spareinlagen und Bankkonten , Obligationen und anderen Wertpapieren, Dividenden oder anderen Beteiligungen an juristischen Personen, an einer Treuhand oder einem Investitionsfonds einschließlich Rückkauf von Anteilen und Liquidationserlösen sowie Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen, Aktien und anderen Wertpapieren. 9 Mennel/Förster, Steuern 93. Lieferung 2013, Band II, Polen Rn. 142 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 063/16 Seite 11 Inländische und seit 2005 auch ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen einer pauschalen und definitiven Abgeltungssteuer i. H. v. 19 % der Einnahmen. Erwerbsausgaben werden nicht berücksichtigt. Bei den Einkünften aus Vermögens- bzw. Lizenzrechten ist generell der Abzug von Erwerbsaufwendungspauschalen i. H. v. 50 % zulässig, der Steuerpflichtige hat aber die Möglichkeit höhere Aufwendungen abzuziehen, sofern er diese nachweist. Seit dem 1.1.2013 ist der Abzug auf 42.764 PLN, entspricht der Hälfte der obersten Einkommensstufe im Einkommensteuertarif, beschränkt. D.h., wenn die jährlichen Lizenzeinkünfte mehr als 85.528 PLN betragen, dann ist der übersteigende Betrag nicht mehr pauschal zur Hälfte abzugsfähig . Kann der Steuerpflichtige aber nachweisen, dass seine tatsächlichen Erwerbsaufwendungen über dem Maximalpauschbetrag liegen, dann kann er weiterhin den höheren Betrag geltend machen . 2.10. Schweiz10 Einkommen aus Kapitalvermögen sind sämtliche Vermögenszugänge, die dem Steuerpflichtigen aus dem Eigentum oder Nießbrauch an beweglichen Sachen oder aus Rechten zufließen, die nicht Gegenstand von Grundeigentum sein können. Nicht rückforderbare und auch nicht anrechenbare ausländische Quellensteuern auf Kapitalerträge können vom Roheinkommen abgezogen werden (sog. Nettobesteuerung). Der Bund erhebt eine Verrechnungssteuer - auf den Ertrag beweglichen Kapitalvermögens, d.h. auf Zinsen, Renten, Gewinnanteile und sonstige Erträge: o Der von einem Inländer ausgegebenen Obligationen, Serienschuldbriefe, Seriengülten und Schuldbuchguthaben; o Der von einem Inländer ausgegebenen Aktien, Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaftsanteile und genussscheine; o Der von einem In- oder Ausländer in Verbindung mit einem Inländer ausgegebenen Anteile an einer kollektiven Kapitalanlage gemäß Kollektivanlagegesetz (KAG); o Der Kundenguthaben bei inländischen Banken und Sparkassen; - auf Lotteriegewinne und - auf Versicherungsleistungen. 10 Mennel/Förster, Steuern 99. Lieferung 2014, Band III, Schweiz Rn. 165 ff., 245 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 063/16 Seite 12 Der Steuersatz beträgt - bei Kapitalerträgen und Lotteriegewinnen: 35 % der steuerbaren Leistung; - bei Leibrenten und Pensionen: 15 % der steuerbaren Leistung; - auf sonstige Versicherungsleistungen: 8 % der steuerbaren Leistung. Für Inländer ist die Verrechnungssteuer eine Sicherungssteuer (keine Abgeltungswirkung). Sie soll den Steuerpflichtigen veranlassen, den für die direkten Steuern zuständigen Behörden die mit der Verrechnungssteuer belasteten Einkünfte und Vermögenserträge sowie das Vermögen, mit dem die steuerbaren Gewinne erzielt wurden, anzugeben. Der Steuerabzug von Versicherungsleistungen entfällt, wenn der Versicherte den Versicherer ermächtigt , die Steuerbehörden über den Zufluss von Leistungen zu informieren. Für im Ausland wohnhafte Leistungsempfänger stellt die Verrechnungssteuer grundsätzlich eine endgültige Belastung von Kapitalerträgen und Lotteriegewinnen dar. Kontrollmitteilungen an die Behörden des Wohnsitzstaates sind grundsätzlich nicht vorgesehen. 2.11. Spanien11 Die Kapitaleinkünfte sind wie die Einkünfte aus Grundvermögen ein Unterfall der Einkünfte aus Vermögen. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen abzüglich der abzugsfähigen Aufwendungen sind die Kapitaleinkünfte, die wiederum vermindert um die Abzüge die steuerpflichtigen Kapitaleinkünfte ergeben. Seit dem 1.1.2007 sind die Kapitaleinkünfte weitgehend dem Einkommen aus Anlagekapital zuzuordnen. Die Einkünfte aus beweglichem Kapitalvermögen wie z.B. Dividenden oder Gewinnbeteiligungen , bestimmte Zinsen, Lizenzen, Erträge aus Kapitallebens- und Kapitalinvalidenversicherungen unterliegen einem Kapitalertragsteuerabzug von 19 %. Kapitalertragsteuerpflichtig ist der Dividenden -, Zins- oder Lizenzschuldner bzw. die auszahlende Versicherung im Zeitpunkt der Zahlung . Zu den weiteren Einkommensbestandteilen, die einem Kapitalertragsteuerabzug zu unterwerfen sind, gehören: a) Die Spielgewinne mit einem Kapitalertragsteuerabzug von 7 %. b) Die Vermögensgewinne aus der Übertragung oder Rückgabe von Fondsanteilen mit 19 %. c) Die Einkünfte im Zusammenhang mit der Vermietung oder Untervermietung von städtischen Grundstücken, sowie beweglicher Wirtschaftsgüter und Geschäfte mit einem Prozentsatz von 19 %. d) Die Lizenzgebühren, die zu den Einkünften aus wirtschaftlicher Tätigkeit statt aus beweglichem Kapitalvermögen gehören mit 19 %. 11 Mennel/Förster, Steuern 104. Lieferung 2015, Band III, Spanien Rn. 174 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 063/16 Seite 13 e) Die Einkünfte aus der Abtretung des Verwertungsrechts bezüglich des Rechts am eigenen Bild mit 24 bis 19 %. 2.12. Tschechien12 Unter den Einkünften aus Kapitalvermögen werden nur die Einkünfte erfasst, die nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit oder Einkünften eines Gesellschafters einer OHG oder eines Komplementärs einer KG gehören (teilweise Subsidiarität). Ferner fallen Einkünfte aus Kapitalvermögen , die im Rahmen des Gewerbebetriebs einer natürlichen Person erzielt wurden, unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die meisten Erträge aus Kapitalvermögen unterliegen im tschechischen Einkommensteuerrecht einem Sondersteuersatz. Hierzu gehören insbesondere inländische Erträge aus Gewinnanteilen und Dividenden (15 %), Zinserträge aus Sparbüchern, Sparbriefen und Schuldscheinen, Depositwechseln , die von Banken ausgereicht werden, sowie laufenden Bankkonten und Termingeldanlagen (alle 15 %). Bei diesen Sondersteuersätzen handelt es sich grundsätzlich um eine Abgeltungssteuer (eigenständige Steuerbemessungsgrundlage ohne jedweden Ausgabenabzug). - Ende der Bearbeitung - 12 Mennel/Förster, Steuern, Band III, Tschechien Rn. 170 ff.